Augustinus von Hippo
(erstellt: Februar 2019)
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1. Lebensgeschichtliche Verortung
Augustinus, 395-430 Bischof von Hippo Regius in der römischen Provinz Numidien, wird am ehesten von theologie- und philosophiegeschichtlich interessierten Kreisen wahrgenommen. Seine Person ist hin und wieder medial in Film (z.B. „Das Leben des Heiligen Augustinus“; Regie: Christian Duguay, 2-Teiler 2009) und Radio (z.B. Rüdiger Achenbach, „Augustinus – Vater der abendländischen Theologie“: Dlf Tag für Tag, 4-Teiler 9.-11.11.2015) präsent (→ Film, kirchengeschichtsdidaktisch
2. Historische Orientierung
2.1. Herkunft und Jugend
Augustinus, 354 in der Kleinstadt Thagaste im heutigen Algerien geboren, wächst in bescheidenen Verhältnissen auf (zu Biographie und theologischen Debatten besonders Bonner, 1986-1994; Brown, 2000; Drecoll, 2007; Fuhrer, 2004; Geerlings, 1999; Rosen, 2015) . Die Familie gehört zwar den Kreisen der lokalen Honoratioren an, aus denen sich der Stadtrat rekrutiert, doch die finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt. Während der Vater Patricius erst kurz vor dem Tod Katechumen wird, ist die Mutter Monnica überzeugte Christin. Sie vermittelt mit weiteren Christinnen im häuslichen Umfeld ihrem Sohn die Grundlagen christlichen Glaubens und christlicher Ethik. Die ehrgeizigen Eltern finanzieren den für höhere Schichten üblichen Bildungsgang. Nach der Grundschule in Thagaste und der weiterführenden Schule beim Grammaticus in Madaura kann Augustinus 370 in Karthago, nach Rom zweitgrößte Stadt im Westen und Metropole des römischen Nordafrika, das Rhetorikstudium aufnehmen. Über die rhetorisch-sprachliche Schulung hinaus macht ihn das Studium mit allen Wissenszweigen einschließlich Philosophie sowie römischem Recht bekannt und vermittelt so die Schlüsselkompetenzen für eine Karriere im Rechts- und Bildungswesen, im Militär und in der Verwaltung.
2.2. Studium, Cicero, Anschluss an die Manichäer, Karriere
Im üblichen Studienverlauf liest Augustinus Ciceros Dialog „Hortensius“ (Feldmann, 1975; Feldmann, 1987). Mehr als der Stil beeindruckt ihn der Inhalt. Angelpunkt dieser Werbeschrift für die Philosophie ist die Frage, was „Glück“ ausmacht. Vergängliche Güter wie Reichtum, Ehre, Vergnügen und Lustbefriedigung können das nicht sein, sondern nur das lebenslange Bemühen um Weisheit. Cicero (de off. 2,5) definiert sie als „das Wissen um die göttlichen und menschlichen Dinge und ihre ursächlichen Zusammenhänge“. Das könne allerdings nur bei einer weltdistanzierten Lebensweise gelingen. Die Lektüre wird für Augustinus zu einem Schlüsselereignis. Sie relativiert die bisherigen Lebensziele und begeistert ihn für die unbedingte Suche nach Wahrheitserkenntnis (→ Wahrheit
Augustinus verbindet den Impuls des Hortensius mit der → Religion
In der Studienzeit lernt Augustinus die Frau kennen, mit der er für etwa 15 Jahre zusammenlebt. Um 372 wird der gemeinsame Sohn Adeodatus geboren.
Nach Abschluss des Studiums ist Augustinus zunächst als Lehrer in Thagaste (ca. 373-375) tätig, macht dann Karriere als Professor der Rhetorik in Karthago (375-383), Rom (383) und Mailand (384-386). Das Verhältnis zu seiner Mutter ist wegen der Zugehörigkeit zu den Manichäern zeitweise in der Krise. Seinen Wechsel nach Rom – gerade in einer Phase, als die Manichäer in Nordafrika staatlich verfolgt werden – verheimlicht er vor der Mutter. Sie reist ihm nach Mailand nach, wo er mit der Berufung zum öffentlichen Redner am kaiserlichen Hof eine Spitzenstellung erreicht hat. Monnica und andere dringen zugunsten der Karriere auf eine standesgemäße Heirat. Es kommt zur (für beide Seiten) schmerzhaften Trennung von der Mutter des Adeodatus.
2.3. Mailand und der Prozess der „Bekehrung“
In dieser Phase befindet sich Augustinus innerlich in einer Krise. Noch in Karthago waren Zweifel am Wahrheitsangebot der Manichäer aufgekommen, die ihm auch der lang erwartete manichäische Bischof Faustus nicht nehmen konnte (382). In der Enttäuschung neigt er zur Skepsis mit ihrem grundsätzlichen Zweifel an der Erkennbarkeit der Wahrheit, doch kann er sich damit nicht zufrieden geben. In Mailand kommt Augustinus dann über den Bischof Ambrosius mit einem neuplatonisch geprägten Christentum in Kontakt (Drecoll, 2007, 153-164). Die neuplatonische Philosophie basiert auf der Unterscheidung zwischen materiellem und geistigem Sein. Das höchste Gut, das Sein schlechthin und damit die Wahrheit ist rein geistig. Philosophisch geschulte Christen verbinden dies mit der christlichen Gottesvorstellung: → Gott
Intellektuell hat Augustinus damit den Manichäismus überwunden und sich der catholica angenähert, es bleibt noch die lebenspraktische Umsetzung. Den Durchbruch stellt Augustinus in seinen „Bekenntnissen“ (confessiones) in der dramatischen Mailänder Gartenszene (conf. 8,28-30) dar. Demnach ringt er sich im August 386 – durch Krankheit mitbedingt – dazu durch, die Karriere aufzugeben und sich in asketischem Lebensstil der Wahrheitssuche zu widmen. Mit Freunden und Verwandten zieht er sich auf das Landgut Cassiciacum in der Nähe von Mailand zur philosophisch-theologischen Reflexion zurück. Hier entstehen die stark philosophisch geprägten Frühdialoge (Über die Akademiker, Über das glückliche Leben, Über die Ordnung, Alleingespräche). Ostern 387 wird Augustinus mit Adeodatus und seinem Freund Alypius von Ambrosius getauft.
2.4. Kirchliche Karriere in Nordafrika
Augustinus kehrt 388 nach Nordafrika zurück. Kurz vor der Überfahrt stirbt 387 seine Mutter in Ostia. Für zwei Jahre führt er in der Heimatstadt Thagaste das Leben in einer mönchsähnlichen Gemeinschaft mit Freunden fort, bis er 391 in Hippo Regius (widerwillig) zum Presbyter gewählt wird. Erneut gründet er eine klösterliche Gemeinschaft (→ Mönchtum/Klosterleben
Augustinus wird schnell zu einer Autorität und spätestens mit seiner Weihe zum Bischof von Hippo Regius 395/396 zu einer zentralen Gestalt in der nordafrikanischen Kirche. Neben den vielfältigen Gemeindeaufgaben schaltet er sich in aktuelle Auseinandersetzungen ein und entwickelt theologische Konzepte, reist in Nordafrika zu Synoden und Beratungen umher, steht mit zahlreichen Adressaten im Briefaustausch und hält Kontakt zu staatlichen Stellen. Zeugnis hierfür ist eine ungeheure Fülle von Schriften, die sich mit Gegnern, philosophischen und theologischen Problemen, Schrifthermeneutik (→ Hermeneutik
2.5. Auseinandersetzung mit den Manichäern
Bereits kurz nach seiner Taufe nimmt er den Kampf gegen die Manichäer auf, den er bis etwa 404 intensiv führen wird (Drecoll/Kudella, 2011, 87-181). In zahlreichen Schriften und in öffentlichen Diskussionen (Gegen Fortunatus, Gegen Felix) (Geerlings, 2002, 68-81; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2
2.6. Auseinandersetzung mit den Donatisten
Kurz nach seiner Presbyterweihe beginnt Augustinus die Auseinandersetzung mit den Donatisten (P. Bright, in: Drecoll, 2007, 171-178; Hogrefe, 2009; zu den Schriften Geerlings, 2002, 82-98; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2
Augustinus kann sich mit der Spaltung nicht abfinden – schließlich gibt es nur die eine wahre Kirche Jesu Christi. Theologisch geht es um das Kirchen- und Sakramentenverständnis. Die Donatisten sehen sich als die Kirche der Märtyrer, der „Heiligen“ und „Reinen“. Gegen dieses elitäre Kirchenbild betont Augustinus, dass die reale Kirche einen „Mischkörper“ („corpus mixtum“) aus „Reinen“ und Sündern darstellt, die erst im Endgericht getrennt werden. Im Hintergrund steht die Entwicklung zur Volks- oder Massenkirche, die Konstantin (→ Konstantinische Wende
Der ekklesiologische Ansatz steht in enger Verbindung zur Sakramententheologie. Für Augustinus spendet nicht der Amtsträger, sondern durch ihn Gott selbst das Sakrament. Es vermittelt Heil, wenn es in der rechten Absicht und richtigen Form vollzogen wird („ex opere operato“). Die sittliche Qualität des Spenders ist also nicht maßgeblich. Diese Position gibt pastoral Sicherheit und macht damit ernst, dass es auch unter den Amtsträgern Sünder gibt.
Augustinus setzt gegenüber den Donatisten zunächst auf theologische Argumentation und Angebote zur „Rückkehr“. Als dies wenig fruchtet und es zu Unruhen und gewalttätigen Übergriffen besonders durch die radikalen Donatistentrupps der Circumcellionen kommt, befürwortet Augustinus ab etwa 404/405 den Einsatz staatlicher Gewalt. Hatte nicht Christus selbst im Gleichnis vom Gastmahl, zu dem die Eingeladenen nicht kommen wollen, den Herrn zum Diener sagen lassen: „dann zwinge sie einzutreten“ (compelle intrare) (Lk 14,23
2.7. Gnade, „Bekenntnisse“ (confessiones) und die Auseinandersetzung mit den Pelagianern
Bereits für den frühen Augustinus steht fest, dass der Mensch auf Erlösung und Gottes Hilfe angewiesen ist. Die wiederholten Phasen der Pauluslektüre vertiefen das Gnadenproblem. Einen entscheidenden Impuls gibt dann wohl im Jahr 396 eine Anfrage Simplicians, seines geistlichen Beraters in der Mailänder Phase, der um die Deutung einiger Schriftstellen u.a. aus dem Römerbrief gebeten hatte. In der erneuten Auseinandersetzung mit Paulus, besonders Röm 9,10-29
Dieses Konzept prägt auch Augustins „Bekenntnisse“ (confessiones) (397-401). In die Form eines großen Zwiegesprächs mit Gott (Gebetes) gefasst will Augustinus seine Leser zur Erkenntnis des einen Gottes, der die Wahrheit schlechthin ist, und zur Selbsterkenntnis vor diesem Gott führen. Dabei reflektiert er, wer er war (conf. 1-9), wer er gegenwärtig ist (10) und welcher Gott ihm in der Heiligen Schrift, nämlich in den Schöpfungserzählungen, begegnet (11-13). Es geht ihm um das „Bekenntnis“ des großen, erhabenen, allmächtigen Herrn und gnädigen Gottes sowie der Sündhaftigkeit des Menschen. Besonderes Interesse haben bis heute die Bücher 1-9 gefunden. Am eigenen Lebensweg bis zur Rückkehr nach Nordafrika zeigt Augustinus: Der schon bei Geburt sündige Mensch entfernt sich von Gott, geht in seiner Welt- und Selbstbezogenheit in die Irre, und doch begleitet ihn der gnädige Gott und führt ihn völlig unverdient zu sich zurück. Auf diesem Hintergrund zeichnet er selbst das Bild vom jugendlichen Sünder, über dessen Irrungen die Mutter bittere Tränen weint, um den Zustand nach der Bekehrung umso heller erscheinen zu lassen. In der Darstellung verbindet Augustinus somit die Erzählung von Vergangenem mit der bewertenden Reflexion aus der Perspektive des Bischofs (Feldmann, 1986-1994, 1168-1174).
Auf diesem Hintergrund kommt es zum pelagianischen Streit über Gnade und Erbsünde (V.H. Drecoll/W. Löhr/J. Lössl, in: Drecoll, 2007, 179-203;zu den Schriften Geerlings, 2002, 99-122; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2
Doch Julian, der hochgebildete Bischof von Aeclanum, kann sich der Verurteilung des Pelagius nicht anschließen. Er sieht in Augustins These von der Übertragung der Adamssünde ein manichäisches Erbe, da Sünde hier geradezu als böse Substanz gedacht und die Willensfreiheit aufgehoben werde – ganz anders allerdings bei Christus, so dass man sich fragen müsse, ob Augustinus ihn in vollem Sinn als Mensch anerkenne. Zudem widerspreche die negative Sicht auf → Sexualität
2.8. Der Fall Roms, „Über den Gottesstaat“ (de civitate Dei)
Als 410 Rom von germanischen Westgoten unter Alarich erobert und geplündert wird, ist die antike Welt schockiert. Traditionell-römischem Denken verhaftete Stimmen sehen den Grund für diese Katastrophe bei den Christinnen und Christen. Die Götter, die das römische Reich groß gemacht haben, versagen jetzt Schutz und Hilfe, da das Reich sie nicht mehr verehrt. Augustinus verfasst daraufhin ab 412 seine 24 Bücher „de civitate Dei“. Er verteidigt nicht nur das Christentum, indem er die Schuld am Untergang der paganen Welt zuweist, sondern entwirft eine „Theologie der Universalgeschichte“. Seit dem Sündenfall bestehen zwei menschliche „civitates“, „Gemeinschaften“ oder „Gesellschaften“. Augustinus verwendet den Begriff bildlich in Parallele zur Bürgergemeinschaft einer Stadt bzw. des Reiches. Die „Gemeinschaft Gottes“ (civitas Dei) lebt „dem Geist nach“ bzw. „Gott gemäß“, d.h. sie ist bestimmt von der Liebe zu Gott, richtet sich ganz auf ihn aus und folgt seinen Geboten. Die „irdische Gemeinschaft“ (civitas terrena) lebt „dem Fleisch nach“ bzw. „dem Menschen gemäß“. Sie folgt den Spielregeln und Werten menschlicher Gesellschaft. Eigensüchtig und rücksichtslos geht es um Besitz, Ansehen, Macht, Vergnügen. Erneut orientiert sich Augustinus stark an Paulus (z.B. Gal 5,19-26
2.9. Letzte Jahre
Um 425 kann Augustinus sein drittes Hauptwerk „Über die Trinität“ (→ Dreifaltigkeit/Trinität
Augustinus stirbt am 28. August 430 nach kurzer Krankheit, während Hippo Regius von den Vandalen belagert wird. Die Einnahme der Stadt und des weiteren nordafrikanischen Raums durch die Germanen hat er nicht mehr erlebt.
3. Religionsdidaktische Konkretisierungen
Im Rahmen des Religionsunterrichts (→ Religionsunterricht
Didaktische Perspektiven
1. Im Sinne der „Subjektorientierung“ sowie der „Reziprozität“ kann an zentrale Erfahrungen und Fragen Jugendlicher und junger Erwachsener angeknüpft werden.
- Identitätsproblem und Sinnsuche: „Ich bin mir selbst zur großen Frage geworden“ (conf. 4,9). Dieser Satz formuliert eine zentrale Fragestellung, die Augustinus besonders intensiv in den „Bekenntnissen“ thematisiert. Wie Jugendliche heute versucht sich der junge Augustinus in einer Pluralität und „Konkurrenz von Sinnangeboten“ zu orientieren (Feldmann, 1987). Elternhaus und gesellschaftliches Umfeld vermitteln damals wie heute selbstverständliche Werte und Ziele wie Erfolg, Wohlstand, Anerkennung, Einfluss und Bedürfnisbefriedigung. Die Hortensiuslektüre markiert für Augustinus einen Bruch, der diese Selbstverständlichkeiten hinterfragt und die Frage nach „Glück“, „Sinn“ und gelingendem Leben aufwirft. Am intellektuellen Werdegang Augustins werden Lernende herausgefordert, sich mit Sinnangeboten aus Philosophie und Religion kritisch auseinanderzusetzen. Zudem zeigt das Beispiel Augustins die notwendige Verschränkung von Erkenntnis, Entscheidung, probeweiser (!) Umsetzung und Weitersuche, wenn sich die Entscheidung als nicht tragfähig erweist. Auch hierfür sind die „Bekenntnisse“ wichtig, unter diesem Gesichtspunkt kann man aber auch den weiteren Lebensweg in den Blick nehmen.
- Im Hintergrund steht die grundsätzliche Frage: Wer ist der Mensch, wer bin ich – im Sinne Augustins: Wer bin ich vor Gott? Die Leserinnen und Leser werden in den „Bekenntnissen“ in diesen Reflexionsprozess einbezogen und zur eigenen Positionierung aufgefordert, ob Religion und Christentum relevante Befragungsinstanzen darstellen und tragfähige Antworten bieten. Der Streit um Gnade und Erbsünde stellt die Frage unter anderen Vorzeichen erneut. Augustins pessimistischer → Anthropologie
mit dem völligen Angewiesensein auf die göttliche Gnade steht das positivere Menschenbild der Pelagianer gegenüber und fordert zur Beurteilung heraus.
2. Der junge Augustinus regt zur Positionierung gegenüber der eigenen Kirche an. Die Lernenden dürfte es überraschen, dass der große Heilige als junger Mann die „katholische“ Kirche für unattraktiv hält und sich von ihr abwendet, weil sie die Kirche des lauen Mittelmaßes ist, sich kritischen Anfragen verweigert und höheren intellektuellen und ethischen Ansprüchen nicht zu genügen scheint. Im Zuge der „Bekehrung“ revidiert Augustinus diese Kritik und findet eine Reihe von Argumenten für die Glaubwürdigkeit und Autorität der Kirche. Beide Positionen differenzieren das Kirchenverständnis und tragen zur begründeten Stellungnahme gegenüber aktuellen Formen von „Kirche“ bei.
3. Anhand der theologischen Debatten Augustins gewinnen die Lernenden in „identitätsbildender Rückschau“ (Lindner, 2015, 2.1.) vertieften Zugang zu zentralen Konzepten der christlichen Tradition und kirchlichen Vollzügen. Die Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus vermittelt eine differenzierte Vorstellung von (Erb-)Sünde, Gnade und Rechtfertigung. Die Diskussion um diese Konzepte durchzieht die Traditionsgeschichte. Sie wird besonders in der Reformation wieder akut und prägt bis heute konfessionelle Identitäten (→ Konfession(en)
4. An den theologischen Auseinandersetzungen des Bischofs vollziehen Lernende nach, wie (bis heute wirksame) → Theologie
5. Die Lernenden erweitern ihre Sachkompetenz und verschaffen sich orientierendes Verfügungswissen. In der Person Augustins spiegeln sich christliche Existenz und kirchliche Verhältnisse der theodosianischen Zeit. Das Christentum wird Staatsreligion, die Kirche zur „Reichskirche“. Der Staat übt Druck auf Nichtchristen aus, greift in innerkirchliche Verhältnisse ein und verfolgt Häretiker. Letzteres kann in beiden Perspektiven am Manichäer Augustinus und am Bischof exemplifiziert werden. In Augustins Biographie spiegelt sich auch der beginnende Zusammenbruch des westlichen Imperiums mit gravierenden Folgen für das Christentum.
6. Die Beschäftigung mit Augustinus ist wissenschaftsorientiert und fördert methodische Kompetenz. Die „Bekenntnisse“ führen die Bedeutung der Verfasserintention und der Textgattung für die historische Auswertung vor Augen. Die Trennung zwischen Narration (→ Geschichtserzählung
4. Schluss
Augustinus erscheint trotz des großen historischen Abstandes als ein erstaunlich „moderner“ Mensch. Er trifft in einer „Pluralität von Sinnangeboten“ und Lebensentwürfen Entscheidungen, die er aber immer wieder auf die Probe stellt. Antriebskraft ist die unbedingte Verpflichtung zur Suche nach Wahrheit. Wahrheitserkenntnis muss rational verantwortet werden können. Glauben als Annahme einer noch nicht einsichtigen Wahrheit ist ein notwendiger Schritt, der auf Einsicht angelegt ist, soweit diese möglich ist (der ältere Augustinus wird hier immer vorsichtiger). Die erkannte Wahrheit muss aber auch existentiell umgesetzt werden. Einsicht bleibt nicht folgenlos, sie muss sich in der Lebensführung niederschlagen.
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