Sexualität
Andere Schreibweise: Sexus; Geschlecht; Geschlechtlichkeit
(erstellt: März 2017)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Sexualitt.100290
1. Einblicke in empirische Befunde zum Thema Sexualität
Seit dem Jahr 1980 liefert die Repräsentativbefragung Jugendsexualität der Bundeszentrale für politische Bildung empirische Daten zur Wahrnehmung von Sexualität unter 14- bis 25-jährigen Jugendlichen. Der Befragungshorizont reicht vom Thema Sexualberatung, wo es etwa um die Rolle des Elternhauses, der Schulen und der → Medien
Die Langzeitstudie stellt für das Jahr 2015 außerdem fest, dass innerhalb der Bundesrepublik Deutschland schulische Sexualaufklärung flächendeckend gewährleistet wird. Über 80 % der Jugendlichen geben an, dass ihre Kenntnisse über Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung aus dem Schulunterricht stammen. Lehrkräfte entwickeln sich dabei insbesondere für Jungen (mit Migrationshintergrund) zu den wichtigsten Personen ihrer Sexualaufklärung.
2. Fachwissenschaftlich-systematische Orientierungen
Sexualität wird als ein Grundvollzug menschlichen Daseins verstanden (Helfferich/Dabrock/Augstein/Schardien/Sielert, 2015; Leimgruber, 2011 u.a.), der physische, psychische bzw. emotionale, soziale und auch religiöse Dimensionen umfasst. Sie begleitet das Leben vom Säugling bis ins hohe Alter. Zum einen wird mit ihr die Herausbildung einer sich im Laufe des Lebens auch wandelnden und zuweilen nicht eindeutigen → Geschlechtsid
Wissenschaftliche Reflexionen zu Sexualität finden sich in verschiedenen Disziplinen: Biologie, Medizin, Sexualwissenschaft, Psychologie, Psychoanalyse, Kultur- und Sozialwissenschaften, Philosophie sowie Theologie. Dass die schulische Reflexion auf Sexualität vor allem im Sachkunde- und Biologieunterricht angesiedelt ist, verweist darauf, dass sie – von bildungspolitischer Seite – in Bildungsbereichen vor allem in naturwissenschaftlichen Zusammenhängen eingeordnet wird. Hierfür wird offenbar immer noch Sigmund Freud in Anspruch genommen, der in seinem Spätwerk der Auffassung war, dass menschliche Sexualität einem angeborenen biologischen Programm folge (Quindeau, 2008, 17). Doch diese Sichtweise reduziert Sexualität darauf, dass sie eine Körperfunktion ist, zum Teil auch darauf, dass mit ihr die Reproduktion der Gesellschaft gesichert oder in ihr ein angeborener Trieb bzw. eine Energie des Menschen zu sehen ist, die diesen sozusagen zur Befriedigung seiner Lust anregt, wenn nicht zwingt (Waldeck, 2002, 358). Dementgegen wird in kulturwissenschaftlicher Perspektive erkennbar, dass ein Zugriff auf die sexuelle Natur des Menschen nie unmittelbar möglich ist, sondern auch jede naturwissenschaftliche Erörterung der Sexualität auf kulturwissenschaftliche Zugänge wie etwa bereits die Sprache, in der reflektiert wird, angewiesen ist. Zudem ist die Wahrnehmung von Sexualität an die Wahrnehmung von spezifischen Interaktionen und Praktiken gebunden. Die Thematisierung von Sexualität stellt insofern selbst immer schon einen Vorgang kulturell und kontextuell bedingter Deutung sowie der Deutung der Kultur dar. Im mitteleuropäischen Kontext waren und sind dies vor allem solche Deutungen, die die sexuelle Orientierung der Heterosexualität und der Lebensform der → Ehe
3. Einblicke in historische Entwicklungen innerhalb theologischer Diskussionen
In der abendländischen christlichen Tradition wurde und wird Sexualität hauptsächlich in Bezug auf die Lebensform Ehe thematisiert, wobei diese in katholischer Tradition bis in die Gegenwart mit einem → Sakrament
Auch wenn man nachreformatorisch gesamtkulturell von einem Prozess der modernen Entsakralisierung der Lebensform Ehe sprechen kann, so ist die Wahrnehmung, dass nicht der Lebensform Ehe, aber schon der Sexualität etwas Heiliges zukomme, nicht gänzlich aus den Referenzrahmen philosophischer, theologischer und soziologischer Beiträge ausgeschieden worden. Dies zeigt sich an der Rede vom sogenannten heiligen Eros. Er symbolisiert die Sehnsucht nach der Überwindung der menschlichen Erfahrung des individuellen Getrenntseins wie auch der Überwindung des Todes (für die Philosophie: Bataille, 1957; für die Theologie: Tillich, 1955). Sexualität kommt in diesem Deutungsrahmen sogar eine revolutionäre Kraft zu (für die jüngere soziologische Diskussion: Giddens, 1992; dagegen: Illouz, 2012; Nord, 2017). Ihren Ursprung gibt man mit den Vokabeln heilig und göttlich an. Sexuelle Ekstase wird zum Synonym für die Erfahrung der Befreiung von der Technisierung der Lebenswelten. Aktuelle theologische Entwürfe verbinden das Thema Sexualität in der Regel wieder vorrangig mit dem der Ehe und der Liebe; Freundschaften und nichteheliche Partnerschaften als Lebensformen von Sexualität kommen gleichwohl in den Blick (Karle, 2014; Ohly, 2016).
4. Einblicke in psychoanalytische und sozialwissenschaftliche Zugänge
In konstruktiv-kritischer Rezeption der Theorien Sigmund Freuds wird in gegenwärtigen psychoanalytischen Diskussionen in der Sexualität weniger ein Trieb oder eine Triebenergie gesehen als vielmehr ein komplexeres, weil kulturell vielfältigeres Phänomen, das durch interpersonale Beziehungen initiiert und ausgestaltet wird. Die frühe Eltern-Kind-Beziehung wird als persönliche Struktur verstanden, innerhalb der sich Sexualität körperlich gebunden zu entwickeln beginnt. In Eltern-Kind-Interaktionen etabliert sich ein Wechselspiel, in dem, wie es heißt, unbewusste Verführung und elementare Befriedigung erfahren wird. Das Begehren des Kindes entsteht in dieser Sichtweise als Antwort auf das vorgängige Begehrtwerden durch die Eltern. Begehren wird so durch Erfahrungen sozusagen in den → Körper
Gerade im Kontext jüngerer Schülerinnen und Schüler werden Geschlechterdifferenzen dual wahrgenommen, Mädchen und Jungen ordnen sich je einer Gruppe zu bzw. fordern solche Gruppenbildungen zum Teil selbst ein. Geschlechterdifferente Zuschreibungen scheinen Möglichkeiten zu bieten, sich an einer klar ausgewiesenen Differenz selbst zu orientieren und hierbei eine eigene, gleichsam eindeutige Geschlechtsidentität zu entwickeln. Doch diese Eindeutigkeit ist in gendertheoretischer Interpretation teuer erkauft. Mit ihr werden Wahrnehmungsmuster adaptiert, die auch bewirken, dass die Anpassung an spezifische weibliche und männliche Rollenmuster in der Selbstwahrnehmung eines Individuums eine höhere Wertschätzung erhält als das Experimentieren mit einer Vielfalt verschiedener und in ihrer Kombination dann variablerer Muster der geschlechtsspezifischen und sexuellen Orientierung. Mit der Analysekategorie → Gender
5. Einblicke in biblisch-theologische Zugänge zu Fragen der Sexualethik
Innerhalb theologischer und kirchlicher Diskussionen wird häufig die negative Beurteilung von Homosexualität in biblischen Texten in Frage gestellt. Zunächst ist festzuhalten, dass christliche Perspektiven auf Homosexualität wie auch Sexualität generell über Jahrhunderte dazu beigetragen haben und noch immer dazu beitragen, menschliche Sexualität als → Sünde
Im katholischen Bereich eröffnete die Arbeitsgemeinschaft der Jugendpastoral der Orden (AGJPO) 1994 einen Dialogprozess zu Fragen von Sexualität und Sexualpädagogik, der nach hoffnungsvollem Beginn und einem Antwortbrief der Jugendkommission der deutschen Bischofskonferenz unter Bischof Bode 1999 jäh abgebrochen wurde. Der Brief würdigt die menschliche Sexualität in positiver Weise und bringt der Erfahrung von Lust Wertschätzung entgegen. Den stärksten Widerspruch erfuhr das Schreiben in Sachen Homosexualität. Den Verantwortlichen in der Jugendarbeit sei unverständlich, dass die positive Sicht der Sexualität bei Homosexuellen nicht gelten solle, ja sogar der Schöpfungsordnung widerspreche. Seither ist der Dialog zwischen Verantwortlichen in der Jugendarbeit und den Bischöfen abgebrochen (Gärtner hat alle Reaktionen dazu in seiner Studie zusammengefasst).
Einen neuen Vorstoß unternahm der Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) anlässlich der im November und Dezember 2013 durchgeführten Befragung unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu den Themen der Bischofssynode. An dieser online-Befragung beteiligten sich 10.000 Menschen. In Bezug auf Sexualität und Homosexualität hält der BDKJ nach der Umfrage fest: „Der BDKJ-Bundesvorstand schließt sich der Forderung nach Akzeptanz homosexueller Beziehungen an und sieht überdies die dringende Notwendigkeit, den Naturrechts-Begriff grundlegend zu überdenken. Fundament für naturrechtliche Argumentationen kann nicht sein, was sein soll – nämlich eine heteronormative Ordnung –, sondern kann nur sein, was ist, und zu den biologischen Grundlagen menschlichen Lebens gehört auch eine Diversität der Ausprägungen der sexuellen Orientierung.“ Die deutschsprachige Gruppe der Bischöfe auf der Synode formulierte dann ein vielbeachtetes Bekenntnis: „Im falsch verstandenen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu harten und unbarmherzigen Haltungen, die Leid über Menschen gebracht haben, insbesondere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete. Als Bischöfe unserer Kirche bitten wir diese Menschen um Verzeihung“ (vgl. dazu das nachapostolische Schreiben von Papst Franziskus „Amoris Laetitia“, Nr. 251; daneben auch Goertz, 2015; sowie Garhammer/Weber, 2012). Die Synodenväter haben es allerdings abgelehnt, Verbindungen zwischen homosexuellen Personen der Ehe gleichzustellen.
Insgesamt sind es fünf biblische Textstellen, also ein marginaler Textbestand, die sich auf das Thema Homosexualität beziehen: Lev 18,22
6. Didaktische Perspektiven sowie Forschungsdesiderate
Dem Religionsunterricht, der in der Sekundarstufe das Thema Sexualität innerhalb der Trias Liebe, Freundschaft, Sexualität behandelt, geht der Sachunterricht voran, dem es in der Grundschule zukommt, den so genannten Aufklärungsunterricht anzubieten. Zugleich bietet in der Mittelstufe auch der Biologieunterricht Unterrichtseinheiten im Themenfeld Sexualität an. Damit besteht in der schulischen Bildung die Tendenz, Sexualität als biologisches Programm zu vermitteln (vgl. für verschiedene Schulformen und -stufen: Leimgruber, 2011). Hier hat die Religionspädagogik die Aufgabe, den Blick zu weiten. Sie tut dies auch seit geraumer Zeit, indem sie in beiden Konfessionen Sexualität vor allem unter ethischen Gesichtspunkten thematisiert. Dies geschieht häufig mit der Zielorientierung, dass die Ehe, nicht für Jugendliche, aber in Anbahnung ihrer späteren Einstellung als Erwachsene, als hervorragender Ort für gelebte Sexualität herausgearbeitet wird. Sowohl in theologischen wie in kirchlichen und auch in religionspädagogischen Abhandlungen sowie in Schulbüchern wird ihre Behandlung vom Kontext verantwortbarer Beziehungen und Lebensformen bestimmt, d.h. die Ethik bzw. der didaktische Zugang ethischen Lernens dominiert die Wahrnehmung (Helfferich/Dabrock/Augstein/Schardien/Sielert, 2015; Kirchenamt der EKD, 2013; Leimgruber, 2011). Deshalb werden innerhalb religiöser Bildungsprozesse regelmäßig Werte wie Respekt, Freiwilligkeit, Vertrauen bzw. Treue fokussiert. Diesen Ansatz positiv aufgreifend, vertiefend und ausdifferenzierend sind insbesondere kinder- und jugendtheologisches, medienweltorientiertes und inklusives Lernen und Lehren zu fördern.
6.1. Kinder- und jugendtheologisches Lernen und Lehren
Unterrichtsentwürfe, die Narrationen, Meinungsbilder und weitere ästhetisch bzw. wahrnehmungsorientierte Artikulationsformen fördern, in denen Kinder und Jugendliche Sexualität religionspädagogisch reflektieren können, sind in vereinzelten Publikationen aufzufinden (vgl. zu Ansätzen hierzu immerhin Etscheid-Stams/Krauße, 2012; Leimgruber, 2011). Sie sollten generell die Ausgangslage für religionspädagogische Bemühungen zum Umgang mit Sexualität in schulischen und gemeindlichen Bildungsprozessen bilden, um die bisherige Dominanz von „Erwachsenenperspektiven“ zu durchbrechen. (Bucher u.a., ab 2002; Freudenberger-Lötz/Kraft/Schlag, ab 2013). Küssen und kuscheln, sich zusammengehörig fühlen oder verunsichert darüber sein, warum von der Anderen oder dem Anderen keine Resonanz mehr kommt, die Angst, im eigenen Begehren enttäuscht zu werden, all dies sind emotional hoch besetzte und damit die Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen herausfordernde, sie zuweilen erschütternde Erfahrungen (Gäfgen-Track/Lohmannsröben/Martini/Meyer-Blanck/Nord, 2014). Wie sie von Kindern und Jugendlichen artikuliert werden, ist von didaktischer und darin auch methodischer Relevanz. Denn diese leben in ausdifferenzierten, zum Teil auch mit Gewalterfahrungen verbundenen Erfahrungswelten. Insbesondere innerhalb der katholischen Religionspädagogik ist in den letzten Jahren verstärkt die Thematik sexueller Gewalt bearbeitet worden (Klein, 2016; Hummert/Aigner, 2012, 119-129).
Abhängig von den kulturellen Beheimatungen der Kinder und Jugendlichen sind Erfahrungen von Sexualität auch religiös signiert. Ihre Erforschung und religionspädagogische Reflexion ist noch wenig erfolgt (zumindest kurz Leimgruber, 2011). Viele Unterrichtsentwürfe nehmen keinen expliziten Bezug auf die religiöse Dimension von Sexualität, sondern bleiben bei ethischen Themen, die nicht weiter christlich perspektiviert werden. Eine Korrektur dieser Auslassung sollte innerhalb der Religionspädagogik mit den Zielen verfolgt werden, Sexualität entgegen anderslautender Traditionen als Quelle von Lebenslust und Gottesglauben auszuweisen (Josuttis, 1994) und Tabuisierungen und Begrenzungen, die Kinder und Jugendliche in ihren religiösen Sozialisationen erfahren haben, kritisch zu reflektieren bzw. ihren Horizont für religiöse Deutungen zu erweitern.
Dazu kommt eine spezifische sprachliche Unsicherheit zum Thema. Es fallen Aussagen wie „Das war total peinlich“ bis hin zu „Ich finde das ganze Thema total eklig“. Insofern sollte an wahrnehmungsorientierte didaktische Konzepte (Biel, 1998; Leonhard, 2006) sowie an das Konzept ethischen Lernens, das Gefühle reflektiert, angeschlossen werden (Naurath, 2010), um in kinder- und jugendtheologischer Perspektive kommunikative Kompetenzen für die thematische Auseinandersetzung zu stärken.
6.2. Medienweltorientiertes Lernen und Lehren
Dass männliche Jugendliche das Internet weniger als Recherchemedium als vielmehr als Unterhaltungsmedium nutzen, zeigt, dass Sexualität stark mit sinnlicher Gestaltung verbunden ist. Erkundungen zum jugendlichen Umgang mit pornografischem Material und seine Bewertungen durch Jugendliche im Kontext der Religionspädagogik zu unternehmen, wird bereits seit einigen Jahren als ein wichtiges Thema für die Religionspädagogik angesehen (wiederum Leimgruber, 2011). Allerdings verändern sich derzeit auch die Parameter der ethischen Bewertung von Pornographie, sodass die religionspädagogische Forschung auch hier ein neu zu erschließendes Feld vorfindet (Schmidt, 2016). Dabei ist an medienweltorientierte Religionsdidaktik anzuschließen, die in schulischen und kirchlichen Bildungsprozessen Reflexionsmöglichkeiten zu medialen Erfahrungswelten empfiehlt (zu Medienbildung im katholischen, evangelischen und islamischen Religionsunterricht: Pirner/Pfeiffer/Uphues, 2013). Dies kann in von Erwachsenen angeleiteten oder auch innerhalb von selbstorganisierten Jugendgruppen geschehen. Zielsetzung ist es, Kinder und Jugendliche anzuregen, das, was sie gesehen und erfahren haben, in lebensdienlicher Weise für sich zu reflektieren sowie hierüber im Referenzrahmen nachvollziehbarer Bewertungs- und Handlungskriterien Auskunft geben zu können (zum Thema Cyberbullying: Nord, 2014).
6.3. Inklusives Lernen und Lehren
Innerhalb inklusiver Religionspädagogik und -didaktik wird nicht nur der Aspekt Gender und sexuelle Orientierung für schulische und kirchliche Bildungsprozesse thematisiert, sondern auch der des Alters, der spezifischen Religionszugehörigkeiten, des sozialen Status und nicht zuletzt der von Behinderungserfahrungen (Nord, 2016). Das Themenfeld Sexualität ist in seiner religionspädagogischen Bearbeitung auf die Einbeziehung aller dieser Aspekte angewiesen. Bislang liegen aus Forschungen feministischer Theologien und Pädagogiken Beiträge zu Gender und Diversity in der schulischen wie in der kirchlichen Religionspädagogik vor. Die Themen geschlechtergerechte Schule und Religionsunterricht sowie genderbewusst Religion lehren lernen (Qualbrink/Pithan/Wischer, 2011) wurden und werden ebenso aufgearbeitet wie grundsätzliche religionspädagogische und umfassender auch praktisch-theologische Reflexionen zum Themenfeld Homosexualität und Schule bzw. Kirche vermehrt erarbeitet werden (Breckenfelder, 2015). Unterrichtsvorhaben sind z.B. Gesprächsanlässe im Religionsunterricht zum Thema Homosexualität zu inszenieren, homophobe Verbalaggressionen zu bearbeiten, ein Coming-out im Kontext des Konfirmandenunterrichtes zu reflektieren oder das Feld der Schulseelsorge für genderspezifische Themen zu öffnen.
Zum Zeitpunkt der Abfassung des Artikels lag, soweit die Verfasserin es überblicken konnte, kein Unterrichtsmaterial zum Thema Sexualität vor, das für die Kontexte von Schule oder Kirche das Thema Sexualität aus der Perspektive von Menschen, die mit Behinderungen leben, erarbeitet hätte. Sie im Lehren und Lernen zu stärken, ist ein weiteres noch nicht ausgeschöpftes religionsdidaktisches Arbeitsgebiet (Nord, 2015; auch Kirchenamt der EKD, 2015).
Es ist bislang die interkulturelle Didaktik, die Fragehorizonte zu weltanschaulichen Differenzen in der Wahrnehmung von Sexualität allerdings ebenfalls nur in ersten Begehungen des Themas bearbeitet (Leimgruber, 2011).
Ein weites Inklusionsverständnis an das Thema Sexualität anzulegen, erhöht nicht nur die Komplexität in der Wahrnehmung, sondern auch die Passgenauigkeit seiner religionspädagogischen Bearbeitung.
6.4. Kommunikative Kompetenzen von Lehrpersonen stärken
Sexualpädagogische Unterrichtseinheiten sind für alle Schüler und Schülerinnen obligatorisch. Dies zu betonen, ist durchaus notwendig, denn es ist gerade Religion bzw. Religiosität, die hier Konflikte schafft. Immer wieder versuchen Eltern, ihre Kinder aus religiösen Gründen von der Teilnahme an diesem befreien zu lassen. Gerichtsurteile benennen die Kriterien, warum hierzu kein Anlass gegeben ist (Urteile zum Sexualkundeunterricht
6.5. Fazit
Die interdisziplinären Zugänge zeigen ebenso wie die didaktischen Perspektiven, welche Herausforderungen sich an eine weiterführende theologische und im engeren Sinne religionspädagogische Reflexion zum Thema Sexualität stellen: ihre Wahrnehmung ist mindestens entlang der Kategorien Alter, sexuelle Orientierung, kulturelle und religiöse Herkünfte sowie Erfahrungen von Behinderungen auszudifferenzieren. Die Bedeutung der Sozialisationsinstanzen Eltern, Schule bzw. Lehrerinnen und Lehrer, Kirche und die ihr zugehörenden Kommunikationszusammenhänge sowie Medien sind nicht nur im Kontext der Sexualpädagogik, sondern auch in dem der Religionspädagogik empirisch zu beforschen. Soll die von vielen geteilte Rede, dass Sexualität als Grundvollzug menschlichen Daseins zu verstehen ist, nicht eine abstrakte Formel bleiben, geht es darum, sie als eine Dimension theologischer → Anthropologie
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