Deutsche Bibelgesellschaft

Paulus, bibeldidaktisch, Sekundarstufe

Schlagworte: Paul; Pablo

(erstellt: Februar 2016)

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1. Vorbemerkung

Hinsichtlich des Topos der Rechtfertigung des (gott-losen) Menschen als zentralem Element paulinischer Theologie hat sich in der exegetischen Forschung der vergangenen vierzig Jahre neben der sogenannte „Lutherischen Paulusperspektive“ die diese an wesentlichen Punkten grundlegend in Frage stellende sogenannte „New Perspective on Paul“ etabliert. Jedoch werden Aspekte der „Neuen Paulusperspektive“ erst seit wenigen Jahren auch in religionspädagogischen Diskursen referiert (z.B. Wolter, 2004; Strecker, 2011; Wolter, 2012), ohne dass dies indes in der Sache bislang breiten Niederschlag in religionspädagogischen Erwägungen oder gar in unterrichtspraktischen Vorschlägen gefunden hätte (siehe nur Müller, 2009, 155-161; Gennerich, 2010, 175-217; Willems, 2011; explizit anders Bachmann, 2009, 19-22, Woyke, 2013, und Jochum-Bortfeld, 2013, implizit möglicherweise Jeska, 2011, 81-84, sowie Hank/Wiemer, 2014, 408). Hier sind noch größere Anstrengungen erforderlich.

2. Lebensweltlicher und -geschichtlicher Zugang

2.1. Herausforderungen

Eine Hauptschwierigkeit der religionspädagogischen Bearbeitung der paulinischen Rechtfertigungstheologie wird darin gesehen, dass die Kernbegriffe „rechtfertigen“ und „Gerechtigkeit“ im paulinischen Argumentationskontext anders als im alltäglichen Sprachgebrauch konnotiert seien (Willems, 2011, 359; vgl. Adam, 1999, 287). Hinzu kommt, dass bereits die Vielfalt der Deutungen innerhalb der exegetischen Fachdiskussion durch die „semantische Komplexität“ und den „entsprechende[n] Deutungsspielraum von Schlüsselbegriffen“ im paulinischen Gebrauch bedingt ist (Strecker, 2011, 25). Um die paulinische Theologie nachvollziehen zu können, sei ein Bewusstsein der Differenz der theologischen und der alltäglichen Semantik vonnöten wie auch eine Flexibilität, die jeweiligen „Bedeutungszuschreibungen“ aus dem jeweiligen Kontext heraus zu ermitteln und die unterschiedlichen Konnotationen miteinander in Beziehung zu setzen (Willems, 2011, 359f.).

Dazu gesellt sich zweitens ein entwicklungspsychologisches Hindernis (→ Entwicklungspsychologie): Legt man die gängigen Theorien von Oser/Gmünder zum religiösen Urteil und die von Kohlberg zur moralischen Entwicklung zugrunde (vgl. Büttner, 2015), ist Jugendlichen in der Sekundarstufe I das Verständnis der Rechtfertigung als etwas, das durch Gott am Menschen geschieht und dessen der Mensch bedürftig ist (passive, fremde Gerechtigkeit), nur schwer zugänglich; in diesem Alter ist vielmehr die „Betonung von Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Freiheit auch gegenüber dem Letztgültigen“ vorherrschend (Willems, 2011, 360-362), ja, für die sozialpsychologische wie religiöse Entwicklung notwendig.

Drittens ist zu konstatieren, dass für heutige Jugendliche der Ursprungszusammenhang der paulinischen Theologie wie auch deren Wiederentdeckungszusammenhang durch Martin Luther (→ Reformation) kaum direkte Anknüpfungspunkte in ihre Lebenswelt zulässt (Adam, 1999, 28f.; Gräb, 2001, 1589; zurückhaltender indes Gennerich, 2010, 204).

Gleichwohl wird der Versuch unternommen, eine „Grundstruktur von Rechtfertigung“ zu formulieren, die an elementare Erfahrungen (→ Elementarisierung) Jugendlicher anknüpfen (Willems, 2011, 368; vgl. Adam, 1999, 286f. mit Bezug auf Paul Tillich) und von diesen als relevant „im Blick auf die eigenen existenziellen Fragen und Erfahrungen“ erkannt werden kann (Rothgangel, 2001, 426).

2.2. Anknüpfungspunkte

Innerhalb des aus der lutherischen Tradition gespeisten Paradigmas der paulinischen Rechtfertigungslehre (vgl. Wolter, 2012, 16-20) – hier wird die Person von ihrem Tun und Lassen unterschieden – wird die Anknüpfung an jugendliche Lebenswelt und Lebensgeschichte (→ Jugend, Religion) auf der anthropologischen Ebene der Identitätsfindung (Rothgangel, 2001, 426; Gennerich, 2010; Guttenberger, 2014, 40-43) mit ihren Kernaspekten „Bestätigung, Annahme und Anerkennung“ (Rothgangel, 2001, 426; vgl. Adam, 1999, 286-288, beide mit Bezugnahme auf Lachmann, 1992, 87-106) gesehen, häufig mit einem kritischen Blick auf ein vorherrschendes „Leistungsprinzip“ (z.B. Adam, 1999, 286; Rothgangel, 2001, 426f.; Gräb, 2001, vgl. Müller, 2009, 155.158f.). Demgegenüber legt die bibeldidaktische Umsetzung (→ Bibeldidaktik, Grundfragen) der sogenannten „Neuen Paulusperspektive“ den Akzent auf die soziologische Dimension von Gruppenzugehörigkeiten (→ Religionssoziologie) mit ihren sich abgrenzenden und andere ausgrenzenden wie abwertenden Selbstgewissheiten (Bachmann, 2009, 19-21). Kurz gesagt, geht es um die elementaren Fragen „Darf ich sein?“, „Darf ich ‚ich selbst‘ sein?“, „Inwiefern muss oder kann ich mich verändern?“, „Darf ich dazugehören?“ (Woyke, 2013, 222; vgl. Rupp, 2012, 110).

2.2.1. Anthropologisch: Identitätsfindung

1) Psychologische Perspektive. Im Pluralismus der modernen Gesellschaft stellt sich Jugendlichen aus → entwicklungspsychologischer Perspektive die Herausforderung, „die Lebensgeschichte in [die] eigene Hand [zu] nehmen“. „Mit dem Aufbau eines Lebensplanes, der Entdeckung einer Zukunftsperspektive und der Gewinnung eines Standortes im Spektrum weltanschaulicher Möglichkeiten ist aber auch immer ein Reflexionsprozeß darüber verbunden, was man von sich zu halten hat, was man selber ist, woher man kommt und wohin man gehen möchte, was die eigenen Wunschträume und Ängste, die eigenen Fähigkeiten und Interessenschwerpunkte sind“ (Fend, 2005, 160, dort zum Teil kursiv). Gefährdung des Ich-Gefühls im Zuge der Identitätsarbeit kann von innen wie außen geschehen: von außen „durch schmerzhafte soziale Ablehnungserfahrungen, durch eine unerwiderte Liebe, durch eine schmerzliche Nichtbeachtung, durch unerwarteten Mißerfolg“ und von innen durch die „subjektiv[e] Erfahrung, daß man mit sich selber zerfallen und im Unreinen leben kann, sich selbst fremd wird, gewissermaßen ‚leer‘ ist, sich krampfhaft etwas vormacht“ (Fend, 2005, 412). Erfahrungen des Nichtgenügens oder des Nichtgelingens können entweder im Sinne der Selbstschädigung (Rückzug, Depression, Selbstzerstörung) oder als Fremdschädigung (Gewalt, antisoziales Verhalten) destruktiv kompensiert werden (vgl. Fend, 2005, 417-457). Einen besonderen Stellenwert für die Selbstachtung und Selbstakzeptanz erhalten hierbei einerseits der Grad der Anstrengungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit sowie schulischer Erfolg und andererseits die soziale Integration.

2) Theologische Perspektive. Jugendliche erfahren, dass „das Recht, da zu sein, ich selbst zu sein und dazuzugehören […] durch äußere wie innere Stimmen streitig gemacht wird“ – sei es „angesichts erlittener seelisch-emotionaler Verletzungen durch andere“, sei es „im Lichte von Verletzungen, die ich selbst anderen zugefügt habe“ –, was zu einem „Ringen um die eigene Integrität“ führt, das mit „Selbstrechtfertigung und Schuldverschiebung“ und „Selbstpeinigung und Schuldzuweisungen“ einhergeht (Woyke, 2013, 222; vgl. Gräb, 2001, 1588). Die Selbstvergewisserung „des eigenen Daseins“ und „eines individuellen Wertes“ geschieht nicht zuletzt durch die „Arbeit am Lebensstil“, was Gräb als „moderne Leistungsreligion“ wertet (2001, 1590). Hier kann die Rechtfertigungslehre anknüpfen und eine „Perspektivenverschiebung in der Selbstdeutung“ bewirken mit ihrer Überzeugung, „dass das Wichtigste im Leben, dieses selbst, sich nicht dem eigenen Tun u[nd] Leisten verdankt“ und „dass nicht alles machbar ist, ich mir das Wichtigste im Leben schenken lassen muss, dies gerade, dass ich bin u[nd] geliebt werde“ (Gräb, 2001, 1589f.).

Die unterschiedliche lebensgeschichtliche Ausgangsposition der Erfahrung sicherer oder weniger sicherer Bindung, von Geborgenheit und Schutzlosigkeit, von Fürsorge und Vernachlässigung bedingt auch die Art der Anknüpfung jugendlicher Lebenswelten an die Rechtfertigungstheologie (Gennerich, 2010, 83-94.186-193): Heranwachsende, deren Wertefeld (siehe unten Abb. 1) entsprechend ihrer biographischen Erfahrungen im Bereich von Selbsttranszendenz und Bewahrung liegt, sind offen für eine vertrauensvolle Gottesbeziehung und fühlen sich jenseits ihrer Taten wertgeschätzt, haben eine realistische Wahrnehmung hinsichtlich eigener Fehltritte, gehen von einer Erlösungs- beziehungsweise Befreiungsbedürftigkeit aus und vertrauen auf Vergebung. Jugendliche aus dem durch Offenheit für Wandel und Selbst-Steigerung definierten Wertefeld hingegen sind von Entfremdungserfahrungen geprägt, von denen her sie die Notwendigkeit der Selbstbehauptung betonen, einen riskanten und hedonistischen Lebensstil bevorzugen, den Gedanken der Erlösungsbedürftigkeit ablehnen und ordnende (christliche) Perspektiven auf Leben und Welt als Einhegung ihres Lebens verdächtigen und auf Distanz halten (vgl. Guttenberger, 2014, 43). Die befreiende Erfahrung des Gerechtfertigtwerdens ist innerhalb der unterschiedlichen Wertefelder je anders zu durchdenken und auszuformulieren.

Paulus bibeldidaktisch Sekundarstufe

2.2.2. Soziologisch: Gruppenzugehörigkeit

In der modernen Gesellschaft mit ihren vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und -erfordernissen finden Jugendliche in Gruppen die Möglichkeit, gemeinsam mit Anderen „einen eigenen Lebensstil, eigene Normen und Werte, eigene Ausdrucksmöglichkeiten und eigene [Formen des Zusammenseins zu] entwickeln. Indem Akzeptanz durch Gemeinsamkeiten gegeben ist, finden Jugendliche hier Identifikationsmöglichkeiten und […] Orientierung“, und dies nicht selten in deutlicher Abgrenzung zu den Lebensvorstellungen der Eltern und den Leistungsanforderungen der Schule, in der Favorisierung eines an Spaß und Konsum orientierten Lebensstils (Fend, 2005, 305). Jugendliche, die sich demgegenüber stärker hinsichtlich der Werte der Erwachsenen konform verhalten und entsprechend weniger an der Jugendkultur teilhaben, stehen in der Gefahr, in soziale Isolation zu geraten (Fend, 2005, 324). Peer-Beziehungen (→ Gruppe/Peergroup) können bei Misserfolgen die Selbstakzeptanz stabilisieren (Fend, 2005, 366), aber auch problematische „Züge von Ausbeutung, Überwältigung[,] Ausnützung und Unterwerfung“ tragen und Jugendliche in ihren Entwicklungsmöglichkeiten beinträchtigen und traumatisieren (Fend, 2005, 308).

Die Mechanismen von Anpassung und Ausgrenzung, von Grenzziehungen der Zugehörigkeit gehören zur Lebenswelt Jugendlicher in Mitteleuropa. An Besitz, Lebens- oder Kleidungsstil entscheidet sich Anerkennung in einer Gruppe oder aber Ablehnung und Verachtung. Hierzu gehört mittlerweile zentral auch die Gruppenzugehörigkeit in der Pluralität von Kulturen und Religionen sowie die Frage nach der Akzeptanz andersreligiöser Symbole, z.B. der Streit um das Tragen eines Kopftuchs durch muslimische Lehrerinnen (Bachmann, 2009, 20).

2.3. Offene Fragen

Nicht unproblematisch ist es, wenn die „Lifestyle-, Spass- [sc.] u[nd] Cliquenkultur“ Jugendlicher als „Suche nach […] rel[igiöser] Zugehörigkeit“ (Gräb, 2001, 1590) gewertet und die paulinische Theologie als Gegenmodell angeboten wird. Denn Jugendlichen des Wertefeldes „unten links“ wird so der Zugang zu einer konstruktiven Auseinandersetzung erschwert. Jugendliche des Wertefeldes „rechts oben“ könnten sich in ihrer eigenen Werteordnung lediglich bestätigt wähnen. Einen Weg weist Guttenberger mit dem Hinweis, dass die „Ablehnung von Regeln und Ordnungen der Erwachsenenwelt […] ein Echo finden [könnte] in der paulinischen Position von der die Sünde anstachelnden Funktion des Gesetzes“ (2014, 43). Schließlich lässt sich auch an Erfahrungen des eigenen Schuldigwerdens und Schuldig-Gemacht-Werdens anknüpfen (Woyke, 2013, 222f.).

Des Weiteren ist zu bedenken, wie leicht etwa in der Erziehung bedingungslose Annahme mit Narzissmus förderndem, bedingungslosem Lob verwechselt wird und wie dies den Zugang zur Rechtfertigungsthematik prägt. Grundsätzlicher ist indes – aus pädagogischen wie exegetischen Gründen – zu fragen, wie sinnvoll der lebensweltliche Ansatz bei Erfahrungen von Leistungsanforderungen ist, bedeutet doch „Leistungsförderung im Rahmen der de facto beim Einzelnen gegebenen Möglichkeiten […] ein Ernstnehmen des jeweiligen Menschen, auch eine Förderung seiner individuellen Anlagen“ und seines Gefühls von Selbstwert und Selbstwirksamkeit (Bachmann, 2009, 21).

Die Frage danach, welche Anknüpfungsmöglichkeiten die paulinische Theologie bei Jugendlichen der Sekundarstufe I (siehe oben 2.1.) bietet, ist noch eingehender zu erörtern (erste Hinweise bei Willems, 2011, 367-371), insbesondere wie die Betonung der eigenen Autonomie auch theologisch konstruktiv angegangen werden kann. Schließlich sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, die soziologischen wie theologischen Aspekte der sogenannten „Neuen Paulusperspektive“ genauer und differenzierter auf adäquate Anschlussmöglichkeiten an jugendliche Lebenswelten hin zu untersuchen.

3. Biblisch-theologische Klärungen

Das Verständnis des durch Gott in seinem Sohn Jesus → Christus den Menschen erwirkten Heils im Sinne von deren Rechtfertigung gehört zu den elementaren paulinischen Interpretamenten des Christusgeschehens. Im 1. Korintherbrief finden wir entsprechende Terminologien: „Christus, unsere Gerechtigkeit (dikaiosynē)“ (1 Kor 1,30), „Ihr, die ihr vormals Ungerechte (ādikoi) und damit keine Erben der Königsherrschaft Gottes wart, seid doch […] gerechtfertigt (edikaiōthēte) durch den Namen unseres Herrn, Jesus Christus, und durch den Geist unseres Gottes“ (1 Kor 6,11) – wohl ein Taufformular –, sodann die Relativierung von Beschneidung und Jude-Sein und Unbeschnittensein beziehungsweise Nichtjüdisch-Sein, ja, sogar der Torah für die Berufung zum Heil (1 Kor 7,17-19; 9,19-23) und schließlich die Reflexion über den Zusammenhang von Tod, → Sünde und Gesetz in 1 Kor 15,56 (Horn, 2011, 4.1.). Gleichwohl tritt Rechtfertigungstheologie erst in deutlich polemischen Kontexten in den Vordergrund und wird von Paulus ausführlich in der Antithese von „Gesetz“ und „Glauben“ oder von „Werken des Gesetzes“ und „Glauben an (Jesus) Christus“ beziehungsweise „Glaubenstreue Jesu Christi“ (Gal 2,16; 3,2.5; Röm 3,21f.27f.; Phil 3,9) argumentativ ausgedeutet, und zwar mit soziologischen Implikationen im Kontext des Konflikts um die Tischgemeinschaft von Jesus-Gläubigen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft (Gal) und auf individueller Ebene, sowohl in biographischen Reflexionen (Phil, Gal) als auch in grundsätzlichen Erörterungen (Gal, Röm).

Die Differenz zwischen „Lutherischer“ und „Neuer Paulusperspektive“ lässt sich an der Interpretation der Wortverbindung „Werke des Gesetzes“ festmachen: Beziehen sich die von Paulus problematisierten „Werke“ auf jegliches Tun des in der Torah vorgegebenen Guten, also etwa auch auf das Gebot der Nächstenliebe, oder geht es vor allem um rituelle jüdische „identity-“ und „boundary marker“ wie Beschneidung sowie Speise- und Reinheitsgebote (J. D. G. Dunn)? Ist in erster Linie das Tun des Menschen angesprochen oder handelt es sich um eine feststehende Bezeichnung für „Vorschriften des Gesetzes“ (M. Bachmann)? Ist das Judentum aus Sicht des Paulus eine Leistungs- und Gesetzesreligion, bei der die Menschen sich Gottes Gnade erst durch das Tun des Guten verdienen müssten, oder ist es angemessener als „Bundesnomismus“ beschrieben (E. P. Sanders): die Befolgung der Torah ist nicht Bedingung, sondern Konsequenz der Gemeinschaft, die Gott mit seinem Volk aus Gnade einging (vgl. Strecker, 2011; Wolter, 2012)?

3.1. Die Frage der Tischgemeinschaft

Das Motto „weil ich in Bindung an Christus frei bin, bin ich […] denen unter dem Gesetz als einer unter dem Gesetz und denen ohne Gesetz als einer ohne Gesetz geworden, um sie für Christus zu gewinnen“ (1 Kor 9,19-27) wird in der Gemeinde in Antiochien auf den Prüfstand gestellt (Gal 2,11-16). Bevor Leute aus dem Umfeld des Herrenbruders Jakobus aus Jerusalem in Antiochien eintrafen – so die Darstellung des Paulus –, habe auch Petrus Tischgemeinschaft mit den nichtjüdischen Geschwistern in Christus gepflegt, sich nach deren Eintreffen hingegen abgesondert. Dies wertet Paulus als Akt der Unterwerfung unter die Jerusalemer Autorität des Jakobus und als Verrat an der Gemeinschaft in Christus: „Wenn du, der du Jude bist, [hier] wie ein Nichtjude lebst, was nötigst du dann die Nichtjuden [hier] zu einem jüdischen Lebenswandel?“ (V.14). Es geht ihm um das Außerkraftsetzen jüdischer Identitätsmarkierungen, sofern sie dem Vollzug der Gemeinschaft derer, die an Jesus als den Sohn Gottes glauben, Grenzen setzen und sie verhindern, und das sind insbesondere die Beschneidung sowie Speise- und Reinheitsgebote (vgl. Strecker, 2011, 22f.; Wolter, 2012, 25f.). Dies wiederum rührt an das vormalige jüdische Selbstverständnis des Paulus: „Wir sind von Geburt beziehungsweise von Natur Juden und nicht Sünder aus den Nichtjuden“ (V.15) – will sagen, allein die Zugehörigkeit zum Judentum als dem Volk, das sich Gott zum Eigentum auserwählt hat, garantiert „Gerechtigkeit“, nämlich Gemeinschaft mit Gott, im Unterschied zu den „Sündern“, den gott-losen, von Gott getrennten Nichtjuden. Ausgangspunkt ist also eine aus dem Selbstverständnis als erwähltes Gottesvolk erwachsene Gewissheit exklusiver Gottesnähe, die die Kennzeichen solcher Erwählung zur kulturellen Verpflichtung im Kontext der christlichen Gemeinden macht. Durch die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus jedoch erkennt sich Paulus als Angehöriger des jüdischen Volkes plötzlich ebenfalls als Sünder, von Gott getrennt, so dass fortan gilt: Es gibt vor Gott keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden (vgl. Röm 3,21-31), da kein Mensch aus „‚Werken‘ des Gesetzes“ vor Gott gerechtfertigt wird (Gal 2,16), und auch als Juden Geborene erkennen sich im Glauben an Christus trotz Zugehörigkeit zum von Gott auserwählten Volk als Sünder (Gal 2,17). Die bisherigen „identity“ beziehungsweise „boundary marker“ werden zu kulturellen Eigenarten ohne Heilsrelevanz relativiert (vgl. Gal 3,28), wiewohl das Judentum als Empfänger und Hüter der von Gott gegebenen Verheißungen gegenüber allen anderen Völkern privilegiert bleibt (vgl. Röm 9,4f., aber auch Röm 1,16). Da der Glaube an Jesus Christus das einigende Band zwischen Beschnittenen und Nichtbeschnittenen in der Gemeinde ist, verlieren Regelungen der Torah, die Nichtjuden auf jüdische „identity marker“ verpflichten oder gar zu Grenzziehungen („boundary marker“) innerhalb der Gemeinde genutzt werden, ihre Gültigkeit.

3.2. Biographische Reflexionen

Im Zusammenhang von Beschneidungsforderungen gegenüber nichtjüdischen Gliedern der christlichen Gemeinde kommt Paulus im Brief an die Philipper auf seine persönliche Lebenswende zu sprechen (Phil 3,2-11), bei der er das „Sich-in-Christus-Rühmen“ und das „Auf-‚Fleisch‘-Vertrauen“ in Opposition setzt (V.3f.) und als Antithese von „meiner [eigenen], aus dem Gesetz stammenden Gerechtigkeit“ und „der Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus/durch die Treue Christi“ beziehungsweise „der von Gott kommenden Gerechtigkeit aufgrund des Glaubens“ entfaltet (V.9). Dabei beschreibt er sich in Hinsicht auf Merkmale jüdischer Identität als herausragend: beschnitten, mit israelitischer Abstammung, dazu in hebräischer Generationenfolge, hinsichtlich seiner Haltung zur Torah der Gruppe der Pharisäer zugehörig, in seinem Eifer für Gott ausgewiesen sowie untadelig hinsichtlich der in der Torah festgeschriebenen Gerechtigkeit (V.5f.). Dass er all das, was er für Gewinn hielt, nun für Dreck erachtet, hat zum Grund, was er in Phil 3,8 „die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn“ nennt, und zum Anlass, was er in Gal 1,12.16 als „Offenbarung Jesu Christi“ beziehungsweise „des Sohnes Gottes in mir“ bezeichnet. Untrügliches Zeichen dieser radikalen Umwertung ist, dass der, der über alle Maßen, aus Eifer für die Überlieferungen der Väter, die Gemeinde Gottes verfolgte, nun den Glauben verkündigt, den er zuvor zu vernichten trachtete (Gal 1,13f.23): dass Gott im gekreuzigten Christus war und die Welt mit sich versöhnt hat (2 Kor 5,19). Die Offenbarung Christi in ihm und die Erkenntnis des Gekreuzigten als Sohn Gottes führen ihm die eigene Verblendung vor Augen und bringen ihn zur Selbsterkenntnis, dass er den „Herrn der Herrlichkeit“ verfolgte (vgl. 1 Kor 2,8). Es geht also in diesem biographischen Zusammenhang bei dem, was Paulus „eigene Gerechtigkeit“ nennt, um die Tragik eines „Eiferns ohne Erkenntnis“ (vgl. Röm 10,2f.), um das trügerische Vertrauen, durch seine sich an Statussymbolen wie Beschneidung und Abstammung orientierende jüdische Identität und seinen vorbildlichen, an Gottes Torah orientierten Lebenswandel mit Gott im rechten Verhältnis zu sein. Daraus resultiert für ihn die Erkenntnis, dass er Sünder ist (Gal 2,17), Gott ihm aber aus Liebe um Christi willen seine Übertretungen nicht zurechnet, sondern „den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde machte, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden“ (2 Kor 5,19.21). Dies nimmt Paulus als radikalen Identitätswechsel wahr – „durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“: ein von Christus berufener Apostel (1 Kor 15,10) –, weshalb er davon spricht, dass nicht mehr er selbst, sondern Christus in ihm lebt (Gal 2,20). Wenn Christus sein Leben ist, gilt es, alles daran zu setzen, die Kraft seiner Auferweckung zu erkennen und die Gemeinschaft seiner Leiden zu teilen (Phil 3,10; 1,21).

3.3. Grundsätzliche Erörterungen

Die Torah als Weisung Gottes bleibt für Paulus Fokus seiner Erörterungen zur Rechtfertigung des Menschen vor Gott. Das Ziel bleibt die Nächstenliebe als die Zusammenfassung der gesamten Torah (Gal 5,14; Röm 13,8-10). Jedoch ist die Torah nur der Spiegel, an dem jeder Mensch zur Erkenntnis der Sünde kommt und eben keine Bestätigung für sein Rechtsein vor Gott erfährt (Röm 3,20). Die Tragik des Menschen im Sinne Adams besteht darin, in seinem Geiste und seinem inneren Menschen das Gute der Torah zu wollen, in sich aber die Sünde als eine Macht zu finden, die bewirkt, dass er das Gute, das er will, nicht tut, hingegen das Böse tut, das er hasst und nicht will (Röm 7,14-24). Mehr noch: Die Sünde entzündet sich erst am Gebot der Torah (Röm 7,7-13), und der Torah mit ihren Weisungen ist von Gott die heilsgeschichtliche Aufgabe zugewiesen, die Menschen in der Sünde gefangen zu halten, bis sie durch Christus befreit werden (Gal 3,22). Formal verkündet sie zwar die Verheißung, dass derjenige, der die Weisung in ihrer Gänze befolgt, darin leben wird (Gal 3,12; Röm 10,5). Jedoch ist sie von Gott nicht mit der Macht ausgestattet worden, Leben zu geben und das, was sie fordert, im Menschen auch zu bewirken; wenn sie das wäre, käme die Gerechtigkeit, also das Rechtsein vor Gott, aus der Torah (Gal 3,21). Paulus ist überzeugt, dass der Glaube an den, dessen Liebe für uns sich darin erweist, dass er sich für uns hingegeben hat, als wir noch Sünder, gottlos und schwach waren (Röm 5,6-8; Gal 2,20), sich in der Liebe auswirkt (Gal 5,6), weil durch Christus am Menschen Neuschöpfung geschieht (Gal 5,16; 2 Kor 5,17), er für die Sünde stirbt und lebendig wird für Gott (Röm 6,1-23).

4. Didaktische Überlegungen und Konkretionen

Die bibeldidaktische Beschäftigung mit der paulinischen Rechtfertigungstheologie steht im Spannungsfeld der Kompetenzorientierung (→ Kompetenzorientierter Religionsunterricht) einerseits, die die Thematik über Anforderungssituationen aus der Lebenswelt von Adoleszenten erschließt (Obst, 2009, 136), und des jugendtheologischen Paradigmas (→ Jugendtheologie) andererseits, das Jugendliche zu „dogmatischen Spielen“ (Meyer-Blanck, 2013, 32) anleiten und sie darein verwickeln möchte. Im Fokus dieser beiden Pole ist gewährleistet, dass die jugendtheologische Beschäftigung weder einer intellektuellen Gedankenspielerei ohne elementaren Lebensbezug das Wort redet, noch dem Zweck der Identitätsfindung einfach eingeordnet wird.

„Schüler/innen sollen im RU […] entdecken, inwiefern Religiosität ihren Alltag und ihr Umfeld bestimmt. Anhand der Briefe des Paulus können sie dabei lernen, wie Situationen beschrieben werden, in denen existenzielle Fragen des Lebens auftreten. Was nämlich aus den frühchristlichen Gemeinden rund um das östliche Mittelmeer an den Apostel zurück gemeldet wird, ist von grundlegender Natur. Stets handelt es sich um fundamentale Fragen der Verquickung von Glauben und Leben, und es ist aufschlussreich, die Entscheidungssituationen des Paulus in ausgewählten gesellschaftlichen Handlungsfeldern als religiös relevant zu erkennen und zu erläutern und mit der eigenen Situation im Deutschland des 21. Jh. zu vergleichen“ (Jeska, 2011, 80).

Sosehr in den paulinischen Argumentationszusammenhängen → Identität und Abgrenzung als Themen mitschwingen, so deutlich unterscheiden sich die biblischen Kontexte von der heutigen adoleszenten Lebenswelt und so wenig lässt sich die paulinische Theologie auf ihre soziologischen Gegebenheiten reduzieren. Und auch wenn die Paulustexte für heutige Zeitgenossen fremde Welten darstellen, so erschließt sich in ihnen doch auch „die Geheimnisstruktur der Wirklichkeit“ (Meyer-Blanck, 2013, 33). Entsprechend der exegetischen Erschließung sowie der entfalteten Anknüpfungsmöglichkeiten lassen sich eine soziologische und eine individuelle Dimension des Lernhorizonts umreißen. Bei den vorgelegten didaktischen Konkretionen ist als Problem anzumerken, dass sie das Reflexionsniveau der gymnasialen Oberstufe voraussetzen und die entwicklungspsychologischen Besonderheiten Jugendlicher der Sekundarstufe I und im Konfirmationsalter kaum einbeziehen (vgl. Büttner, 2014).

4.1. Chancen und Hindernisse für einen Dialog zwischen Anhängern verschiedener Religionen kennen lernen

Arbeitet man mit Jugendlichen den konkreten konflikthaften Anlass der paulinischen Rechtfertigungstheologie heraus, wird sich zeigen, dass Paulus „aus einer Minderheitensituation heraus Position bezieht und seiner Vorstellung von Christentum Profil verleiht“. Nehmen Schülerinnen und Schüler diese „religiöse Profilierung“ wahr, kann ihnen diese Auseinandersetzung helfen, „Hindernisse und Chancen für einen Dialog zwischen Anhängern verschiedener Religionen kennen zu lernen“ (Jeska, 2011, 80).

Dies kann zum Thema „Abgrenzung und Identität“ geschehen (dazu und zum Folgenden Jeska, 2011, 81-83), was sich in der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern in „diffuse[n] Ängste[n] und Vorurteile[n] sowie eine[r] Sündenbockideologie“ gegenüber Muslimen zeigt, aber auch in „Abgrenzungsbestrebungen von muslimischen gegenüber nicht-muslimischen Jugendlichen“. Man könnte eine Anforderungssituation entwerfen, bei der in einer Unterrichtspause sich bedrängt fühlende muslimische Schüler Christen beschimpfen („Scheiß Christen!“) und man einen Streitschlichter beraten soll. Dieser Situation stellt man nun die schroffen Aussagen des Paulus gegenüber der Beschneidungstheologie aus Phil 3,2-11 an die Seite („… erachte ich nun als Dreck“) und lässt erörtern, „warum Paulus hier so radikal formuliert“. Neben dem Kennenlernen „derartige[r] Abgrenzungsphänomene […] selbst bei den frühen Christen“ lernen die Schülerinnen und Schüler insbesondere, „wie wichtig ein historisch-kritischer Umgang mit biblischen Texten ist und wie fatal es sein kann, wenn ein derartiger Text unkritisch rezipiert wird“. Zudem könnte auch „die Gefahr thematisiert werden, inwiefern die eigene Identitätsbehauptung fundamentalistische Denkmuster gebären kann“. Allerdings müsste bedacht werden, dass Paulus hier als „ein Konvertit über seine Ursprungsreligion Auskunft gibt“, denn nur dann kann deutlich werden, dass Paulus zuvor als Verfolger einer religiösen Minderheit auftrat, und kann herausgearbeitet werden, was ihn zu seinem radikalen Perspektivenwechsel veranlasst hat, als auch inwiefern seine Umorientierung an seine frühere Radikalität anknüpft und inwiefern sie sich wesentlich unterscheidet. Erst hier käme dann auch Rechtfertigungstheologie im Sinne der Gegenüberstellung der eigenen und der von Gott in Christus geschenkten Gerechtigkeit zum Tragen.

Als weitere Anforderungssituation, bei der sich die religiöse Bestimmtheit des Alltags zeigt, entwirft Jeska (2011, 83f.) eine Situation fehlender Rücksichtnahme auf muslimische Speisegebote in einer Schulmensa und ob beziehungsweise wie man dem Abhilfe schaffen könnte. Hier wäre die Essensproblematik in 1 Kor 8,1-11,1 ein geeigneter Dialogpartner (so Jeska); man könnte indes auch die Argumentation um den sogenannten Antiochenischen Konflikt herum (Gal 2,11-21) nehmen, die praktischen Konsequenzen der rechtfertigungstheologischen Grundlinien herausarbeiten und anhand dessen dann die Frage nach Rücksichtnahme auf religiös-kulturelle Gepflogenheiten einerseits und der Relativierung ebensolcher Praktiken andererseits erörtern.

4.2. Bedeutung und Wahrheit des eigenen und fremden Lebens erkunden

„Misst sich der Wert meines Lebens daran, ob ich aus gegebenem Startkapital etwas mache? An dem, was andere über mich sagen oder was ich mir selbst vorschreibe?“ Anhand solcher elementarer Fragen und mithilfe des Sprachbildes des „auf allen möglichen Gebieten“ vorgehaltenen Spiegels als „Medium von Rechtfertigung und Anklage“ kann „die Bedeutung und Wahrheit des fremden und eigenen Lebens erkunde[t]“ werden (dazu und zum Folgenden Müller, 2009, 158-161): „Kannst du mithalten? Bist du gut genug? Oder bist du zu dick, zu arm, zu alt, nicht erfolgreich genug?“ Diese Fragen können anhand gängiger TV-Formate (Doku-Soaps zu Körperbewusstsein u.a., Casting-Shows) kritisch reflektiert werden. Zum Umgang mit der Sehnsucht, beim Blick in den Spiegel das eigene ‚wahre Ich‘ angesichts eigenen Schuldigwerdens und Nicht-mehr-in-den-Spiegel-schauen-Könnens zu entdecken, schlägt Müller die Beschäftigung mit dem Lied „Mein Spiegel“ der Musikgruppe „3. Generation“ vor. Zur Vertiefung der Frage, ob der Spiegel die Offenbarung des ‚wahren Ich‘ vermag, ob „wir nur das [sind], was wir selbst von uns sehen“, oder „das, was andere in uns sehen“, oder „beides zugleich“, kann Bonhoeffers bekanntes Gedicht „Wer bin ich?“ herangezogen werden. Jugendliche werden dazu angeregt, für Bonhoeffers innere Zerrissenheit Lösungsvorschläge modernen Lifestyles zu erarbeiten und mit Bonhoeffers eigener Haltung – „Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott“ – zu kontrastieren.

Einen guten didaktischen Anknüpfungspunkt für die Rechtfertigungstheologie bieten schließlich die gegenwärtigen Reformbestrebungen um die Mord- und Totschlagparagraphen des Strafgesetzbuchs (Paragraphen 211 und 212). In der seit 1941 bis heute gültigen Fassung werde, so in einem Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen vom 16. Juni 2015, „Nazi-Denke“ sichtbar, nach der „der Täter nämlich nicht erst durch bestimmte Umstände zum Mörder [wurde], sondern [...] bereits als solcher geboren worden [war] und […] nun durch die Tat sein wahres Gesicht [offenbarte] (‚Mörder ist, wer …‘)“ (Ströbele/KeulKünast/Amtsberg/Beck/Mihalic/Mutlu/Notz/Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 2015, 2). Diese Problematik und die damit verbundene, verbreitete Unterteilung von Menschen in „gute“ und „schlechte“ kann anschaulich gemacht und zugleich beunruhigend gestört werden durch eine Auseinandersetzung mit dem Film „Tod einer Polizistin“ (Geschonnek/Vattrodt, 2013; vgl. die Rezension von Zons, 2013). Der Film bietet einen vielfältigen Bezug auf das Wortfeld um Gerechtigkeit und Rechtfertigung, so dass Jugendliche hier die Thematik anhand mehrerer Dialogsequenzen erarbeiten können. Der Werdegang des einen Protagonisten, des Polizisten Theweleit, der selbst versehentlich schuldig wurde und alles daran setzt, diese seine Schuld dem brutalen Kleinkriminellen Keller anzulasten – „Unter‘m Strich seid ihr alle gleich. Wertlos. Dreck. Abschaum. Und gute Menschen, wertvolle Menschen müssen wegen euch ins Gras beißen. Ich hätte dich vor fünfzehn Jahren erschießen müssen. Ja, dann wär‘ nicht so viel passiert“ – und ihn am Ende durch einen provozierten Suizid tatsächlich zum „Polizistenmörder“ zu machen und zugleich selbst die eigene Schuld zu sühnen, kann gut in Kontrast gesetzt werden zur Selbstdarstellung des Paulus aus Gal 2 und Phil 3: der, nachdem sein Selbstbewusstsein eigener Gerechtigkeit durch die Konfrontation mit eigener Verblendung und Schuld in den Grundfesten erschüttert ist, sich selbst als „Sünder“ wie die anderen erkennt und durch Gottes Gnade eine grundlegend neue Lebensperspektive erhält durch die ihm durch Gottes Gnade und in Christi liebevoller Hingabe geschenkte und durch Glauben angeeignete Gerechtigkeit.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Wertefeld in Anlehnung an Gennerich, 2010

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