Waffen (NT)
(erstellt: Mai 2016)
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Waffen sind Werkzeuge, mit denen der Mensch einem anderen Lebewesen physischen Schaden zufügen kann. Zur Waffenrüstung zählen auch solche Ausrüstungs-Gegenstände, mit denen der Kämpfer sich gegen Verletzungen schützt, welche der Gegner ihm beibringen will. In einem sehr allgemeinen Sinn können als Waffen all die Dinge dienen, die in der Konfliktsituation gerade zur Hand sind und über ausreichende Stabilität verfügen, wie zum Beispiel die in der Szene von der Verhaftung Jesu erwähnten Holzknüppel (Mk 14,43.48
Auch Steine können als Waffen fungieren. Wenn die Auseinandersetzungen zwischen Jesus und seinen Gegnern im → Johannesevangelium
1. Die Präsenz von Waffen in der Welt des Neuen Testaments
Nachweislich werden Waffenstücke in der Antike über einen langen Zeitraum benutzt und bei den Römern nach dem Ende der Dienstzeit in der Armee von einem Benutzer an den nächsten weitergegeben. Davon legen etwa bei Helmen die in den Nackenschutz eingravierten Namen mehrerer Träger Zeugnis ab. Die Dauer der Benutzung macht es dabei erforderlich, die Stücke von Zeit zu Zeit zu reparieren oder gar umzuarbeiten und so zu modernisieren (Oldenstein 1990).
Darüber, als wessen Eigentum die Waffen der römischen Legionäre denn letztlich anzusehen sind, gehen die Ansichten auseinander. Weil die Existenz armee-eigener fabricae zur Herstellung von Waffen sich im 1. Jh. n. Chr. noch nicht flächendeckend nachweisen lässt, könnten die Waffen zu dieser Zeit von privaten Handwerkern hergestellt worden sein und sich dann je im Besitz des einzelnen Soldaten befunden haben (so Bishop / Coulston 1993). Daneben existiert aber auch die Ansicht, dass Waffen von Militär-Handwerkern in Serie produziert und dann als bleibendes Eigentum der Armee den Legionären zur Verfügung gestellt wurden (Junkelmann 1986). Eine vermittelnde Position besagt, dass der Legionär bei seiner Rekrutierung mit Waffen ausgestattet wurde und den Preis für sie dann in der Folgezeit durch Abzüge vom Sold abbezahlen musste (Robinson 1975). Auch Ersatz- oder Reparaturkosten fielen in den Verantwortungsbereich des Einzelnen. In jedem Fall trug der Soldat damit eine hohe Verantwortung für seine wertvolle Ausrüstung.
Faktisch sind die Angehörigen des römischen Heeres damit zwar gleichwertig ausgestattet, sehen aber wegen der Varianzen in der Ausführung ihrer Waffenstücke weniger einheitlich aus als die Reliefs an Triumphbögen und Säulen in → Rom
Neben dem Einsatz im Kampf ist auch die repräsentative Funktion von Waffen nicht zu unterschätzen. Waffen prägen die Identität des Soldaten, indem sie seine privilegierte Stellung illustrieren. Dementsprechend lassen römische Legionäre unterschiedlichste Verzierungen auf ihren Ausrüstungs-Gegenständen anbringen.
Erschwert wird die Beschäftigung mit den Waffen in der Welt des → Neuen Testaments
2. Beschaffenheit und Verwendung
Zur vollständigen Rüstung (πανοπλία / panoplia; vgl. Lk 11,22
2.1. Geschosse
Sobald sich die verfeindeten Parteien räumlich aneinander annähern, besteht eine erste Phase des antiken Gefechts darin, dass die Kontrahenten einander aus der Ferne beschießen (Polyb. 2,33,4; Jos., Bell. 3,151). Handelt es sich um die Belagerung einer Festung, kann diese Phase sehr lange dauern; beim Kampf im offenen Gelände kann sie dagegen auch extrem kurz ausfallen (Caes., Gall. 1,52).
Das griechische Wort βέλος / belos (Eph 6,16
Wichtigstes Geschoss des römischen Fußsoldaten ist der Wurfspeer (lat. pilum). Er besteht aus einer meist pyramidenförmigen kurzen Spitze, zu der ein längerer Fortsatz aus ungehärtetem Eisen gehört. Im 1. Jh. n. Chr. wird dieser meist mittels einer Zunge mit dem hölzernen Teil des Schafts verbunden, indem die Zunge in den Schaft eingelassen und mit Nieten befestigt wird. Am unteren Teil des Schafts schützt ein eiserner konischer „Schuh“ das Holz davor, zu splittern. Ab dem späten 1. Jh. erhöhen oft zusätzliche Bleigewichte die Durchschlagkraft der pila. Wenn der Legionär seinen Wurfspeer wenige Meter vor dem unmittelbaren Aufeinandertreffen in Richtung des Gegners schleudert, verfolgt er damit die primäre Absicht, den Schild des Gegners zu durchschlagen und sodann auch noch den Träger des Schilds zu verwunden (Connolly 2001 / 2002). Selbst wenn es nicht zur Verwundung des Gegners kommt, kann durch den Wurf immer noch dessen Schild außer Gefecht gesetzt werden: Die Spitze durchdringt den Schild, und der ungehärtete Eisenteil verbiegt spätestens beim Versuch, den Speer auf die Schnelle wieder aus dem Schild herausziehen. Der Gegner ist somit gezwungen, den Schild fallenzulassen und weitgehend ungeschützt den Kampf fortzuführen (vgl. Caes., Gall. 1,25).
Anders als das pilum hat die Stoßlanze eine breitere, blattförmige Spitze, die mittels einer sich direkt anschließenden Tülle auf den Holzschaft aufgesockelt wird. Die Lanze dient bestimmten Sondereinheiten des Heeres als Handwaffe, die nur im Notfall nach dem Gegner geworfen wird. Ein mit dem Schwert kämpfender Feind lässt sich durch sie auf Distanz halten.
In Joh 19,34
2.2. Nahkampf-Waffen
Beim üblichen Ablauf eines Gefechts folgt im Anschluss an den Beschuss aus der Ferne der Nahkampf mit Schwertern (Jos., Bell. 3,262-270). Speere sind in der dicht gedrängten Kampf-Formation nicht mehr von Nutzen (Jos., Bell. 6,75; Caes., Gall. 1,52; 7,88).
Neben der bereits erwähnten Stoßlanze, mit welcher nur einzelne römische Fußsoldaten ausgerüstet sind, gehören zu den Nahkampf-Waffen das Schwert und der Dolch (Jos., Bell. 3,94). Während dem Dolch im Gefecht nur untergeordnete Bedeutung zukommt, ist das Schwert (lat. gladius) neben dem Schild geradezu das prominenteste Ausrüstungsstück des Legionärs (Polyb. 6,37,13; Jos., Bell. 2,452-453). Darin, dass die Schwertscheiden und die Gürtel, an denen sie aufgehängt werden, oft mit reichen Verzierungen versehen sind, spiegelt sich die repräsentative Bedeutung des gladius. Josephus nennt es in der Regel ξίφος / xiphos (Jos., Bell. 2,452; 3,94; 6,58). Diese Vokabel kommt im Neuen Testament allerdings nicht vor. Vielfach belegt ist in den neutestamentlichen Schriften jedoch der Begriff μάχαιρα / machaira, den etwa Polybios neben ξίφος / xiphos mehrfach verwendet, um das Schwert des Legionärs zu bezeichnen (Polyb. 2,33,5-6; 6,23,6-7). Dieses Schwert besteht aus einer zweischneidigen Eisenklinge, an der mittels einer „Angel“ ein Griff aus Rinderknochen befestigt ist. Die Nahkampf-Technik des römischen Heeres lässt die Fußsoldaten den unmittelbaren Kontakt des eigenen Schildes mit dem Gegner suchen und mit der Spitze des Schwerts nach diesem stechen. Für dieses Vorgehen eignen sich kurze Schwerter besonders gut. Die archäologischen Fundstücke weisen eine Klingen-Länge von etwa 37 bis 45 cm auf (Hazell 1981). Mit seiner scharfen Klinge kann das Schwert auch zum Hieb eingesetzt werden (Polyb. 2,30,8; 2,33,5-6; 18,30,7).
Während die römischen Infanteristen durchweg mit dem kurzen Schwert bewaffnet sind, tragen die Kämpfer anderer Völker gelegentlich auch längere Schwerter. Auffälligerweise benutzt Josephus im → Jüdischen Krieg
Die Annahme, dass μάχαιρα / machaira ein tendenziell kürzeres, ῥομφαία / rhomphaia hingegen ein tendenziell längeres Schwert bezeichnet, gibt auch für viele der neutestamentlichen Belege guten Sinn: Die im Kampf zu Fuß getragenen Schwerter sind in der Regel μάχαιραι / machairai , wie zum Beispiel in der Verhaftungs-Szene Jesu (Mk 14,43-48
Mehrfach steht die μάχαιρα / machaira pars pro toto für die Bedrohung des menschlichen Lebens durch Krieg (Lk 21,24
Wenige Verse später ist der personifizierte Tod in der → Offenbarung des Johannes
2.3. Schutz gegen Verwundungen
Um sich vor Verletzungen im Kampf zu schützen, tragen antike Soldaten eine Reihe von weiteren Ausrüstungs-Gegenständen. Technisch besonders ausgefeilt ist die Schutzrüstung des römischen Legionärs (vgl. Polyb. 11,9,1-5). Sie erlaubt es dem bereits am Boden liegenden und von Feinden umringten Kämpfer, in seiner aussichtslosen Lage noch eine ganze Weile zu überleben, bevor die Gegner ihn schließlich töten können (vgl. Jos., Bell. 6,87-88).
Zur Schutzausrüstung gehört zunächst der Schutz für den Oberkörper (θώραξ / thōrax: Polyb. 6,23,15; Jos., Bell. 3,93). Verschiedene Formen sind in neutestamentlicher Zeit in Gebrauch: Während der aus zwei großen Bronzeteilen zusammengesetzte starre Muskelpanzer wohl nur noch von Offizieren verwendet wird, trägt die Menge der Legionäre am Anfang des 1. Jh. n. Chr. ein Kettenhemd. Dies wird jedoch im Lauf der Zeit immer mehr durch den Schienen-Panzer abgelöst. Dieser ist bereits am Ende des 1. Jh. v. Chr. belegt (Franzius 1995) und besteht aus mehreren von Lederriemen zusammengehaltenen schmalen Eisen-Teilen. Er ermöglicht so guten Schutz, während er die Bewegungsfreiheit nur wenig einschränkt. Neben Apk 9,9.17
Die beiden zuletzt genannten Stellen kennen zudem noch den Helm (περικεφαλαία / perikephalaia). Im 1. Jh. n. Chr. durchläuft die Form des römischen Legionärshelms einen gewissen Wandel (Robinson 1975; Oldenstein 1990); in vielerlei Hinsicht gleichen sich die Typen jedoch: Die meist aus Bronze getriebene Kalotte setzt sich am Hinterkopf in den Nackenschutz fort. Die Stirnpartie wird durch einen aufgesetzten Bügel verstärkt, und bewegliche Wangenklappen schützen den Unterkiefer seitlich, während sie gleichzeitig durch Lederriemen verbunden werden und so dem Helm festen Halt verleihen. Ein „Busch“ lässt sich oben auf den Helm aufstecken.Der Schild besteht aus mehreren verleimten Schichten Holz. In seiner Mitte ist der eiserne „Buckel“ aufgebracht, der Geschosse aller Art abwehren kann (vgl. dazu Polyb. 6,23,5) und mutmaßlich auch im Nahkampf dazu dient, den Gegner zurück- oder umzustoßen. Hinter dem Buckel befindet sich in einer runden Aussparung des Holzes der Handgriff. Im 1. Jh. n. Chr. ist der Schild der Legionäre (θυρεός / thyreos) rechteckig und lang genug, um einen großen Teil des Körpers abzuschirmen. Durch eine Krümmung um die vertikale Achse werden Schutzfunktion und Stabilität zusätzlich erhöht. Der ältere und kleinere Rundschild (ἀσπίς / aspis) wird in neutestamentlicher Zeit wohl noch von Sondereinheiten benutzt (vgl. Jos., Bell. 3,95). Der Autor des → Epheserbriefs
Die ledernen Militärsandalen (vgl. Eph 6,15
3. Waffen-Metaphorik im Neuen Testament
Es ist auffällig, dass ein großer Teil der neutestamentlichen Stellen, die von Waffen handeln, sich in metaphorischen Kontexten vorfinden und somit nur auf bildlicher Ebene physische Kampfhandlungen beschreiben. Auch außerhalb des biblischen Kanons lässt sich eine gewisse Vorliebe antiker Autoren für Waffen-Metaphorik feststellen, da dieser bildspendende Bereich für die Zeitgenossen offenbar besonders eindrücklich ist.
Mehrfach begegnet die Rede von Waffen (ὅπλα / hopla) in paränetischen Kontexten der → paulinischen Schriften
Besonders ausgeprägt liegt die militärische Metaphorik in Eph 6,11-17
Als → Metapher
In diesen gerichtlichen Zusammenhang gehören schließlich auch die Bilder von der Sichel (Mk 4,29
Literaturverzeichnis
1. Quellen
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- Schönberger, Otto (Hg.), 42013, [Gaius Iulius Caesar] Der Gallische Krieg. De bello Gallico (Tusculum), Berlin
2. Weitere Literatur
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- Yoder Neufeld, Thomas R., 1997, ‚Put on the Armour of God‘
. The Divine Warrior from Isaiah to Ephesians (JSNTS 140), Sheffield
Abbildungsverzeichnis
- Sesterz des Vespasian aus dem Jahr 71. Die Rückseite zeigt die personifizierte Hoffnung, wie sie eine Blume an drei römische Soldaten überreicht. © British Museum.
- Pilumspitze aus der Mitte des 1. Jh. n. Chr., gefunden in Dorset, England. © British Museum.
- Gladius mit bronzener Scheide aus dem frühen 1. Jh. n. Chr., gefunden in der Themse bei Fulham. Von der Griffangel ist nur der Ansatz zu erkennen. Der Rest ist der Korrosion zum Opfer gefallen. © British Museum.
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