Stellvertretung
(erstellt: November 2011)
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1. Vorbemerkung
1.1. Zum Problem der Verwendung des Ausdrucks
Ein Artikel zum Stichwort Stellvertretung in den biblischen Texten muss sich der Herausforderung stellen, dass das abstrakte Verbalnomen Stellvertretung weder im Alten noch im Neuen Testament geboten wird. Der Ausdruck ist überhaupt zum ersten Mal von dem Anfang des 17. Jahrhunderts schreibenden Vermittlungstheologen Siegmund Baumgarten gebildet worden. Baumgarten spricht von der Verwechselung bzw. Vertretung der Stelle und übersetzt mit diesen Wendungen die lateinischen Prägungen vicaria substitutio bzw. vicaria subrogatio. Dazu wird er durch seine Rezeption vor allem des Klassikers der lutherischen Orthodoxie, Johann Andreas Quenstedt angeregt, der den Ausdruck subrogatio terminolgisch reflektiert verwendet hat. Der wiederum war durch den mit dem Sozinianer Johann Crell entflammten Streit des Lutheraners Abraham Calovs auf diesen Ausdruck aufmerksam geworden. Crell aber war bei Hugo Grotius kritisch in die Schule gegangen, der durch eine eigenwillige aber intensive Kommentierung biblischer Texte hervorgetreten ist. Dieser Hinweis auf die Vorgeschichte der Verwendung des Verbalnomens Stellvertretung in der Theologie ist wichtig, weil sich mit dieser Vorgeschichte zugleich ein mühsamer Abschied von der den biblischen Texten auch in der Sache fremden Genugtuungsfigur verknüpft. In dem Moment, wo nicht mehr nur von einer stellvertretenden Genugtuung, sondern von der Stellvertretung Jesu Christi gesprochen werden kann, ist dieser Abschied von der Satisfaktionslehre jedenfalls der konzeptionellen Möglichkeit nach vollzogen.
Die Semantik des Ausdrucks Stellvertretung ist allerdings noch komplexer als soeben skizziert. Eine Vielzahl verschiedener Konnotationen fließt mit ein. Nicht nur die Semantik der subrogatio, sondern von insgesamt sechs Vorläuferbestimmungen ist von Bedeutung. Alle diese Vorläuferbestimmungen sind als Übersetzungsäquivalente begriffen worden, wie die Lexikographie des 18. Jahrhunderts zeigt: repraesentatio (Repräsentanz mit dem Nebensinn, dass jemand in einem anderen in konzentrierter Weise präsent ist), sub(r)rogatio (sublimierender ursprünglich gleichwertiger Ersatz), substitutio (nachrückender Ersatz), vicariatio (Vertretung durch einen Unterlegenen), locumtenentia (Platzhalterschaft) und procuratio (fürsorgliche anwaltschaftliche Vertretung). Im weitesten Sinne kann auch die intercessio als Vorläuferbestimmung gelten. Allerdings verbindet sich mit der intercessio, dass eine Person aus einer höheren Warte in die Bresche für eine andere Person springt. Dabei tritt sie aber nicht an die Stelle einer anderen Person, sondern zwischen zwei Personen, um einen Konflikt beizulegen.
Schon aufgrund dieser lateinischen Vorgeschichte – griechische Vorläufer für das nomen abstractum wie z.B. die antiprosopoiosis sind nur späte, nämlich in neuzeitlichen Gelehrtentexten erdachte Kunstworte – empfiehlt es sich immer präzise anzugeben, was gemeint ist, wenn der Ausdruck Stellvertretung verwendet wird. Stellvertretung ist nicht gleich Stellvertretung. Dieses Statement werden weiter unten die kurzen Überblicke auf Verwendungsweisen von Verb- und Präpositionalwendungen im Alten und Neuen Testament zusätzlich stützen.
1.2. Inklusive und exklusive Stellvertretung
Sehr beliebt ist in der dogmatischen Literatur nicht weniger als in der exegetischen Literatur, zwischen inklusiver und exklusiver Stellvertretung zu unterscheiden. Inklusive Stellvertretung meint: Die Person, die vertreten wird, wird während des Stellvertretungsvorgangs in irgendeiner besonders zu betonenden Weise mit einbezogen. Exklusive Stellvertretung hingegen meint, dass die vertretene Person aus dem Vertretungsvorgang ausgeschlossen wird. Mit dieser Unterscheidung verknüpfen sich jedoch Probleme. Entweder droht die Semantik der Stellvertretung verlassen zu werden oder lediglich Triviales wird beim Namen genannt. Wird die Exklusion stark akzentuiert, so hat man es gar nicht mehr mit Stellvertretung, sondern Ersatz zu tun. Wird die Inklusion stark betont, verabschiedet sich die Stellvertretung in Richtung eines freundschaftlichen Solidaraktes (entsprechend deutet etwa Röhser, 2002). Trivialerweise verhält es sich so, dass jeder Stellvertretungsvorgang immer von einem inkludierenden und exkludierenden Moment zugleich bestimmt ist. Es ist eine wesentliche Pointe der Stellvertretungsfigur, dass die vertretene Person in den Stellvertretungsvorgang einerseits inklusiv eingeschlossen und andererseits exklusiv ausgeschlossen wird. Würde sie nicht eingeschlossen, so könnte der Stellvertretungsakt sich in keiner Weise auf sie auswirken. Würde sie nicht ausgeschlossen, könnte sie gleich selbst agieren und die Rede von der Stellvertretung wäre sinnlos.
1.3. Existenzstellvertretung und Situationsstellvertretung
Gerne wird geltend gemacht, dass Stellvertretung in theologischem Zusammenhang als Existenzstellvertretung zu begreifen ist. Es geht also nicht darum, dass eine Person im Blick auf einen lästigen Vorgang, den sie selbst zu erledigen hätte, vertreten wird. Vielmehr wird ein Prozess bezeichnet, in dem sie selbst als Person in ihrer ganzen Existenz vertreten wird. Denn es geht um die Vertretung höchstpersönlicher → Schuld
Die christliche Theologie steht damit vor der theologiegeschichtlich schon recht früh wahrgenommenen Herausforderung etwas zu behaupten und zu formulieren, was in innerweltlichen Zusammenhängen nicht denkbar ist. Diese Herausforderung anzunehmen, dazu nötigen aber zentrale biblische Texte.
Es ist nun in der Tat eine der entscheidenden Pointen des Stellvertretungsmotivs in soteriologischen Zentraltexten des Alten und Neuen Testamentes, dass es um ein Eintreten von einer Instanz in der Situation bzw. Existenz einer anderen Instanz geht. Das unterscheidet dieses Motiv von dem in der Theologiegeschichte lange favorisierten Motiv der Genugtuung (satisfactio), das einen quantitativen Ausgleich von Schuldmengen behauptet. Bei dem das Leben von einer existentiellen Schuld und Verfehlung befreienden Eintreten hingegen geht es nicht darum, dass etwas für etwas bezahlt und abgegolten wird, sondern darum, dass jemand an die Stelle von jemandem tritt. Damit steht das Stellvertretungsmotiv für eine klare Alternative zu einem „juristisch-merkantilen Ersatzdenken“.
1.4. Eingrenzung der folgenden Beobachtungen zu biblischen Texten
Die folgenden Beobachtungen konzentrieren sich auf die Deutung der theologischen Heilslehre im Neuen und Alten Testament. Andere Sachzusammenhänge, in denen auf das Stellvertretungsmotiv angespielt wird, wie im Zusammenhang der Stellung geistlicher Berufsstände oder bei der Erörterung anthropologischer Fundamentalaussagen etc. treten in den Hintergrund. Es wird jeweils an exemplarischen Belegen dargestellt, wo das Stellvertretungsmotiv, nicht der Begriff der Stellvertretung, sich als Deutungsbestimmung nahelegt.
2. Biblische Stellvertretungsmotive
2.1. Altes Testament
2.1.1. Verbwendungen
Im Alten Testament begegnet das Stellvertretungsmotiv in Verbwendungen im Sinne von:
- „vor JHWH stehen“ (Jer 15,1
.19 ; Jer 18,20 ); - „beten/bitten für“ (2Kön 19,4
; Jes 37,4 ; Jer 7,16 ; Jer 11,14 ); - „Fürbitte leisten“ (Ex 8,4
.25 ; Ex 9,28 ; Ex 10,17 u.ö.); - „eintreten für“ (Ps 94,16
); - „eintreten bei/für, bittend dringen in“ (Jer 7,16
; Jer 27,18 ; Jer 15,11 ; Jer 36,25 ); - „Lösegeld geben für“ (Ex 21,30
; Num 35,31f .); - „sich hinstellen/eintreten, in die Bresche, den Riss treten“ (Ps 106,23
.30 ; Ez 22,30 ; Sir 45,23 ); - „Sachwalter sein für“ (1Sam 2,25
; Ez 16,52 ; Ps 106,30 ; Gen 20,7 )
2.1.2. Präpositionale Wendungen
Vor allem zwei präpositionale Wendungen sind hier zu nennen, und zwar zum einen baal: „schützend um/zugunsten von bzw. für“ (Ex 8,24
2.1.3. Überblick über das Stellvertretungsmotiv im Alten Testament
Oftmals wird behauptet, dass das Stellvertretungsmotiv anthropologisch im Schöpfungsbericht vorliege. Dann ist der Sinn dieses Passus folgender: Der Mensch als Bild Gottes soll „herrschen“ über Vögel, Vieh und Kriechtiere. Er soll dies stellvertretend für Gott tun. Bezeichnenderweise fehlt aber ein direkter terminologischer Anhalt im Text. Zu bedenken ist: Eine Schöpfung, in der der Mensch statt Gott herrschen würde, wäre eine Schöpfung ohne Gott und eine trostlose Welt. Eine derart trostlose Welt hat das Alte Testament jedoch nicht im Blick. Wenn überhaupt, dann müsste das Stellvertretungsmotiv im Sinne einer Repräsentation gedacht werden, und zwar so, dass im Handeln des Repräsentanten der Repräsentierte persönlich in konzentrierter Form gegenwärtig wird (In diesem Sinne interpretiert Janowski, 2006, 60f.; anders von Rad, 1987, 39).
Sehr viel eindeutiger begegnet das Stellvertretungsmotiv in folgenden Kontexten:
Das Motiv liegt vor in der Vorstellung vom → König
Das Motiv liegt im eingeschränkten Sinne da vor, wo → Propheten
In Lev 16
In Jes 52
Die beiden letztgenannten Texte sind von besonderem Interesse.
2.1.4. Leviticus 16 und die Figur des Sündenbockritus
Der in Lev 16,20-22
Zugrunde liegt die Vorstellung, dass die Schuld den Schuldigen belastet. Er kann sie selbst tragen. Oder aber eine andere Instanz trägt sie. Die Schuldenlast wird nun in Lev 16
Dass dieser mit einem Stellvertretungsmotiv verknüpfte Ritus von zentraler Bedeutung ist, zeigt sich an seiner Position im rituellen Ablauf der Frömmigkeitsgestaltung im Verlauf eines Jahres. Er bildet den nicht mehr zu steigernden rituellen Abschluss des großen Versöhnungstages, der Priester, Volk und Heiligtum entsühnen soll. Die Funktion dieses Ritus ist folgende: Während sich die Schuld mit dem Bock in die Wüste als Ort des vernichtenden Chaos verflüchtigt, kann sich Israel sukzessive wieder dem Heiligtum als Ort eines schöpferischen Mikrokosmos Gottes annähern (vgl. Rudman, 2004, 398 mit Janowski, 2006, 65f.).
Dass dann im gleichen Zusammenhang vor der Durchführung des geschilderten Eliminationsritus Aaron an der Kapporaet (Sühnmal) durch einen Stier ein Sühnopfer „für sich und sein Haus“ darbringt (Lev 16,11-17
Eine der entscheidenden Differenzen zwischen den alttestamentlichen Riten und der Deutung des Kreuzestodes Jesu in entsprechendem Horizont liegt dann darin, dass es zu keiner Wiederholung des Opfers mehr kommen kann. Christus wurde von Gott als Sühneort einmalig und endgültig „hingestellt“. Der Sühnekult im → Tempel
2.1.5. Das vierte Gottesknechtlied
Das vierte Gottesknechtslied ist zentral für das Verständnis dessen, was in der neueren exegetischen Literatur auf die Wendung „existentielle Schuldstellvertretung“ gebracht wird. Ihm liegt vermutlich im Unterschied zum in Lev 16
Im Gottesknechtslied wird erstens behauptet, der Knecht habe wegen eines fremden Tuns, nicht eines eigenen, gelitten: „durchbohrt wegen unseres Frevels, zerschlagen wegen unserer Verschuldungen“ (53,5a). Es besteht als zentrale Bedingung der Stellvertretung ein Zusammenhang zwischen dem Eintretenden und denen, für die er eintritt. Dieser Zusammenhang stellt sich für diejenigen, für die eingetreten wird, erst im Nachhinein ein.
Zweitens wird ein Repräsentationsverhältnis besonderer Art formuliert: „Unsere Krankheiten – er trug sie. Unsere Schmerzen – er schleppte sie“ (53,4b). Damit ist gesagt: In dem einen Gottesknecht sind die Schmerzen und die Krankheit der Vielen präsent. Diese Repräsentanz ist von besonderer Art, insofern die Repräsentierten aus dem Akt der Repräsentation heraussubstituiert werden. Er ausschließlich und nicht sie müssen diese Krankheit erdulden. Er erleidet also nicht in der Weise Schmerzen, auf dass alle durch ihn Repräsentierten Schmerzen erleiden müssten.
Drittens setzt Gott das Leben des Gottesknechtes als „ascham“ ein. Das bedeutet, dass Gott den Gottesknecht sozusagen in die Situation der Schuldverpflichtung einweist. Man kann hier von einem Rollentausch sprechen. Es liegt eine Art doppelte Substitution vor. An die Stelle derer, die vertreten werden, wird der Knecht substituiert. Und an die Stelle, an der eigentlich der Knecht als Gerechter steht, werden diejenigen substituiert, für die er eintritt.
Viertens ist zentral, dass Gott diesen Rollentausch initiiert und als solchen anerkennt. Gott also ist derjenige, der den Vertretenen in dieser Weise aus einer Situation heraushilft, aus der sie mit eigener Kraft nicht herausfinden. Diese Momente werden in einem neutestamentlichen Text von ähnlich zentraler Bedeutung für die Deutung des Kreuzestodes Jesu aufgerufen: 2Kor 5,14-6,2
2.2. Neues Testament
2.2.1. Verbalwendungen
Im Neuen Testament begegnet das Stellvertretungsmotiv im Zusammenhang von verbalen Wendungen mit den Präpositionen anti, dia, peri und hyper. Die Frage, ob wirklich eine stellvertretende Konnotation vorliegt, ist vor allem in den Fällen, wo die Präpositionen dia, peri und hyper verwendet werden, sehr genau zu prüfen, weil sich in diesen Fällen der Sinn der entsprechenden Wendungen schlicht darauf beschränken könnte, dass etwas aus einem bestimmten Grund für oder zugunsten von jemanden getan wird, ohne dass deshalb dabei bereits die Stelle von jemanden übernommen wird. Das ist das eine. Das andere ist, dass z.B. strikte Botenverhältnisse aufgrund terminologischer Klarheit nicht als Stellvertretungsverhältnisse interpretiert werden sollten. Die die Stelle vertretende Person hat im Unterschied zum Boten gewisse Handlungs- und Leidensspielräume.
2.2.2. Nominalwendungen
Umstritten muss bleiben, ob durch Nomina angezeigte Tauschverhältnisse bereits unter dem Stichwort Stellvertretung verhandelt werden sollten, wenngleich einige Exegeten dies für klar gegeben behaupten (vgl. Janowski, 2006, 50) . Ist z.B. in Mk 8,37
2.2.3. Alttestamentliche oder pagane Wurzeln des Stellvertretungsmotivs im Neuen Testament
Umstritten ist ob für die Anspielung auf das Stellvertretungsmotiv wesentlich die oben genannten alttestamentlichen Texte entscheidend sind (so etwa Frey, Deutung, S. 120) oder für entsprechende Wendungen pagane Inspirationsquellen leitend sind, die das Sterben des Menschen für seine Polis, die Gesetze, seine Freunde u.ä. thematisieren (so etwa Versnel, Jesus Soter). Dann würden sich diese Wendungen nicht zuletzt hellenistischer Freundschaftsethik verdanken, die in den Kontext der Bearbeitung von Ungerechtigkeit und → Sünde
2.2.4. Stellvertretungsmotive in vorpaulinischer urchristlicher Formeltradition
Umstritten muss auch bleiben, ob sich in vorpaulinischer urchristlicher Formeltradition Wendungen finden, die das Stellvertretungsmotiv führen (so etwa Frey, 2006, 96-107).
Das ist deshalb nicht so eindeutig zu entscheiden, weil etwa in der in 1Kor 15,3-5
Ob ein stellvertretendes Moment für die Deutung des Todes Jesu Christi unterstellt wurde, soll damit freilich nicht ausgeschlossen werden. Die Formulierung spielt auf Jes 53
Nicht viel anderes gilt für die in Röm 3,25
2.2.5. Das Stellvertretungsmotiv in der paulinischen Soteriologie
Sehr viel eher kann für Paulus selbst behauptet werden, dass in seiner Deutung der Bedeutung des Kreuzestodes Jesu das Stellvertretungsmotiv vorliegt. Denn er verknüpft die entsprechenden Präpositionen, insbesondere die Präposition hyper mit einer personalen Instanz. Dabei ist Christus bzw. Gott das Subjekt des Geschehens. Christus starb bzw. wurde gekreuzigt oder gab sich hin etc. „für uns (alle)“ (1Thess 5,10
2.2.5.1. Das Stellvertretungsmotiv in 2Kor 5,14-21
Paulus exponiert in 2Kor 5,14f
2.2.5.2. Das Stellvertretungsmotiv in Röm 5,7-9
Auch wenn Paulus ohne das Sühnopfermotiv das Eintreten Jesu Christi deutet, geht er auf dieses Motiv, wie ja schon Röm 3,25
An dieser Stelle wird deutlich greifbar, dass Paulus seine Interpretation des Kreuzestodes gerade nicht auf der Linie einer → hellenistischen
2.2.6. Das Stellvertretungsmotiv in der johanneischen Deutung des Todes Jesu Christi
Bilden die mit hyper formulierten Verbalwendungen im → Corpus Johanneum
Zu denken ist für die Klärung dieser Frage an Wendungen wie jene, dass der gute Hirten sein Leben für die Schafe oder aber für seine Freunde lässt (Joh 10,11
Zunächst ist angesichts dieser Texte festzuhalten, dass nirgendwo im Corpus Johanneum ausdrücklich von Sühne gesprochen wird (vgl. hierzu Schröter, 2000, 286f. mit Frey, 2006, 118). Auch die Stellen, wo vom → Passalamm
2.3. Schlussbemerkung
Aufgrund der dargestellten komplexen semantischen Situation der soteriologischen Aussagen im Neuen Testament empfiehlt es sich, mit einer sonoren Verwendung der Rede von „der“ Stellvertretung sehr zurückhaltend zu sein. Dennoch kann davon gesprochen werden, dass in unterschiedlicher Weise aber durchaus eindeutig auf Stellvertretungsmotive angespielt wird. Kurz: Es ist ebenso problematisch, das Stellvertretungsmotiv für die Deutung biblischer Texte auszuschließen, wie es als terminologisch ausgereifte Figur bereits behaupten zu wollen. Die Art der Verwendung des Motivs zeugt geradezu von apostolischer Weisheit im Sprachgebrauch, ist doch vermutlich die explizite Stellvertretungsfigur eher ein theologischer Merkposten, eher der Versuch, eine theologische Aufgabe zu formulieren: Es ist der Frage wenigstens auf die Spur zu kommen, wie im Horizont des Neuen Testamentes der Tod Jesu soteriologisch zu deuten ist.
Literaturverzeichnis
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- J. G. Frazer, Der goldene Zweig. Eine Studie über Magie und Religion, Köln/Berlin 1968
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- O. Hofius, „Gott hat unter uns aufgerichtet ein Wort der Versöhnung“ (2Kor 5,19
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- Ders., Stellvertretung (SBS 165), Stuttgart 1997
- Ders., Sühne als Heilsgeschehen. Traditions- und religionsgeschichtliche Studien zur priesterschriftlichen Sühnetheologie, Neukirchen-Vluyn 2.Auflage 2000
- St. Maul, Zukunftsbewältigung. Eine Untersuchung altorientalischen Denkens anhand der babylonisch-assyrischen Löserituale (Namburbi), Mainz 1994
- G. von Rad, Das erste Buch Mosis/Genesis (ATD 2-4), Göttingen 12.Auflage 1987
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- D. Rudman, A note on the Azazel-goat-Ritual, ZAW 116/2004, S. 396-401
- S. Schaede, Stellvertretung. Begriffsgeschichtliche Studien zur Soteriologie (BHTh 126), Tübingen 2004
- J. Schröter (Hg.), Deutungen des Tods Jesu im Neuen Testament (WUNT 181), Tübingen 2005
- Ders., Sterben für die Freunde. Überlegungen zur Deutung des Todes Jesu im Johannesevangelium, in: A. v. Dobbeler u.a., Religionsgeschichte des Neuen Testaments, Tübingen/Basel 2000, S. 263-288
- P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Göttingen 1992
- H. Versnel, Jezus Soter – Neos Alkestis? Over de neit-joodse achtergrond van een christelijke doctrine, Lampsas 22 /1989, S. 219-242
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