Deutsche Bibelgesellschaft

Aaron / Aaroniden

Andere Schreibweise: Aron; Aharon; Ahron

(erstellt: Januar 2007; letzte Änderung: September 2017)

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Aaron wird im Alten Testament als Bruder, Sprecher und Gefährte des Mose vorgestellt, vor allem aber als der am Sinai von Gott eingesetzte Ahnvater der Priesterschaft Israels. In Ps 106,16 wird er als „Heiliger Jahwes“ tituliert, und seine Gewänder bringen seinen besonderen Status zum Ausdruck (Ex 28). Als Aaroniden bezeichnet man die Söhne Aarons. Sie tragen den Ehrentitel „Haus Aarons“ (Ps 115,10.12; Ps 118,3; Ps 135,19).

1. Der Name Aaron

Herkunft und Bedeutung des Namens Aaron (hebr. אַהֲרֹן ’ahǎron) sind unklar. Zur Diskussion steht z.B. eine Ableitung von ägyptisch ‘3 rn „groß ist der Name (Gottes)“ (HALAT). Nach Görg setzt sich der Name dagegen aus dem ägyptischen Titel ḥrj „Oberer / Anführer“ und der hebräischen Endung -on zusammen. Nach Homan geht er auf dem Umweg über das Ägyptische, in dem semitisches l zu r wird, auf semitisch אַהֲלוֹן ’ahǎlôn „Zeltmann“ zurück. Wenn der Name tatsächlich von אֹהֶל ’ohæl „Zelt“ abzuleiten sein sollte, sind als Parallelen allerdings eher Namen heranzuziehen, in denen Zelt als Metapher für Schutz zu verstehen ist, z.B. Oholiab (אָהֳלִיאָב ’åhålî’āv; Ex 31,6 u.ö.) „der Vater (sc. Gott) ist mein Zelt“ (vgl. Fowler, 80f; zu weiteren Namen mit dieser Metapher vgl. Schneider, 105f). Schneider (105) führt den ägyptischen Namen j-h-3-r-y (Aharaja) auf semitisch *’ahlaja zurück: „(mein) Zelt (ist der Gott NN)“ mit der hypokoristischen Endung -ja. Der Name ’ahǎron könnte diesem Namen entsprechen, d.h. die gleiche Bedeutung haben, als Endung jedoch statt der ägyptischen die hebräische hypokoristische Endung -on verwenden (vgl. → Simson).

2. Aaron im Alten Testament

Aaron, der Sohn seines Vaters Amram und seiner Mutter Jochebed (→ Amram und Jochebed), beide aus dem Stamm Levi (→ Leviten), ist der ältere Bruder von → Mose und → Mirjam. Dass Mirjam in Ex 15,20 als Schwester Aarons, nicht jedoch des viel bedeutenderen Mose eingeführt wird, lässt vermuten, dass Mose erst relativ spät in der literarischen Überlieferung zum Bruder der Geschwister Aaron und Mirjam geworden ist.

Aaron ist zwar drei Jahre älter (Ex 7,7), aber weniger bedeutend als Mose. Wenn von beiden nebeneinander die Rede ist, wird durchweg zuerst Mose genannt (über 70-mal „Mose und Aaron“), nur in Genealogien steht Aaron sechs Mal als der Ältere voran. Anders als zu Mose spricht Gott zu Aaron allein nur selten direkt (z.B. Lev 10,8), sondern meist durch Vermittlung des Mose (Ex 7,19 u.ö.).

Eingeführt wird Aaron im Buch → Exodus in der Erzählung von der Berufung des Mose. Er soll dessen Auftrag, die Israeliten aus der Knechtschaft Ägyptens zu führen, durch seine Sprachgewandtheit unterstützen (Ex 4,14.30). Zusammen treten Mose und Aaron dem ägyptischen Pharao gegenüber (Ex 5,1; Ex 6,26-27) und zeigen ihm in der → Plagenerzählung die Überlegenheit Jahwes. Es ist Aaron, der sich hier zunächst als Wundertäter hervortut. Sein Stab wird zu einer Schlange, die die ebenfalls zu Schlangen gewordenen Stäbe der ägyptischen Weisen verschlingt (Ex 7,8-13). Anschließend werden mit seinem Stab die drei ersten Plagen gewirkt (Ex 7,14-8,15). Dann tritt Aaron jedoch gegenüber Mose in den Hintergrund und fehlt in der fünften und neunten Plage. Die unterschiedliche Gewichtung ist wohl damit zu erklären, dass die → Priesterschrift Aaron eine Rolle zuteil werden lässt, die er in den nicht-priesterschriftlichen Texten noch nicht hat.

Auch in den Erzählungen von der → Wüstenwanderung steht Aaron neben Mose. Während der Schlacht gegen die → Amalekiter stützt er zusammen mit Hor die zum Gebet erhobenen Arme des Mose, da die Israeliten nur siegen können, solange Mose betet (Ex 17,12). Am Sinai steigt Mose den Berg immer wieder allein auf und ab, um oben mit Gott und unten mit dem Volk zu sprechen, nur in Ex 19,24 und Ex 24,1.9 erscheint Aaron als sein Begleiter. Im Rahmen der priesterschriftlichen Anordnungen zum Bau des Heiligtums verkündet Gott Mose, dass Aaron und seine Söhne, → Nadab und Abihu, → Eleasar und → Itamar, Priester werden sollen (Ex 28,1; Ex 29,1), wie ihre priesterliche Kleidung einschließlich des goldenen Stirnblatts mit der Inschrift „Heilig für Jahwe“ aussehen (Ex 28,2-43; vgl. Ex 39,1-43) und ihre Einsetzung zelebriert werden soll (Ex 29,1-37).

Dem positiven Aaron-Bild, das hier entworfen wird, steht die Erzählung vom → Goldenen Kalb gegenüber. Während Mose auf dem Berg die Weisungen Gottes erhält, bringt Aaron im Tal große Sünde über das Volk (Ex 32,21). Unter seiner Leitung baut man das Goldene Kalb als Bild Jahwes (Ex 32,1-35) und verstößt damit gegen die → Zehn Gebote, die Gott eigenhändig auf steinerne Tafeln geschrieben und Mose gerade erst auf dem Berg gegeben hat (Ex 31,18). Die Leviten töten im Namen Jahwes 3000 Verehrer des Goldenen Kalbs und profilieren sich damit positiv gegenüber Aaron. Die Erzählung wendet wohl eine → Ätiologie des Betheler Tempels, die Aaron als Erbauer des dortigen Kultbilds und damit als Kultgründer feierte, ins Negative zu einer Ätiologie des Untergangs des Nordreichs.

Im Buch → Leviticus wird erklärt, wie Aaron und seine Söhne verschiedene Opferrituale durchzuführen haben (Lev 1-7; Lev 16; in Lev 4-5 ist von Aaron merkwürdigerweise keine Rede) und welcher Anteil ihnen zusteht (Lev 10,12-15). Nachdem die nötigen Bestimmungen getroffen sind, können Aaron und seine Söhne in ihr Amt eingeführt werden (Lev 8-9). Dabei wird Aaron wie ein König gesalbt, so dass das Amt königliche Züge erhält (Lev 8,12). Schon unmittelbar danach lässt Jahwe die beiden ältesten Söhne Aarons, → Nadab und Abihu, sterben, weil sie ein unrechtmäßiges Opferritual vollzogen haben (Lev 10,1-3; Num 3,4; Num 26,61). Ansonsten enthält das Buch z.B. Gebote, die die Aaroniden als Priester zu beachten haben oder für deren Umsetzung sie zu sorgen haben. Sie dürfen z.B. keinen Toten berühren (Lev 21,1) und sollen z.B. dem Volk alle Satzungen Jahwes verkünden (Lev 10,11) und es konkret über kultische Reinheit belehren (Lev 15,31) sowie diese im Einzelfall prüfen (Lev 13-15; → Priestertora).

Im Buch → Numeri nehmen Mose und Aaron eine Zählung der kriegstauglichen Männer vor (Num 1-4). In dem Zusammenhang erhalten die Aaroniden die Leviten als Diener (Num 3,5-10). Der sog. → Aaronitische Segen wird auf Aaron zurückgeführt (Num 6,22-27). In schlechtem Licht erscheint Aaron wieder in Num 12. Er und seine Schwester → Mirjam wollen die Vorrangstellung des Mose nicht anerkennen, da Jahwe auch mit ihnen spricht. Sie werden jedoch von Jahwe zurechtgewiesen, bestraft wird allerdings nur Mirjam. Num 16-18 zeichnen dann jedoch wieder ein positives Bild von Aaron. Als sich → Datan und Abiram sowie die Söhne → Korachs, ein Geschlecht der Leviten, gegen Aaron auflehnen und das Priestertum fordern (Num 16,10-11), lässt Jahwe sie vom Erdboden verschlingen und sichert damit die Privilegien des aaronidischen Priestertums vor allem gegenüber (anderen) levitischen Gruppen (Num 16,1-17,5). Die Erwählung Aarons zeigt sich dann daran, dass von zwölf Stäben, die die zwölf Stämme repräsentieren, nur der Stab der Leviten, der den Namen Aarons trägt und sich damit nur auf sein Geschlecht bezieht, über Nacht im Heiligtum erblüht und dort dauerhaft deponiert werden soll (Num 17,16-28; vgl. Hebr 9,4). Im folgenden Kapitel spricht Gott allein zu Aaron (Num 18,1.8.20) über die Aufgaben und Anteile von Priestern und Leviten. Weil Aaron und Mose an den Wassern von → Meriba gegen Gott rebelliert haben, dürfen sie das verheißene Land nicht betreten (Num 20,1-13). So stirbt Aaron kurz vor Ende der Wüstenzeit im Alter von 123 Jahren auf dem Berg → Hor (so Num 33,38, während Dtn 10,6 seinen Tod und sein Grab in Moser lokalisiert), und sein Sohn → Eleasar wird sein Nachfolger (Num 20,22-29). Nach einer seit dem 4. Jh. n. Chr. etablierten jüdischen, christlichen und später auch islamischen Tradition wird der Berg Hor mit dem 1400 m hohen Ǧebel Hārūn, dem Aaronsberg, im Gelände von Petra (Jordanien) identifiziert ([Gebel Harun]; Koordinaten: N 30° 19' 02'', E 35° 24' 25''; 1336 m). Auf ihm wurde im 14. Jh. über Resten einer byzantinischen Kirche eine kleine Moschee, ein Vorgängerbau der heutigen Moschee, errichtet, in der ein Kenotaph als Grab Aarons gilt; ferner zeugen Reste eines byzantinischen Klosters (75 x 45 m) mit einer dreischiffigen Basilika (24 x 14 m) auf dem Plateau 70 m unterhalb der Moschee von der frühen Bedeutung des Aaronsgrabs (Finnish Jabal Haroun Project).

3. Zur Geschichte der Aaroniden

Die gegensätzlichen Beurteilungen Aarons sind am ehesten mit Rivalitäten zwischen verschiedenen Priestergruppen zu erklären.

3.1. Die Priesterschaft von Bethel während der Königszeit

Bethel war zur Zeit des Nordreichs der Sitz des Staatskultes, doch wurde der Ort nach der assyrischen Eroberung 722 v. Chr. nur noch negativ als Hort des Sünde beurteilt. Da nichts dafür spricht, dass es sich bei der Verbindung Aarons mit Bethel um eine völlig fiktive antiaaronidische Polemik handelt, galt Aaron ursprünglich vermutlich als der Ahnvater der Priesterschaft von Bethel. Für diese häufig vertretene These sprechen drei Beobachtungen: 1) Das → Goldene Kalb stellt eine Verbindung zwischen Aaron und Bethel her. Es stand nach 1Kön 12,29 in Bethel, und sein Prototyp ist nach Ex 32,1-6 von Aaron angefertigt worden. 2) Ri 20,27-28 lokalisiert die Aaroniden in Bethel. Die späte Notiz dürfte sachlich richtig sein, weil sie im Kontext bedeutungslos und deswegen unverdächtig ist. 3) Die beiden ältesten Söhne Aarons tragen fast die gleichen Namen wie die beiden Söhne Jerobeams, des obersten Dienstherrn von Bethel, nämlich Nadab und Abia bzw. Abihu. Die Priester von Bethel waren also Aaroniden und galten nicht als Leviten (vgl. Ex 32,25-29; 1Kön 12,31). Was nach der assyrischen Eroberung bzw. der Beseitigung des Betheler Kultes aus ihnen wurde, wissen wir nicht.

Nach anderer Ansicht handelt es sich bei Aaron in der ältesten Überlieferung nicht um einen Priester aus Israel, sondern um einen militärischen Unterführer aus Juda. Diese Auffassung beruht darauf, dass man die Erzählung von der Amalekiterschlacht in Ex 17,8-16 für alt hält, weil es sich bei der Handerhebung des Mose um einen archaischen, magischen Ritus handle, und als Grundbestand der Aaron-Überlieferung betrachtet (vgl. Cody, 1969, 146-156; Valentin, 1978, 198-203). Bei dieser Sicht bleibt jedoch unerklärt, wie in der Überlieferung aus dem militärischen Unterführer ein so bedeutender Priester wie Aaron werden konnte. Die umgekehrte Entwicklung zum militärischen Unterführer ist im Rahmen einer Subordinierung unter Mose dagegen sehr viel eher denkbar. Im Blick auf Ex 17,8-16 ist zudem fraglich, ob Aaron hier nicht erst einer späten Schicht angehört bzw. der ganze Zusammenhang erst spät anzusetzen ist. – Otto (2001, 410) hält die gesamte Aaron-Überlieferung für nachexilisch und die Verbindung der Aaroniden mit Bethel für eine gegen sie gerichtete Polemik.

3.2. Die Priesterschaft Israels in exilisch-nachexilischer Zeit

Das Deuteronomium kennt kein aaronidisches Priestertum. Aaron erscheint – außer in der Todesnotiz Dtn 10,6 (vgl. Dtn 32,50) – nur negativ als der Erbauer des Goldenen Kalbs, den Gott in seinem Zorn fast getötet hätte (Dtn 9,20). Mit dem Betheler Kult, der als Inbegriff der Sünde gilt, wird Aaron als Ahnherr der dortigen Priesterschaft negativ gesehen. Auch in Josua bis 2. Könige (→ Deuteronomistisches Geschichtswerk) ist – außer in Jos 21 bei der Zuweisung der Asyl- und Levitenstädte – von Aaron nie als Priester die Rede. Er erscheint nur an wenigen Stellen, und zwar als Vater Eleasars (Jos 24,33; Ri 20,28) und in Rückblicken auf die Befreiung Israels aus Ägypten (Jos 24,5; 1Sam 12,6.8). Auf diese bezieht sich auch Aarons einzige Erwähnung in den Prophetenbüchern (Mi 6,4). Im Ezechielbuch, das auf einen Propheten zurückgeht, der selbst Priester war, ist von Aaron nie die Rede; vielmehr gelten die Zadokiden, die während der Königszeit das Jerusalemer Priestertum stellten, aber ins Exil verschleppt worden waren, als das einzig legitime Priestergeschlecht (Ez 44,15-31; → Zadok), das deswegen als Trägerkreis des Ezechielbuchs anzusehen ist. Dieses Priestergeschlecht war eng mit dem Königtum des Südreichs verflochten und stand dem Betheler Staatskult des Nordreichs distanziert gegenüber.

Ein ganz anderes Bild zeigt in exilisch-nachexilischer Zeit die Priesterschrift – die Grundschicht und ausführlich die Ergänzungsschicht (→ Priesterschrift). Sie betrachtet Aaron, den sie zu einem Leviten macht (Ex 6,16-20), – vielleicht in Aufnahme entsprechender Vorstellungen aus Bethel – als ersten Priester Israels und damit als Ahnvater aller Priester. Dabei hat sie sicher die Jerusalemer Priesterschaft der nachexilischen Zeit im Blick. Die Aaroniden gelten ihr damit als das einzig legitime Priestergeschlecht, so dass nur Söhne Aarons Priester sein können. Die (nicht-aaronidischen) Leviten dürfen nur als Diener fungieren (Num 3,5-10).

Für den Aufstieg Aarons war vielleicht ausschlaggebend, dass die Priesterschrift ihren Entwurf vom Sinai her konzipiert. Das machte es ihr unmöglich, Zadok, den traditionellen Ahnvater der Jerusalemer Priesterschaft, der erst zur Zeit Davids amtierte, zum Ahnvater aller Priester zu machen. Der Verfasser musste auf einen anderen priesterlichen Ahnvater zurückgreifen, und da legte es sich nahe, die Aaron-Überlieferung, die bereits mit der Sinai-Tradition verbunden war, aufzunehmen und Aaron zum Ahnvater der Jerusalemer Priesterschaft werden zu lassen (vgl. Gunneweg, 1965, 145). Möglich ist jedoch auch, dass sich in der neuen Bedeutung Aarons realpolitische Verhältnisse spiegeln. Nachdem die Zadokiden nach Babylon deportiert worden waren, mögen die Aaroniden ihren Einfluss nach Juda ausgeweitet und in Jerusalem an ihre Stelle getreten sein (vgl. Schaper, 2000, 168-174.269-279).

Die Chronikbücher führen die Gedanken der Priesterschrift weiter. Aaron und seine Söhne werden auch hier als die einzig legitimen Priester angesehen (1Chr 6,34; 1Chr 23,13), und außer ihnen darf niemand, nicht einmal der König, Jahwe Räucheropfer darbringen (2Chr 26,16-21). Die Leviten werden wie in der Priesterschrift als Diener der aaronidischen Priester betrachtet (1Chr 23,27-32).

Der Konflikt, zu dem es nach der Rückkehr der Zadokiden aus dem Exil mit den inzwischen etablierten Aaroniden gekommen sein dürfte, wird in den → Chronikbüchern durch eine genealogische Verbindung der Geschlechter gelöst. Zadok wird im Stammbaum Levis zu einem Nachfahren Aarons gemacht (1Chr 5,27-34; 1Chr 6,35-38; vgl. 1Chr 24,3). Die Zadokiden mögen an dieser Verbindung Interesse gehabt haben, weil sie so in der inzwischen als normativ geltenden Heilszeit Israels verankert und damit legitimiert wurden (vgl. Albertz, 1992, 224). Die Verbindung findet sich auch im Stammbaum → Esras, der über Zadok auf Aaron zurückgeht (Esr 7,1-5).

Im 2. Jh. v. Chr. findet das zadokidische Priestertum mit dem Untergang der → Oniaden ein Ende. Jedoch führte sich das hasmonäische Priestertum der → Makkabäer genealogisch auf den Eiferer Pinhas, einen Enkel Aarons, und damit implizit auf Aaron zurück (1Makk 2,54).

Jesus Sirach bietet in seinem Lob der Väter – in Auseinandersetzung mit priesterkritischer, prolevitischer Literatur der Zeit (vgl. Fabry, 214) – einen überschwänglichen Lobpreis Aarons. Aaron war es, mit dem Gott einen ewigen Bund geschlossen und dem er die Gebote gegeben hat (Sir 45,6-22 [Lutherbibel: Sir 45,7-27]; → Jesus Sirach). Die Priester, die nach Sir 7,29-31 (Lutherbibel: Sir 7,31-33) zu ehren sind, bezeichnet Sirach als Söhne Aarons (Sir 50,13.16 [Lutherbibel: Sir 50,15.18]).

4. Aaron im Neuen Testament

Aaron wird im Neuen Testament nur 5-mal erwähnt und ist eigentlich nur für den Hebräerbrief von Bedeutung. Nach Lk 1,5 ist Johannes der Täufer priesterlicher Herkunft. Er stammt aus dem Geschlecht Aarons, dem nicht nur sein Vater Zacharias als Priester angehört, sondern – wie Lukas eigens hervorhebt – auch seine Mutter Elisabeth. Die Stephanusrede verweist in ihrer Darstellung der Geschichte Israels auf die Erzählung vom → Goldenen Kalb und erwähnt in diesem Rahmen Aaron (Apg 7,40).

Der Hebräerbrief kann Christus und Aaron parallelisieren, aber auch einander gegenüberstellen. Wie Aaron hat Christus seine priesterliche Würde nicht genommen, sondern von Gott erhalten (Hebr 5,4). Da er jedoch nicht aus dem Stamm Levi, sondern aus dem Stamm Juda stammt, gehört er – anders als der amtierende jüdische Hohepriester, dessen Sündhaftigkeit Hebr 5,3 hervorhebt – nicht zu den Aaroniden. Er ist vielmehr Priester nach der viel älteren Ordnung → Melchisedeks (Hebr 5,5-10). Das Priestertum hat also gewechselt, mit ihm aber auch das Gesetz (Hebr 7,11-14). Während der aaronidische Hohepriester des irdischen Heiligtums nur einmal im Jahr das Allerheiligste betreten darf, ist Christus als Hoherpriester ein für allemal in das Heiligtum gegangen und hat ewige Erlösung erwirkt (Hebr 9,1-14), die der aaronidische Hohepriester als sterblicher (Hebr 7,23) und mit Sünde behafteter (Hebr 7,27) Mensch nicht erwirken kann.

5. Aaron im Judentum

Während Aaron in Christentum (s. jedoch 7.) und Islam keine herausragende Bedeutung hat, steht er im Judentum als Priester allgemein in sehr hohem Ansehen.

In den Schriften von → Qumran betonen manche das zadokidische, andere das aaronidische Priestertum stärker (Fabry, 206-216). Aaron hat zudem eine endzeitliche Bedeutung. Anknüpfend an Sach 4,14 erwartet man – gegenüber der hasmonäischen Verquickung des Königtums mit dem Priestertum – einen davidischen und einen aaronidischen Messias (Sektenregel 1QS 9, 11; Damaskusschrift 12, 23).

Rabbinische Auslegungen der Erzählung vom → Goldenen Kalb wollen Aarons Schuld minimieren, um einen Ausgleich mit dem dominanten positiven Aaronbild der Bibel zu schaffen. Sie behaupten z.B., er sei vom Volk genötigt worden. → Raschi setzt diese Auslegungstradition im Mittelalter fort: Aaron habe das Gold der Israeliten einsammeln wollen, um den Bau des Goldenen Kalbes bis zu Moses Rückkehr zu verzögern.

Das Bild vom konfliktscheuen Aaron führt positiv gewertet zum Bild von Aaron als einem Urbild der Friedliebenden – so in dem populären Mischnatraktat → Pirke Avot „Und Hillel sagte: Sei wie die Jünger Aarons und liebe den Frieden und strebe nach Eintracht, liebe die Menschen und führe sie zum Gesetz“ (1,12).

6. Aaron im Christentum

In Aufnahme des Hebräerbriefs (s.o.) wird Aaron vor allem als Präfiguration Christi gesehen. Aarons Stab – lateinisch virga (vgl. Num 17,3 Vulgata [= Num 17,18]) – galt im Mittelalter als Symbol der wunderbaren Geburt Christi aus der Jungfrau – lateinisch virgo – Maria, so z.B. im Melker Marienlied aus dem 12. Jh.:

„Ja, auf die Erde / legte Aaron einen Stab! / Der trug Mandeln, / sehr edle Früchte. / Solche Süße hast du hervorgebracht, / Mutter ohne Mitwirkung eines Mannes, / heilige Maria!“ (G. Vollmann-Profe, Frühmittelhochdeutsche Literatur (RUB 9438), Stuttgart 1996, 76ff).

Die Weihe Aarons durch Mose galt als Präfiguration der Weihe der Bischöfe durch den Papst und wurde auch so dargestellt. Bischofs- und Abtsstab gehen dementsprechend auf den Stab Aarons – verstanden als Symbol der Macht – zurück.

7. Aaron im Islam

Aaron bzw. arabisch Hārūn wird im Koran mehrfach in Anspielungen auf biblische Erzählungen erwähnt. Er erscheint als der beredte Bruder des Mose (20,30; 25,35; 26,13; 28,34f; Text Koran), der mit ihm dem Pharao entgegen getreten ist (7,122; 10,75-89; 23,45; 26,47f) und dem Gott nach der Errichtung des Goldenen Kalbs gnädig war (7,148; vgl. 37,114). Anders als im Alten Testament wird Aaron im Koran durch den Titel „Prophet“ geehrt (19,54). Mit Noah, Abraham, Mose und Jesus zählt er zu den Gesandten Gottes (6,84). In 19,28 wird Maria, die Mutter Jesu, angesichts der Namensgleichheit mit Mirjam (= Maria) als „Schwester Aarons“ tituliert; in antiislamischer Polemik wurde dies als Beleg für die Fehlerhaftigkeit des Koran angeführt.

Nach der Legende war Aaron schöner als Mose. Auf seiner visionären Himmelsreise trifft Mohammed ihn, und Aaron wird ihm als der Geliebte seines Volkes vorgestellt. Nach seinem Tod auf dem Ǧebel Hārūn soll Aaron von dort mit seinem Sterbebett zum Himmel emporgehoben worden sein. Daran erinnern bis heute Wallfahrten zu dem Grabheiligtum auf dem Ǧebel Hārūn.

8. Aaron in der Kunst

Als Einzelfigur wird Aaron oft als Hoherpriester mit entsprechenden Gewändern, Brustschild und Stirnreif sowie einem Räuchergefäß oder einem blühenden Stab als Symbol seiner Erwählung dargestellt. Im Judentum findet man derartige Darstellungen z.B. auf Toramänteln, Toraschreinen und Titelblättern von Gebetsbüchern, im Christentum z.B. an mittelalterlichen Kirchenportalen, weil er in einem weiteren Sinne zu den Propheten des Alten Testaments gerechnet wurde. In szenischen Darstellungen erscheint er als Hauptfigur insbesondere in Darstellungen von der Errichtung des Goldenen Kalbs, ansonsten vielfach nur als Nebenfigur an der Seite des Mose, so z.B. in Darstellungen ägyptischer Plagen oder der Schlacht gegen die Amalekiter.

Der Aaronstab wird als Baumzweig mit Blättern, auch mit Blumen und Früchten, abgebildet. Da sein Blühen auf Gottes wunderbares Eingreifen zurückgeführt wurde, galt er im Mittelalter als Symbol der wunderbaren Geburt Christi aus der Jungfrau Maria (s.o.), aber auch der Auferstehung. Botanisch hat der Stab Aarons – aufgrund von Num 17 oder Ex 7 – den Aronstabgewächsen (Araceae), die einen langen stabartigen Blütenkolben haben, seinen Namen gegeben, zu denen z.B. der giftige Gefleckte Aronstab (Arum maculatum) gehört.

In der Musik wurde Aaron vor allem in dem 1928-1932 komponierten Opernfragment „Moses und Aaron“ von Arnold Schönberg rezipiert. Der erste Akt bezieht sich in sehr freier Aufnahme des biblischen Stoffes vor allem auf die Berufung des Mose (Ex 3-4), der zweite auf das Goldene Kalb (Ex 32) und der unvollendete dritte auf Aarons Tod (Num 20). Mose und Aaron werden als Vertreter unterschiedlicher Gottesvorstellungen gezeichnet. Moses ist berufen, dem Volk den nicht darstellbaren, unsichtbaren und sogar unvorstellbaren Gott zu verkünden, Aaron steht als Erbauer des Goldenen Kalbs dagegen für eine bildhafte Gottesverehrung, die vom Volk bejubelt wird. Es geht damit um die Frage, wie Gott als der ganz Andere von Menschen überhaupt gedacht werden kann.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Aaron als Priester (Malerei in der Synagoge von Dura Europos; 3. Jh.).
  • Ğebel Hārūn mit einer kleinen Moschee auf dem Gipfel. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1996)
  • Die Anbetung des Goldenen Kalbs (Nicolas Poussin; 1633-1637).

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