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Andere Schreibweise: Klimakrise; climate change

(erstellt: Februar 2021)

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1. Definition

Klima (griech. to klima: die Neigung) bezeichnete bei Parmenides von Elea sowie Hippokrates (ca. fünftes Jahrhundert v. Chr.) die Neigung der Sonnenstrahlen in einem bestimmten Winkel zur Erde. Seit dem 16. Jahrhundert werden mit dem Begriff Klima die Mittelwerte der langjährig gemessenen Witterung einer Region und deren Standardabweichungen beschrieben. Klima ist demnach nicht zu verwechseln mit der Witterung (dem für die Jahreszeiten typischen Wetterablauf an einem bestimmten Ort während eines Zeitraums von mehreren Tagen oder Wochen) oder mit dem Wetter (der kurzfristigen Veränderung der Troposphäre (die erdnahe Atmosphäre), also der erdnahen Atmosphäre, an einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche in Bezug auf Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag, Luftdruck und Windgeschwindigkeit in Form von z.B. Regen oder Sturm).

Der Begriff Klimawandel bezeichnet also eine langfristige Veränderung der klimatischen Bedingungen auf der Erde, in jüngster Zeit speziell die anthropogene (menschengemachte) Erhöhung der Temperatur der erdnahen Atmosphäre sowie die Veränderung des Niederschlags und der Meeresströmungen seit Beginn des Industriezeitalters. Dieser Wandel der klimatischen Bedingungen schreitet sehr schnell voran und in vielen Regionen führen die Auswirkungen bereits zu existentiellen Krisen (Überschwemmungen, Nahrungsmangel, Wasserknappheit etc.). Dem trägt der Terminus Klimakrise Rechnung (Reif/Dahm, 2017).

2. Erdgeschichtliche klimatische Schwankungen

Im Laufe der ca. 4,6 Milliarden Jahre andauernden Erdgeschichte kam es zu teils extremen klimatischen Veränderungen der erdnahen Atmosphäre. Am Beginn der Erdneuzeit (Känozoikum) vor etwa 55/56 Millionen Jahren ist ein prähistorischer Klimawandel nachweisbar, der als Paleozän/Eozän Temperaturmaximum (PETM) bekannt ist (Gutjahr/Ridgwell/Sexton/Anagnostou/Pearson/Pälike/Norris/Thomas/Foster, 2017; Strom, 2007). Innerhalb von ungefähr 4000 Jahren und für eine Dauer von mindestens 100.000 Jahren stieg die globale Temperatur um 5°C bis 6°C auf durchschnittlich 24°C an (Zachos/Zeebe/Ridgwell, 2016). Die Temperatur des arktischen Ozeans betrug an der Wasseroberfläche episodisch 23°C (die gegenwärtige durchschnittliche Temperatur im nördlichen Eismeer beträgt je nach Jahreszeit ca. 1,5°C bis 2°C; Zachos/Wara/Bohaty/Delaney/Petrizzo/Brill/Bralower/Premoli-Silva, 2003). Etwa zwei Drittel der damaligen Meerestiere starben infolge der Versauerung der Meere aus (Berndt, 2016). Ursache dieser klimatischen und infolgedessen auch faunistischen Veränderungen waren wohl Erdbeben und Vulkanismus auf Grund der Plattentektonik, die zu einer Freisetzung von sehr großen Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) in die Atmosphäre führten (Hergersberger, 2012; Berndt, 2016).

Innerhalb der letzten eine Million Jahre gab es ungefähr zwanzig Kaltzeiten divergenter Intensität und Dauer (Häckel, 2016). In der letzten großen Kaltzeit, der sogenannten Weichsel-Würm-Kaltzeit ca. 115.000-10.000 v. Chr., betrug die durchschnittliche Jahrestemperatur im Alpenvorland -3°C (heute +7°C). Es kam zu weitläufigen Vergletscherungen sowie Eisvorstößen über Skandinavien bis zum heutigen Norddeutschland (u.a. Brandenburg und Schleswig-Holstein).

Daran schloss sich vor ca. 11.700 Jahren mit dem Holozän eine klimatisch relativ stabile Zeit an, die die Entwicklung der menschlichen Zivilisation wahrscheinlich erst ermöglichte. Kleinere Temperaturausschläge im Holozän führten jeweils zu menschheitsgeschichtlichen Krisen. Dies gilt beispielsweise für die sogenannte Kleine Eiszeit, die im 14. Jahrhundert begann und ca. drei bis vier Jahrhunderte andauerte. Mit einer Durchschnittstemperatur in der gesamten nördlichen Hemisphäre streckenweise mit mehr als 1°C unter dem vorindustriellen Niveau (Häckel, 2016, 429; Glaser/Riemann, 2009) änderten sich die Lebensbedingungen der Menschen grundlegend. Zwischen 1460 und 1550 kam es aufgrund lang andauernder und sehr kalter Winter zu Hungersnöten und Kämpfen um die knapp werdenden Ressourcen (Häckel, 2016), in denen Kulturwissenschaftler eine Wurzel des 30-jährigen Krieges sehen (Behringer/Lehmann/Pfister, 2005; Gerste, 2016).

Im Unterschied zu diesen früheren Warm- und Kaltzeiten steigt die durchschnittliche Temperatur seit einigen Jahrzehnten schneller an als jemals nach Beginn der Erdneuzeit und höher als jemals im Holozän. Der niederländische Chemiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen unterbreitete deshalb im Jahr 2000 den Vorschlag, ein neues Erdzeitalter namens Anthropozän auszurufen, da der Mensch mittlerweile die gesamte Geosphäre maßgeblich beeinflusst (Steffen/Broadgate/Deutsch/Gaffney/Ludwig, 2015).

3. Anthropogener Klimawandel: Ursachen, Verursacher, Prognosen

Alle oben beschriebenen Klimaveränderungen sind ursächlich verbunden mit einem Wandel der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre: dazu gehören Kohlenstoffdioxid (CO2), Ozon (O3), Distickstoffmonoxid (Lachgas, N2O), Methan (CH4) und Wasserdampf (H2O). Ihre Sammelbezeichnung stammt von dem durch sie hervorgerufenen Treibhauseffekt: Treibhausgase (Ausnahme Wasserdampf) lassen die einfallende Sonnenstrahlung ungehindert passieren. Diese wird von der Erde als Wärmestrahlung rückgestrahlt und von den Treibhausgasen reflektiert, so dass sie nicht wieder ungehindert in das Weltall entweichen kann. Ohne Treibhausgase wäre es auf der Erde ca. -18°C kalt. Die für das Holozän natürliche Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre führt zu einer globalen Durchschnittstemperatur von ca. 14°C (World Meteorological Organization, 2012).

Seit Beginn der Industrialisierung erhöht sich die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre aufgrund menschlicher Aktivitäten: von CO2 aus der Verbrennung des über Jahrtausende fossil eingelagerten Kohlenstoffs (z.B. als Braunkohle oder Öl), von Lachgas beispielsweise aus stickstoffhaltiger Düngung oder von Methan, das als Produkt von Zersetzung unter Luftabschluss vor allem bei der Verdauung der Wiederkäuer, beim Nassreisanbau, in Mülldeponien und Feuchtgebieten entsteht. Der natürliche Treibhauseffekt wird also anthropogen verstärkt. Der dadurch hervorgerufene Klimawandel wirkt zudem selbstverstärkend, da beispielsweise mit der Erwärmung der Meere deren CO2-Speicherkapazität sinkt, das Schwinden der Eisflächen die Eis-Albedo-Wirkung (Rückstrahlung der Sonnenstrahlung) mindert und die tauenden Permafrostböden Methan ausgasen.

Nicht jeder Mensch ist in gleicher Weise Emittent von Treibhausgasen: Das reichste Zehntel der Weltbevölkerung verursacht laut Oxfam 50% der aktuellen CO2-Emissionen, die nächsten 40% der Weltbevölkerung 40%, das ärmste Zehntel 1% der Emissionen (Oxfam, 2015). Wenn man mit Matthews die historischen Emissionen der vier relevantesten anthropogenen Treibhausgase einbezieht, verursachten sieben Länder 63% der Gesamterwärmung von 1800 bis 2005 um 0,7°C: die USA (0,151°C), China (0,063°C), Russland (0,059°C), Brasilien (0,049°C), Indien (0,047°C), Deutschland (0,033°C) und Großbritannien (0,032°C). In Bezug zur Bevölkerungszahl (Stand 2005) gesetzt, beginnt die Reihung der Erwärmungsverursacher mit Großbritannien, den USA, Kanada, Russland, Deutschland, den Niederlanden und Australien. China und Indien folgen als 19. und 20. (Matthews/Graham/Keverian/Lamontagne/Seto/Smith, 2014).

Um mögliche Tendenzen der Temperaturerhöhung zu prognostizieren, werden unter der Schirmherrschaft des Weltklimarats Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit Hilfe von Emissionswerten bzw. Strahlungsantrieb und Treibhausgaskonzentrationen sogenannte Treibhausgasszenarien modelliert. Seit 2013 stellen vier RCP-Szenarien (Representative Concentration Pathways) plausible Klimaänderungen innerhalb des Zeitraumes 2001-2100 dar (in den ECPs, den Extended Concentration Pathways, bis zum Jahr 2500). Diese bilden Treibhausgaskonzentrationen und somit mögliche politische und sozioökonomische Entwicklungen sowie deren Folgen ab. Das RCP 8.5-Szenario beschreibt eine weiterhin kontinuierlich steigende Treibhausgaskonzentration, sodass mit einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um etwa 4,8 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu rechnen wäre. Das Szenario RCP 2.6 verdeutlicht sehr ambitionierte Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (Netto-Null-Emission im Jahr 2080), sodass der globale Temperaturanstieg in etwa dem Ziel des Pariser Klimaabkommens 2015 (Begrenzung des Klimawandels auf 1,5°C) entspräche. Auf Grundlage solcher Simulationen können wichtige Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen konzipiert werden (Arnell/Lowe/Bernie/Nicholls/Brown/Challinor/Osborn, 2019).

4. Folgen

Welche ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen der Klimawandel haben wird, ist abhängig vom weiteren Emissionsverlauf (siehe oben 3.) sowie von der jeweiligen Verletzbarkeit: Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und Weltbank (Rigaud/de Sherbinin/Jones/Bergmann/Clement/Ober/Schewe/Adamo/McCusker/Heuser/Midgley, 2018) prognostizieren eine regional unterschiedliche Verschlechterung der Nahrungsmittelproduktion aufgrund des Rückgangs der Artenvielfalt, des Fischfangpotentials und der Bestäubungsleistung sowie aufgrund von Wassermangel und Extremwetterereignissen (Intergovernmental Panel on Climate Change, 2015). Vorausgesagt wird zweitens eine Verschärfung der Trinkwassersituation (Mangel, Versalzung, Kontamination beispielsweise durch Einspülung bei Starkregen und Belastung mit Krankheitserregern). Neben einer direkten Gesundheitsgefährdung infolge der Zunahme von Naturkatastrophen ist auch mit einer indirekten Schadeinwirkung zu rechnen, z.B. aufgrund der Verbreitung vektorübertragener Krankheiten (u.a. Dengue-Fieber) und der Entstehung neuer Krankheiten und Pandemien. Ferner können die Infrastruktur (Schäden an Straßen und Schienen auf Grund von Extremwetter) und die Energieversorgung (Abnahme der Leitfähigkeit der Leitungen) leiden. Zu den positiven Folgen könnten beispielsweise eine Besiedelbarkeit nördlicher Landstriche, Ertragserhöhung der Landwirtschaft in nördlichen Breiten oder eine ganzjährig eisfreie Nord-West-Passage zählen. Diese Vorteile sind regional begrenzt und können die Schadeinwirkungen nicht kompensieren. Vorausgesagt werden also „aufgrund des Klimawandels erhöhte Risiken für Menschen, Vermögenswerte, Ökonomien und Ökosysteme [...], darunter Risiken durch Hitzestress, Stürme und Extremniederschläge, Überschwemmungen im Binnenland und an den Küsten, Erdrutsche, Luftverschmutzung, Dürre, Wasserknappheit, Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten“ sowie die Entstehung von „Hotspots des Hungers“ (Intergovernmental Panel on Climate Change, 2016, 16). Dies alles werde zu Flucht und Migration führen. Davon wären laut einer Studie der Universität Hamburg in den kommenden 30 Jahren ca. 200-250 Millionen Menschen betroffen (Bedarff/Jakobeit, 2017).

5. Kurze Geschichte der Klimaforschung

Die Wurzeln der oben genannten Klimaforschung liegen u.a. in den meteorologischen Untersuchungen von Parmenides von Elea mit seiner Beschreibung von Klimazonen (für eine detailliertere Einführung Schönwiese, 2013). An den Anfängen der modernen Klimatologie steht Jean Baptiste Joseph Fourier (1768-1830), Mathematiker, Archäologe und Physiker, der Anfang des 19. Jahrhunderts untersuchte, warum die erdnahe Atmosphäre die Wärme der Sonne so gut speichern kann. In seinem 1824 erschienenen Artikel über die Temperaturen der Erde und der Erdatmosphäre (im Original: Mémoire sur les températures du globe terrestre et des espaces planétaires) beschrieb er als erster die Theorie der wesentlichen Mechanismen des Treibhauseffekts. 1859 ergänzte der irische Physiker und Eiszeitenforscher John Tyndall Fouriers Theorie um einen wesentlichen Punkt: Tyndall zeigte, dass sich das Gas Kohlenstoffdioxid, gasförmiges Wasser bzw. Wasserdampf und das Spurengas Ozon in einer die Erde ummantelnden gasförmigen Hülle befinden, welche dafür sorgt, dass die Wärme der Sonne, die von der Erde zurückgeworfen wird, in der erdnahen Atmosphäre verbleibt. Tyndall erkannte somit die Abhängigkeit des Erd-Klimas von der Zusammensetzung dieser gasförmigen Hülle (Kriener, 2017). Ende des 19. Jahrhunderts beschrieb der spätere schwedische Nobelpreisträger Svante Arrhenius den Effekt bestimmter Mengen von Kohlendioxid in der Luft auf die Temperatur der erdnahen Atmosphäre und sagte Temperatursprünge in Folge eines Anstiegs der Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Luft voraus.

Der Chemiker Charles David Keeling profitierte in den 1950er-Jahren von staatlichen Subventionen in die Wetter- und Klimaforschung, die man als strategisch wichtig im Kalten Krieg betrachtete. Ihm gelangen 1957 die ersten genauen Messungen von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre (Kriener, 2017). Den extrem schnellen Anstieg von CO2 in der Atmosphäre zeigt die nach ihm benannte Keeling-Kurve, die graphische Darstellung der monatlich durchschnittlichen CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre. Die Keeling-Kurve ist für die Klimawissenschaft besonders bedeutungsvoll, da sie die menschlich verursachte globale Erwärmung belegt, die zuvor von Wissenschaftlern nur hypothetisch formuliert wurde (Abb. abrufbar unter https://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/mlo.html).

Ein ebensolches Gewicht in der Klimaforschung erlangte die 1999 von den Klimatologen bzw. Geowissenschaftlern Michael E. Mann, Raymond S. Bradley und Malcolm K. Hughes veröffentlichte Arbeit zur globalen Erwärmung. Sie untersuchten den Temperaturverlauf des letzten Jahrtausends auf der Nordhalbkugel. Die graphische Darstellung ihrer zentralen Ergebnisse (bekannt als Hockey Stick Graph, da das Aussehen des Kurvenverlaufs einem Hockey-Schläger ähnelt) wurde 2001 einer breiten Öffentlichkeit durch den dritten Sachstandsbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) bekannt (Abb. abrufbar unter https://www.pnas.org/content/105/36/13252).

Der Weltklimarat IPCC (konstituiert 1988) bildet ein globales Wissenschaftsnetzwerk, in dessen Veröffentlichungen die Arbeit von tausenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einfließt. Seitens der Bundesrepublik Deutschland spielt dabei das PIK (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, 1992 gegründet) eine bedeutende Rolle, indem es die Arbeitsgruppen zum Klimaschutz koordiniert und seit 2006 alle zwei Jahre ein Nobelpreisträgersymposium zu globalen Nachhaltigkeitsfragen durchführt.

6. Schülervorstellungen zum Klimawandel

Die Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern zu den naturwissenschaftlichen Hintergründen des Klimawandels divergieren. Empirischen Studien bis 2010 zufolge dominierten unter älteren Jugendlichen zwei Alltagstheorien zu den atmosphärischen Prozessen, die zur Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur führen: das „Ozonloch-Modell“ und das „Glashaus-Modell“ (Schuler, 2011, 83-97). Ersteres beruht auf der Vorstellung, durch ein Loch in der Ozonschicht gelange vermehrt Sonneneinstrahlung auf die Erde und kann paraphrasiert werden mit „zu viel Strahlung rein“. Letzteres kommt in einer differenzierten Form der wissenschaftlichen Faktenlage sehr nah, mit dem Unterschied, dass die Treibhausgase kein Kuppeldach bilden, sondern verteilt über die Atmosphäre an unterschiedlichen Stellen ihre Wirkung in unterschiedlicher Intensität entfalten. Es kann paraphrasiert werden mit „zu wenig Strahlung raus“.

Die Ursachen für das „Loch“ oder die „Kuppel“ werden wiederum von Kindern und Jugendlichen auf verschiedene Weise gedacht. Schuler (Schuler, 2011, 207-209) identifiziert diesbezüglich vier Modelle: das CO2-Fossilenergie-Modell (wissenschaftlich korrekt aber unter Ausblendung weiterer Treibhausgase), das Luft- und das Umweltverschmutzungs-Modell (Ursache des Klimawandels seien diverse, als aggressiv wahrgenommene Emissionen bzw. zusätzlich nicht atmosphärische Einträge in die Umwelt) sowie das Luftreinigungs-Photosynthese-Modell (Abholzen von Wäldern vernichte CO2-Filter). Die Verschmutzungsmodelle sind erfahrungsnah (Dreck). Es fehlt ihnen allerdings der Bezug zu den Treibhausgasen. Das Umweltverschmutzungs-Modell vermengt zudem diverse Umweltfragen, ohne deren teils komplexe Verflechtungen darstellen zu können. Schulisch bietet es sich an, die Hauptfaktoren (Treibhausgasemissionen durch kohlenstoffbasierte Energiegewinnung beispielsweise für Konsum, Wohnen und Mobilität, Tierhaltung und Landnutzungswandel) zu fokussieren und ein unterkomplexes Problemeinerlei zu meiden. Das Luftreinigungs-Photosynthese-Modell sieht richtig, dass mit dem Abholzen oder Absterben von Wäldern dessen Funktion als CO2-Senke verloren geht, übersieht aber die Freisetzung des in der Biomasse der Bäume gespeicherten Kohlenstoffs.

Grundschulkinder konstruieren weitere Hintergrundmodelle und Ursachenzusammenhänge, beispielsweise die Vorstellung, das Abholzen von Bäumen und der Städtebau störten die natürliche Luftkühlung (Lüschen, 2015, 152).

Die bisherigen empirischen Forschungen zu Schülervorstellungen zum Klimawandel sind naturwissenschaftsdidaktisch. Es fehlen Erkenntnisse dazu, wie Schülerinnen und Schüler die dahinterstehenden sozialen und ökonomischen Ursachen konstruieren.

7. Strategien

Angesichts des fortschreitenden Klimawandels werden Mitigations- und Adaptions-strategien in unterschiedlicher Intensität verfolgt: Der Mitigation (Minderung) des Klimawandels dienen Strategien der technischen Effizienz (z.B. leistungsfähigere Motoren), Konsistenz (z.B. verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien), Suffizienz (z.B. Maßhalten in Konsum und Mobilität), Permanenz (dauerhafte Produkte) und Regionalisierung (zur Minderung der Mobilität von Waren und Menschen). Die drei letztgenannten Strategien erfordern einen kulturellen Wandel und moralische Motivation und sind teils politisch umstritten. Für ihre Notwendigkeit spricht u.a., dass viele Effizienz- und Konsistenzeffekte bisher durch menschliches Verhalten überkompensiert werden (z.B. Motoreneffizienz durch schwerere Autos und längere Fahrten).

Zu den Adaptionsmaßnahmen (Anpassung) zählt das Schützen (z.B. Deiche, Pumpanlagen, Klimaanlagen), die Desensibilisierung (z.B. Verlagerung der Schulzeiten in die früheren Morgenstunden, Luftschneisen, Überflutungsflächen), das Nachgeben (z.B. biegsamere Architektur gegen Wirbelstürme, schwimmende Städte), das Verformen (z.B. Anbau anderer Nutzpflanzen) und das Ausweichen (z.B. unterirdische Wohnanlagen, Migration, Besiedelung anderer Länder).

Mitigationsmaßnahmen müssen global getroffen werden, haben aber bei den größten Emittenten den größten Effekt. Adaptionsmaßnahmen wirken hingegen regional, sind aber ohne internationale Unterstützung nur dem globalen Norden möglich.

Zwei Strategien fundieren all dies: Politik (von Schulstreik bis Rahmengesetzgebung) und Bildung (→ Bildung für nachhaltige Entwicklung), die Menschen befähigt, zielführende Transformationsprozesse zu entdecken, zu gestalten und andere dabei teilhaben zu lassen.

8. Klimakrise als Thema religiöser Bildungsprozesse

Wenn religiöse Bildung konsequent subjektorientiert sein will, muss sie den Klimawandel thematisieren, denn er wird das Leben aller Schülerinnen und Schüler bestimmen. Ökologische Verantwortung ist die zentrale ethische und politische Frage unserer Zeit und gehört als solche auch in den Religionsunterricht. Zum einen sind Notwendigkeit und Möglichkeit des Handelns angesichts der Klimakrise Themen ethischer Bildung (→ Ethische Bildung und Erziehung). Dazu gehören die Schulung ethischer Urteilsfähigkeit, Kenntnisse und Kompetenzen im Bereich konditionaler Ethik (Was kann und soll getan werden, damit die Gesellschaft das normative Ziel der Mitigation des Klimawandels unter 1,5°C erreicht?), Lernen am Vorbild bzw. durch Leben in nachhaltigen (Schul-)Gemeinschaften sowie die Reflexion von Vorstellungen und Erzählungen guten Lebens. Eng mit diesen Fragen verbunden ist die politische Dimension des Religionsunterrichts (→ Politik, Religionsunterricht), da es hier um kollidierende Interessen und partizipative Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung geht.

Die Klimakrise nötigt darüber hinaus zur Hinterfragung und Transformation zentraler Glaubensaussagen (Bederna/Gärtner, 2020): Handelt Gott in dieser Welt? Was bedeutet es für Gottebenbildlichkeit als Bestimmung zur Gemeinschaft mit Gott, wenn die Sünde ins Unermessliche wächst, da die drohende Apokalypse selbst zu verantworten ist? Gibt es eine Würde der nichtmenschlichen Schöpfung? Wo ist Schöpfung als Beziehung Gottes zur gesamten Wirklichkeit erlebbar? Welche Kraft hat in dieser Situation „Schöpfung als Vision von Gerechtigkeit“ (Benk, 2016)? Gibt es Hoffnung für die Welt oder ist die einzige Hoffnung, dass man selbst das alles nicht mehr in voller Schärfe wird erleben müssen? Auf protestantischer Seite ist zu betonen, dass eine Verantwortungskultur auch vor dem Hintergrund der Rechtfertigung des Menschen diskutiert werden muss. Auch wenn die Rechtfertigungslehre vom Vertrauen auf Gottes Gnade ausgeht und dem Anspruch auf Rechtfertigung nicht mit guten Taten genüge zu leisten ist, ermutigt gerade die bedingungslose Annahme Gottes zu verantwortungsvollem und nachhaltigem Handeln (siehe z.B. Luthers „De libertate christiana“, 1520). Die Klimafrage bedarf auch mit Blick auf den soziologischen Aspekt der Rechtfertigungslehre Kooperation und Solidarität im Rahmen einer Weltgemeinschaft und ist nicht isoliert und national zu stellen und zu beantworten.

Mit der Thematisierung der Klimakrise leistet religiöse Bildung einen Beitrag zu → Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). BNE braucht religiöse Bildung, da die Mitigation des Klimawandels nicht allein eine technische oder ökonomische, sondern insbesondere eine kulturelle und folglich interdisziplinäre Aufgabe darstellt. Es mangelt an moralischer Motivation, das als sittlich geboten Erkannte zu operationalisieren und zu tun. Hilfreich sein könnte diesbezüglich der Schöpfungsgedanke als transformationsrelevante Weltsicht, der Gottesgedanke als handlungsermöglichender Sinnhorizont und Unterbrechung des immanent Alternativlosen sowie das Kennenlernen von Möglichkeiten der Schuldbearbeitung und Klage.

In Bezug auf die unterrichtliche Thematisierung der Schöpfung im Kontext der Klimakrise finden sich Unterrichtsideen in einschlägigen Religionslehrbüchern und vereinzelt in Fachzeitschriften (siehe unten im Literaturverzeichnis). Leider schaffen es diese Materialien selten, einen Zusammenhang zwischen Schöpfungshandeln Gottes und umweltethischem Handeln der Menschen plausibel zu machen. Die Klimakrise wird dabei oft nur als eines von vielen Umweltproblemen gestreift. Handlungskompetenz unter komplexen Bedingungen wird so kaum gefördert. Diesbezüglich und auch zur Thematisierung der Klimakrise im Horizont der oben genannten Fragen nach Gott, Mensch, Schuld und Zukunft sind weitere fachdidaktische Forschung und Kreativität der Lehrenden nötig. Hilfreiche Unterrichtsmaterialien stammen z.B. von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Engagement Global oder dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (siehe unten im Literaturverzeichnis). Hervorzuheben sind das UNESCO Programm ESD for 2030 (https://germanwatch.org/de/17566) sowie die Materialien zum strukturverändernden Engagement Germanwatch Hand Print, (https://germanwatch.org/de/12040) und zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der United Nation (SDG, Sustainable Development Goal, https://germanwatch.org/de/17401).

9. Theologische Forschungsdesiderate und offene Fragen

Auf der empirischen Ebene fehlen Forschungen zu Schülerkonstruktionen der sozialen Ursachen des Klimawandels und zur moralischen Motivation in Klimafragen: Was motiviert Menschen, das zu tun und politisch zu befördern, was sie wissen? Offen ist, inwiefern hier eine gläubige Weltsicht (beispielsweise der Welt als Schöpfung) wirklich weiterhilft.

Grundthemen des Glaubens (Handeln Gottes, Reich Gottes, Zukunft, Schöpfung etc.) müssen im Kontext der Klimakrise neu ausbuchstabiert werden.

Religionspädagogisch konzeptionelle Arbeit ist in Bezug auf transformative religiöse Bildung im Kontext der Klimakrise zu leisten. Zudem fehlen diesbezügliche Unterrichtsmaterialien und deren Evaluation.

Es bedarf nicht zuletzt (religions- und medien-) pädagogischer Strategien im Umgang mit wissenschaftsfeindlichen Tendenzen in Gestalt von Klimawandelignoranten und Verschwörungstheoretikern. Die Wahl zum Unwort des Jahres 2019 („Klimahysterie“) zeigt exemplarisch, dass das Engagement für den Klimaschutz zuweilen pathologisiert wird und wichtige Erkenntnisse in Misskredit geraten. Religiös ist diese Ignoranz eng verknüpft mit Bibel- und Schöpfungsfundamentalismus, den der Religionsunterricht im deutschsprachigen Raum wissenschaftlich fundiert und staatlich eingebettet (res mixta) bereits erfolgreich minimiert hat.

Zeitnahe und andauernde religionspädagogische Initiative ist in all diesen Bereichen nötig, denn die Welt befindet sich „in einer handfesten Klimakrise, die stark verwoben ist mit anderen globalen Krisen, wie der Energie-, Ernährungs-, Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese Herausforderung erfordert noch mehr Anstrengungen, Kreativität und Kooperationswillen von allen gesellschaftlichen Gruppen“ (Reif/Dahm, 2017, 8).

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Unterrichtsmaterialien (Auszüge)

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