Forschungsformat, religionsdidaktisches
Andere Schreibweise: religionsdidaktische Forschungsformate
(erstellt: Februar 2022)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Forschungsformat_religionsdidaktisches.201004
1. Begriff
Der Begriff des Forschungsformats geht auf ein Positionspapier der Gesellschaft für Fachdidaktik zurück, das 2015 veröffentlicht wurde. Darin definiert sie als Format fachdidaktischer Forschung "die Gesamtheit aller inhaltlichen, methodischen und forschungsorganisatorischen Aspekte […], die bei der Planung, Durchführung, Auswertung und Ergebnisverwertung eines fachdidaktischen Forschungsvorhabens beschrieben werden können [...]. Hierzu gehören u.a. Theoriebezug, Erkenntnisinteresse, Untersuchungs- bzw. Auswertungsmethoden und Vorgehensweisen bei Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse“ (Gesellschaft für Fachdidaktik, 2015, 2). Mit dieser Definition wendet sich die Gesellschaft für Fachdidaktik explizit gegen Positionen, die Forschung ausschließlich über die verwendeten Methoden definieren. Stattdessen umfasst ein Forschungsformat den gesamten Prozess wissenschaftlicher Erkenntnis, beginnend mit der Wahrnehmung eines Phänomens als Problem bis hin zur Formulierung möglicher Problemlösungen.
In dieser umfassenden Struktur gleicht es zwei Konzepten, die in der Religionspädagogik mehr oder weniger stark diskutiert werden. Zum einen lassen sich viele strukturelle Ähnlichkeiten zum Forschungszyklus antreffen, wie er in der empirischen Religionspädagogik diskutiert wird (Heil, 2006; Ziebertz, 2004; Hermans, 1993; van der Ven, 1990). Dieser Zyklus gliedert sich grob in einen Entdeckungs-, einen Begründungs- und einen Verwendungskontext. Im Entdeckungskontext werden das Problem, die Fragestellung und das Ziel einer Untersuchung formuliert, was in der GFD-Definition der Planungsphase entspricht, in der u.a. der Theoriebezug und das Erkenntnisinteresse geklärt werden. Im Begründungskontext werden der Untersuchungsgegenstand konzeptualisiert, sowie die Daten erhoben, ggf. aufbereitet und ausgewertet. Er entspricht den Phasen der Durchführung und der Auswertung in der GFD-Definition. Schließlich werden im Verwendungskontext die Konsequenzen bzw. Problemlösungen diskutiert, die sich aus den empirischen Erkenntnissen für die Problemstellung ergeben. Diese Phase heißt in der GFD-Definition Ergebnisverwertung. In der Summe ähnelt ein Format fachdidaktischer Forschung somit stark dem Begriff des Forschungszyklus' in der religionspädagogischen Rezeption.
Zum anderen finden sich große Ähnlichkeiten zum Begriff des Forschungsdesigns (Creswell/Creswell, 2018; Gorard, 2013; Vaus, 2010; Miller/Salkind, 2002). Grundsätzlich integriert ein Forschungsdesign die verschiedenen Komponenten einer Studie in einer umfassenden und kohärenten Weise, um sicherzustellen, dass die Studie ihre Forschungsfragen so eindeutig wie möglich beantwortet. Es sichert die Qualität eines Projekts, organisiert das gesamte Programm dieses Projekts und gewährleistet, dass seine Schlussfolgerungen zuverlässig sind. Drei Elemente kennzeichnen seinen Charakter, nämlich das Forschungsproblem, die Forschungsfrage und der Zweck der Forschung (DeForge, 2010). Das Forschungsproblem identifiziert die Fragestellung, die weiter erforscht werden muss. Durch die Beschreibung und Konzeptualisierung dieser Fragestellung erhält der Forscher Einblick in die Theorien, mit denen das Forschungsproblem innerhalb der relevanten wissenschaftlichen Disziplinen behandelt wird. Die Forschungsfragen bestimmen sowohl die Variablen, anhand derer das Problem analysiert werden soll, als auch die gestellten Beziehungen zwischen diesen Variablen. Schließlich legt der Forschungszweck das Ziel fest und gibt Gründe oder Rechtfertigungen an, warum eine bestimmte Forschung notwendig ist, oder orientiert sich an den Mitteln, mit denen die Analyse des Problems durchgeführt wird. Zusammen definieren Forschungsproblem, -fragen und -zweck den gesamten Prozess einer Untersuchung, wie es auch das Forschungsformat laut GFD-Papier tut.
Neben der großen strukturellen Ähnlichkeit zwischen dem Forschungsformat und dem Forschungszyklus bzw. dem Forschungsdesign fällt weiterhin auf, dass die beiden Letzteren – zumindest in der religionspädagogischen Rezeption – vor allem im Horizont empirischer Forschung verwendet werden. Hier liegt u.E. der größte Mehrwert, anstelle von Zyklus oder Design den neuen Begriff des Formats zu verwenden. Auch wenn in den Publikationen der GFD, die diesen Begriff vorbereiten, ebenfalls empirische Methoden dominieren (z.B. Bayrhuber u.a., 2012), ist der Format-Begriff für sich genommen noch nicht empirisch kontaminiert.
In diesem Sinn wurde er innerhalb der Allgemeinen Fachdidaktik aufgegriffen (Rothgangel, 2020) und innerhalb der Religionspädagogik von den beiden Autoren dieses Beitrags in den letzten Jahren weiterentwickelt (z.B. Riegel/Rothgangel, 2020; 2021; Rothgangel/Riegel, 2021).
2. Dimensionen und Lagemaß religionsdidaktischer Forschungsformate
Geht man ins Detail, erweisen sich a) die Theorien, auf die fachdidaktische Projekte Bezug nehmen, b) die Gegenstandsbereiche, die innerhalb einer Fachdidaktik verhandelt werden und c) die Methodiken, auf die fachdidaktische Projekte zurückgreifen, als bestimmende Dimensionen fachdidaktischer Forschungsformate (Riegel/Rothgangel, 2020). Um herauszufinden, wie diese drei Dimensionen innerhalb der Religionsdidaktik ausgeprägt sind, wurden renommierte Kolleginnen und Kollegen zu einem postulierten Format gebeten, die Relevanz dieser Dimensionen zu überprüfen. Die Ergebnisse dieser Anfrage wurden in einer Sonderausgabe von Theo-Web (2020/1) veröffentlicht. Der Abgleich dieser Überprüfungen ergibt die folgende Bilanz (Rothgangel/Riegel, 2020).
2.1. Bezugstheorien als Dimension religionsdidaktischer Forschung
Religionsdidaktische Forschung bezieht sich in theoretischer Hinsicht auf sieben relevante Bezugsdisziplinen, nämlich die Theologie, die Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften, die Psychologie, die Soziologie, die Philosophie, die Kulturwissenschaften und die Religionswissenschaften. Innerhalb dieses Spektrums kommen der Theologie und den Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften die größte Bedeutung zu, denn sie spielen für alle postulierten Formate eine Rolle. Es folgen die Psychologie und die Soziologie, die in fünf der vorgeschlagenen neun Formate für bedeutsam erachtet werden. Die Kulturwissenschaften und die Religionswissenschaft schließlich werden von jeweils zwei der vorgeschlagenen Formate als relevant genannt. Auf der einen Seite spiegelt diese Bilanz das breite Spektrum der theoretischen Bezüge innerhalb der Religionsdidaktik wider (Heger, 2021; Ziebertz/Simon, 1995, 10-174). Auf der anderen Seite deckt es sich mit der Auffassung vieler Handbücher, dass sich die Forschung in dieser Disziplin überwiegend im Schnittfeld von Theologie und Erziehungswissenschaften ereignet (Heger, 2021; Schröder, 2012, 164-179).
2.2. Gegenstandsbereiche als Dimension religionsdidaktischer Forschung
Wenn es um charakteristische Gegenstandsbereiche religionsdidaktischer Forschung geht, lassen sich in den Analysen der Kolleginnen und Kollegen sechs Inhalte herausarbeiten: der schulische Religionsunterricht, die Lehrenden, die Lernenden, die Prozesse des Lernens, die Gegenstandsbereiche des Lernens und die Religionsdidaktik selbst (als Gegenstand wissenschaftstheoretischer Selbstvergewisserung). Die Kategorie des Religionsunterrichts umfasst dabei die Struktur und das Wesen dieses Schulfachs sowie die Bedingungen, unter denen es unterrichtet wird. Interessanterweise gibt es keinen Themenbereich, der in allen neun vorgeschlagenen Forschungsdesigns behandelt wird. Die Kategorie der Schüler wird am häufigsten genannt, insofern die Lernenden in acht der vorgeschlagenen neun Formaten als zentraler Untersuchungsgegenstand benannt werden. Von ähnlicher Relevanz sind die Lehrpersonen, die Lernprozesse und der Religionsunterricht als solcher, die in sieben Formaten adressiert werden. Umgekehrt bildet die Religionsdidaktik selbst nur im wissenschaftstheoretischen Format den Untersuchungsgegenstand. In dieser Konstellation wird deutlich, dass manche Formate sehr viele Gegenstandbereiche umfassen können, während andere stärker an einen spezifischen Gegenstandsbereich gebunden sind.
2.3. Methodologie als Dimension religionsdidaktischer Forschung
Für die Rekonstruktion der Methodologien, auf die sich die Beiträge des Theo-Web Sonderheftes beziehen, erwies sich das von Bernd Schröder vorgeschlagene Schema als hilfreich, der zwischen historischen, vergleichenden, systematischen, empirischen und praxisorientierten Ansätzen in der Religionsdidaktik unterscheidet (Schröder, 2012, 272f.; Rothgangel, 2020, 536f.). Dabei erstrecken sich zwei Formate auf das gesamte Spektrum dieser Methodologien. Alle anderen Formate zeichnen sich durch einen bestimmten methodologischen Ansatz aus, der eine geringe Relevanz zusätzlicher Methodologien nicht ausschließt. In dieser Hinsicht handelt es sich um eine systematische Herangehensweise, wenn es um die religionsdidaktische Selbstreflexion geht. Empirische Methodologien sind zentral für die Entwürfe der Forschung zu Einstellungen und Präkonzepten, der Forschung zu den Wirkungen des religiösen Lehrens und Lernens und der designorientierten Forschung. Wie zu erwarten war, bezieht sich die historische Forschung überwiegend auf eine historische Methodologie und die vergleichende Forschung auf eine vergleichende. Fokussiert man die methodischen Ansätze, so ist der empirische Ansatz der relevanteste, insofern er die Forschung von fünf Formaten maßgeblich prägt. Von ähnlicher Relevanz ist der systematische Ansatz, der vier Formate grundlegend bestimmt. Die geringste Bedeutung wird praxisorientierten Methoden zugeschrieben, was in einer Disziplin, die religiöses Lehren und Lernen in der Schule analysiert und reflektiert, als durchaus bemerkenswert erscheint.
2.4. Forschungsziel als Lagemaß religionsdidaktischer Forschung
Die beschriebenen Dimensionen spannen den Raum auf, innerhalb dessen sich religionsdidaktische Forschung ereignet. Forschungsformate sind in diesen Raum eingebettet. Allerdings macht die Rede vom Forschungsformat nur dann Sinn, wenn jedes Format einen spezifischen, allein für es selbst charakteristischen Korridor innerhalb dieses Raums belegt. Das Maß für diese Lage im Raum resultiert aus dem Forschungsziel, das die Projekte eines Formats gemeinsam verfolgen. Dieses Ziel bestimmt, welche Theorien wie in den Blick genommen werden, welche Gegenstände für eine Untersuchung in Frage kommen und welche Rolle die verschiedenen Methodologien im Format spielen. In einer früheren Publikation wurde das Forschungsziel etwas weniger passend mit "Erkenntnisfrage" bezeichnet, was wir hier im Sinne einer begrifflichen Weiterentwicklung korrigieren (Rothgangel/Riegel, 2020). Auf der Ebene konkreter Projekte entspricht die Forschungsfrage dem, was das Forschungsziel für ein Format leistet. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sich das Forschungsziel eines Formats in den Forschungsfragen aller Projekte, die im Sinn dieses Formats durchgeführt werden, wiederfinden lassen muss. Das Forschungsziel ist deshalb eng mit dem zentralen Erkenntnisinteresse eines Forschungsformats verknüpft, wobei zu beachten ist, dass Erkenntnisinteresse hier weniger paradigmatisch verwendet wird wie in Habermas' klassischer Verwendung dieses Begriffs (Habermas, 1973).
3. Religionsdidaktische Forschungsformate
Anhand der Kategorie Forschungsziel lassen sich nun innerhalb des durch die Kategorien Bezugstheorie, Gegenstandsbereich und Methodologie umfassten Raums spezifische Formate religionsdidaktischer Forschung beschreiben. Bevor das im Folgenden getan wird, sei darauf hingewiesen, dass die Diskussion um religionsdidaktische Forschungsformate erst begonnen hat. So unterscheiden sich z.B. die beiden Listen, die im Sonderheft Theo-Web 20/1 diskutiert und im entsprechenden Beitrag des Handbuchs Religionsdidaktik (Riegel/Rothgangel, 2021) beschrieben werden. Die folgende Liste stellt einen weiteren Schritt in dieser Entwicklung dar. Insofern z.B. die beiden Verfassenden der Theo-Web-Beiträge zur historischen und zur komparativen Forschung beiden Zugängen (noch) nicht das Potential attestiert haben, ein in sich schlüssiges Forschungsformat darzustellen, werden sie im Folgenden nicht als Formate dargestellt.
3.1. Religionsdidaktische Konzeptbildung
Der Gegenstandsbereich religionsdidaktischer Konzeptbildung ist insofern wenig spezifisch, als sich dieses Format auf alle Facetten erstrecken kann, welche die Religionsdidaktik diskutiert (Lindner, 2020). In der Folge erweist sich dieses Format auch als umfassend, was seine Bezugstheorien betrifft. Abhängig vom konkreten Untersuchungsgegenstand kommen sowohl theologische Theorien in Frage, wie bildungswissenschaftliche, kulturwissenschaftliche, psychologische, soziologische, etc. Dafür lässt es sich methodologisch eindeutig im systematischen Feld verorten, insofern es seine Erkenntnis vor allem durch die theoretische Rekonstruktion seiner Erkenntnisgegenstände und den strukturellen Vergleich unterschiedlicher Rekonstruktionen mittels analoger Schlüsse gewinnt. Das Format religionsdidaktischer Konzeptbildung ist damit durch eine dezidiert hermeneutische Heuristik gekennzeichnet. Das schließt den Zugriff auf empirische Befunde oder praxeologische Einsichten nicht aus, integriert solche Erkenntnisse aber als Informationen bzw. Argumente in die systematische Analyse. Demnach besteht das charakteristische Forschungsziel dieses Formats in der Konstruktion theoretischer Konzepte über sämtliche Sachverhalte, die in der Religionsdidaktik von Bedeutung sind. Ziel dieser Konzepte ist es, religionsdidaktische Sachverhalte so zu beschreiben, dass religionsdidaktischem Handeln in Forschung und Unterrichtspraxis hinreichende Konzepte zur Verfügung stehen.
3.2. Religionsdidaktische Wissenschaftstheorie
Im Format der religionsdidaktischen Wissenschaftstheorie ist der Gegenstand sämtlicher Untersuchungen das wissenschaftliche Geschäft der Religionsdidaktik (Kumlehn, 2020). Insofern man dieses Geschäft als Theorie religionsdidaktischer Praxis für religionsdidaktische Praxis beschreiben kann (Riegel, 2019; Heger, 2021), ist der Gegenstandsbereich dieses Formates damit theoretischer Natur. Inhaltlich können sich diese Theorien auf alle Sachverhalte beziehen, die die Religionsdidaktik bearbeitet. Damit berücksichtigt religionsdidaktische Wissenschaftstheorie sämtliche Bezugstheorien, die für die Religionsdidaktik von Bedeutung sind, also von der Theologie über die Bildungs- und Kulturwissenschaften bis hin zu Psychologie, Soziologie, etc. In methodologischer Hinsicht ist das Format der Wissenschaftstheorie strikt systematisch ausgelegt, insofern es die vorfindliche Theoriebildung und den stattfindenden Erkenntnisgewinn in der Religionsdidaktik hinterfragt und sich der Prämissen religionsdidaktischer Forschung vergewissert. Zwar kann sich diese Reflexion auch auf historische, empirische oder komparative Projekte beziehen, nimmt diese Projekte aber als solche in den Blick, d.h. entlang des theoretischen Anspruchs, dem sie verpflichtet sind. Die Methoden dieser Reflexion bleiben damit dem systematisch-hermeneutischen Spektrum verpflichtet. Das Forschungsziel im Format religionsdidaktischer Wissenschaftstheorie ist somit reflexiv ausgelegt. Es nimmt die Art und Weise in den Blick, wie Religionsdidaktik ihre Erkenntnisse gewinnt, arbeitet die Prämissen dieser Arbeit heraus und entwickelt sie weiter.
3.3. Forschung zur Eigenart und zu den Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts
Der Gegenstand dieses Forschungsformats ist der Religionsunterricht als Fach an der Schule, und zwar sowohl hinsichtlich seines Charakters als auch seines Status im System der Schule und der gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, unter denen religiöse Bildung im Raum der öffentlichen Schule diskutiert wird, wie auch der Qualifikation und Weiterbildung der Lehrpersonen, die ihn erteilen. Die Bezugstheorien sind dabei vor allem aus der Theologie und den Bildungswissenschaften, aber unter Umständen auch aus den Kulturwissenschaften oder der Soziologie. Methodologisch dominiert in diesem Format der historische und komparative Zugriff auf die Untersuchungsgegenstände, wobei auch theoretisch-systematische Methodologien zum Einsatz kommen können. Das Forschungsziel in diesem Format ist strikt rekonstruktiv, insofern es um die Erhellung der gesellschaftlichen, rechtlichen, schulischen und kirchlichen Regelungen und Konstellationen geht, welche die Möglichkeiten religiösen Lehrens und Lernens im Religionsunterricht sowie der Bildung von (angehenden) Religionslehrpersonen abstecken. Normative Ableitungen aus diesen Einsichten, etwa zur Frage, ob der Religionsunterricht konfessionell sein soll oder nicht, fallen dagegen unter das Format der Konzeptbildung. Das Format der Forschung zu Eigenart und zu den Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts klärt über den Status Quo dieses Faches sowie der möglichen Ursachen dieses Status Quo auf.
3.4. Religionsdidaktische Akteursforschung
Den Gegenstandsbereich des Formats religionsdidaktischer Akteursforschung stellen die im Religionsunterricht Handelnden dar, nämlich die Lehrpersonen und die Schülerinnen und Schüler. In der Folge bezieht sich dieses Format vor allem auf Theorien, die diese Personen und deren Handeln erhellen und erklären. Sie kommen vor allem aus der Bildungswissenschaft, der Psychologie und der Soziologie, in den letzten beiden Fällen oft auch aus deren Teilbereichen mit dem Präfix "Religions-". Die Theologie und die Kulturwissenschaften spielen in diesem Format eine mittelbare Rolle, insofern sie die Kontexte erschließen, innerhalb derer die Akteure des Religionsunterrichts handeln. In methodologischer Hinsicht ist dieses Format vor allem empirisch geprägt, weil es Daten erhebt und deutet, die das Handeln von Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen im Religionsunterricht abbilden. Das heißt nicht, dass in diesem Format keine systematischen oder praxisorientierten Methoden verwendet werden. Sie sind aber in eine empirische Heuristik eingebunden, was im konkreten Fall bedeutet, dass sie vor allem im Entdeckungs- und im Verwendungskontext zur Anwendung kommen. Das Forschungsziel des Formats religionsdidaktischer Akteursforschung ergibt sich damit als empirischer Zugriff auf Einstellungen, Haltungen, Motive, Präkonzepte und Skripte sowohl der Lehrpersonen als auch der Schülerinnen und Schüler, die diese Akteure im Religionsunterricht oder hinsichtlich dieses Unterrichts und seiner Unterrichtsgegenstände, Methoden, etc. zeigen.
3.5. Religionsdidaktische Entwicklungsforschung
Religionsdidaktische Entwicklungsforschung untersucht Lehr- und Lernprozesse im Religionsunterricht mit dem Ziel, sie besser zu verstehen und zu optimieren (Gärtner, 2020; 2017). Deshalb erstreckt sich ihr Gegenstandsbereich auf sämtliche Facetten, die diese Prozesse prägen, seien es konkrete Unterrichtsinhalte oder aber spezifische Unterrichtsarrangements. Entsprechend breit zeigt sich das Spektrum möglicher Bezugstheorien, wobei es die Logik dieses Formats nahelegt, dass bildungswissenschaftliche Bezüge in allen Fragestellungen eine Rolle spielen. Dazu kommen abhängig vom Untersuchungsgegenstand theologische, psychologische, kulturwissenschaftliche, etc. Bezüge. Methodisch ist dieses Format an das sogenannte Design Research gebunden, was methodologisch einen empirischen Zugriff zum Feld zur Folge hat (Prediger/Gravemeijer/Confrey, 2015). In einem wohldefinierten, zyklischen Wechsel zwischen konzeptuell-entwickelnden und experimentell-überprüfenden Schritten werden Unterrichtsinhalte, -materialien oder -arrangements so lange angepasst, bis sie die gewünschten Effekte erzielen (oder sich als wenig zielführender Ansatz zur Verbesserung religiösen Lehrens und Lernens im Religionsunterricht erweisen). Die Projekte im Format religionsdidaktischer Entwicklungsforschung folgen somit einer experimentell-projektiven Logik, insofern die gewonnenen theoretischen Einsichten in der unterrichtlichen Wirklichkeit so lange immer wieder überprüft werden, bis die gewonnenen Theorien eine hinreichende Stabilität erreicht haben. Insofern sich solche Theorien auf sehr spezifische Kontexte des Lehrens und Lernens im Religionsunterricht beziehen, handelt es sich um sogenannte "lokale Theorien", die nicht ohne Weiteres verallgemeinert werden können.
3.6. Religionsdidaktische Wirksamkeitsforschung
Auch die religionsdidaktische Wirksamkeitsforschung untersucht die Lehr- und Lernprozesse im Religionsunterricht, allerdings mit dem Ziel, die Effekte dieser Prozesse herauszuarbeiten (Schweitzer, 2020). Entsprechend teilt sie mit der Entwicklungsforschung sowohl den möglichen Gegenstandsbereich wie auch die theoretischen Bezugsfelder. Auch methodologisch ist sie in der Empirie verortet, nutzt hier jedoch die spezifischen, in der Regel quantitativen Kalküle von Interventionsstudien (Schweitzer, 2018). Das Forschungsziel dieses Formats erweist sich deshalb als experimentell-rekonstruktiv. Es geht der religionsdidaktischen Wirksamkeitsforschung darum herauszuarbeiten, welche Effekte religiöse Lehr und Lernprozesse bei den Akteuren des Religionsunterrichts auslösen und wodurch diese Effekte bedingt sind. Auf diese Art und Weise trägt sie dazu bei, das Geschehen im Religionsunterricht besser zu verstehen.
3.7. Religionsdidaktische Modellierung von Lerngegenständen
Im Format der religionsdidaktischen Modellierung von Lerngegenständen werden die Sachverhalte, die im Religionsunterricht behandelt werden sollen, so aufbereitet, dass sie von den Lehrpersonen für ihren Unterricht herangezogen und von den Schülerinnen und Schülern verarbeitet werden können (Lenhard/Zimmermann, 2020). Der Gegenstandsbereich des Formats bezieht sich somit auf alle Aspekte der unterrichtlichen Inhalte in ihrer materialen Gestalt und den darin implizierten Methoden. Insofern es im Religionsunterricht vor allem um Inhalte des Glaubens geht, stellt die Theologie die zentrale Bezugstheorie dar, ergänzt um bildungswissenschaftliche und psychologische Theorien des Lehrens, Lernens und Verstehens. Weitere theoretische Bezüge sind durch den konkreten Inhalt bedingt, der für den Unterricht aufbereitet wird. Methodologisch ist dieses Format vor allem praxisorientiert verankert, wobei sich in der Regel unterrichtspraktische Erfahrungen und theoretische Kenntnisse gegenseitig befruchten. Damit erweist sich das Forschungsziel als konstruktiv-produktorientiert. Es geht der Modellierung von Lerngegenständen vor allem um die Erstellung oder Verbesserung von Lernmaterial.
4. Fazit und Ausblick
Insofern die Diskussion über fachdidaktische Formate noch sehr jung ist, kann die hier beschriebene Liste religionsdidaktischer Forschungsformate nur einen Zwischenstand innerhalb der religionsdidaktischen Diskussion darstellen, und zwar sowohl hinsichtlich der Anzahl möglicher Formate als auch hinsichtlich des inneren Zuschnitts dieser Formate. Allerdings kann bereits zum jetzigen Zeitpunkt festgehalten werden, dass keines der beschriebenen Formate ein exklusiv religionsdidaktisches darstellt. Auch wenn Religion neben Philosophie und Ethik im Baumertschen Sinn einen spezifischen Modus der Weltbegegnung darstellen mag (Baumert, 2002), erweist sich die Religionsdidaktik als eine Fachdidaktik wie andere Fachdidaktiken auch. Analoge Forschungsformate sollten somit in den anderen Fachdidaktiken ebenfalls anzutreffen sein. Gleichzeitig bleibt zu bedenken, dass Forschungsformate immer in einem konkreten historischen, gesellschaftlichen, politischen und institutionellen Umfeld formuliert und erprobt werden. So liegt es nahe, dass in Ländern, in denen Religionskunde statt eines konfessionellen Religionsunterrichts erteilt wird, unter den Bezugstheorien die Religionswissenschaft an die Stelle der Theologie tritt. Forschungsformate sind somit in vielfältiger Hinsicht kontingente Konstrukte, und neben der Formulierung solcher Formate selbst sollte es lohnenswert sein, zukünftig auch die Faktoren in den Blick zu nehmen, die diese Formate prägen.
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