Konzil von Nicaea/Nicaenum, kirchengeschichtsdidaktisch
(erstellt: März 2024)
Artikel als PDF folgt!
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/400020/
Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.400020
1. Kontextualisierung: Die aktuelle Bedeutung des Konzils von Nicaea (325)
Die Lebenswirklichkeit von Lernenden wie Lehrenden (→ Lernende/Lehrende
2. Kirchen- und theologiegeschichtliche Einordnungen
2.1. Der Anlass für die Synode
Auslöser für das Konzil von Nicaea (325) war nach einem in der Vita Constantini des Eusebius von Caesarea († 339) überlieferten Schreiben des römischen Kaisers Constantinus († 337; → Konstantinische Wende
Die entgegengesetzte Position vertrat augenscheinlich Alexander von Alexandria. In einer Epistula encyclica an die Bischöfe Ägyptens führte er – unter Berufung auf Joh 1,1
Als Alexander auf einer Synode (wahrscheinlich im Jahr 319) von über 100 Bischöfen Arius aus der ägyptischen Kirche ausschloss, appellierte dieser an andere Oberhirten wie Eusebius von Caesarea, welche auf eigenen Bischofsversammlungen ihrer Diözesen die Rechtgläubigkeit des Arius verteidigten.
Angesichts dieser angespannten Situation griff Kaiser Constantinus zu dem Mittel einer überörtlichen Synode, das er bereits in der westlich-lateinischen Kirche in Arelatum/Arles im Jahr 314 angewandt hatte, um den Streit zwischen der donatistischen und der katholischen Kirche in Nordafrika zu schlichten: Er lud die überwiegend östlichen Bischöfe zu einer Synode in Nicaea ein (Vita Constantini III 6,1).
2.2. Das Ergebnis der Synode
Auf dem Konzil von Nicaea (325), an dem nach der späteren Tradition – in Anlehnung an Gen 14,14
Neben dieser Expositio Fidei wurden die Ehrenstellungen der Kirchen von Rom, Alexandria und Antiochia bestätigt (COD, 8) und festgehalten, dass alle Christinnen und Christen im Herrschaftsgebiet des Kaisers das Osterfest am gleichen Tag feiern sollten (Keil, 1995, 116f.). Schließlich wurde die Kirche des Römischen Reiches als die „katholische und apostolische“ Kirche definiert, wodurch die Christinnen und Christen außerhalb der Grenzen des Imperium Romanum aus den Blick gerieten (COD, 5).
2.3. Die Rezeption der Synode in der (ost-)römischen Reichskirche
Innerhalb der Kirche im Römischen Reich ist die Rezeption des Konzils von Nicaea (325) unterschiedlich verlaufen.
Auf der einen Seite begründete Athanasius von Alexandria die besondere Bedeutung der Synode von Nicaea (325) damit, dass sich zu dieser Bischöfe aus der ganzen Ökumene, d.h. der Welt des Imperium Romanum, versammelt hätten – im Gegensatz zu regionalen Synoden (Athanasius Alexandrinus, Epistula ad Afros, hg. v. Annette von Stockhausen, Berlin 2014, 2,1). Damit war die Idee eines „ökumenischen Konzils“ geboren, von denen die katholische Kirche heute 21 zählt und sieben von den Kirchen der griechischen und der lateinischen Tradition gemeinsam anerkannt werden, wobei allerdings die genaue dogmatische Verbindlichkeit dieser Konzilien in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften der Reformation innerhalb der lateinischen Tradition des Christentums unterschiedlich gesehen wird.
Auf der anderen Seite setzte sich innerhalb der Kirche im Imperium Romanum eine neue Interpretation der nizänischen Synode durch, die in der Theologiegeschichte als „Neunizänismus“ bezeichnet wird. Hatte das Konzil die trinitarischen Fachbegriffe des „Wesens“ (ousia) und der „Hypostase“ (hypostasis) noch synonym gebraucht, so entwickelte vor allem Basilius von Caesarea († 379) eine Differenzierung, nach welcher das „Wesen“ (ousia) die allgemeine Natur einer Sache darstellte, während die „Hypostase“ (hypostasis) deren konkrete Verwirklichung umschrieb (Basilius Caesariensis, Epistula 38,1-3 PG PG 32, 326a-330a). Auf der Grundlage dieser begrifflichen Unterscheidung konnte eine weitere Synode in Konstantinopel im Jahr 381, die auf dem Konzil von Chalcedon (451) als das „zweite ökumenische Konzil“ rezipiert worden ist (COD, 83), festhalten, dass Christinnen und Christen „an eine Gottheit (theotētos), eine Macht (dynameōs) und ein Wesen (kai ousias mias) des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ glaubten „in drei vollkommenen Hypostasen (en trisi teleiotatais hypostasesin), das heißt: drei vollkommenen Personen (trisi teleioi prosōpois)“ (COD, 28).
Da in der Vorzeit der Synode eine Debatte um die volle Gottheit des → Heiligen Geistes
2.4. Die Rezeption der Synode außerhalb der (ost-)römischen Reichskirche
Obwohl es sich beim Konzil von Nicaea (325) um eine Synode der (ost-)römischen Reichskirche handelte, wurde sie in der Antike auch von christlichen Traditionen außerhalb dieser Kirche rezipiert. Da der aus Tyros stammende Christ Frumentius durch Athanasius von Alexandria in Ägypten zum Bischof für Äthiopien geweiht worden ist, lernte die äthiopische Kirche das Nicaenum in der Form, wie dieses von ihrer ägyptischen Mutterkirche vertreten wurde (Hage, 2007, 203).
In gleicher Weise überliefert die armenische Tradition, dass Aristakes († 327/333), der Sohn von Gregor dem Erleuchter († 331), dem Begründer der armenischen Kirche, selbst am Konzil von Nicaea (325) teilgenommen habe (zur Überlieferung vgl. Winkler, 2013, 629f.), weshalb die armenische Kirche letztlich das Nicaenum rezipierte, auch wenn die einzelnen Schritte dieses Annahmeprozesses angesichts der Quellenlage noch nicht final geklärt sind (zum Forschungsstand vgl. Winkler, 2013, 630-633).
Im Perserreich war es eine Synode in der Hauptstadt Seleucia-Ctesiphon, die im Jahr 410 die Expositio Fidei des Konzils von Nicaea (325) für die Kirche des Ostens annahm – nicht, indem sie die griechische Vorlage einfach in das Syrische übertrug, sondern diese in ihrer eigenen theologischen Begrifflichkeit transkulturierte (vgl. Winkler, 2013, 623-627). Es gibt aber noch mehr Parallelen zwischen den beiden Synoden; denn ebenso, wie die Synode von Nicaea (325) einen gemeinsamen Ostertermin vorschrieb und die kirchliche Struktur begründete, tat dies die Synode von Seleucia-Ctesiphon in ihren Canones (Bruns, 2008, 47-49; Winkler, 2013, 624-625).
Durch die Missionierung germanischer Ethnien (→ Christianisierung der Germanen
3. Religionsdidaktisch-praktische Überlegungen
Im Religionsunterricht lassen sich die Synode von Nicaea (325) und ihr Glaubensbekenntnis auf vielfache Weise thematisieren – beispielsweise in der Frage, wann Christinnen und Christen Ostern feiern und weshalb es bis heute noch keinen gemeinsamen Tag für die Feier des Festes in allen christlichen Traditionen gibt. Dabei könnte auch auf die eingangs geschilderten aktuellen ökumenischen Bemühungen um einen gemeinsamen Ostertermin eingegangen werden. Durch die Festlegungen in Bezug auf die kirchliche Struktur (can. 6) kann die Synode im Kontext der Entwicklung der jeweiligen Ortskirchen besprochen werden, etwa indem die bischöfliche Traditionslinie exemplarisch auf einen der apostolischen Bischofssitze zurückgeführt wird. Die Person des Vorkämpfers der Synode von Nicaea (325), Athanasius von Alexandria, kann einen interessanten prosopographischen Zugang ermöglichen (→ Biografisches Lernen
Literaturverzeichnis
- Brennecke, Hanns Christof, Athanasius Werke III/1. Dokumente zur Geschichte des Arianischen Streites bis zur Synode von Alexandrien 362, Berlin/Boston 2014.
- Brennecke, Hanns Christof, Art. Nicäa I, in: Theologische Realenzyklopädie 24 (1994), 429-431.
- Brennecke, Hanns Christof, Studien zur Geschichte der Homöer. Der Osten bis zum Ende der homöischen Reichskirche, Tübingen 1988.
- Brennecke, Hanns Christof/Heil, Uta/Von Stockhausen, Annette, Athanasius Werke 2: Die Apologien, Berlin/Boston 2006.
- Bruns, Peter, Die Haltung der Kirche des Ostens zum Nicaenum, in: Annuarium Historiae Conciliorum 40 (2008), 47-60.
- Drecoll, Volker, Die Entwicklung der Trinitätslehre des Basilius von Caesarea. Sein Weg vom Homöusianer zum Neonizäner, Göttingen 1996.
- Drecoll, Volker, Wie nizänisch ist das Nicaeno-Constantinopolitanum? Zur Diskussion der Herkunft von NC durch Staats, Abramowski, Hauschuld und Ritter, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 107 (1996), 1-18.
- Dünzl, Franz, Kleine Geschichte des trinitarischen Dogmas in der Alten Kirche, Freiburg u.a. 2. Aufl. 2011.
- Gemeinhardt, Peter, Der Tomus ad Antiochenos (362) und die Vielfalt orthodoxer Theologien im 4. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 117 (2006), 169-196.
- Hage, Wolfgang, Das orientalische Christentum, Stuttgart 2007.
- Hanson, Richard, The Search for the Christian Doctrine of God. The Arian Controversy 318-381, Edinburgh 1993.
- Hauschild, Wolf-Dieter, Die Pneumatomachen. Eine Untersuchung zur Dogmengeschichte des vierten Jahrhunderts, Hamburg 1967.
- Haykin, Michael, The Spirit of God. The Exegesis of 1 and 2 Corinthians in the pneumatomachian controversy of the fourth century, Leiden 1994.
- Heil, Uta, „Bloß nicht wie die Manichäer!“ Ein Vorschlag zu den Hintergründen des Arianischen Streits, in: Zeitschrift für antikes Christentum 6 (2002), 299-319.
- Karmann, Thomas, Meletius von Antiochien. Studien zur Geschichte des trinitätstheologischen Streits in den Jahren 360-364 n.Chr., Bern 2009.
- Keil, Volkmar, Quellen zu Religionspolitik Konstantins des Großen, Darmstadt 2. Aufl. 1995.
- Kelly, John, Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Geschichte und Theologie, Göttingen 1972.
- Kopecek, Thomas, A History of Neo-Arianism, Cambridge Massachusetts 1979.
- Lange, Christian, Einführung in die allgemeinen Konzilien, Darmstadt 2012.
- Löhr, Winrich, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien, Wehle 1986.
- Oritz de Urbina, Ignacio, Nizäa und Konstantinopel, Mainz 1964.
- Piétri, Charles, Die kirchliche Entwicklung unter Theodosius, in: Piétri, Charles/Piétri, Luce (Hg.), Die Geschichte des Christentums. Religion – Politik – Kultur 2. Das Entstehen der einen Christenheit (250-430), Freiburg u.a. 1996, 417-461.
- Ritter, Adolf Martin, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol. Studien zur Geschichte und Theologie des II. ökumenischen Konzils, Göttingen 1965.
- Schatz, Klaus, Allgemeine Konzilien. Brennpunkte der Kirchengeschichte, Stuttgart 2. Aufl. 2008.
- Simonetti, Manlio, La Crisi ariana nel IV secolo, Rom 1975.
- Smith, Mark, The Idea Of Nicaea In the Early Church Councils, AD 431-451, Oxford 2018.
- Staats, Reinhart, Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel. Historische und theologische Grundlagen, Darmstadt 2. Aufl. 1999.
- Ulrich, Jörg, Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums, Berlin 1994.
- Winkler, Dietmar, Zur Rezeption ökumenischer Konzilien am Beispiel der persischen und armenischen Kirche, in: Bruns, Peter/Luthe, Hans Otto (Hg.), Orientalia Christiana. Festschrift für Hubert Kaufhold, Wiesbaden 2013, 615-536.
- Wohlmuth, Josef, Conciliorum Oecumenicorum Decreta/Dekrete der ökumenischen Konzilien 1. Konzilien des ersten Jahrtausends, Paderborn u.a. 1998.
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
- folgt!