Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2010)

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„Zachäus“ ist der Name eines reichen Oberzöllners, der in Lk 19,2 erwähnt wird. Lukas erzählt, dass er Jesus in Jericho begegnet und dass Jesus in sein Haus einkehrt.

Der Name „Zachäus“ (griech. „Zakchaios“) basiert auf dem hebräischen Namen „Zakaj“ (auch „Zaka’j“ oder „Zakajj“), der von dem Verb זכך („unschuldig sein“, „rein sein“) abgeleitet ist. Möglicherweise handelt es sich um eine Kurzform von „Zacharias“.

Lukas schreibt Zachäus den Beruf eines „Oberzöllners“ zu. Im Rahmen des damaligen Zollwesens, das privatwirtschaftlich organisiert war, muss man sich darunter einen wirtschaftlich potenten Unternehmer vorstellen, der das Recht, in einem bestimmten Gebiet Abgaben und Gebühren zu erheben, gepachtet – oder vielleicht besser: ersteigert – hatte (vgl. die Beschreibung eines solchen Vorgangs bei Josephus, Ant 12,175ff). Er musste nun seinerseits zusehen, dass er nicht nur auf seine Kosten kam, sondern auch noch einen Gewinn erwirtschaftete. Es war also nicht die angebliche ‚Kollaboration mit der fremden Besatzungsmacht‘, der die Zöllner ihr schlechtes Image verdankten – wie es oft heißt. Maßgeblich war dafür vielmehr ihr ökonomisches Interesse, möglichst hohe Gebühren zu kassieren, denn jede „Mehreinnahme … wanderte in die eigene Tasche“ (Herrenbrück, Vorwurf, 190). „Oberzöllner“ haben das Recht, solche Abgaben zu kassieren, entweder weiterverpachtet, oder sie haben mit Angestellten gearbeitet, die das Geld für sie einkassieren mussten. Dass ein Oberzöllner an einer Zollstation sitzt wie z. B. Levi nach Mk 2,14 parr, ist eher unwahrscheinlich. Wenn Lukas von Zachäus ausdrücklich sagt, dass er „reich“ war, so ist das darum plausibel.

An der in Lk 19,1-10 erzählten Geschichte ist interessant, dass im lukanischen Zachäusbild zwei widersprüchliche Merkmale zusammenkommen: Einerseits ist Zachäus ein Zöllner und gehört damit zu jener Gruppe von Menschen, zu denen Jesus ein so gutes Verhältnis pflegte, dass man ihn „Freund der Zöllner und Sünder“ nannte (Lk 7,34; s. auch Lk 5,27.29; Lk 15,1). Andererseits ist er „reich“ und gehört damit zu solchen Menschen, denen der lukanische Jesus kritisch gegenüberstand (vgl. Lk 6,20-26; Lk 12,16-21.33-34; Lk 16,1-9.19-31; Lk 18,18-27).

Wenn Zachäus verspricht, die Hälfte seines Vermögens den Armen zu geben und illegal „Abgepresstes“ vierfach zu erstatten (Lk 19,8), bleibt er damit weit hinter dem zurück, was Lukas in Lk 5,28 von Levi erzählt und was Jesus in Lk 18,22 von einem anderen reichen Mann verlangt. Weder tritt er als Jünger in die Nachfolge Jesu ein, noch will er „alles“ (vgl. Lk 5,28; Lk 18,22) zurücklassen oder weggeben. Vor allem der erste Teil dieses Angebotes erinnert eher an die Forderung, die Johannes der Täufer in seiner sog. „Standespredigt“ erhoben hatte (Lk 3,10-14). Mit dieser Darstellung des Oberzöllners Zachäus will Lukas dementsprechend zeigen, dass die Begegnung mit Jesus auch die Menschen verändert, die sich nicht dazu entschließen können, seine Jünger zu werden. Sie bringt einen reichen Oberzöllner dazu, sich seiner ethischen Verantwortung bewusst zu werden und entsprechend zu handeln.

Literaturverzeichnis

  • Dupont, J., 1991, Le riche publicain Zachée est aussi un fils d’Abraham (Luc 19,1–10), in: Der Treue Gottes trauen. FS G. Schneider, hg. von C. Bussmann / W. Radl, Freiburg / Basel / Wien, 265–276
  • Hamm, D., 1991, Zacchaeus Revisited Once More, Bib. 72, 249–252
  • Kariamadam, P., 1985, The Zacchaeus Story, Kerala
  • Mitchell, A. C., 1990, Zacchaeus Revisited, Bib. 71, 153–176
  • O’Hanlon, J., 1981, The Story of Zacchaeus and the Lukan Ethic, JSNT 12 2–26
  • Herrenbrück, F., 1990, Jesus und die Zöllner (WUNT 2/41), Tübingen
  • Herrenbrück, F., 1996, Steuerpacht und Moral, ANRW II, 26/3 2221–2297
  • Herrenbrück, F., 1981, Wer waren die „Zöllner“?, ZNW 72 178–194
  • Parsons, M. C., 2001, „Short in Stature“: Luke’s Physical Description of Zacchaeus, NTS 47 50–57
  • Ravens, D. A. S., 1991, Zacchaeus: The Final Part of a Lucan Triptych?, JSNT 41 19–32
  • Tannehill, R.C., 1993, The Story of Zacchaeus as Rhetoric, Semeia 64 201–211

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