Gegenstände, kirchengeschichtsdidaktisch
(erstellt: Februar 2021)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Gegenstnde_kirchengeschichtsdidaktisch.200864
1. Relevanz historischer Gegenstände
→ Religion
Daher ermöglichen Gegenstände auf unterschiedlichen Ebenen ein Begreifen von Religion. Dies gilt auch für die historische Dimension von Religion: Historische Gegenstände können Zugänge zu vergangenen Formen von Religion und Religiosität eröffnen. Historische Gegenstände sind in diesem Kontext Relikte, die nicht der Kunst (→ Kunst, kirchengeschichtsdidaktisch
Die religionspädagogische Bedeutung der historischen Dimension von Religion wird in der → Kirchengeschichtsdidaktik
Historische Sachquellen ermöglichen ein Lernen mit allen Sinnen und können → Schülerinnen und Schüler
Die Erforschung materieller Kulturen spielt in der historischen, kulturwissenschaftlichen und religionswissenschaftlichen Forschung gegenwärtig eine große Rolle (Samida u.a., 2014). Die Zeitschrift Material Religion, die seit 2005 als Open Journal erscheint, hat sich als Organ für entsprechende Forschungen etabliert. In der Religionswissenschaft steht der „material turn“ im Kontext einer Neuausrichtung des Faches, die Wissenschaft und Glaube stärker trennt (Beinhauer-Köhler, 2015, 263). Im Bereich der Theologie und speziell der kirchenhistorischen Forschung hat der „material turn“ insgesamt noch wenig Einzug gehalten (Miller, 2015ab). Rezipiert wurde der „material turn“ u.a. in archäologischen Forschungen zur Reformation (Jäggi, 2007) und genderspezifischen Studien (Berlis u.a., 2015).
2. Historische Gegenstände als Quellen
Zunächst ist bei Sachquellen zwischen immobilen und mobilen Sachquellen zu unterscheiden (Schneider, 2013, 364). Für den Unterricht im Schulgebäude eignen sich nur mobile Sachquellen. In Religionsunterricht und → Katechese
Gegenstände, die an bedeutsamen (kirchen-)historischen Ereignissen partizipierten, finden sich aufgrund ihrer Bedeutung in der Regel in Museen (→ Museum
Didaktisch ist die Verwendung historischer Gegenstände von der symbolischen Deutung von Gegenständen (→ Symboldidaktik
2.1. Didaktische Bedeutung historischer Gegenstände
In der (Kirchen-)Geschichtsdidaktik wird die Verwendung gegenständlicher Quellen für historische Lernprozesse reflektiert. Die Vorzüge gegenständlicher Quellen liegen in ihrer Anschaulichkeit, d.h. in ihrer Haptik, Ästhetik, Authentizität und Emotionalität (Heese, 2007, 12-26). Gegenstände ermöglichen, Historisches unmittelbar zu „begreifen“. Dadurch, dass bei der Erforschung des Gegenstandes verschiedene Sinne angesprochen werden, werden Lernprozesse vertieft (Miller-Kipp, 2001; Promp, 2001). Der Umgang mit historischen Gegenständen ist somit auch ein Aspekt ästhetischer Bildung (→ Bildung, ästhetische
Manche Gegenstände werden für den Unterricht nur als Replik zugänglich sein. Repliken fehlt zwar die Originalität und Authentizität, sie können aber in hohem Maße daran Anteil haben. Es gibt sie heute in bisweilen hervorragender Qualität. Gerade bei Gegenständen, die zunächst intensiv erforscht werden können und müssen, kann die Replik eine gute Möglichkeit für den Einsatz im Unterricht sein. Gegebenenfalls kann ein Original begleitend im Museum aufgesucht werden (Heese, 2007, 35-39;99-112; Schneider, 2013, 365-366).
2.2. Methodische Schritte
Sachquellen eigenen sich sowohl als Unterrichtseinstieg wie auch als zentraler Unterrichtsgegenstand (Heese, 2007, 125-138), wobei letzteres eher die Ausnahme ist (Schneider, 2013, 366-369). Im Museum dürfen Gegenstände in der Regel nicht berührt werden. Für Religionsunterricht und Katechese sind Gegenstände vorzuziehen, die tatsächlich berührt werden dürfen und von Schülerinnen und Schülern eingehend erforscht werden können. Sie müssen in einem ersten Schritt die Gelegenheit bekommen, den Gegenstand tatsächlich mit allen Sinnen wahrzunehmen (Heese, 2014, 6-8). Dabei gilt es, die Originalität zu hinterfragen: Wie ist der Gegenstand überliefert? Ist er in diesem Zustand original oder bereits verändert?
In einem zweiten, wesentlichen Schritt kommt es auf die Rekontextualisierung des Gegenstandes an (Mayer, 2013, 393). Sein ursprünglicher Zusammenhang muss erforscht werden, „was einen hohen Aufforderungscharakter zum Spekulieren, Hypothesen entwickeln und Weiterforschen besitzt“ (von Reeken, 2019, 146). Dazu sind weitere visuelle und schriftliche Quellen heranzuziehen, gegebenenfalls Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu befragen und Literatur zu konsultieren. So entsteht nicht nur eine Objektbiografie (Menne, 2017, 447), sondern darüber hinaus eine kritisch reflektierte Rekonstruktion der kulturellen Bedeutung des Gegenstandes.
Dadurch wird im dritten Schritt der Gegenstand schließlich zum Sprechen gebracht (Mohrmann, 2011, 13), dem Gegenstand wird eine Narration zugeschrieben. Von Schülerinnen und Schülern formulierte Narrationen der Dinge, die ihrerseits kritisch reflektiert werden (Heese, 2014, 5), schließen den Lernprozess ab (Günther-Arndt u.a., 2019, 26-27).
3. Historische Gegenstände im Religionsunterricht
Historische Gegenstände im Religionsunterricht zu verwenden, ist eine wenig geübte Praxis. Dem entsprechend gibt es in der Literatur kaum Praxisbeispiele. Folgende Gegenstände sollen exemplarisch eine mögliche Verwendung in unterrichtlichen oder katechetischen Zusammenhängen aufzeigen. Die Beispiele beschränken sich auf die christliche Tradition und orientieren sich an den Grundvollzügen der Kirche.
3.1. Liturgia
Ein alter Kerzen- bzw. Osterleuchter oder das Faksimile einer Exultetrolle führen zum Themenkreis der Gabenspendung in der Liturgie des Mittelalters. Gläubige verstanden Gottesdienst als Gabentausch. Das kostbare Bienenwachs war wesentlicher Teil dieser Praxis. Ein handgeschriebenes Evangeliar oder Antiphonar führt die Wertschätzung der Heiligen Schrift vor Augen (Gertsman/Rosenwein, 2018, 50-55). Pilgerabzeichen und Pilgerflaschen können das mittelalterliche Pilgerwesen (→ Reisen/Pilgern als religiöser Bildungsort
3.2. Martyria
Menschen haben in der Geschichte des Christentums ihren Glauben wesentlich stärker bezeugt, als dies heute der Fall ist. Viele Gegenstände erinnern daran.
In der Spätantike und im Frühmittelalter bezeugten Menschen durch christliche Motive an ihrer Kleidung ihren Glauben. Gewandfibeln und Ringe hatten christliche Motive. In Spätmittelalter und früher Neuzeit war der Glaube stark von Magie und Aberglauben durchsetzt. Amulette zeugen davon (Altenkirch, 2017). Im 19. Jahrhundert waren Wohnhäuser durch viele Gegenstände religiös geprägt (Wedeking, 2009). Der Herrgottswinkel in der Wohnstube und das Engelbild im Schlafzimmer gehörten im 19. Jahrhundert zur Grundausstattung katholischer Wohnhäuser und zeigen, welche Rolle das Vertrauen auf Gott im Alltag spielte. Viele Menschen gehörten im 19. Jahrhundert zu Dritten Orden und trugen deshalb entsprechende Medaillen. Sie verpflichteten sich zu einer regelmäßigen religiösen Praxis. In Pfarreien wurden Volksmissionen abgehalten. Die entsprechenden Kreuze mit dem Aufruf „Rette Deine Seele“ finden sich noch in vielen Pfarrkirchen. In der Zeit der Weltkriege setzen sich viele Menschen mit Fragen des Glaubens auseinander. Feldpostkarten geben entsprechende Einblicke.
3.3. Diakonia
Die Diakonie war in Mittelalter und Neuzeit viel stärker als heute Teil religiöser Praxis, weil es weder Versicherungen noch eine staatliche Unterstützung gab.
Im Mittelalter belegten Bettelmünzen die Berechtigung, innerhalb einer Stadt zu betteln und zeigten ebenso die religiöse Verpflichtung zum Almosen. Die Hausordnungen von Armenhäusern lassen erkennen, dass auch das Empfangen von Almosen die religiöse Verpflichtung, für den Spender oder die Spenderin zu beten, mit sich brachte (Bernhardt, 2009). Leprakranke waren in klosterähnlichen Gemeinschaften untergebracht. Durch eine Klapper mussten sie auf sich aufmerksam machen, wiesen sich aber dadurch auch als ehrwürdige Angehörige einer religiösen Gemeinschaft aus. Opferstöcke für die Armenfürsorge oder im protestantischen Bereich ein gemeiner Kasten gehörten zur Grundausstattung jeder Kirche. Im 19. Jahrhundert bauten Ordensschwestern und Diakonissen das moderne Krankhauswesen auf. Eine Tracht oder ein Teil davon können zeigen, warum heute noch die Bezeichnung „Krankenschwester“ üblich ist.
4. Ausblick
Es fehlt bislang sowohl eine grundsätzliche Reflektion wie eine Sammlung von Praxisbeispielen zur Verwendung von historischen Gegenständen in Katechese und Religionsunterricht. Demgegenüber ist das Thema im religions- und kulturwissenschaftlichen Kontext breit rezipiert. Angesichts der didaktischen Bedeutung von Gegenständen gilt es, vor allem die vielfältigen Ansätze in der Museumsdidaktik (→ Museum
Literaturverzeichnis
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