Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2005)

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1. Der Name Abraham / Abram

Abraham 01 Dura Europos

Der Name kommt aus dem westsemitischen Bereich, die Namensformen Abram (אַבְרָם ’avrām) und Abraham (אַבְרָהָם ’avrāhām) sind Dialektvarianten. Eine Datierung des Namens ist nicht möglich. Eindeutige außerbiblische Parallelen fehlen; Namen wie A-ba-am-ra-ma, A-ba-ra-ma, A-ba-am-ra-am begegnen in akkadischen Keilschrifttexten des 19. Jh.s v. Chr., doch es ist problematisch, hier Varianten zu Abraham zu sehen (Thompson, 1974, 25-36). Ein Bezug des ugaritischen Namens Abrm zu Abram ist unklar.

Der Personenname lässt sich als Satz deuten, wobei das Bildungsmuster so zu beschreiben ist: Nomen (evtl. Gottesname) als Subjekt + Verbum (im Hebräischen Suffixkonjugation) als Prädikat. Für Abram / Abraham ergibt sich die Deutung „Der (Mein?) Vater ist erhaben“, wobei „Vater“ den Schutzgott bezeichnen kann und so der Name den Gottesnamen in sich trägt (theophor). Eine alternative Auffassung besteht in der Deutung „Er ist erhaben in Bezug auf seinen Vater“, d.h. er ist von edler Abkunft. Keine andere Person im Alten Testament trägt diesen Namen. Durch die biblische Erzählung der Umbenennung (Gen 17,5) stehen die Varianten Abram und Abraham in symbolträchtiger Beziehung zueinander. Der neue Name bestätigt Gottes Geschichtsmacht und Intervention sowie Abrahams neue Rolle in Gottes Plan. Die hier erwähnte Deutung des Namens als ’ab-hǎmôn „Vater einer Menge“ ist allerdings eine Volksetymologie und keine sprachgeschichtliche Erklärung.

2. Abraham im Alten Testament

2.1. Genesis

2.1.1. Der Stammbaum Abrahams

Abraham 02 Abraham Stammbaum

Abraham und → Sara sind die ersten → Erzeltern Israels (→ Genesis). Das erste Mal begegnet Abraham im Alten Testament in einer → Genealogie (Gen 11,10-26). Er ist der Sohn → Terachs, der von → Sem, einem Sohn → Noahs, abstammt. Von den drei Söhnen Noahs, Sem, Ham und Japhet, steht die Sem-Linie unter dem Segensspruch Noahs (Gen 9,26) und wird als einzige weiter verfolgt (vgl. Gen 10,1-20). Auch Terach hat drei Söhne, von denen wieder nur einer, Abraham, zentrale Bedeutung gewinnt. Terach ist als Ahnherr auch insofern wichtig, als die Frauen der Abraham-Nachkommen → Isaak und → Jakob aus der Familie von Abrahams Bruder, Nahor, kommen, also über Terach zur gleichen Sippe gehören (Endogamie: Heirat innerhalb der gleichen Volksgruppe). Die genealogische Verbindung Abrahams mit Vätern der vorausgehenden so genannten Urgeschichte zielt darauf, Israel ätiologisch in seiner Umwelt zu verwurzeln.

2.1.2. Abraham als Empfänger der Verheißung

Abraham 03 Karte

In den Abraham-Erzählungen, die sich in Gen 12-25 finden, erscheint der Ahnvater als herumziehender → Nomade (Bauer und Viehhalter). Terach wandert mit seiner Familie aus → Ur im Zweistromland aus, um nach Kanaan zu ziehen, siedelt sich dann aber in → Haran an. Diese Wanderungsbewegung macht nur eine Hälfte des so genannten „fruchtbaren Halbmonds“ aus. In Haran, noch fern vom eigentlichen Ziel Kanaan, erhält Abraham den Auftrag Gottes, in ein Land, das Gott ihm zeigen wird, wegzuziehen. Abraham wird von Gott verheißen, dass er zu einem großen Volk werden wird, dem das genannte Land – es ist das Land Kanaan – von Gott gegeben wird. Zugleich erhält Abraham die Zusage Gottes, einen großen Namen zu bekommen (was der zahlreichen Nachkommenschaft, dem großen Volk entspricht) und ein → Segen zu sein, da er von Gott gesegnet sei. Der Schöpfungssegen Gottes (vgl. Gen 1,28), der bisher allein durch Zeugung und Geburt von Generation zu Generation weitergegeben wurde, wird nun Abraham persönlich zugesprochen, wobei Abraham zum Mittler dieses Segens für die Menschheit wird (Gen 12,2-3).

Abraham durchzieht das Land Kanaan, baut Altäre (Abraham als „Kultgründer“) und verehrt „den Namen des Herrn“, wobei bereits bei Abraham, noch vor der Namensoffenbarung an → Mose in Ex 3,13-15, der Name des Gottes Israels, → Jahwe bzw. in Konsonanten JHWH genannt ist (in den deutschen Übersetzungen meist mit „der Herr“ wiedergegeben). Schon hier wird deutlich, dass das Geschick des zukünftigen Volkes Israel, das allein JHWH verehren wird, in der Abraham-Geschichte vorweggenommen wird. Während verschiedener Episoden im Leben Abrahams wird immer wieder die besondere Beziehung Gottes zu Abraham hervorgehoben: Die Verheißungen werden wiederholt und verstärkt, etwa durch Bilder wie die Sterne am Himmel: „So zahlreich werden deine Nachkommen sein“ (Gen 15,5) – und darauf fällt der Satz „Abram glaubte JHWH, und er rechnete es ihm als Gerechtigkeit an“ (Gen 15,6). Dieser Vers wird im Neuen Testament als Rechtfertigung Abrahams aus Glauben (noch vor dem Akt der → Beschneidung) eine sehr wichtige Rolle spielen, insbesondere bei Paulus. In Gen 15 werden die Verheißungen Gottes und die Glaubensantwort Abrams in einen → Bund mit z.T. archaisch anmutenden Ritualen gekleidet.

Abraham 05 Andrej Rubljow

Dieser Bund mit Abram, der in Gen 17 sowohl durch die Wiederholung der Verheißungen als auch durch die Beschneidung als Bundeszeichen eine Bestätigung erfährt, wird in der späteren Geschichte des Volkes Israel mit Gott und in der gesamten biblischen und außer- bzw. nachbiblischen Argumentation zu einem entscheidenden Faktor. Schon bei Isaak (Gen 26,3) und am Ende des Buches Genesis (Gen 50,24) wird der Bund zu einem → Eid gesteigert. Unterstützt wird die ausdrückliche Intervention Gottes durch die Umbenennung Abrams in Abraham (Gen 17,5; reflektiert in 1Chr 1,27 und Neh 9,7; Analogien dazu sind die Umbenennungen von Sarai in Sara, Gen 17,15, und von Jakob in Israel, Gen 32,29; Gen 35,10). Diese Umbenennung zeigt einerseits die volle Souveränität Gottes und die Kontrolle Gottes über die Geschichte an, andererseits auch die besondere Verantwortung Gottes für den so erwählten und namentlich gekennzeichneten Menschen. Das Zeichen des Bundes ist die Beschneidung (vgl. Gen 17,10-14).

In Abraham sind auch verschiedene Weisen der Begegnung Gottes mit einem Menschen vorweggenommen: Abraham kann in direkten Kontakt mit Gott treten (z.B. Gen 18,22-33) – wie später Mose (vgl. Dtn 34,10), Gott erscheint ihm im Traum (Gen 15,12-21), in einer → Vision (Gen 15,1), in Menschengestalt mit Begleitung (die „drei Männer“ bei den Eichen vom Mamre, Gen 18,1-22 – eine zu zahlreichen Kunstwerken inspirierende Szene, vgl. z.B. die Ikone von Andrej Rubljew (Abb. 5), sowie zu Vorausdeutungen auf die Trinität) oder auch durch Vermittlung eines göttlichen Boten (Gen 22,11.15). Abraham trägt auch prophetische Züge und wird in Gen 20,7 als Prophet bezeichnet.

2.1.3. Geburt und Bedeutung Ismaels

Als die Konkretion der Nachkommensverheißung in Form eines Sohnes aufgrund der schon ganz am Anfang angedeuteten Unfruchtbarkeit Sarais (Gen 11,30) auf sich warten lässt, greifen Abraham und Sarai zur Selbsthilfe und dem Mittel der Leihmutterschaft. Ergebnis ist der Sohn → Hagars, der ägyptischen Magd Sarais, der den Namen → Ismael erhält. Die biblischen Erzählungen um Ismael zeigen einerseits, dass er ein echter Abrahamssohn ist, der als solcher Segen und Verheißungen sowie zahlreiche Nachkommen erhält (vgl. Gen 16,10; Gen 21,13.18; Gen 25,12-18). Auf Ismael als Abrahamssohn beziehen sich die Muslime – diese biblische Identifikationsfigur zeigt die familiäre Verwandtschaft von Juden, Christen und Muslimen an, so dass Abraham als Urvater aller Glaubenden zu einem „ökumenischen“ Grundnenner aller drei monotheistischen Religionen werden kann und im trialogischen Gespräch zwischen Juden, Christen und Muslimen als Ankerpunkt fungiert. Andererseits machen die biblischen Geschichten auch deutlich, dass die eigentliche Linie der Verheißung über den Sohn der „wahren“ Ehefrau Sara (die nach Gen 20,12 im Übrigen auch von Terach abstammt und somit die endogame Ehefrau Abrahams ist) läuft, über Isaak (Gen 21,1-8). Ismael und die weiteren Abraham-Söhne (vgl. Gen 25,1-6) werden abgefunden und aus der eigentlichen Erbfolge – dem Fokus der biblischen Perspektive – ausgeschieden. Ihre Nachkommen werden nicht weiter verfolgt, während die Isaak-Linie weitergeführt wird.

2.1.4. Abraham als Vorbild im Gehorsam – Die Bindung Isaaks

Abraham 06 Rembrandt

Um jedoch die völlige Souveränität Gottes erneut zu unterstreichen, erzählt die Bibel die Geschichte von der Beinahe-Opferung Isaaks – in der jüdischen Tradition als „Bindung Isaaks“ bezeichnet – auf dem Brandopferaltar (Gen 22). Schon am Beginn wird deutlich, dass es sich eigentlich um ein Gedankenexperiment (eine „Prüfung Abrahams“) handelt. Gen 22,1 „Gott stellte Abraham auf die Probe“ ist gleichsam der Leseschlüssel für den ganzen Text (→ Prüfung). Vom Zusammenhang her stehen mit Isaak die gesamten Verheißungen an Abraham und die zukünftige Geschichte des Volkes Israel auf dem Spiel. Hier wird noch die Ideallösung vorgeführt: Einerseits gibt sich Abraham vorbehaltlos und ohne zu zögern in die Hand Gottes – was ihm als große Glaubenstat angerechnet wird. Andererseits rettet Gott durch das Eingreifen eines göttlichen Boten Isaak vor dem Tode – was zum Urbild der Gefährdung und Rettung des Volkes Israel wird. Was später das Volk Israel in Form des Exodus (→ Meerwundererzählung) als Befreiung aus dem Land der Sklaverei erfährt, ferner auch in den Bewahrungen während der Wüstenwanderung, ist in Gen 22,1-19 als rätselhafte, anstößige und tiefgründige Urbild-Erzählung vorgezeichnet. Entstehungsgeschichtlich dürfte daher diese Geschichte, die zahlreiche Deutungen in Judentum, Christentum und Islam auf sich gezogen hat, als nachträgliche narrative Reflexion des Geschicks Israels (einschließlich Exil und Heimkehr) in Form eines theologisch aufgeladenen und in die Ursprünge Israels zurückprojizierten Deutungstextes anzusprechen sein – eine im Nachhinein formulierte Vorwegnahme der reflektierten Ereignisse in typologisch-allegorischer Ausfaltung anhand der Identifikationsfiguren Abraham und Isaak. Abraham selbst erscheint so als der „ideale Israelit“ (Gen 22,15-18), von dem gesagt wird, dass er „auf meine (Gottes) Stimme gehört hat“, eine Wendung, die für die Aufforderung zum Gehorsam gegenüber Gottes Weisung (→ Tora) im Buch Deuteronomium typisch ist (z.B. Dtn 26,17). Abraham hat die Anordnungen, Gebote, Satzungen und Weisungen Gottes (Begriffe, die sonst für die Offenbarung der Weisung Gottes am Sinai bzw. für die Tora stehen) gehalten (Gen 26,5). Gen 18,19, eine Rede Gottes zu sich selbst (!) bei der Begegnung mit Abraham bei den Eichen von Mamre, betont, dass Abraham dazu auch auserwählt wurde, seinen Söhnen und weiteren Nachkommen aufzutragen, den Weg JHWHs einzuhalten und Gerechtigkeit und Recht zu tun. Abraham hat dabei die Tora als Weg JHWHs eingehalten, noch bevor sie über Mose von Gott offenbart wurde (vgl. im Babylonischen Talmud Qiddushin 4,14; Yoma 28b Text Talmud)! Jedes Mal wird bei diesen Erwähnungen Abrahams der Segen betont, den alle Menschen (Völker) durch Abraham erlangen sollen.

2.1.5. Kauf der Höhle von Machpela und Abrahams Tod

Die folgende Genealogie (Gen 22,20-24), unter deren vielen Männernamen Rebekka als Enkelin Nahors, Großnichte Abrahams und Urenkelin Terachs (!) hervorsticht, entspannt die Szenerie und bereitet den Boden für die – offenbar von den biblischen Texten als entscheidend angesehene – endogame Eheschließung Isaaks mit Rebekka. Vor der ausführlich erzählten Braut- und Ehegeschichte Isaaks mit Rebekka (Gen 24) wird der Tod Saras erzählt, der zu einem Landerwerb Abrahams für eine Grabstätte führt (Gen 23): Mit diesem rechtmäßig erworbenen Stück Land hat Abraham ein Angeld für die spätere Gabe des Landes Kanaan an das Volk Israel geschaffen. Angesichts des ständigen Herumziehens Abrahams ist dieser Fixpunkt wiederum von überzeitlicher Bedeutung für die Geschichte Israels, schon im Buch Genesis wird am Ende darauf rekurriert (vgl. z.B. Gen 49,29-32; Gen 50,13). Bis heute wird die Grablege der Erzeltern bei → Hebron als heilige Stätte von Juden, Christen und Muslimen verehrt.

Nachdem die endogame Eheschließung Isaaks sichergestellt war, ist auch die Erwähnung weiterer Söhne Abrahams möglich, die jedoch abgefunden und von der eigentlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Die Verheißungen gehen ungeteilt (!) auf Isaak über, und insbesondere das Siedlungsgebiet, das „gelobte Land“ steht weiterhin vollständig zur Verfügung, da Ismael und die anderen Abrahamssöhne außerhalb dieses Territoriums angesiedelt werden. Zugleich kann mit der Etablierung Isaaks die Abraham-Geschichte mit dessen Tod und Begräbnis (einvernehmlich von Isaak und Ismael gestaltet!) zu Ende gehen. Die unmittelbare Nachkommenschaft Abrahams wird in den Genealogien von 1Chr 1,27-34 rekapituliert.

In der Lebensbeschreibung des Abraham-Sohnes Isaak tauchen immer wieder Verweise auf das Leben Abrahams auf, so dass Isaak fast wie eine Kopie seines Vaters wirkt – in der Tat scheint die Hauptaufgabe Isaaks in der biblischen Literatur darin zu bestehen, das Bindeglied und den genealogischen Übergang von Segen und Verheißungen von Abraham auf Jakob, den Vater der zwölf Söhne, die die „Stämme Israels“ werden, zu bilden. Im weiteren Verlauf des Buches → Genesis taucht Abraham als Ankerpunkt der Verheißungen auf, die an Jakob weitergegeben werden, sowie als Identifikationspunkt Gottes: Isaak (Gen 26,24-25) und Jakob (Gen 28,13; Gen 31,42.53; Gen 32,10) verehren den Gott Abrahams.

2.2. Übrige Tora

76% aller Belege der Namensform Abraham in der Hebräischen Bibel begegnen im Buch Genesis. In den Büchern → Exodus bis → Deuteronomium findet sich der Name vergleichsweise selten und nur in der Trias Abraham, Isaak und Jakob. Im Buch Exodus knüpft die Offenbarung des Jahwe-Namens an die Erzväter an, denn Gott weist sich gegenüber Mose als der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs aus (Ex 3,6.15.16; Ex 4,5; Ex 6,3). Gott gedenkt des Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob – und zwar sowohl angesichts der Unterdrückung des Volkes Israel in Ägypten (Ex 2,24) als auch in der Verheißung der Vergebung Gottes nach der notwendigen Strafe für den Ungehorsam des Volkes (Lev 26,42 – aus der Perspektive nach dem Exil, also nach erfolgter Strafe, formuliert). In Dtn 9,27 wird rückblickend die Gebetsbitte des Mose an Gott nach der Verfehlung des Volkes mit dem → Goldenen Kalb erzählt, und dabei lenkt Mose den Blick Gottes in der Hoffnung auf Erbarmen vom sündigen Volk hin zu den Knechten Gottes Abraham, Isaak und Jakob. Ferner werden die Verheißungen von Land und Nachkommenschaft an die Erzväter als Argument weitergeführt, meist in der gegenüber dem Begriff „Bund“ gesteigerten Form des „Eids“ (Ex 6,8; Ex 32,13; Ex 33,1; Num 32,11; Dtn 1,8; Dtn 6,10; Dtn 9,5; Dtn 29,12; Dtn 30,20; Dtn 34,4).

2.3. Geschichtsbücher

In den Geschichtsbüchern wird auf Abraham im Rahmen von Geschichtsrückblicken bei wichtigen Ereignissen verwiesen: beim Bundesschluss unter → Josua (Jos 24,2-3), beim Klagegebet des Königs → Joschafat angesichts einer militärischen Bedrohung (2Chr 20,7), beim Bußgebet → Nehemias (Neh 9,7), das die Geschichte Israels reflektierend aufrollt. Die Anrede „Gott Abrahams, Isaaks und Israels“ verwenden → Elia (1Kön 18,36) und → David (1Chr 29,18). In den durch eine gemeinsame, am Buch → Deuteronomium orientierte Geschichtskonzeption verbundenen Büchern Josua bis 2Könige begegnet die Figur Abraham damit vergleichsweise selten. Nur an einer Stelle ist knapp angedeutet, dass Gott sich dem Volk gnädig zeigt (in Form von Kriegsglück), weil Gott des Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob gedenkt (2Kön 13,23). In den → Chronikbüchern finden sich noch zwei Aufforderungen an das Volk, an Abraham zu denken. In 1Chr 16,15-16 steht ein Imperativ Plural („Gedenkt des Bundes“), während an der Parallelstelle in Ps 105,8-9 die üblichere Formulierung aus der Perspektive Gottes steht („Gott gedenkt des Bundes“). Bei der Passa-Feier unter König → Hiskia wird zur Feier des → Passa mit der Ermahnung aufgerufen, zum Gott Abrahams, Isaaks und Israels umzukehren (2Chr 30,6).

2.4. Weitere Stellen

2.4.1. In der Prophetie

Dort erscheint Abraham nur in nachexilischen Texten, meist in eschatologischen Ausblicken auf das kommende Heil. Wie Jahwe Abraham erlöst (losgekauft) hat, so wird er auch das Haus Jakobs retten (Jes 29,22). Abraham ist der Freund Gottes (Jes 41,8, wörtlich eigentlich: „der mich [Gott] Liebende“; die spätere Tradition verallgemeinert zu „Freund“, vgl. die griechische Bibel: „den ich liebe“; vgl. ferner 2Chr 20,7 und den Zusatz zu → Daniel Dan 3,35). Das Volk Israel darf als Nachkommen von Abraham, Isaak und Jakob (Jer 33,26; Micha 7,20) und im Blick auf die „Eltern“ Abraham und Sara (Jes 51,2) auf das Erbarmen Gottes hoffen. Andererseits gibt es auch das Bewusstsein, dass die alleinige Berufung auf Abraham nichts nützt (Jes 63,16), was als Bittmotiv um eine unmittelbare Begegnung mit Gott und dessen Hilfe herangezogen wird. Ez 33,23-29 kritisiert ein überzogenes Anspruchsdenken des Volkes: Die Verheißung an Abraham und die Gabe des Landes sind vom religiösen und ethischen Gehorsam des Volkes gegenüber Gottes Gebot abhängig. Dieser Gedanke wird im Neuen Testament weitergesponnen (s.u.).

2.4.2. Im Psalter

Abraham begegnet nur in zwei Psalmen: Ps 47,10 spricht von → Gottes Königsherrschaft über die ganze Erde, unter der alle Völker als „Volk des Gottes Abrahams“ vereinigt werden. Diese eschatologische Perspektive formuliert bereits den Gedanken einer „abrahamischen Ökumene“: Abraham als Vater und Identifikationsfigur aller an Gott Glaubenden. Ps 105 reflektiert als Geschichtspsalm die Geschichte Israels einschließlich der grundlegenden Erwählung und der Verheißungen, die letztlich auch wiederum Grund der Hoffnung auf Gottes Erbarmen sind (Ps 105,6.9.42).

2.4.3. In den deuterokanonischen Schriften

In den Schriften, die nicht in der hebräischen, wohl aber in der griechischen Bibel (→ Septuaginta) stehen (→ Kanon), werden die bisher genannten Verwendungsweisen fortgesetzt und interessante neue Akzente gesetzt. In den Zusätzen zum Buch → Ester begegnet die Anrede „Gott Abrahams“ (Est 4,17f und y) im Kontext der Bitte um Erbarmen. Fast floskelhaft wird in der Brieferöffnung in 2Makk 1,2 der Wunsch geäußert, Gott möge des Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob gedenken. Die Rezeption der Abraham-Geschichten (insbesondere Gen 22,1-19) als Prüfung ist hingegen ein neuer Aspekt: Das Hauptargument in der Ermutigungsrede der → Judit an die Bewohner ihrer Stadt ist die Einordnung der Notlage und Bedrohung als Prüfung durch Gott, wobei Abraham als exemplarischer von Gott Geprüfter erscheint, ebenso Isaak und Jakob (Jdt 8,26 [Lutherbibel: Jdt 8,19f]; in der Vulgata-Fassung wird bei Abraham der Titel „Freund Gottes“ hinzugefügt). Der gleiche Gedanke kehrt im Geschichtsrückblick von 1Makk 2,52, im ermutigenden Vermächtnis des Priesters Mattathias an seine Söhne, wieder: Abraham als in der Erprobung für treu Befundener, dem seine Treue als Gerechtigkeit angerechnet wurde. Ohne Nennung des Namens wird dieser Gedanke auch in Weish 10,5 aufgegriffen – in für das → Buch der Weisheit typischer Weise fehlt der Name der biblischen Figur, weil ihr Schicksal für alle verallgemeinert werden soll, die der Weisheit folgen. In 4Makk 14,20; 4Makk 15,28 wird die Standhaftigkeit der Mutter der sieben Märtyrer der Seelenstärke Abrahams gleichgestellt (vgl. auch 4Makk 17,6 im ihr gewidmeten Loblied). 4Makk 16,20 fordert dazu auf, wie Abraham in Gen 22,1-19 um Gottes willen jegliche Mühsal zu ertragen.

Der Geschichtsrückblick in Sir 44,19-22 (Lutherbibel: Sir 44,20-23; als Bestandteil des „Lobs der Väter“) betont ebenfalls den Gedanken des Standhaltens in der Erprobung. Darüber hinaus werden folgende Aspekte der Person Abraham herausgehoben: Abraham ist der Vater vieler Völker (also keine ausschließliche Reklamierung Abrahams für Israel); er hat exemplarisch das Gesetz und den Bund gehalten (Hinweis auf die Beschneidung); per Eid hat Gott Abraham das Land und zahlreiche Nachkommenschaft verheißen. Damit bündelt Sir 44,19-22 (Lutherbibel: Sir 44,20-23) das biblische Abraham-Bild in einer Form, in der es eine intensive Wirkungsgeschichte entfalten wird. Dass Abraham der Vater vieler Völker ist, wird konkret als Argument im Brief des Spartaner-Königs Arëus an den Makkabäer Jonatan (1Makk 12,21) verwendet: Die diplomatische Wendung, dass Spartaner und Juden Brüder seien, wird auf eine „Schrift“ zurückgeführt, in der die gemeinsame Abstammung von Abraham zu finden sei.

Gegenüber diesen Gedanken der Öffnung hin zu den Völkern führt das Buch → Tobit (Tob 4,12 [nicht in Lutherbibel]) einen Aspekt an, der wieder die Abgrenzung und die Wahrung der eigenen Identität betont. Bei der Ermahnung Tobits an seinen Sohn Tobias, keine fremde, sondern nur eine Frau aus dem eigenen Volk zu heiraten, erscheint Abraham neben Noah, Isaak und Jakob als Vorbild: die „ersten Vorfahren“ haben alle Frauen aus ihrem Stamm geheiratet, wobei Tobit die Verheißungen unterschwellig genau daran, an der endogamen Eheschließung, festzumachen scheint. Am Ende des Tobit-Buches (Tob 14,7, nur GII) findet sich ein eschatologischer Ausblick der Hoffnung auf die Rückkehr der Diaspora in das Land Abrahams, wo man in Sicherheit leben wird. Als Verheißung in Gottesrede begegnet dieses Motiv auch in Bar 2,34.

3. Die Frage der Historizität

Die Abraham-Erzählungen spielen nach der biblischen Chronologie im zweiten Jahrtausend v. Chr. (ca. 19./18. Jh. v. Chr.). Die Überlieferungen über Abraham sind jedoch sämtlich erst in viel späterer Zeit entstanden bzw. verschriftlicht worden (→ Pentateuchforschung). Daher ist es aufgrund der Quellenlage unmöglich, Aussagen über die historische Faktizität Abrahams zu treffen. Archäologische Funde (insbesondere aus → Mari und → Nuzi) erhellen die Lebensweise, Sitten, Rechtsbräuche und religiösen Vorstellungen des von der Bibel anvisierten Zeitraumes, bringen aber keine Evidenz für eine historisch greifbare Existenz oder Nicht-Existenz Abrahams. Die von der Bibel reflektierte Lebensweise Abrahams entspricht in manchen Punkten der außerbiblisch belegten Lebensform von sog. Randnomaden, nichtsesshaften Gruppen, die auf der Suche nach Weideland sind und bisweilen Kontakt zu sesshaften Stadtbewohnern aufnehmen bzw. selbst im Begriff sind, sesshaft zu werden (vgl. Worschech, 1983). Insofern lässt sich aus außerbiblischen Quellen ein ungefähres Bild der Welt zeichnen, die die Verfasser der Abrahamerzählungen vor Augen hatten. Allerdings liegt ihnen nicht an einer möglichst korrekten Einbettung Abrahams in diese Welt. Wenn sie dem Ahnvater z.B., um seinen Wohlstand zu veranschaulichen, den Besitz von → Kamelen zuschreiben, handelt es sich um eine Rückprojektion aus späterer Zeit. Das Kamel ist nämlich erst im ausgehenden 2. Jahrtausend v. Chr. gezähmt und im Alten Orient erst weit nach 1000 v. Chr. als Lasttier verwendet worden. Der in den 1960er und 1970er Jahren aufgekommene Optimismus hinsichtlich einer historischen Rekonstruierbarkeit Abrahams (Albright, 1961; de Vaux, 1965) ist deswegen mittlerweile wieder aufgegeben worden (Thompson, 1974; van Seters, 1975; Finkelstein / Silberman, 2002). Auch der Versuch, eine nomadische → „Väterreligion“ zu rekonstruieren (Alt, 1929; Noth, 1948) wird bestritten (Köckert, 1988) und scheitert wohl an dem späten, kompositionellen Charakter der Verheißungsreden und an der Beobachtung, dass die angeblichen Kennzeichen der Väterreligion aus einer lange Zeit und allgemein gültigen Familienfrömmigkeit stammen, die keine spezielle Datierung ermöglicht.

Literarhistorisch ist die Entstehungsgeschichte der biblischen Texte über Abraham umstritten. Daher sind hier nur einige skizzenhafte Bemerkungen möglich. Auch wenn sie nicht im Detail zu rekonstruieren sind, dürfte es mündliche Erzählungen über Abraham in verschiedenen Fassungen aus „alter“, d.h. vorexilischer Zeit gegeben haben, doch erst in der Identitätskrise des Babylonischen Exils (6. Jh. v. Chr.) wird das genealogische Konzept einer Abstammung Israels von Abraham entwickelt (→ Pentateuchforschung). Die Gefährdung des Bestandes des eigenen Volkes und der Verlust des eigenen Landes bewirken, dass in den Texten die Verheißungen zahlreicher Nachkommenschaft und der Gabe des Landes eine zentrale Stellung einnehmen. In nachexilischer Zeit (6./5. Jh. v. Chr.) steht die Frage der eigenen (jüdischen) Identität weiterhin im Vordergrund. Dies führt einerseits zur Tendenz der Reinerhaltung der eigenen Genealogie in Form endogamer Eheschließungen – genau dieser Aspekt taucht bei den Erzvätern auffällig prominent auf: Abrahams Frau Sara stammt wie er von Terach ab und ist seine Halbschwester; Isaaks und Jakobs Frauen stammen von Abrahams Bruder Nahor ab. Andererseits muss angesichts der jüdischen Diaspora ein Konzept von Glauben entwickelt werden, das unabhängig von kultischen Institutionen (Tempel, Opfer) wirksam sein kann. Der als Fremdling wandernde, aber stets vom Segen Gottes begleitete Abraham wird zum Vorbild des im Glauben Gehorsamen: Jude sein heißt, den Willen Gottes zu tun. Gen 22,1-19 wird zum Schlüsseltext, Abraham gehorcht der Tora Gottes, noch bevor sie am Sinai geoffenbart wurde, und ist damit auch Vorbild im Gehorsam gegenüber der Tora.

Historisch greifbar ist damit nicht die geschichtliche Gestalt Abrahams, sondern sind die um diese Identifikationsfigur entwickelten Konzepte von Glaube, Gehorsam, Verheißung und Hoffnung, die von Generation zu Generation neu akzentuiert werden.

Die Belege für die Verbindung Abrahams mit den anderen Patriarchen Isaak und Jakob / Israel außerhalb von Gen 12-50 sind sicher als nachexilisch anzusehen. Von daher ist auch wahrscheinlich, dass die genealogische Verknüpfung von Abraham, Isaak und Jakob im Buch Genesis in die Zeit der Literaturwerdung der Genesis bzw. des Pentateuchs in die Perserzeit zu datieren ist.

4. Abraham im Judentum

4.1. Abraham in der jüdischen Literatur der hellenistisch-römischen Zeit

4.1.1. Allgemeines

Ein wesentlicher Aspekt der außerbiblischen Abraham-Rezeption ist „Abraham als Urbild der Toratreue Israels“ (Ego, 1996). Abraham hat nach mehreren Darstellungen das Gesetz Gottes, die Tora, in vollkommener Weise gehalten (z.B. hinsichtlich der Observanz von Wochen- und Laubhüttenfest Jub 15,1; Jub 16,21), die ihm als „ungeschriebenes Gesetz“ (syrBar 57,2) vorlag und die er an Isaak und Jakob weitergab (Damaskusschrift 3,2-4), so dass Abraham auch Gesetzeslehrer ist (vgl. Gen 18,19). In der rabbinischen Literatur wird später festgehalten, dass Abraham die ganze Tora ausgeübt habe, noch bevor sie offenbart worden war (Qiddushin 4,14; Yoma 28b; Text Talmud). Ob nun die Tora auf ewigen himmlischen Tafeln bereits vorhanden ist (Jub 16,21-31) oder Abraham nach ungeschriebenen Gesetzen (nach einer Art Naturrecht oder Ur-Vernunft) handelte, wie Philo dies darstellt (vgl. De Abrahamo 3-6; Text Philo), gemeinsam ist beiden Konzepten die Vorstellung vom Gesetz (Tora) als überzeitlicher Größe, die bereits vor der Sinai-Offenbarung existierte.

Ein weiterer Aspekt ist die partielle Aufsprengung der Engführung „Nachkomme Abrahams“ = „Jude“ (mit entsprechenden Absonderungstendenzen seitens der Juden und Anfeindungen der übrigen Völker, z.B. seitens der Stoa) hin zu einem Bild von Abraham als Vater vieler Völker. Insbesondere die Ismael- und Ketura-Nachkommen (Gen 25,1-6) werden von Josephus (Antiquitates Judaicae I, 220-221: Ismael; Antiquitates Judaicae I, 238-241: Ketura; Text gr. und lat. Autoren) geographisch detailliert auswertet, um gleichsam die halbe Welt (zumindest aber das große Nabatäerreich, Afrika und Arabien) auf Abraham zurückzuführen. Extrempunkt dieser Entwicklung ist die Bruderschaft zwischen Juden und Spartanern nach 1Makk 12,21; 2Makk 5,9.

Ein durchgehendes Motiv ist ferner die Darstellung Abrahams als Kulturbringer, als Astrologe (Jub 12,16-17) und Erfinder. Insbesondere Abrahams Beobachtung der Sterne führt zu seiner Erkenntnis, dass sie keine Götterwesen seien. Dies habe den Zorn der Völker Mesopotamiens erregt, so dass er zum Auswandern gezwungen war (Josephus, Antiquitates Judaicae I, 156; Text gr. und lat. Autoren). Nach Philo (De Abrahamo 82; Text Philo) legte er mit seinem Namen Abram auch seine frühere Lebensweise als Astrologe und Himmelskundiger ab. Als Erfinder entwickelt Abraham eine Art Sämaschine und überwindet so die Plage der die Saat fressenden Raben (Jub 11,23-24). Die frühjüdischen Texte wenden sich damit gegen eine verbreitete Auffassung: Nicht Ägypten oder Mesopotamien sind die Entwickler von Kultur, sondern Abraham lehrt Kanaan, Ägypten und Griechenland Kultur. Dem korrespondiert auch die Darstellung Abrahams als Philosoph. Im hellenistischen Philosophenbild war eine Ägyptenreise ein stehender Topos (Mayer, 1972, 125), und auch Abraham ist bereit, dort Schüler zu sein und diskutiert die Argumente (Josephus, Antiquitates Judaicae I, 161; Text gr. und lat. Autoren; vgl. Feldman, 1968; ders., 1987). Schließlich erscheint Abraham auch als idealer Herrscher von vornehmer Abkunft, insbesondere bei Philo (De Abrahamo 208-216: Gerechtigkeit, Friedliebe; 107: Menschenfreundlichkeit; 261: den Untertanen Heil bringend; Text Philo) und Josephus (z.B. Antiquitates Judaicae I, 200: gütige Gesinnung; I, 167: ein überzeugender Redner; Text gr. und lat. Autoren) wird das Ideal des Weisen als König (nach dem neupythagoreischen Fürstenspiegel, z.B. im Aristeas-Brief 205; 208-209; 266; 290; Text Pseudepigraphen) mit Abraham verbunden.

4.1.2. Jubiläenbuch

Das → Jubiläenbuch bietet eine Nacherzählung biblischer Geschichten („rewritten Bible“) und setzt dabei eigene Akzente. Es ist von der Auseinandersetzung mit dem immer stärker werdenden Hellenismus geprägt. Daher sind die ständige Versuchung, fremde Götter zu verehren, und andere Praktiken der „Heiden“ wichtige Themen. Von diesen Praktiken grenzt sich das Buch strikt ab. Nicht einmal essen soll man mit den Heiden, schon gar nicht Mischehen mit ihnen eingehen. Entsprechend ist das Abraham-Bild des Jubiläenbuches stark von der Tendenz zum Partikularismus bestimmt. Abraham ist stets ein Kämpfer gegen die Verehrung von Götterbildern – aus diesem Grund trennt er sich auch von seinem Vater Terach. Durch die Gestirnbeobachtung (Abraham als Astrologe) kommt Abraham zu dem Ergebnis, dass die Gestirne keine Götter sind, sondern Diener des einen und einzigen Gottes. Auf sein Gebet hin, dass er davor bewahrt werden möge, Himmelskörper anzubeten, erhält er einen dienenden Engel zur Seite, der ihm rät, das Heimatland zu verlassen, und ihn Hebräisch lehrt, damit Abraham die Bücher der Väter studieren kann. Bei Gelegenheiten, die Gebote aus der Tora betreffen, werden die Abraham-Geschichten entsprechend als Vorausgriff auf die Tora erzählt: So hat Abraham etwa bereits den Zehnten an → Melchisedek abgegeben, und daraus wurde ein ewiges Gebot für alle seine Nachkommen (Jub 13,25). Vor allem bei der Beschneidung fügt Jub eine ganze Reihe Sondertraditionen ein: dass sie ein ewiges Gesetz sei, auszuführen am achten Tag, geschrieben auf himmlischen Tafeln. Insbesondere die Erwählung des beschnittenen Israel und die Verwerfung aller Unbeschnittenen ist bemerkenswert, ebenso die heftigen Strafandrohungen gegen alle Juden, die der Beschneidung abschwören bzw. ihre Kinder nicht beschneiden lassen (gerichtet gegen die „hellenistische“ Partei innerhalb des Judentums, die sich stark an die griechische Kultur anpassen wollte; Jub 15,25-34). Bei der „Bindung Isaaks“ ist es Mastema, der Herr der bösen Geister, der Gott zu dem „Test“ auffordert. Als Datum für das Opfer (des Widders!) ergibt sich im chronologischen System von Jub das Pesach-Fest (Jub 17,15 in Verbindung mit Jub 18,3; Jub 18,18; Sandmel, 1971, 45) – damit befolgt Abraham gleichsam auf „natürliche“ Weise alle Hauptfeste des Judentums (→ Pesach, → Schavuot und → Sukkot). Manchmal werden ganze Kapitel aus Genesis in nur einem Satz zusammengefasst (Gen 24 in Jub 19,10), dafür werden Sondertraditionen ausgefaltet. Abraham ist bei der Geburt von Jakob und Esau noch am Leben, und die Vorliebe für Jakob, die biblisch der Rebekka zugeschrieben wird, stammt „eigentlich“ von Abraham. Der Segen, den Abraham von Sem, Noah und Henoch erbte, geht auf Jakob über (Jub 19,24). Abraham ermahnt seine Söhne und Enkel, die Weisung Gottes zu beachten, Gerechtigkeit zu wahren, den Nächsten zu lieben, ihre Söhne zu beschneiden und sich von aller Unreinheit fern zu halten – insbesondere mahnt Abraham, keine Götterbilder zu verehren und keine Mischehen mit Heiden einzugehen (Jub 20). In Jub 21 wird Isaak noch einmal eigens ermahnt, keine Götterbilder zu verehren und kein Blut zu verzehren. Die Opferrituale werden mitgeteilt, auch die genauen Anordnungen hinsichtlich des Feuerholzes. In weiteren Anweisungen betont Abraham, Isaak solle nicht den Weg der Heiden gehen, damit Isaak Segen erhalte und der Name Gottes und Abrahams auf ewig unvergessen bleiben. Auch Jakob erhält eine eigene Ermahnung (Jub 22,10-24). Abraham verheißt Jakob, dass seinen Nachkommen viele Völker dienen werden, gibt ihm seinen besonderen Segen, ermahnt ihn, nicht mit den Heiden zu essen, ihren religiösen Bräuchen nicht zu folgen und vor allem, keine Frau aus den Kanaanäern zu heiraten.

Gerade aus den gegenüber der Genesis-Vorlage abweichenden Passagen wird deutlich, dass Jub Abraham als Musterbeispiel für ein an die Tradition und die Tora gebundenes jüdisches Leben inmitten einer heidnischen Umwelt sieht. Über Abraham fordert Jub eine strikte Trennung von der heidnischen Lebensweise und die getreue Befolgung der Tora, die Abraham (vor allem in der Begehung der Feste) voll Freude erfüllt hat. Abraham wird in Jub zum Vorbild aller, die gegenüber den Versuchungen der griechischen Lebensweise standhaft bleiben.

4.1.3. Psalmen Salomos

Die → Psalmen Salomos vertreten ebenfalls eine eher israel-zentrierte, partikularistische Sicht Abrahams: In PsSal 18,3 ergeht das Gericht Gottes in Barmherzigkeit über die ganze Erde, die Liebe Gottes gilt dem Samen Abrahams, den Söhnen Israels. Ähnlich spricht PsSal 9,9 von der Erwählung des Samens Abrahams vor allen Völkern, und in Parallele dazu steht „du hast deinen Namen auf uns gelegt“, wobei mit „uns“ Israel allein gemeint ist. Von diesem Befund her sind zwei Entwicklungslinien der Rezeption der Figur Abrahams vorgezeichnet: Abraham als Vater vieler Völker (universalistische Sicht) und Abraham als Stammvater Israels und Garant der Erwählung (partikularistische Sicht).

4.1.4. Philo von Alexandrien

Philo lebte in der großen jüdischen Diasporagemeinde in Alexandrien (ca. 20 v. Chr. bis 40 n. Chr.). Dieses Umfeld kennzeichnet sein Abraham-Bild: Wie kann man als Jude in einer nichtjüdischen Kultur leben? Wie kann man die eigene Tradition Nicht-Juden plausibel machen? Philo schreibt zwei große Abhandlungen über Abraham: „Über Abraham“ (De Abrahamo) und „Über Abrahams Wanderung“ (De migratione Abrahami). In seinem Werk über die Tugenden (De virtutibus) hat Philo seine Sicht Abrahams verdichtet (De virtutibus 212-217): Abraham wird als „Fremder“ (Chaldäer) porträtiert, um das Prinzip natürlicher Abstammung und die automatische Ableitung bestimmter Rechte aus der Genealogie zu durchbrechen. Abraham symbolisiert den wahren Glauben, denn Abraham sei von der Astrologie, einer nicht verwerflichen, aber niedrigen Form des Wissens, zur Erkenntnis des einen wahren Gottes gelangt. Damit ist er Vorbild für alle, die die falschen Anschauungen ihrer bisherigen Gottesverehrung aufgegeben haben, um in der Einsamkeit nach der Wahrheit zu leben. Hierin besteht auch die allegorische Auslegung der Wanderung Abrahams (De migratione Abrahami 1-6): In geistig-allegorischer Weise deutet sie Philo als Auswanderung aus falschen Gottesvorstellungen hin zur einzig wahren Erkenntnis Gottes. Insofern zieht Abraham bei Philo nicht von zu Hause in ein fremdes Land, sondern aus einem fremden Land in die wahre Heimat (De Abrahamo 62). In diesem Sinne lag es Philo auch daran, Vernunft und Offenbarung, Natur und Tora zu verbinden und den Glauben als Vollendung des Wissens darzustellen: Das Verlassen des Vaterhauses wird bei Philo allegorisch auf die Erhebung der Seele über die Gestirnverehrung hin zur Erkenntnis des einen wahren Gottes gedeutet (De Abrahamo 68-88; De migratione Abrahami 176-195). Alles ist durchdrungen von Gottes Vernunft (Logos), und der Mensch hat die Aufgabe, durch Selbstvervollkommnung Einsicht in die geistige Grundstruktur der Welt zu gewinnen, wobei Gottes Offenbarung und Gebote (die Tora) Hilfsmittel sind. Abraham ist dafür das Paradigma: Er lebte vor der Mose-Tora und doch hielt er sich an das Gesetz – das ungeschriebene Gesetz der Natur, er war Lehrer seiner selbst, indem er auf die eigene Stimme des Gewissens und der Vernunft hörte. Abraham ist bei Philo Archetyp der Befolgung des Naturgesetzes, das in der Mose-Tora seine Umsetzung fand. Von hier aus kann Abraham auch zum Vorbild und Urbild aller Proselyten (zum Judentum Konvertierten) werden: Nicht die genealogische Abstammung entscheidet, sondern die moralische Hinwendung zum einen Gott, dem Schöpfer der Welt, und die Befolgung des sittlichen Naturgesetzes. Wer sich so von allen unsittlichen Handlungen entfernt und sich dem Geist und der Wahrheit des einen Gottes öffnet, ist faktisch Abrahams Nachkomme. Insofern verfolgt Philo die universalistische Linie der biblischen Überlieferung.

4.1.5. Josephus

Das Abraham-Bild bei → Josephus ist vom Interesse geleitet, den Stammvater in hehrem Glanz erscheinen zu lassen. Aus apologetischen Gründen präsentiert Josephus Abraham als nationalen Helden, wie es in der hellenistisch-römischen Zeit beliebt war, wobei Abraham als Philosoph und Wissenschaftler, als Staatsmann und romantischer Held erscheint (Feldman, 1968). Dabei tendiert Josephus wie Philo in die universalistische Richtung und stellt alles Exklusiv-Jüdische hintan. In Antiquitates Judaicae I, 154-155 charakterisiert Josephus Abraham als Mann von großer Einsicht und Kenntnis in allen Dingen, von sicherem Urteil und größerer Tugend als seine Zeitgenossen. Daher habe Abraham als erster erkannt und propagiert, dass Gott, der Schöpfer des Alls, einer sei. Unter anderem habe Abraham dies aus seiner Naturbeobachtung abgeleitet. Schon erwähnt wurde, dass Abraham als großer Kulturträger, als Forscher und Erfinder gilt, der die Wissenschaft und die Kultur von den „Chaldäern“ zu den Ägyptern brachte, von wo sie nach Griechenland kam (Antiquitates Judaicae I, 166-168). Josephus ist hier von Eupolemus und Artapanus (ca. 2. Jh. v. Chr.; überliefert in Eusebius von Caesarea, Praeparatio evangelica IX, 17-18; Text Kirchenväter 3) abhängig. Außerdem verweist Josephus auf die anerkennende Erwähnung Abrahams bei nichtjüdischen Schriftstellern wie → Berossos, Hekataios und Nikolaos von Damaskus (Antiquitates Judaicae I, 158-159). Die Tugend und Gerechtigkeit Abrahams (und der Väter überhaupt) sind wie in der Bibel ein stetiger Ankerpunkt, sich an die Bundesgenossenschaft mit Gott zu erinnern. Die Verheißung Isaaks wird als Lohn für Abrahams Tugend dargestellt (Antiquitates Judaicae I, 183). Die Bindung Isaaks wird gegenüber dem biblischen Text mit einem Dialog zwischen Abraham und Isaak aufgefüllt (Antiquitates Judaicae I, 222-236), in dem sich beide in ihrer Tugend und ihrem Gehorsam gegenüber Gott bestärken. Diese Tugend und Frömmigkeit wird von Gott, der die Aktion als Prüfung entlarvt, besonders herausgestellt und mit zusätzlichen Verheißungen an Abraham und Isaak belohnt. Noch beim Tod Abrahams betont Josephus die überragende Tugendhaftigkeit Abrahams in allen Bereichen (Antiquitates Judaicae I, 256).

4.1.6. Die Apokalypse Abrahams

Die Apokalypse Abrahams (ApcAbr) ist ein pseudepigraphischer Midrasch, der auf Gen 15 beruht. Da auf die Zerstörung des zweiten Tempels Bezug genommen wird, ist die Abfassungszeit dieser Apokalypse nach 70 n. Chr. anzusetzen, vielleicht wird auch der Vesuv-Ausbruch von 79 n. Chr. vorausgesetzt. Der Verfasser dürfte aus Priesterkreisen in Palästina stammen, steht aber nicht zwingend der essenischen Bewegung nahe. Der Text ist nur in einer altslawischen Übersetzung erhalten.

Hauptinhalt des Buches ist die Erwählung Abrahams und der Bundesschluss zwischen Gott und Abraham bzw. seinen Nachkommen. Abraham wird aus den Kreisen der Verehrer von Götterbildern herausgerufen und macht sich auf die Suche nach dem wahren Gott (haggadischer Teil ApcAbr 1-8). Bei seinem Opfer für Gott (vgl. Gen 15) erhält Abraham in Form von Visionen Einblick in die „kommende“ Welt, u.a. sieht er die Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Für die Endzeit werden zehn Plagen und die Sendung des „Erwählten“ zur Rettung des Gottesvolkes angekündigt, ebenso die Vernichtung der Sünder (apokalyptischer Teil ApcAbr 9-32). Beide Teile stammen vermutlich von verschiedenen Autoren. Die Rede in ApcAbr 29,4-13 von einem Mann, der von der großen Menge der Heiden verehrt wird, könnte eine christliche Interpolation sein – oder es handelt sich bei dem Mann um den römischen Kaiser, da die Konzeption wenig mit christlichen Vorstellungen gemeinsam hat. Allenfalls ApcAbr 29,9b wäre dann eine christliche Glosse, die irrtümlich angenommen hat, hier sei von „Christus“ die Rede. – Gott erscheint in der Apokalypse Abrahams als ewiger Schöpfer, der Abraham und seine Nachkommenschaft beschützt. Die Engel spielen eine große Rolle, allen voran Jaoel, der Engel Gottes, und → Asasel, der Erste der gefallenen Engel. Auch wenn die Szenerie von klarer Schwarz-Weiß-Malerei bestimmt ist (Gut vs. Böse), so gibt es doch keinen ontologischen Dualismus: Gott kontrolliert alles, auch das böse Tun Asasels. Als Quellen sind vor allem das Buch Genesis und das Buch Ezechiel zu identifizieren, ebenso äthHen 1-36.

4.1.7. Das Testament Abrahams

Das Testament Abrahams (TestAbr) entfaltet in dramatischer und humorvoller Weise die Umstände um Abrahams Tod (Gen 25,7-10). Die Textüberlieferung ist durch zwei sehr unterschiedliche griechische Rezensionen gekennzeichnet, von denen es insgesamt etwa 30 Handschriften (13.-17. Jh. n. Chr.) gibt. Auch sind mehrere (antike und mittelalterliche) Übersetzungen (koptisch, arabisch, äthiopisch, slawisch, rumänisch) bekannt. Die kurze und die lange griechische Fassung reagieren nicht direkt aufeinander, sondern gehen unabhängig auf ein (nicht mehr erhaltenes) griechisches Original zurück. Umstritten ist die Frage, ob es sich um ein jüdisches oder ein christliches Werk handelt. Aller Wahrscheinlichkeit nach lag den beiden Rezensionen ein nicht-christlicher Urtext zugrunde: Manche Eigenheiten des Werks passen nicht in die christliche Vorstellungswelt, auch stützt sich der Text mitunter auf Legenden, die vom hebräischen Text der jüdischen Bibel (und nicht von der Bibel der Christen, der Septuaginta) ausgehen. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass ein Buch christlichen Ursprungs so oft vom Tod und vom Leben danach spricht, ohne die Auferstehung Jesu anklingen zu lassen. Die Perspektive ist jedoch nicht partikularistisch. Israel und jüdische Glaubensregeln (Tora, Sabbat) spielen keine Rolle. Das Werk ist vielmehr kosmopolitisch, von Toleranz und Synkretismus geprägt. In ihrer Endfassung gehen die beiden griechischen Rezensionen auf christliche Kreise zurück. Ein Auseinanderdividieren von christlicher Überarbeitung und jüdischem Original erscheint unmöglich. Der Herkunftsort ist vermutlich Ägypten, die Entstehungszeit (der Vorlage) ist von daher eher vor den unterdrückten jüdischen Aufstandsbewegungen 115-117 n. Chr. anzusetzen. Die kurze Rezension dürfte ins 3. Jh. n. Chr. zu datieren sein, der lange Text eher in die frühbyzantinische Zeit (5./6. Jh.).

Inhaltlich geht es um folgendes: Als für Abraham die Zeit zu sterben kommt, sendet Gott seinen Engel (Michael), um Abraham darauf vorzubereiten. Abraham erkennt den Engel nicht. Die zuvorkommende Bewirtung und die Gastfreundschaft Abrahams machen es Michael unmöglich, seinen Auftrag auszuführen. Michael kehrt zum Himmel zurück, wird aber erneut geschickt. Er offenbart Abraham seine Identität und seinen Auftrag, doch Abraham weigert sich, sein Ende anzunehmen. Er bietet einen Handel an: Er werde dann bereit sein zu sterben, wenn er die ganze Schöpfung sehen dürfe. Gott geht darauf ein und lässt Abraham um die Welt reisen. Das Experiment muss jedoch abgebrochen werden, als der sünden- und mitleidlose Abraham die vielen Sünder, die er sieht, zum Tod verdammt. Abraham wird zum Ort des Gerichts gebracht, wo er Abel beobachtet, der die Taten der Toten sorgfältig abwiegt. Abraham lernt Gottes Mitleid kennen. Zurück auf der Erde weigert sich Abraham jedoch erneut, seinem Tod zuzustimmen. Gott zieht nun Michael zurück und schickt den Todesengel. Die weitere Weigerung Abrahams, mit diesem neuen Boten zusammenzuarbeiten, hilft ihm nichts: Der Tod (als Person) überlistet Abraham. So endet das Buch, ohne dass Abraham ein Testament abgefasst oder seinen eigenen Tod akzeptiert hätte.

Wie aus dieser Übersicht deutlich wird, ist das Buch von vielen humorvollen Zügen geprägt. Wahrscheinlich hatte es auch (in seiner Urfassung) das Ziel zu unterhalten und optimistisch auf die kommende Welt hinzuweisen. Die späteren Rezensionen betonen jedoch das Gericht nach dem Tod und bringen mehr ernste Aspekte zur Ermahnung und Warnung ein.

Von seiner Gattung her hat das Testament Abrahams wenig gemeinsam mit den üblichen Vertretern dieser Gattung (z.B. den Testamenten der Zwölf Patriarchen). Es gehört vielmehr zu den apokalyptischen Dramen, zu den Erzählungen von Himmelsreisen und den Legenden um den Tod des Mose. Eine klare Gattungszuweisung ist nicht möglich, Allison (2003) spricht von Parodie oder Anti-Testament. Auch die griechischen Handschriften verwenden unterschiedliche Bezeichnungen (διαθήκη „Testament“; διήγησις „Erzählung“; ἀποκάλυψις „Apokalypse“; βίος „Lebensbeschreibung“).

4.1.8. Pseudo-Philo

Das Liber Antiquitatum Biblicarum (LAB; auch: Antiquitates Biblicae, AntBib) entstand zwischen 73 und 132 n. Chr. und wurde früher Philo von Alexandrien zugeschrieben. Der Bund Gottes mit seinem Volk Israel, manifestiert in der Gabe der Tora, ist das Zentrum von LAB, das die biblische Geschichte von der Schöpfung bis zum Tod Sauls (Abbruch des erhaltenen Fragments) nacherzählt. Hinzu kommen (auch bei Abraham) eine Reihe von Legenden, z.B. über die Vorgeschichte Abrahams vor seinem Auszug aus Haran. Er ist einer von zwölf Männern, die sich gegen die Anordnung Nimrods auflehnen, den Turm zu Babel zu bauen. Die elf Männer können fliehen. Abraham bleibt freiwillig zurück und soll verbrannt werden. Doch ein Erdbeben löst eine große Feuersbrunst aus, die 83500 Menschen verzehrt, Abraham jedoch unverletzt läßt. Der Turm wird dennoch gebaut, und die Menschen werden über die Erde zerstreut. Abraham aber wird von Gott erwählt und in ein Land geführt, das nicht von der Sintflut zerstört worden war: Kanaan (LAB 6-8).

4.2. Abraham im rabbinischen Judentum

Kennzeichnend für die rabbinische Literatur zu Abraham ist, dass ihre eigenen Interessen und Probleme in die Zeit Abrahams rückprojiziert werden: Abraham befolgt mündliche und schriftliche Tora, studiert, gibt den Zehnten, betet, sagt Dank nach dem Mahl. Abraham ist der große Weise, liebenswürdig und gastfreundlich, nicht ohne Fehler, denn er kommt zu wahrer Größe, ohne seine Menschlichkeit zu verlieren. Abraham wird für die Rabbinen zum Rabbi (Sandmel, 1971, 95).

Mehrfach wird in der haggadischen Literatur betont, dass Abraham alle Gebote befolgt habe, noch bevor sie offenbart wurden (Qiddushin 4,14; Yoma 28b u.ö.). Abraham war der erste, der Gott erkannte (Bereschit Rabba 95,3; 64,4; 39,1). Diese Gotteserkenntnis veranlasste Abraham, einen heftigen Kampf für den Monotheismus zu führen. Der Legende nach zerstörte er einst die Götzenbilder, die sein Vater Terach verehrte und verkaufte (bis auf die größte Figur, der er einen Stock in die Hand gab). Zur Rede gestellt, erklärte er, die Götter seien in Streit geraten und der größte habe die anderen zerschlagen. Den Einwand, dass dies nicht möglich sei, verwendet Abraham, um die Machtlosigkeit und Nichtigkeit der „Götzen“ zu beweisen (vgl. Bereschit Rabba 38,13-19; Koran Sure 21,51-70; Text Koran). Aufgrund dieser Tat wird Abraham von König Nimrod in den Feuerofen geworfen, aus dem er auf wundersame Weise durch den Erzengel Gabriel befreit wird. Gott sagte: Wie ich einzig in meiner Welt bin, so ist er (Abraham) einzig in seiner Welt (Pesachim 118a). Überhaupt hatte Gott die Welt nur geschaffen, weil Gott voraussah, dass sie dank Abraham zur Erkenntnis ihres Schöpfers gelangen würde. Im Kommentar zu Gen 2,4 („… Himmel und Erde, als sie geschaffen wurden“, hebr. bəhibbārə’ām) wird das hebräische Wort als Anspielung auf Abraham betrachtet: „in Abraham, wegen Abraham“ (Bereschit Rabba 12,9). Gott ließ Abraham erst später ins Dasein treten, um ihn in jedem Fall zu erhalten, auch wenn der erste Mensch in Sünde fallen sollte, bzw. um mit Abraham inmitten der Generationenreihe einen „Haupttragebalken“ inmitten des Gebäudes der Menschheit zu haben (Bereschit Rabba 14,6). Entsprechend lehrt der Babylonische Talmud (Baba Batra 91ab), dass beim Tode Abrahams alle Großen der Völker sich in einer Reihe aufstellten und klagten: Weh der Welt, die ihren Lenker verloren hat, weh dem Schiff, das seinen Steuermann verloren hat.

Abraham wurde auch Priester (Bereschit Rabba 55,6), nachdem das Priestertum von Melchisedek genommen und ihm gegeben wurde (Nedarim 32b; Bereschit Rabba 46,5). Alle Segens- und Heilskraft vereinigte sich auf ihm (Baba Batra 16b). Sprichwörtlich ist auch Abrahams Gastfreundschaft in seinem Zelt, das nach allen vier Himmelsrichtungen offen ist (Bereschit Rabba 48,9). Seinen Gästen lehrt er die Danksagung nach dem Essen (Bereschit Rabba 54,6; Bereschit Rabba 43,7), und aufgrund seiner missionarischen Tätigkeit gilt er als Vater aller Proselyten (Tanchuma ed. Buber, Lekh lekha [„Zieh aus“] 6; vgl. Sukka 49b; Chagiga 3a).

Die Beschneidung Abrahams (durch Sem) fand am Versöhnungstag statt, und von daher wird vom Blick Gottes auf das Blut des Bundes der Beschneidung die Vergebung aller Sünden abgeleitet (Pirqe deRabbi Eli’ezer 29). Die Beschneidung war eine der zehn Proben, die Abraham bestand, und aufgrund dieser Leistung sitzt Abraham am Eingang der Hölle und verhindert, dass Beschnittene in die Hölle geraten (Bereschit Rabba 48,8). Die zehn Versuchungen oder Proben (Avot 5,3; Avot deRabbi Natan A 33,2) werden in den Midraschim unterschiedlich gestaltet (vgl. z.B. Pirqe de Rabbi Eli’ezer 26). Nur die wirklich Gerechten überstehen die Prüfungen, und nur sie werden auch geprüft (Bereschit Rabba 55,1-2). In der größten Prüfung, der Bindung Isaaks, erhält der Satan eine ähnliche Rolle wie in Hiob 1-2 (vgl. Sanhedrin 89b). Das Bestehen dieser und der anderen Prüfungen sind Verdienste, die dem Volk Israel zugute kommen. Gerade die größte Prüfung, die Bindung Isaaks, bewirkt das größte Verdienst. So symbolisiert der Schall des Widderhorns (Abraham opferte an Stelle Isaaks einen Widder) an Rosch Ha-Schanah (Neujahr) für die Nachfahren Abrahams die Vergebung der Sünden (Bereschit Rabba 56).

Abraham wird jedoch auch nicht unkritisch gesehen: Die Frage, warum Abraham bestraft und seine Nachkommen in Ägypten versklavt wurden, wird im Talmud mit produktiver Schriftauslegung zu Gen 14,14.21 beantwortet. Abraham habe Toraschüler zu militärischem Dienst gedrängt, sei zu weit gegangen, Gott zu versuchen, und habe Männer davon abgehalten, unter die Flügel der göttlichen Gegenwart einzutreten (Nedarim 32a). Auch musste er erst durch Gott von seinen astrologischen Beobachtungen, dass er keinen Sohn bekommen werde, abgebracht werden: Israel unterstehe nicht dem Einfluss der Planeten (ebd.). Abraham habe ferner gezögert, sich zu beschneiden (Bereschit Rabba 42,8), und er habe, als Gott ihm mitteilte, dass seine Nachkommen in Ägypten hart behandelt werden würden (Gen 15,13), keinerlei Fürbitte um Mitleid unternommen. Zu diesem Patriarchen soll man sich um Fürbitte wenden?, fragt Raba (Schabbat 89b), worauf Gott mit einer tröstenden Vergebungszusage (nach Jes 1,18) antwortet.

4.3. Abraham in mittelalterlicher Literatur

Die Traditionen aus der Antike wirken im mittelalterlichen Judentum weiter (R.P. Schmitz, in: Theologische Realenzyklopädie I, 384): Abraham ist Erforscher und Künder des einen und einzigen wahren Gottes; er ist der Geprüfte und der exemplarische Gerechte sowie der Vater der Proselyten. Darüber hinaus sind folgende Aspekte zu nennen (J. Dan, in: Religion in Geschichte und Gegenwart. 4. Aufl. I, 75f):

1. Abraham als Verfasser des Sefer Jezira. Der Sefer Jezira ist ein kosmogonisch-kosmologisches spekulatives Werk, im Mittelalter ein Hauptwerk esoterischen Wissens, das häufig kommentiert wurde. In seinem letzten Abschnitt beschreibt es Abraham als den einzigen, der die Lehren des Buches verstanden habe und daher von Gott geliebt sei. Daraus wurde Abraham als Autor des Sefer Jezira abgeleitet und als höchste Autorität in Fragen des Ursprungs des Universums, der hebräischen Buchstaben und anderer Themen des Sefer Jezira angesehen. Da dieses Buch auch die Anleitung zur Schaffung eines künstlichen Menschen (Golem) enthält, entstand die Erzählung, Abraham habe zusammen mit Sem, dem Sohn Noahs, ein solches Wesen geschaffen.

2. Abraham in biblischer Exegese und rationalistischer Philosophie. Abraham wurde mehrfach in philosophische und theologische Denksysteme integriert, z.B. interpretierte Rabbi Jakob Anatoli am Hofe Kaiser Friedrichs II. in Neapel Abraham und seine Frau Sara als Ausdruck der aristotelischen Dualität von Materie und Form.

3. Abraham in der jüdischen mittelalterlichen Mystik. In der Kabbala wird Abraham mit einer der zehn göttlichen Kräfte (Sefirot) assoziiert. Meist wird er mit dem Element der Gnade in der göttlichen Welt identifiziert. Im Zohar wird Abraham als der rechte Arm Gottes beschrieben, der Wohlwollen und Liebe an das Universum austeilt.

4. Abraham in der hebräischen mittelalterlichen Erzählliteratur. Die antiken (biblischen und nachbiblischen) Erzählungen werden im Mittelalter ausgearbeitet, insbesondere in der jüdischen Märtyrerliteratur. Gen 22,1-19 wird bisweilen so gelesen, dass Abraham Isaak tatsächlich geopfert habe und später der Sohn von Gott wiederbelebt worden sei.

4.4. Abraham in philosophischer Literatur

Einige Beispiele aus der jüdischen Philosophie (vgl. D. Kadosh, in: Encyclopaedia Judaica I, 117-119): Für Philo (s.o.) ist Abraham der Archetyp des wahrhaft freien Mannes, des Freundes Gottes.

Saadia Gaon betrachtet Abraham als Prototyp eines guten Lebens, betont jedoch, dass Abrahams Bitte um Nachwuchs nicht als Argument verwendet werden könne, dass dies das einzige Streben eines Mannes sein dürfe.

Juda Ha-Levi sieht die Besonderheit des jüdischen Volkes darin, eine göttliche Macht zu besitzen, mit der es direkt mit Gott in Kommunikation treten könne. Diese Macht sei zunächst Adam gegeben worden und dann über mehrere Generationen auf das Volk Israel übergegangen. Abraham sei ein wesentliches Verbindungsstück in dieser Kette. Im Vergleich mit der griechischen Gottesvorstellung („der Gott des Aristoteles“), bei dem es nur um Verehrung gehe, erwecke der „Gott Abrahams“ unter seinen Anhängern echte Liebe. Juda Ha-Levi weist den Sefer Jezira Abraham zu und zeigt, dass Abraham der erste war, der durch Naturbeobachtung und Spekulation Gott erkennen wollte.

Nach Moses → Maimonides erreichte Abraham (nach Mose) den höchsten Grad der Prophetie, Abraham habe durch philosophische Spekulation die Theorie der creatio ex nihilo entwickelt und einen vernünftigen Gottesbeweis geführt. Die Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn Isaak zu opfern, zeige, wie weit man in der Gottesfurcht und Gottesliebe gehen müsse. Maimonides zeigt anhand von Gen 15,1 (Gott spricht zu Abraham: „Ich bin dein Schild, dein Lohn wird sehr groß sein“) seine Lehre, dass die göttliche Vorsehung direkt proportional zur menschlichen Vervollkommnung sei.

Abraham ist eine wichtige Identifikationsfigur in der Literatur des jüdischen Chasidismus (ca. 2. Hälfte des 18. Jh.s bis in die Mitte des 19. Jh.s; vgl. dazu Gellman, 1998). Auch in der modernen jüdischen Philosophie (vgl. R.P. Schmitz, in: Theologische Realenzyklopädie I, 384-385; Lit.!) spielt Abraham als Vorbild wahrer Gotteserkenntnis und vollkommenen religiösen Lebens (Samuel Hirsch), als Urbild des jüdischen Volkes und Beginn der Prophetie (Martin Buber) sowie als Paradigma für das menschliche Paradox und der Mahnung, unter dem moralischen Offenbarungsgesetz zu leben (Emil L. Fackenheim), eine wichtige Rolle.

5. Abraham im Christentum

5.1. Abraham im Neuen Testament

Der Name Abraham begegnet 73-mal im Neuen Testament (David: 59; Mose: 80), und zwar in mehreren Funktionen: Er ist eine identitätsstiftende Figur, eine Chiffre für die Zugehörigkeit zum Volk Israel. Doch diese „Abrahamskindschaft“ und die sich aus ihr ableitenden Konsequenzen sind nicht unumstritten. Abraham steht als Figur der Vergangenheit für die gültigen Verheißungen Gottes, als eschatologische oder jenseitige Figur dagegen für das ewige Leben. Der theologisch bedeutsamste Aspekt ist freilich der Glaube Abrahams, der zur seiner Rechtfertigung bzw. Gerechtsprechung führt.

5.1.1. Abraham als identitätsstiftende Figur

Bereits der erste Satz des Neuen Testaments bezeichnet Jesus als „Sohn“ Abrahams (Mt 1,1). Genealogisch gilt er als direkter Nachkomme Abrahams (Mt 1,2-17; Lk 3,23-38). In Apg 3,13 bezieht sich Petrus auf die Verbindung Jesus – Abraham, um die Christusbotschaft an die Überlieferung der Väter anzuschließen: Jesus wird als der Knecht des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs bezeichnet.

Doch nicht nur für die Person Jesu ist Abraham der Orientierungspunkt im Koordinatensystem, sondern für jeden und jede, der / die als Israelit bzw. Israelitin oder Jude bzw. Jüdin bezeichnet wird. In Apg 3,25 nennt Petrus seine Zuhörer Söhne der Propheten und des Bundes, den Gott mit den Vätern geschlossen hat, als er Abraham die Verheißungen gab. In genau der gleichen Linie argumentiert Paulus nach Apg 13,26, wenn er jüdische Zuhörer als Söhne aus Abrahams Geschlecht bezeichnet. Hebr 2,16 betont, dass sich „der Sohn“ (Christus) nicht der Engel, sondern der Nachkommen Abrahams annimmt. („Kinder Abrahams“ als Selbstbezeichnung der Juden begegnet z.B. auch in 4Makk 6,17.22.)

Auch Einzelpersonen können als Sohn (Lk 19,9: Zachäus) oder Tochter Abrahams (Lk 13,16: die gekrümmte Frau am Sabbat) bezeichnet werden, um ihre Zugehörigkeit zum Volk Gottes zu unterstreichen. Bei Lukas geschieht dies in kontrapunktischer Aufwertung ihres verachteten sozialen Status (der Zöllner Zachäus, die kranke Frau). In apologetischer Weise betont Paulus mehrfach seine Zugehörigkeit zum jüdischen Volk: In Röm 11,1 zeigt er, dass Gott das Volk Israel mitnichten verstoßen habe, denn er selbst, Paulus, sei Israelit und ein Nachkomme Abrahams. In der Narrenrede (2Kor 11,22) betont Paulus seine Gleichrangigkeit mit seinen Gegnern, denn wie sie sei auch er ein Nachkomme Abrahams.

5.1.2. Der Streit Abrahams um die Abrahamskindschaft

Aus diesen Stellen, die Abraham als Chiffre der eigenen Identität verwenden, zeigt sich eine eher partikularistische Sicht: Abraham steht synonym für die Zugehörigkeit zum Volk Israel. Diese „Abrahamskindschaft“, die offenbar auch mit bestimmten Ansprüchen verbunden war (belegt vor allem bei Philo), ist im Neuen Testament allerdings umstritten. Johannes der Täufer warnt davor, sich auf der Herkunft von Abraham auszuruhen – Gott könne aus Steinen Kinder Abrahams machen (Mt 3,9 / Lk 3,8: Q). Gegen eine gleichsam „automatische“ Erwählung argumentiert auch Paulus in seinem Ringen um den Bestand der Erwählung Israels in Röm 9,7: Nicht die Abkunft von Abraham dem „Fleische“ nach zählt, sondern die Zugehörigkeit zur Verheißung. Dabei ist der größere Argumentationskontext zu beachten. In Joh 8,30-59 findet sich ein längerer Diskurs des johanneischen Jesus mit der literarischen Gegenfigur der Juden über die Abkunft von Abraham. In der Argumentation Jesu entwickelt sich der Anspruch, mehr als Abraham zu sein – bis hin zur Präexistenzaussage (Joh 8,58), gegen die die Gegner nur noch das Werfen von Steinen als Argument finden (vgl. Lona, 1976). In den meisten der bisher genannten neutestamentlichen Stellen geht es nicht um die historische Gestalt Abrahams oder auch die biblischen Geschichten, sondern um Abraham als Chiffre für die Zugehörigkeit zum Volk Gottes.

5.1.3. Abrahams Geschichte: Gültige Verheißungen

An anderen Stellen stehen stärker die alttestamentlichen Aspekte der Abrahamsfigur im Vordergrund. Der heilsgeschichtlich orientierte Evangelist Lukas stellt in den Hymnen am Beginn seines Evangeliums Abraham als Garanten für das Erbarmen Gottes heraus (Lk 1,55: Marias Magnificat; Lk 1,73: Zacharias’ Benedictus). In der Apostelgeschichte bringt Lukas in der Verteidigungsrede des Stephanus einen umfassenden Geschichtsrückblick, in dem Abraham eine tragende Rolle spielt (Apg 7,2.16.17.32). In ähnlicher Weise ist der Hebräerbrief stark an der Heilsgeschichte Israels orientiert und betont die bleibende Verheißung von Segen und Nachkommenschaft in Gestalt des Eides an Abraham (Hebr 6,13). Hebr 7,1-10 bringt eine typologische Auslegung der Abraham-Melchisedek-Geschichte (Gen 14,18-20), wobei Melchisedek als Typos für Christus steht. Abraham spielt eher eine bestätigende Nebenrolle. Abraham als Figur der Vergangenheit steht somit für die Gültigkeit der Verheißungen – oder er ist eine wichtige Nebenfigur zur Stützung der eigenen Argumentation.

5.1.4. Abraham als eschatologische bzw. jenseitige Figur

Abraham erscheint im Neuen Testament auch als eschatologische bzw. jenseitige Gestalt: Die zum Glauben gekommenen Heiden erwartet ein endzeitliches Festmahl mit Abraham, Isaak und Jakob (Mt 8,11 / Lk 13,28; Q), während die Juden (die Söhne des Reiches Gottes) in die ewige Finsternis hinausgeworfen werden. Diese Sicht korrespondiert der Diskussion um die Abrahamskindschaft und spiegelt so die frühchristliche Auseinandersetzung um die Ablehnung der Jesus-Botschaft durch den größten Teil des Judentums und die Etablierung eines Heidenchristentum ohne jüdisches Ritualgesetz bzw. Zugehörigkeit zum Judentum wider.

Abraham 07 Bamberg Dom

In etwas anderer Akzentuierung gilt Abraham neben Isaak und Jakob als „bei Gott lebende Person“. Die bekannte Wendung „der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ wird als Argument für die Auferstehung der Toten herangezogen, denn Gott sei ja kein Gott von Toten, sondern der Lebenden (vgl. Mt 22,32 / Mk 12,26 / Lk 20,37, ferner 4Makk 7,19; 16,25). In der lukanischen Beispielerzählung vom armen Lazarus und vom Reichen (Lk 16,22-31) fungiert Abrahams Schoß als Chiffre für die ewige Glückseligkeit (dass die Patriarchen im Jenseits die Toten empfangen, spiegelt sich auch in 4Makk 13,17 wider). Abraham kann mit dem Reichen in der Unterwelt zwar reden, aber der trennende Graben ist unüberwindbar. Die paränetische Absicht des Lukas, seine wohlhabenden Adressaten mit dieser Beispielgeschichte zu ermahnen, ist unübersehbar. Abraham ist hier eine eher folkloristische Gestalt.

5.1.5. Abraham als aus Glauben Gerechtfertigter

Theologisch bedeutsam ist Abraham im Neuen Testament vor allem als Vorbild des → Glaubens. Aufgrund seines Glaubens wird er gerechtfertigt (gerecht gesprochen). Die zentrale Argumentation findet sich im Römerbrief (Röm 4,1-25). Ausgangsvers ist für Paulus Gen 15,6: In aussichtsloser Lage (hohes Alter und Kinderlosigkeit) glaubt Abraham an die Verheißung Gottes, einen leiblichen Sohn zu bekommen, und das wird ihm als Gerechtigkeit angerechnet. Darauf baut Paulus die Argumentation, dass es allein auf diesen Glauben ankommt, um von Gott für gerecht befunden zu werden. Dies gilt für alle Menschen, nicht nur für die (beschnittenen) Juden, denn Abraham erhielt die Zusage von Gen 15,6, als er noch nicht beschnitten war. Daraus rechtfertigt Paulus seine „gesetzesfreie“ Heidenmission (ohne Verpflichtung auf das jüdische Ritualgesetz) und führt Gen 17,5, die Umbenennung Abrahams, an: Abraham ist zum Vater vieler Völker bestimmt. Mit der Heidenmission des Paulus kommt nun wieder der universalistische Zug in der Abraham-Rezeption in den Blick.

Eine analoge Argumentation vertritt Paulus in Gal 3,6-18 und unterstreicht erneut, dass ein Gerechtwerden vor Gott aufgrund von „Werken des Gesetzes“ allein nicht möglich sei, wobei Paulus auf Hab 2,4 zurückgreift: Der aus Glauben Gerechte wird leben (siehe auch Röm 1,17). Zugleich betrachtet Paulus Jesus Christus als Nachkommen Abrahams – Christus nun hat durch seinen Kreuzestod alle Menschen vom Fluch der Sünde freigekauft. Durch den Glauben an dieses Geschehen und die Person Jesu, der ja Nachkomme Abrahams ist, erhält jeder Mensch Anteil an den Verheißungen, die an Abraham ergangen sind (vgl. Gal 3,13-18): Diese sind unwiderruflich gültig – man wird Erbe dieser Verheißungen und erhält Anteil daran aber nicht „aus dem Gesetz“ (d.h. durch bloße Befolgung des Ritualgesetzes), sondern aufgrund der Gnade Gottes, wie Gott einst Abraham die Verheißungen ohne Vorbedingungen zugesprochen hat. Für die Argumentation des Paulus ist es entscheidend, dass Jesus Christus Nachkomme Abrahams ist, da es ihm so gelingt, über die Zugehörigkeit zu Christus auch die Heiden, die an Christus glauben, in den Bund und die Verheißungen Abrahams hinein zu nehmen (Gal 3,29).

In Fortsetzung dieser Argumentationslinie unternimmt Paulus in Gal 4,21-31 eine allegorische Auslegung der zwei Abraham-Söhne Ismael und Isaak. In eigenwilliger Umkehrung der üblichen Tradition assoziiert er das am „Gesetz“ ausgerichtete Denken (letztlich das Judentum: bei Paulus „irdisches Jerusalem“ genannt) mit Ismael, dem Sohn der Sklavin Hagar, während die an Christus Glaubenden (das „himmlische Jerusalem“) als „Söhne der Freien (Sara)“, als Kinder der Verheißung (wie Isaak) eingereiht werden. Zentral ist für Paulus hier der Gedanke der Freiheit der Christen gegenüber dem Gesetz. Dass hier keine antijüdische Auslegung vorliegt, zeigt Paulus in seinem Ringen um das Verhältnis zum Judentum in Röm 9-11, denn ihm ist klar, dass das junge Christentum die „Wurzel“ des alten Bundes, dessen Verheißungen gültig und bestehen bleiben, braucht.

Der Glaube Abrahams, der bei Paulus eine so herausragende Bedeutung hat, wird im Hebräerbrief ebenfalls als leuchtendes Beispiel herausgestellt, jedoch in eine lange Reihe von Glaubenszeugen eingereiht: Abel, Henoch, Noah, Isaak, Jakob, Mose, Rahab usw. (Hebr 11,1-12,3). Der gedeutete Geschichtsrückblick soll die Notwendigkeit des Glaubens betonen und zugleich auf den „Urheber und Vollender des Glaubens“, Jesus Christus, hinführen.

Im Jakobusbrief wird Abraham in einer Formulierung erwähnt, die zunächst wie ein krasser Widerspruch zur Argumentation des Paulus – gerechtfertigt allein aus Glauben – wirkt (Jak 2,14-26): Glaube ohne Werke ist nutzlos. Allerdings zeigt der Kontext, dass hier eine gänzlich neue Perspektive eröffnet wird. Bei den „Werken“ im Jakobusbrief geht es nicht wie bei Paulus um die Befolgung des Ritualgesetzes (Beschneidung, Speisegebote), sondern um die Werke der Barmherzigkeit, um konkrete Abhilfe der sozialen Not, von Hunger und Armut. Es wäre eine Fehlinterpretation der Lehre des Paulus, die Rechtfertigung allein aus Gnade ohne Werke so zu deuten, man müsse keinerlei Anstrengungen mehr für soziale Gerechtigkeit unter den Menschen unternehmen. Um diese Missdeutung auszuschließen, greift Jak 2,21-24 auf die Wendungen des Paulus zurück und auf die Deutung von Gen 22,1-19: Bei Abraham wirkten Glaube und Werke zusammen, und durch die Werke wurde der Glaube vollendet. Wenn hier gesagt wird, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein, so sind – aufgrund des Kontextes – das aufrichtige Handeln und das Eintreten für soziale Gerechtigkeit gemeint. Als erläuternde Parallele dazu wird Rahabs Tun (vgl. Jos 2,1-24; Jos 6,1-27) genannt, als sie den Israeliten dazu verhalf, Jericho zu erobern. Jak 2,23 zitiert ferner Jes 41,8, dass Abraham „Freund Gottes“ genannt wird.

5.2. Abraham im frühen Christentum

Die großen Auslegungslinien der Abraham-Gestalt im Neuen Testament setzen sich weitgehend im frühen Christentum fort, es gibt aber auch Neuakzentuierungen. Der Titel „Freund Gottes“ (Jak 2,23) begegnet auch im 1. Clemensbrief, wo vor allem der Gehorsam, der Glaube und die Gastfreundschaft Abrahams als vorbildhaft hingestellt werden (1Clem 10). Ebenso vorbildlich ist Abrahams Demut (1Clem 17,2). Im Glauben Gerechtigkeit und Wahrheit zu tun, das ist Abrahams Verdienst, für das er gesegnet wird (1Clem 31,2).

Aus heutiger Sicht bedenklich ist eine Entwicklung, die im 2. Jh. n. Chr. einsetzt: die das Judentum ausschließende Beanspruchung von Schrift und Verheißung Israels durch das Christentum. So wird auch Abraham zum Christuszeugen. Durch exzessive Anwendung der typologisch-allegorischen Schriftauslegung deutet z.B. der Barnabasbrief (Barn) in 9,7-8 die Beschneidung Abrahams und seiner 318 Männer (Gen 17,23 in Verbindung mit Gen 14,14) auf Jesus: 300 stehe für den griechischen Buchstaben Tau, der das Kreuz symbolisiert, zehn und acht für Jota und Eta, die Anfangsbuchstaben des Namens Jesus (siehe auch Ambrosius, De Abraham 1,3,15). Auf diese Weise wird Abraham vom Judentum und dessen ureigensten Traditionen (der Beschneidung!) abgekoppelt und für christliche Zwecke funktionalisiert (s. auch Barn 13,7; Ambrosius, De Abraham 1,4,29). Ähnliches geschieht in den Briefen des Ignatius von Antiochien. Im Brief an die Philadelphier (9,1) bezeichnet Ignatius (den präexistenten) Christus als die Tür zum Vater, durch die Abraham, Isaak, Jakob, die Propheten, die Apostel und die Kirche eintreten. Die Darstellung des Christentums als das bessere Judentum ist auch das beherrschende Thema in Justins Dialog mit Tryphon (dial.). In dial. 119,5-6 wird der Ruf an Abraham auf alle Christen ausgeweitet, die wie Abraham glauben. Die Landverheißung wird für die Christen reklamiert, der Glaube Abrahams an die Verheißungen Gottes wird mit dem Glauben der Christen an die Verkündigung der Apostel Christi parallelisiert, während den Juden abgesprochen wird, das Abraham verheißene Volk zu sein. In ähnlicher Weise bezieht → Augustinus die Verheißungen an Abraham als Vater aller Völker vor allem auf die Christen (De civitate Dei 16,16.21).

Die Literatur der Alten Kirche beschäftigt sich auffallend oft in Homilien und Traktaten mit der Figur Abrahams. Er gilt als einer der Großen des Alten Bundes, der von daher auch eine bedeutsame Rolle beim Weltgericht spielen wird (Sib. II, 246). Die Auslegung der Genesis-Texte über Abraham erfolgt meist nach der allegorischen Methode, wie sie Philo von Alexandrien aus der hellenistischen Homer-Exegese übernimmt und auf die Auslegung biblischer Texte anwendet. Dabei wird hinter dem wortwörtlichen (literalen) Sinn eine Botschaft gesehen, die für das tugendhafte, vernünftige, moralische Leben ausschlaggebend ist.

In enger Anlehnung an Philo stellt z.B. Clemens von Alexandrien Abraham als Vertreter der durch Belehrung gewonnenen Tugend dar, dessen Weg ein Aufstieg zur Vollkommenheit ist (vgl. Stromateis 1,5,31f.; Aufstieg vom Physiologen zum Weisen und Freund Gottes: Stromateis 5,1,8). Abraham gilt als vorbildlicher Weiser bzw. „Philosoph“ (Johannes Chrysostomus, Homilien zu Gen. 33). In vielfacher Hinsicht ist Abraham Vorbild: der Sich-Bekehrenden (Justin, Apologia 46,3), der gastfreundlich Aufnehmende (Testament Abrahams, s.o.; Origenes, Homilien zu Gen. 4; Ambrosius, De Abraham 1,5,32ff.; siehe dazu Arterbury, 2003), vor allem aber wie schon bei Paulus der Glaubende (vgl. Eusebius von Caesarea, Historia eecclesiastica 1,4,11). Der christliche Glaube sei in Abraham vorweg dargestellt worden, er sei der Patriarch und Prophet des Glaubens, und das gelte insbesondere für die, die aus den Völkern (den Heiden) zum Glauben an Jesus Christus kommen (Irenäus von Lyon, Adversus haereses 4,21,1 in Anlehnung an Gal 3,5-9 und Gen 15,6; Clemens von Alexandrien, Stromateis 2,6,28f.; 5,1,4).

Immer wieder wird der Glaube an Christus in die Abraham-Vita eingeschrieben. Die Verheißung sei an Abraham durch den Logos ergangen, das „Wort“, das Christus ist (Eusebius, Historia eecclesiastica 1,4,12; 1,2,6-7). In diesem Sinne seien die Apostel Söhne Abrahams, weil sie – wie Abraham aus seinem Vaterhaus – von ihren Booten weggingen und dem Logos folgten (Irenäus, Adversus haereses 4,5,4). In einem ähnlich geistlich-allegorischen Verstehen der Abraham-Geschichte wird dies allen Christen empfohlen: Aus der unguten Verwandtschaft, aus einem unrühmlichen Vaterhaus wegziehen heißt, bisherige Lebensformen, Sitten und Gewohnheiten zu verlassen (Origenes, Johanneskommentar 20,10; Cäsarius von Arles, Sermones 81). Auch weitere Ereignisse aus dem Leben Abrahams werden allegorisch-typologisch gedeutet und für die Ermutigung der Christen zu einem gottgefälligen Leben in Glauben und Tugend verwendet. So deutet z.B. Cäsarius von Arles (Sermones 82) die Opfertiere in Gen 15 auf die Vielfalt der Völker (nicht ohne einen Seitenhieb gegen die Juden) und die Tauben auf das geistliche Leben (siehe auch Augustinus, De civitate Dei 16,24). Zu Gen 17 wird das Bundeszeichen der Beschneidung ebenfalls allegorisch gedeutet: einerseits, wie Paulus in Röm 2,28-29, als Beschneidung des Herzens (vgl. Jer 9,25) bzw. der Lippen, andererseits als Indienstnahme des Geschlechtlichen durch Gott (Origenes, Homilien zu Gen. 3,6). Die Begegnung mit den drei Männern bei den Eichen von Mamre (Gen 18) wird häufig als Ausdruck der Dreifaltigkeit und damit des umfassenden Glaubens Abrahams ausgewertet (Hilarius von Poitiers, De trinitate 4,27; Cäsarius von Arles, Sermones 83).

An Gen 22,1-19, der Bindung Isaaks, arbeiten viele altkirchliche Autoren und spüren in vielen Details einem allegorischen Sinn nach (vgl. z.B. Origenes, Homilien zu Gen. 8, siehe Heither / Reemts, 1999, 93-110). Sehr häufig werden zahlreiche Parallelen zwischen der Bindung Isaaks und dem Kreuzesopfer Christi gezogen (z.B. Irenäus, Adversus haereses 4,5,4-5; Origenes, Homilien zu Gen. 8,5-9; Cyrill von Alexandrien, Glaphyra Gen. 3; Augustinus, De civitate Dei 16,32; Johannes Chrysostomus, Homilien zu Gen. 47). Ein Weg der Deutung, den z.B. Origenes geht, besteht darin, in Anlehnung an Hebr 11,17-19 Abraham den Glauben an die Auferstehung zu unterstellen (so auch Caesarius von Arles, Sermones 84,4; Augustinus, De civitate Dei 16,32). In anderen Auslegungen werden die Elemente der Erzählung allegorisch gedeutet (z.B. der in den Dornen verfangene Widder als dornengekrönter Christus, der das Opferholz tragende Isaak als das Kreuz tragender Christus, usw.; vgl. Caesarius von Arles, Sermones 84,3; Augustinus, De civitate Dei 16,32).

Abraham 08 Biblia Pauperum

Wichtig für die spätere Auslegung wird die bei Melito von Sardes (Ende des 2. Jh.s n. Chr.; Fragmenta 9) grundgelegte Deutung der Opferung des Widders durch Abraham auf das Opfer Christi: Durch den Widder wurde Isaak befreit, durch das Kreuzesopfer Christi wurde die Menschheit erlöst (vgl. Wilken, 1972, 728f.). Zur Rezeption Abrahams in der frühchristlichen Kunst (Bindung Isaaks) und in den Liturgien der Alten Kirche vgl. DACL I, 111-127.

Neben der genannten Aufgabe beim Weltgericht ist als eschatologische Funktion Abrahams die Aufnahme der Gerechten in seinem „Schoß“ zu nennen, der als Ort der ewigen Glückseligkeit gilt (vgl. Lk 16,22; z.B. Augustinus, Confessiones 9,3,6; Ambrosius, In psalmos 38,11,3; Tertullian, Adversus Marcionem 4,34,10-17; vgl. RAC I, 27-28).

Ein festes Abraham-Bild findet sich in der frühchristlichen Literatur nicht, vielmehr füllen Abraham und die Erzväter bestimmte Funktionen aus. Abraham ist als Träger der Verheißungen und „Freund Gottes“ Sinnbild und Angelpunkt der eigenen Heilserwartung, zugleich auch Vorbild im Glauben und im Gehorsam gegenüber Gott.

6. Abraham im Islam

In jüdischen und christlichen Quellen ist mehrfach die Abstammung der Araber über Ismael von Abraham bezeugt, doch in den arabischen Quellen aus vorislamischer Zeit findet sich darüber nichts. Mohammed jedoch kommt aus dem Stamm der Quraisch, der in Mekka führend war und seine Abstammung auf den Abraham-Sohn Ismael zurückführte. Mohammeds Biograph Ibn Ishaq führt die Genealogie des Propheten über Ismael und Abraham bis hin zu Adam. Und zugleich überliefert Ibn Ishaq eine Liste von Männern, die sich dem üblichen arabischen Glauben an mehrere Götter verweigerten und als „Hanife“ bezeichnet wurden („Gottsucher / Gottergebene“): Sie suchten nach dem Glauben an den einen und einzigen Gott, und zwar unter explizitem Rückgriff auf die „Religion Abrahams“. Auch im Koran bedeutet „Hanif“ muslimischer Monotheist. Mohammed konnte also an monotheistische Traditionen anknüpfen, die mit dem Namen Abrahams verbunden waren.

Zunächst konnte Mohammed seinen Kampf gegen die „Götzen“ mit alttestamentlichen Stoffen untermauern und wollte als Prophet der Araber den „alten“ Glauben an den einen Gott in neuer Weise verkünden – dazu knüpft er explizit an Mose und Abraham an: „Das (was hier verkündet wird) steht (schon) auf den früheren (w[örtlich] ersten) Blättern (der Offenbarungsschrift), den Blättern von Abraham und Mose“ (Sure 87,18-19; Übersetzung: R. Paret; vgl. auch Sure 53,36-37). Da Mohammed anfangs keine neue Religion gründen wollte, spielt Abraham eine entscheidende Rolle als der allen „Leuten der Schrift“ (Juden und Christen) gemeinsame „Prophet“ (vgl. Sure 3,65.67). Abraham wird in 25 Suren genannt und ist nach Mose die zweithäufigste Figur des Alten Testaments im Koran. Sure 14 trägt Abrahams Namen und enthält ein Gebet Abrahams zu Gott, in dem er bittet, dass er und seine Nachkommen nicht die Götzen verehren, dass sie das Gebet verrichten und Gott das Gebet erhöre. Außerdem dankt Abraham für seine Söhne. Eingebettet ist dieses Gebet in Warnungen vor dem Gericht Gottes und Ermahnungen, sich nicht irreführen zu lassen.

Für die Zeit des Kampfes Mohammeds in Mekka gegen Vielgötterei und Götzendienst ist Abraham Kronzeuge und Identifikationsfigur: Abraham hat ja aus eigenem Antrieb den Polytheismus überwunden (Sure 6,75-79) und den Kampf mit seiner polytheistischen Umwelt aufgenommen. Was schon im Jubiläenbuch, im Midrasch Bereschit Rabba sowie bei Philo und Josephus wichtig war, nämlich dass Abraham mit Hilfe der Vernunft aus der Betrachtung des Himmels und der Sterne seinen Schöpfer als einzigen und wahren Gott erkannte, wird bei Mohammed biographisch auf den Punkt gebracht: Die Abraham-Geschichten sind Spiegelgeschichten für die eigene Situation (vgl. Kuschel, 1994, 182). Das geht sogar so weit, dass eine physische Ähnlichkeit Mohammeds mit Abraham überliefert wird. Mit K.-J. Kuschel lassen sich fünf Fixpunkte des Abraham-Bildes der ersten mekkanischen Phase des Koran festhalten: (1) der konsequente und strenge Monotheismus (z.B. Sure 26,77-82); (2) die Zerstörung der Götterbilder (z.B. Sure 21,57-67) und die Absage an Idolatrie (Sure 6,79); (3) Abraham als Modell für Rettung, Exodus und Nachkommenverheißung (vgl. Sure 21,68-72: die Rettung Abrahams aus dem Feuerofen); (4) Abraham als Warner vor dem göttlichen Strafgericht; (5) die Wiederentdeckung der „Religion Abrahams“ (millat Ibrahim): Abraham war kein Heide, sondern ein Hanif (Sure 16,120-123). Noch sieht Mohammed Juden und Christen als Verbündete im Kampf gegen die polytheistischen Mekkaner.

Die Hidschra, die Auswanderung Mohammeds 622 n. Chr. aus Mekka nach Yathrib, später Medinat an-nabi (Stadt des Propheten, Medina) genannt, sieht die islamische Überlieferung in Abrahams Auswanderung aus Mesopotamien vorgebildet (vgl. Sure 9,113-114; 21,71). In der medinischen Phase kommt es auch zum Bruch mit dem Judentum und zum politischen Sieg Mohammeds, der in der Eroberung Mekkas einen vorläufigen Höhepunkt findet. Verbunden ist damit eine Arabisierung der prophetischen Botschaft und eine Um- und Aufwertung der Ismael-Traditionen. Ismael (Ismail) wird zum bevorzugten Sohn Abrahams. Mohammed greift die alte Tradition auf, dass Ismael zusammen mit Abraham das Heiligtum der Ka’ba gründete (Sure 2,124-130). Im Weihegebet schließt Abraham die Bitte um die Sendung eines Propheten an die Araber ein (Sure 2,129), was auf Mohammed angewendet wird. Die Ka’ba gilt als erstes Gotteshaus, ihr Ort als der heilige Platz Abrahams (Sure 3,96-97).

Abraham 09 Anonym Islam

In der späteren Phase Mohammeds wird Abraham zum vorbildlichen Muslim. Gen 22 wird zum paradigmatischen Schlüssel für das, was „Islam“ heißt: wahrhaftes Gottvertrauen und unbedingte Unterwerfung unter den Willen Gottes. Gen 22 wird z.B. in Sure 37,99-113 interpretiert: Abraham und sein Sohn ergeben sich in den unerforschlichen Willen Gottes. Dadurch, dass zunächst der Name des Sohnes (nur „ein braver Junge“) nicht genannt wird, werden zwei Auslegungstraditionen im Islam vertreten: dass es Isaak war, der geopfert werden sollte, bzw. dass sich hier Ismael als vorbildlicher Muslim zeigte. In den älteren Traditionen werde Isaak als „gewolltes Opfer“ (al-ḏabīḥ) angesehen, doch in der zunehmenden Abgrenzung von Judentum und Christentum werde Ismael, der Stammvater der Muslime, zum wahren Helden der Opfergeschichte, eine Sicht, die in der muslimischen Welt von heute dominiert (Details bei Firestone, 1989). Abrahams Opfer des Widders wird zum Urbild des rituellen Opfers, das der Höhepunkt der großen Wallfahrt nach Mekka ist. Vier der fünf Pfeiler des Islam (Pilgerfahrt nach Mekka, Gehorsam gegenüber dem einen Gott, Ritualgebet und Almosen) werden auf Abraham (die „Religion Abrahams“) zurückgeführt (Sure 22,77-78). Ein großes Anliegen des Koran ist es, das Muslimsein als Möglichkeit für jeden Menschen in Raum und Zeit darzustellen. Dazu wird Abraham als Urbild des Islam zum großen Vorbild für die Menschheit herausgestellt (Sure 2,124).

Gegenüber der frühen mekkanischen Zeit ist Abraham in der medinischen Phase nicht nur der monotheistische Glaubenskämpfer, sondern Vertreter eines eigenständigen Glaubens (Hanif, Muslim), der durch die Botschaft Mohammeds gegenüber den Verfälschungen durch Judentum und Christentum wieder hervortritt. Abraham wird als Kronzeuge gegen Judentum und Christentum beansprucht, denn die Religion Abrahams war vor diesen beiden Religionen da und wird durch den Islam wieder neu repräsentiert (vgl. Sure 2,135; 3,65-68).

7. Abraham in der Ikonographie

Abraham 10 San Vitale Ravenna

Abrahams Gestalt und Geschichte inspirierte vor allem die bildende Kunst. Szenen aus seinem Leben wurden in Gemälden, Skulpturen, Buchmalereien und Mosaiken dargestellt. Meist erscheint Abraham als weißbärtiger alter Mann mit einem Messer. Die wohl älteste erhaltene Darstellung Abrahams als Empfänger der Verheißung findet sich in der Synagoge von Dura Europos (3. Jh.; Abb. 1). Ganze Abraham-Zyklen finden sich in den Mosaiken der Kathedrale San Marco in Venedig (12. Jh.) und den flämischen Wandteppichen von Bernard von Orley (16. Jh.). Bekannte Einzelszenen begegnen in den Mosaiken von Santa Maria Maggiore in Rom (5. Jh.) und in den berühmten Buchmalereien der „Wiener Genesis“ (6. Jh.; jeweils als weißhaariger älterer Mann; Abb. 4).

Weitere Einzeldarstellungen finden sich in den Mosaiken von Ravenna (v.a. San Vitale; 6. Jh.), in den Bronzetüren von St. Zeno, Verona (mit einer Krücke als Greis typisiert), im Altar von Verdun und den Fresken von Saint Savin, Poitou (12. Jh.) sowie in den Bronzetüren des Florentiner Baptisteriums von Ghiberti (15. Jh.).

Abraham 11 Pater Apotheker

Häufig gemalte Motive sind die Begegnung Abrahams mit Melchisedek (Gen 14,18-20; Abraham als berittener Krieger) und der Besuch der drei Engel („Philoxenie“; Gen 18), der in der Alten Kirche (v.a. Augustinus) und der Ostkirche als Vorausschau der Trinität aufgefasst wird, so etwa auf der berühmten Ikone von Andrej Rubljew (1422; s.o.). Die Entlassung Hagars (Gen 16; 21) war im 17. Jh. ein beliebtes Motiv in der flämischen Malerei (Rubens, Rembrandt, Nicolaes Maes, Jan Steen; vgl. auch den französischen Maler Camille Corot 1796-1875). Bei der Bindung Isaaks überwiegen meist dramatisch-realistische Darstellungen: Abraham setzt das Schwert oder Messer an, um Isaak (meist nackt dargestellt) zu schlachten, während die Hand Gottes oder ein Engel ihn aufhält. Die Knechte und der Esel sind ebenso wie der Widder in allen Variationen beliebte Nebenfiguren. Im Judentum ist diese Szene häufig dargestellt worden, z.B. an der Westseite der Synagoge von Dura Europos (3. Jh.), im Mosaikboden der Synagoge von Bet Alfa (6. Jh.; Abb. 12), aber auch von zeitgenössischen Künstlern wird das Motiv umgesetzt (z.B. Richard McBee oder Michael Fenton). Im Christentum wird die Erzählung häufig auf Christus und die Passion (Kreuztragen) gedeutet, doch diese Typologie findet nur zögernd ihren Niederschlag in der darstellenden Kunst. Im Mittelalter beginnt eine Verbindung zwischen der Kreuzigungsdarstellung und der Bindung Isaaks, v.a. in den Armenbibeln (Biblia pauperum; Abb. 8).

Abraham 12 Bet Alpha

Die Seligen in Abrahams Schoß (vgl. Lk 16,22) begegnen in plastischer Darstellung an mehreren gotischen Kathedralen (Paris, Rheims, Bourges, Bamberg [Abb. 7], Baseler Münster). Unter den modernen jüdischen Malern war vor allem Marc Chagall vom Leben Abrahams fasziniert.

8. Abraham im heutigen Dialog der Religionen

Abraham ist eine zentrale Identifikationsfigur in vielen heutigen Ansätzen des interreligiösen Dialogs zwischen Judentum, Christentum und Islam. Vereinigungen und Institutionen, die sich um den Frieden im Nahen Osten und um Verständigung zwischen den drei großen monotheistischen Religionen bemühen, wählen oft Abraham als Namen für ihre Organisationen, Signets oder Häuser. Einige Beispiele sind etwa die Christlich-islamische Gesellschaft (Stuttgart) (http://cig-stuttgart.de/index.htm; unter „Dialogpartner“ finden sich weitere Organisationen!) mit ihrer Begegnungsstätte „Haus Abraham“; The Abraham Fund Initiatives, eine Organisation für die Koexistenz von Juden und Arabern; die Fraternité d’Abraham, ein französischer Verein zum Vertiefen des gegenseitigen Verstehens von Juden, Christen und Muslimen; die „Freunde Abrahams e.V.“, ein Münchener Verein zur Verständigungssuche zwischen den Religionen. Eine ganze Reihe von Theologinnen und Theologen entwickeln Konzepte für einen interreligiösen Dialog der „abrahamischen Religionen“ eben unter der Chiffre „Abraham“. Zu nennen ist vor allem der Tübinger Theologe Karl-Josef Kuschel („Streit um Abraham“; http://www.weltethos.org/pdf_dat/i_abraha.pdf). Weitere Ansätze in diese Richtung stammen von Adel Theodor Khoury (Abraham – ein Segen für die Völker nach der jüdischen, christlichen und islamischen Tradition: http://www.sedos.org/english/khoury.htm), Bertold Klappert (http://www.Lomdim.de/md2000/05md0100.html) und Jean-Louis Ska (Abraham et ses hôtes 2001). Einige Fragezeichen zu diesen Zugängen setzt Jon D. Levenson (The Conversion of Abraham to Judaism, Christianity, and Islam 2004). Diese Beispiele aus der neuesten Rezeption der Abraham-Figur im interreligiösen Diskursgeschehen zeigen, dass „Abraham“ eine zu allen Jahrhunderten faszinierende Gestalt ist.

Literaturverzeichnis

1. Quellen

1.1. Frühjüdische Schriften

  • Berger, K., Das Buch der Jubiläen, JSHRZ II/3, Gütersloh 1981
  • Philonenko-Sayar, B. / Philonenko, M., Apokalypse Abrahams, JSHRZ V, Gütersloh 1982
  • Janssen, E., Testament Abrahams, JSHRZ III/2, Gütersloh 1975, 193-256
  • Dietzfelbinger, C., Pseudo-Philo: Antiquitates Biblicae, JSHRZ II/2, Gütersloh 1975

1.2. Philo

  • Philo, De Abrahamo = Philo von Alexandria, Über Abraham, in: Die Werke in deutscher Übersetzung, hg. von L. Cohn u.a., Band I, 2. Auflage, Berlin 1962, 91-152;
  • Philo, De migratione Abrahami = Philo von Alexandria, Über Abrahams Wanderung, in: Die Werke in deutscher Übersetzung, hg. von L. Cohn u.a., Band V, 2. Auflage, Berlin 1962, 152-213;
  • Philo, De virtutibus = Philo von Alexandria, Über die Tugenden, in: Die Werke in deutscher Übersetzung, hg. von L. Cohn u.a., Band II, 2. Auflage, Berlin 1962, 313-377.

1.3. Rabbinische Literatur

  • Bietenhard, H. (Hg.), Midrasch Tanḥuma B. Zwei Bände, Bern 1980/1982
  • Buber, S. (Hg.), Midrasch Tanchuma. Ein aggadischer Commentar zum Pentateuch von Rabbi Tanchuma ben Rabbi Abba, Wilna 1885
  • Friedlander, G. (Hg.), Pirke de Rabbi Eliezer, London 1916
  • Neusner, J., Genesis Rabbah. The Judaic Commentary on Genesis. A New Translation, 3 vols., Atlanta 1985
  • Neusner, J., The Fathers According to Rabbi Nathan. An Analytical Translation and Explanation, Atlanta 1986 (A)
  • Saldarini, A.J., The Fathers According to Rabbi Nathan Version B. A Translation and Commentary, Leiden 1975 (B)
  • Wünsche, A. (Hg.), Der Midrasch Bereschit Rabba, Leipzig 1881

1.4. Frühchristliche Literatur (Auswahl)

Abkürzungen:

  • CSEL = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum [Textausgabe]
  • FaCh = The Fathers of the Church [engl. Übersetzung]
  • FC = Fontes Christiani [Textausgabe / dt. Übersetzung]
  • PG = Patrologia Graeca [Textausgabe]
  • SC = Sources Chrétiennes [Textausgabe / frz. Übersetzung]

Ambrosius

  • De Abraham: CSEL 32,1, pp. 499-638; Gori, F., Sancti Ambrosii episcopi Mediolanensis opera 3, Mailand 1980 [Textausgabe / it. Übersetzung]

Augustinus

  • De civitate Dei: Dombart, B. / Kalb, J., Stuttgart 5. Aufl. 1993 [Textausgabe]; W. Thimme, Vom Gottesstaat, Zürich 1977 [dt. Übersetzung]
  • Confessiones: Bernhart, J., München 4. Aufl. 1980; Frankfurt/M. 1987 [Textausgabe / dt. Übersetzung]

Caesarius von Arles

  • Sermones: SC 447; Mueller, M.M., FaCh 47, Washington 1963;
  • Homélies sur Abraham et Jacob, Stébé, M.H. / Hamman, A.G. Paris 1982 [frz. Übersetzung]

Clemens von Alexandrien

  • Stromateis: SC 30. 38. 278. 279. 428. 446. 463; Klemens von Alexandria, Die Teppiche, üs. von F. Overbeck, Basel 1936 [dt. Übersetzung]; J. Ferguson, FaCh 85, Washington 1991
  • Glaphyrorum in Genesim: PG 69, 111-176

Eusebius von Caesarea

  • Historia ecclesiastica: SC 31. 41. 55. 73; Kraft, H. (Hg.), Eusebius: Kirchengeschichte, München 3. Aufl. 1989 [dt. Übersetzung]
  • Praeparatio evangelica VIII-X: SC 369; Gifford, E., Oxford 1903 [engl. Übersetzung]

Hilarius von Poitiers

  • De trinitate: SC 443. 448. 462; McKenna, S., FaCh 25, Washington 1954

Irenäus von Lyon

  • Adversus haereses: N. Brox, FC 8,4

Johannes Chrysostomus

  • Homilie zu Gen.: Des hl. Johannes Chrysostomus Homilien über die Genesis, hg. von Prinz Max, Herzog zu Sachsen, Band I, Paderborn 1913 [dt. Übersetzung]

Justin

  • Apologia: Marcovich, M., Berlin 1994 [Textausgabe]; Veil, H., Straßburg 1894 [dt. Übersetzung]

Melito von Sardes

  • Fragmenta: SC 123; Hall, S.G., Oxford Early Christian Texts, Oxford 1979 [Textausgabe / engl.Übersetzung]

Origenes

  • Homilie zu Gen.: de Lubac, H. / Doutreleau, L., SC 7; Heine, R.E., FaCh 71, Washington 1981
  • Johanneskommentar: SC 120bis. 157. 222. 290. 385; Gögler, R., Einsiedeln 1959 [dt. Auswahl-Übersetzung]

Tertullian

  • Adversus Marcionem: SC 365. 368. 399. 456

Zitatensammlung zur Genesis

  • Sheridan, M. (Hg.), Ancient Christian Commentary on Scripture, Old Testament, II. Genesis 12-50, Downers Grove 2002

2. Lexikonartikel

  • Dictionnaire d’archéologie chrétienne et de liturgie, Paris 1907-1953
  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff.
  • Lexikon der christlichen Ikonographie, Freiburg i.Br. 1968-1976
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1972 (darin auch Art. Apocalypse of Abraham; Testament of Abraham)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart 1973-2000
  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1988-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992 (darin auch Art. Apocalypse of Abraham; Testament of Abraham)
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart u.a. 2. Aufl. 1992
  • Encyclopedia of the Early Church, Cambridge 1992
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Freiburg i.Br. 1993-2001
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Auflage, Tübingen 1998ff.
  • Lexikon des Islam, Berlin 2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Internet-Artikel 2004 http://bautz.de/bbkl/a/abram.shtml

3. Weitere Literatur

  • Themenheft „Abraham“, Welt und Umwelt der Bibel 30 (4/2003): (http://www.bibelwerk.de/).
  • Blätter Abrahams. Beiträge zum interreligiösen Dialog (http://www.freunde-abrahams.de/).
  • Albright, W.F., 1961, Abraham the Hebrew. A New Archaeological Interpretation, BASOR 163, 36-54
  • Allison, D.C., 2003, Testament of Abraham, Commentaries on Early Jewish Literature, Berlin / New York
  • Alt, A., 1953, Der Gott der Väter (1929), in: Ders., Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel 1, München, 1-78
  • Arterbury, A. E., 2003, Abraham's Hospitality among Jewish and Early Christian Writers: A Tradition History of Gen 18:1-16 and Its Relevance for the Study of the New Testament, in: PRSt 30, 359-376
  • Crüsemann, F., 2002, Abraham und die Bewohner des Landes. Beobachtungen zum kanonischen Abrahambild, EvTh 62, 334-348
  • Ego, B., 1996, Abraham als Urbild der Toratreue Israels. Traditionsgeschichtliche Überlegungen zu einem Aspekt des biblischen Abrahambildes, in: Avemarie, F. / Lichtenberger, H. (Hgg.), Bund und Tora (WUNT 92), Tübingen, 25-40
  • Feldman, L.H., 1968, Abraham the Greek Philosopher in Josephus, TPAPA 99, 143-156
  • Feldman, L.H., 1987, Hellenizations in Josephus’ Jewish Antiquities: The Portrait of Abraham, in: Feldman, L.H. / Hata, G. (Hgg.), Josephus, Judaism, and Christianity, Leiden, 133-153
  • Finkelstein, I. / Silberman, N.A., 2002, Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel, München
  • Firestone, R., 1989, Abraham’s Son as the Intended Sacrifice (al-ḏabīḥ, Qur’ān 37:99-113): Issues in Qur’ānic Exegesis, JSSt 34, 95-132
  • Gellman, J.I., 1998, The Figure of Abraham in Hasidic literature, HThR 91, 279-300
  • Goshen-Gottstein, A., 2002, Abraham and „Abrahamic religions“ in Contemporary Interreligious Discourse. Reflections of an Implicated Jewish Bystander, Studies in Interreligious Dialogue 12, 165-183
  • Gräbe, U., 2000 , „Abraham“ – ein hilfreiches Modell jüdisch-christlich-muslimischer Verständigung?, ÖR 49, 337-344
  • Heither, Theresia / Reemts, Christiana, 1999, Schriftauslegung – Die Patriarchenerzählungen bei den Kirchenvätern (NSK-AT 33/2), Stuttgart
  • Khoury, A.T., 1986, Der Freund Gottes. Die Gestalt Abrahams im Islam, Bibel heute 22/88, 184-186
  • Klappert, B., 2000, Abraham eint und unterscheidet: Begründungen und Perspektiven eines nötigen „Trialogs“ zwischen Juden, Christen und Muslimen, in: Weth, Rudolf (Hg.), Bekenntnis zu dem einen Gott? Christen und Muslime zwischen Mission und Dialog, Neukirchen-Vluyn, 98-122
  • Köckert, M., 1988, Vätergott und Väterverheißung (FRLANT 142), Göttingen
  • Kundert, L., 1998, Die Opferung / Bindung Isaaks, Bd. 1: Gen 22,1-19 im Alten Testament, im Frühjudentum und im Neuen Testament, Bd. 2: Gen 22,1-19 in frühen rabbinischen Texten (WMANT 78/79), Neukirchen-Vluyn
  • Kuschel, K.-J., 1994, Streit um Abraham. Was Juden, Christen und Muslime trennt – und was sie eint, München
  • Lona, H.E., 1976, Abraham in Johannes 8 (EHS 23, Theologie 65), Frankfurt/M. u.a.
  • Mayer, G., 1972, Aspekte des Abrahambildes in der hellenistisch-jüdischen Literatur, EvTh 32, 118-127
  • Noth, M., 1948, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch, Stuttgart
  • Oeming, M., 1998, Der Glaube Abrahams. Zur Rezeptionsgeschichte von Gen 15,6 in der Zeit des zweiten Tempels, ZAW 110, 16-33
  • Roloff, J., 1990, Abraham im Neuen Testament. Beobachtungen zu einem Aspekt Biblischer Theologie, in: Karrer, M. (Hg.), Exegetische Verantwortung in der Kirche, Göttingen, 231-254
  • Sandmel, S., 1971, Philo’s Place in Judaism. A Study of Conceptions of Abraham in Jewish Literature, Augmented Edition, New York
  • Seters, J. Van, 1975, Abraham in History and Tradition, New Haven / London
  • Steins, G., 1999, Die „Bindung Isaaks“ im Kanon (Gen 22). Grundlagen und Programm einer kanonisch-intertextuellen Lektüre (HBS 20), Freiburg i.Br.
  • Thompson, T.L., 1974, The Historicity of the Patriarchal Narratives: The Quest for the Historical Abraham (BZAW 133), Berlin (Nachdruck: Harrisburg / London / New York 2002)
  • Tschuggnall, P., 1990, Das Abraham-Opfer als Glaubensparadox. Bibeltheologischer Befund – literarische Rezeption – Kierkegaards Deutung (EHS 23, Theologie 399), Frankfurt/M. u.a.
  • Tschuggnall, P., 1994, Abrahams Opfer – eine anstößige Erzählung über den Glauben? Dichterische Varianten – Philosophische und psychologische Rezeption – Literaturwissenschaftliche und theologische Befragung, ZRGG 46/4, 289-318
  • Vaux, R. de, 1965, Die Patriarchenerzählungen und die Geschichte (SBS 3), Stuttgart
  • Wilken, R.L., 1972, The Christianizing of Abraham. The Interpretation of Abraham in the Early Christianity, CTM 43, 723-731
  • Worschech, U., 1983, Abraham. Eine sozialgeschichtliche Studie (EHS 23, Theologie 255), Frankfurt/M. u.a.

Abbildungsverzeichnis

  • Abraham (Fresko in der Synagoge von Dura Europos; 3. Jh.).
  • Genealogie Abrahams. © public domain (Zeichnung Klaus Koenen)
  • Stationen Abrahams nach den Erzählungen der Genesis. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Abraham als der Empfangende (Wiener Genesis; 6. Jh.).
  • Abrahams Gastmahl und die „Alttestamentliche Dreifaltigkeit“ (Ikone von Andrej Rubljew; um 1425).
  • Abraham und Isaak (Rembrandt; 1634).
  • Menschen in Abrahams Schoß (Bamberger Dom; um 1230).
  • Isaak und Christus unter der Last des Holzes (Biblia pauperum; Mittelalter).
  • Opferung Ismaels (anonyme Hinterglasmalerei aus Tunesien; 20. Jh.).
  • Abrahams Gastmahl und Opferung Isaaks (Mosaik in San Vitale in Ravenna; 6. Jh.).
  • Opferung Isaaks (Gemälde von „Pater Apotheker“; 1710).
  • Bindung Isaaks (Fußbodenmosaik in der Synagoge von Bet Alfa; 6. Jh.).

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