Deutsche Bibelgesellschaft

Dank / danken (AT)

(erstellt: Februar 2018)

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1. Allgemeine Definition von „Dank“

Die Wendungen „Danke“ oder „Dankeschön“ sind die kleinsten Formen, der Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Schon an diesen häufig gebrauchten Höflichkeitsformeln wird deutlich: Menschen danken sich gegenseitig in unzähligen Situationen und auf unterschiedliche Art. Dank ist dabei zunächst ein Gefühl, eine Empfindung, eine erste Reaktion und zeigt: „Ich bin dankbar für etwas“. Oftmals kommt es dann zu konkreten Handlungen und Taten des Dankes. Es gibt Dank auch als Pflicht, man kann regelrecht zu „Dank verpflichtet“ sein. Gelegentlich müssen Kinder zum Danke-Sagen ermahnt werden, sie müssen erst einmal lernen, ihre Dankbarkeit auszudrücken. Es ist offensichtlich: „Der Drang, dem Gefühle der Dankbarkeit Ausdruck zu geben, ist tief in der menschlichen Natur eingewurzelt“ (Buhl, 71). Somit ist Dank als menschliches Grundempfinden zu verstehen; der Dankbarkeit Ausdruck zu geben, ist ein menschliches Grundbedürfnis.

Dank und der Ausdruck dessen sind in der Regel eine Reaktion auf ein konkretes Handeln, das von einem Menschen oder auch von Gott ausgegangen ist. Es ist immer „Dank für (etwas)“; man kann „dankbar für (etwas)“ sein. Danken hat eine zeitliche Perspektive, da der Dank zunächst rückbezogen ist: Es ist der Blick zurück auf vergangene Ereignisse oder Taten. So entsteht Dankbarkeit, die dann in der Gegenwart oder Zukunft zu einer Tat des Dankes führt. Zumindest löst sie den Impuls aus, dem Gegenüber den Dank auszusprechen, oftmals auch anderen von dem Erlebnis, für das man dankbar ist, zu erzählen. Dankbarkeit stiftet Verbundenheit und Beziehung, da sie aus und in der Begegnung von Menschen entsteht. Sie ist „jenes Band der Wechselwirkung, des Hin- und Hergehens von Leistung und Gegenleistung auch da spinnend, wo kein äußerer Zwang es garantiert“ (Simmel, 443). Dank und Dankbarkeit sind somit Beziehungsbegriffe.

Nach antiker Auffassung führt dies bis zu einer Forderung der Kommutativgerechtigkeit (vgl. Aristoteles), indem Dank als Gegenleistung im Sinne einer gerechten Tauschgerechtigkeit erwartet wird (vgl. χάριν διδόναι charin didonai; gratiam referre).

Ein in der Öffentlichkeit ausgesprochener Dank wertet die Danksagung stärker auf. Es ist Zeichen des Respekts und der besonderen Würdigung der Person, wenn ihr öffentlich gedankt wird.

2. Terminologie und biblischer Befund

Trotz der allgemeinen Präsenz von Dank und Danken begegnen die Empfindungen „Dank“ und „Dankbarkeit“ im Alten Testament weniger ausgeprägt, als man wohl erwarten würde. Der zentrale Grund dürfte darin liegen, dass es im Hebräischen keinen klaren Begriff gibt, der sich sicher mit „Dank“ wiedergeben lässt. Am ehesten ist auf das Verb ידה jdh und dessen abgeleitetes Substantiv תּוֹדָה tôdāh zu verweisen. In den allermeisten Fällen ist aber ידה jdh in seiner Grundbedeutung „loben / preisen“ (oder auch „bekennen“) aufzufassen; תּוֹדָה tôdāh bezeichnet dann das Dank- oder besser noch: das Lobopfer (vgl. z.B. Lev 7,12; Lev 22,29 sowie Ps 50,14: „Opfere Gott Dank / Lob (תּוֹדָה tôdāh), und erfülle dem Höchsten deine Gelübde.“ und Ps 50,23: „Wer Dank / Lob (תּוֹדָה tôdāh) opfert, verherrlicht mich ...“; → Opfer).

Aufgrund des sprachlichen Befundes kam Claus Westermann (wie andere schon vor ihm) zu der Ansicht, dass es im Hebräischen für „danken“ in unserem Sinne keine eigenständige Vokabel gibt. Ein exklusives Wort für „danken“ und damit auch das dem entsprechende Verständnis von „Dank / danken“ ist in vielen Sprachen eine Sekundärbildung, abgeleitet von „denken“ (vgl. z.B. engl. „thanks“ und „think“, vgl. dazu Westermann 1983, 20-21; ders. 1975, 675). Wenn ידה jdh mit „danken“ übersetzt wird, wie es immer wieder in Übersetzungen zu finden ist (vgl. z.B. die Lutherübersetzung), so ist dies nicht falsch, kann aber nicht die ganze Bedeutungsbreite von hebr. ידה jdh adäquat wiedergeben (vgl. z.B. die Zürcher Übersetzung, die ידה jdh zumeist mit „preisen“ übersetzt).

Auch in anderen mit dem Hebräischen verwandten Sprachen sind die Begriffe, die sich mit „danken“ übertragen lassen, spärlich (vgl. dazu insgesamt Bergman, 458; Buhl, 79-80). Wie im Hebräischen sowie im Aramäischen und Äthiopischen gibt es auch im Ägyptischen keine feststehenden Termini für „Dank“ und „danken“. Allerdings umschreiben mehrere ägyptische Wörter und Wendungen die Vorgänge von „loben / preisen“, welche von einer dankbaren Haltung zeugen und so als Zeichen der Dankbarkeit zu verstehen sind. „Für etwas danken“ wird entsprechend durch „Re für etwas loben“ bzw. „Gott für etwas preisen“ ausgedrückt (vgl. Bergman, 458). Somit bezeugt auch der ägyptische Sprachgebrauch die Nähe zwischen Danken und Loben.

3. Situationen des Dankes / des Dankens im Alten Testament

Über die enge Konzentration auf die Wurzel ידה jdh hinaus finden sich im Alten Testament verschiedene Situationen, die den Vorgang des Dankens beschreiben. Diese thematisieren sowohl den Ausdruck von Dank zwischen Menschen als auch und vor allem den Ausdruck des Dankes gegenüber Gott.

3.1. Dank zwischen Menschen

Dank ist vornehmlich eine Reaktion auf ein zuvor erlebtes Ereignis. Wer dankbar ist, fühlt sich zu einer Tat veranlasst, die diese Dankbarkeit zum Ausdruck bringen kann. So fordert → Elisa die Schunemiterin, die ihm großzügige Gastfreundschaft gewährt hat, mehrfach dazu auf, ihr durch eine Tat seine Dankbarkeit erweisen zu dürfen. Sie lehnt jedoch alles ab, bis Elisa ihr schließlich aus Dank einen Sohn verheißt, der ein Jahr später geboren wird (vgl. 2Kön 4,8-17).

Mehrfach wird für den Ausdruck des Dankes eine Wendung mit „segnen“ (ברך brk) gebraucht und der Dank als Segenswort konkretisiert: So wird in Dtn 24,13 gefordert, dass auf die Rückgabe eines Pfandes ein → Segen (בְּרָכָה bərākhāh) als „Dank“ folgen soll. Auch → Joab reagiert auf die Begnadigung → Absaloms mit einem Segenswort als Ausdruck des Dankes gegenüber König → David (2Sam 14,22). Ähnlich spricht David den Männern von → Jabesch Jhwhs Segen und seine Barmherzigkeit zu, weil sie → Saul begraben haben und damit selbst Barmherzigkeit gezeigt haben (2Sam 2,5-6). Und auch Noomi (→ Rut) spricht ihre Dankbarkeit über Boas’ Hilfe in einem Segensspruch über ihn aus (Rut 2,20). Das Aussprechen von Dank als Segen oder Segenswunsch ist nach hebräischem Denken als „effektive Tat“ zu verstehen (vgl. Buhl, 76). Segnen ist somit eine performative Äußerung, die durch den Zuspruch Wirkung beim Gegenüber erzielt.

3.2. Dank gegenüber Gott

Der Ausdruck des Dankes gegenüber Gott nimmt im Alten Testament weitaus größeren Raum ein als der Dank zwischen Menschen. Unter den Erzähltexten finden sich beispielsweise folgende Belege für Dankesbekundungen: → Lea dankt für die Geburt ihres Sohns → Juda: „Ich will Jhwh preisen!“ (אוֹדֶה אֶת־יהוה ’ôdæhæt-jhwh, Gen 29,35; vgl. auch das Wortspiel mit dem Namen יְהוּדָה jəhûdāh „Juda“). → Mose stimmt nach der Rettung am Schilfmeer ein Lied als Ausdruck des Dankes für die Rettung durch Jhwh an (→ Meerwundererzählung), das die Tat Jhwhs besingt und Gott lobt (Ex 15,1-2: „Ich will Jhwh singen, denn er ist hoch erhaben; Pferd und Mann hat er ins Meer geworfen. Meine Stärke und mein Lobgesang ist Jhwh und er ist mir zur Rettung geworden. Das ist mein Gott, ich will ihn preisen; der Gott meines Vaters, ich will ihn erheben.“) Auch von → Jona wird erzählt, dass er nach seiner Rettung aus Todesgefahr ein Danklied für Gott anstimmt (Jon 2). → Noah dankt für die Bewahrung durch die Sintflut hindurch mit einem → Opfer (Gen 8, siehe dazu unten). Im Rahmen der Überbringung der → Lade in den Tempel dankt → David Gott und fordert zum Lobpreis vor allen Völkern auf: „Danket Jhwh, ruft seinen Namen an, tut kund unter den Völkern sein Tun!“ (1Chr 16,8). Dtn 8 mahnt zur Dankbarkeit gegenüber Gott; Israel soll sich der Taten Gottes dankbar erinnern (Dtn 8,2). Umgekehrt zeigt sich Undankbarkeit im Vergessen Gottes (Dtn 8,11).

Außerdem finden sich auch im Kontext des Dankes an Gott Wendungen, die mit der Segensformel בָּרוּךְ bārûkh formuliert sind (s.o. 3.1.). Hier ist dann auch deutlich die Nähe zum Lobpreis zu erkennen (vgl. z.B. Gen 24,27.48), wie auch beim Lobgesang Jitros, Moses Schwiegervater: „Gelobt sei Jhwh (בָּרוּךְ יהוה bārûkh jhwh), der euch befreit hat aus der Hand Ägyptens und aus der Hand des Pharao, der befreit hat das Volk aus der Hand Ägyptens.“ (Ex 18,10). Insgesamt ist festzustellen: Der Dank (wie der Lobpreis) wird als Antwort auf die Erfahrung einer göttlichen Tat der Rettung, Erhörung oder Befreiung formuliert.

Einen Schwerpunkt im Blick auf Dank und Dankbarkeit gegenüber Gott, der bisher noch nicht angesprochen wurde, bilden natürlich die → Psalmen, insbesondere die Danklieder. Ursprünglich dürfte das Danklied das Dankopfer (תּוֹדָה tôdāh; → Opfer) am Tempel begleitet haben. In theologiegeschichtlich späteren Texten findet sich das Danklied auch ohne direkten Kontext einer kultischen Feier mit Dankopfer. Das Danklied ersetzt so geradezu das Dankopfer (vgl. u.a. Ps 26,7; Ps 42,5; Ps 69,31).

Mehrfach findet sich in den Psalmen und verwandten Texten folgende Formel, die zumeist ein Dank- oder Loblied eröffnet: „Lobt / dankt Jhwh, denn er ist gut, denn ewig währt seine Gnade“ (vgl. Ps 106,1; Ps 107,1; Ps 118,1.29; Ps 136,1; außerdem Jer 33,11; 1Chr 16,34; Esr 3,11 sowie weitere Stellen mit verkürzter Formel). Ps 106 und Ps 107 stellen dabei den Dank für die machtvollen Taten Gottes in der Geschichte Israels dar. Ps 118 besingt die Hilfe und den Beistand Gottes und formuliert so Dank für erlebte Rettung. Auch das Ende der Möglichkeit zum Danken wird in den Blick genommen, wenn der Beter Gott um Hilfe aus großer Not bittet, da er nach dem → Tod Gott keinen Dank mehr bringen kann (vgl. Ps 6,6: „Denn im Tod gedenkt man deiner nicht, wer wird im Totenreich dich loben [יוֹדֶה־לָּךְ jôdæh-lākh]?“ sowie u.a. Ps 30,10; Ps 88,11; Jes 38,18). Das Danken in den Psalmen ist vielschichtig, aber immer weist es in die Nähe des Lobens.

So zeigt sich beim Blick auf die Situationen des Dankes im Alten Testament: Dank zwischen Menschen wird fast nie mit dem Verb ידה jdh formuliert. Nur viermal hat ידה jdh „danken / loben“ den Menschen zum Objekt: Gen 49,8; Ps 45,18; Ps 49,19f; Hi 40,14. Zwischenmenschlicher Dank wird auf andere Weise ausgedrückt, u.a. mit dem Verb ברך brk „segnen“ (s.o. 3.1.). Das Lexem ידה jdh ist demnach der Kommunikation mit Gott vorbehalten, denn gerade die Formulierungen in Ps 49,19f und Hi 40,14 zeigen, „daß eigentlich der Lobpreis sich nie auf den Menschen beziehen kann, da dieser sonst an Gottes Stelle trete“ (Mayer, 465). Im Kontext der Verwendung von ידה jdh mit Gott als Adressat zeigt sich weiterhin, dass oft eine große Nähe des Dankes zum Loben und Preisen besteht, wie auch an der Diskussion um die Übersetzung von ידה jdh erkennbar ist (s.u. 4.). Oftmals geht die Hinwendung des Menschen zu Gott über das Danken hinaus und verselbstständigt sich zum allgemeinen Loben und Preisen zu Ehren Gottes.

4. Eine Theologie des Dankes?

In theologischer Perspektive ist die Empfindung von Dank als ein Aspekt der Gottesbeziehung zu verstehen. Dank ist dabei Reaktion auf das rettende und lebensförderliche Handeln Gottes. Es entsteht regelrecht ein „Drang zum Dank“ (vgl. Buhl, 71-73). Dankbarkeit drängt sich auf, beruht nicht auf freier Entscheidung, man findet sich in seiner Dankbarkeit vor und muss diese geradezu gezwungenermaßen zum Ausdruck bringen (vgl. Grund, 411). Der Begriff „Dankbarkeit“ verweist auf Gegebenheiten und Voraussetzungen, die sich der Verfügbarkeit durch den Menschen entziehen. Dies ist zum Beispiel an Noah zu sehen: Noah bringt Gott nach dem Ende der Sintflut als Dank für seine Rettung ein Opfer dar (Gen 8,20). So wird erkennbar, „was der unverfügbare Grund seines Lebens ist: die rettende Zuwendung Gottes, die vom Geretteten durch ein Opfer beantwortet wird“ (Janowski, 92). Damit wird aber auch deutlich: Dankbarkeit ist als Verzicht auf eine Gegengabe zu verstehen. Denn im Verhältnis zu Gott kommt das Prinzip der Gegenseitigkeit zu seinem Ende (vgl. Grund, 429). Denn der Mensch (wie Noah) kann Gott gegenüber niemals adäquat eine Gegengabe darbringen, der Mensch bleibt Gott gezwungenermaßen „immer Dank schuldig“. Der Dank des Geschöpfes gegenüber dem Schöpfer wird so zur anthropologischen Grundbestimmung.

Somit wird der Unterschied zwischen Gott und Mensch im Danken offensichtlich. Dies hat Westermann zu der These geführt, dass alles Danken vor Gott Loben ist, und er macht die Unterschiede zwischen Danken und Loben an deutschen Formulierungen fest: Während das Danken immer selbstbezogen ist („ich danke“) und damit das „Ich“ als Subjekt hat, nimmt das Lob den Adressaten in den Blick („du hast“) und entsprechend wird „Gott“ als Subjekt verstanden. „1. Im Loben wird der Gelobte erhöht (magnificare), im Danken bleibt der Bedankte an seiner Stelle. 2. Im Loben bin ich ganz auf den gerichtet, den ich lobe; das bedeutet notwendig in diesem Augenblick ein Wegsehen von mir. Im Danken bedanke ich mich“ (Westermann 1983, 22). Diese Sichtweise wurde u.a. von Frank Crüsemann kritisiert, der gegen Westermann die Bedeutung „danken“ für ידה jdh bekräftigt und den Antwortcharakter von ידה jdh betont, wenn sich der Beter aus Anlass einer konkret erfahrenen, einmaligen Rettungstat Jhwhs an den Wohltäter wendet (vgl. Crüsemann, 279-282).

In jedem Fall zeigt jedoch der terminologische Befund, dass das mit ידה jdh bezeichnete Geschehen Loben und Danken ganz eng zusammenfasst und allein auf Gott zu beziehen ist. Dabei kann das rückgewandte Danken auch den Aspekt der Zukunft erhalten, indem der Mensch sein Leben auf ewig von Dankbarkeit geprägt versteht (vgl. Janowski, 123). Formulierungen wie „ich will dir danken / dich loben auf ewig“ (vgl. z.B. Ps 30,13; Ps 52,11; Ps 79,13) lassen Dankbarkeit zum Grundmotiv auch und gerade für das zukünftige Leben werden. „Da das Gotteslob nicht nur von dem spricht, was geschehen ist, sondern auch und vor allem von dem, was kommt, bleibt es letztlich offen: offen auf das Kommen und Eingreifen Gottes hin“ (Janowski, 128).

Hiermit ist dann aber doch wieder der Horizont des Dankens im engeren Sinne gesprengt, denn Dank wird ja in der Regel rückblickend formuliert. Folglich ist so das Danken als Teil des Lobens zu verstehen, da sich im Alten Testament allein von der Begrifflichkeit her der Vollzug von ידה jdh nicht auf das Danken in unserem modernen Sinne reduzieren lässt und zudem nicht als zwischenmenschliches Geschehen verstanden wird. Vielmehr bleibt es immer offen auf die Hoffnung hin, dass Gott weiterhin eingreift und helfend dem Menschen zur Seite steht (vgl. z.B. Ps 28,6-9). Entsprechend ist das Danken doch vornehmlich als Loben zu verstehen, als Lobpreis der Macht, Stärke und Hilfe Gottes, die sich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft realisiert (vgl. Neumann).

Zum Danken und Loben gegenüber Gott gehört der Aspekt der Erhöhung Gottes und der Spontaneität (vgl. z.B. Ps 18,47-51). Hier gibt es keine von außen auferlegte Pflicht zum Danken; das Danken im Sinne des Lobens lässt sich weder befehlen noch unterdrücken: Es ist geradezu der ungebändigte Drang, der Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, in der Regel vor einer Öffentlichkeit. In diesem Zusammenhang wird eine weitere Öffnung des Dankes zum Lob hin erkennbar. Denn in dem Moment, in dem andere in den Dank einstimmen, wird der Dank zum Lob. Die Dankbarkeit des einen wird zum Lobpreis des anderen. Viele Textbelege zeigen, dass Dank vor Gott Verkündigungscharakter hat und darauf angelegt ist, andere mit hineinzunehmen (vgl. z.B. Ps 45,18; Ps 89,6; Ps 100,4; vgl. auch 1Chr 16,8). Im Alten Testament ist der Dank entsprechend ein Ereignis der Öffentlichkeit wie z.B. Ps 35,18 zeigt: „Ich will dich preisen in großer Versammlung, vor vielem Volk will ich dich loben.“ (vgl. dazu u.a. Herrmann, 94-95; Westermann 1983, 22-24; Janowski, 120-121; Mayer, 464).

Dem entspricht auch, dass der Ausdruck des Dankens gegenüber Gott überwiegend verbal vollzogen wird. Die Absicht des Vollzugs ist oftmals schon das Lob selbst (vgl. z.B. Ps 45,18; Ps 118,21; Ps 119,62; Ps 138,1).

Dann ist aber nicht nur von einer „Theologie des Dankes“ (vgl. Janowski) zu sprechen, sondern vielmehr führt das Alte Testament auf eine „Theologie des Lobes“ hin, die stärker den Unterschied zwischen Gott und Mensch erkennen lässt. Der Mensch kann Gott letztlich keinen adäquaten Dank erweisen, er kann ihn nur loben. Das Danken, wo es auf Gott bezogen ist, wird so doch immer „vom Loben umfangen“, und damit ist Danken „eine Weise des Lobens“ (so Westermann 1983, 21). Dankbares Loben im alttestamentlichen Sinne ehrt Gott in seinem Gott-Sein und preist seine Zuwendung, die dem Menschen zugutekommt. So endet ja auch der Psalter in einem fulminanten, alle Welt umfassenden Lobpreis (Ps 148; Ps 150: „Halleluja! Lobt Gott in seiner Heiligkeit! Lobt ihn in der Feste seiner Macht! ... Alles, was Atem hat, lobe Jhwh! Halleluja!“). Im universalen Lobpreis tritt alles konkrete Danken in den Hintergrund; nur noch das Lob für Gott zählt (vgl. Neumann, bes. 420-424).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. u.a. 1993-2001
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 6. Aufl., München / Zürich 2004

2. Weitere Literatur

  • Bergman, J., Art. ידה, in: ThWAT, Bd. III, Stuttgart u.a. 1982, 458-459
  • Buhl, F., Über Dankbarkeit im Alten Testament und die sprachlichen Ausdrücke dafür, in: W. Frankenberg / F. Küchler (Hgg.), Abhandlungen zur semitischen Religionskunde und Sprachwissenschaft (FS W.W. Graf v. Baudissin; BZAW 33), Gießen 1918, 71-82
  • Crüsemann, F., Studien zur Formgeschichte von Hymnus und Danklied in Israel (WMANT 32), Neukirchen-Vluyn 1969
  • Grund, A., „Dankt JHWH – singt ihm, spielt ihm!“ (1Chr 16,8f.). Zum Zusammenhang von Dank und Kultmusik in den Chronikbüchern, in: dies. / A. Krüger / F. Lippke (Hgg.), Ich will dir danken unter den Völkern. Studien zur israelitischen und altorientalischen Gebetsliteratur (FS B. Janowski), Gütersloh 2013, 410-431
  • Herrmann, W., תודה. Ein Kapitel alttestamentlicher Theologie, ZAW 119 (2007), 90-99
  • Janowski, B., Dankbarkeit. Ein anthropologischer Grundbegriff im Spiegel der Toda-Psalmen, in: E. Zenger (Hg.), Ritual und Poesie. Formen und Orte religiöser Dichtung im Alten Orient, im Judentum und im Christentum (HBS 36), Freiburg im Br. 2003, 91-136
  • Mayer, G., Art. ידה, in: ThWAT, Bd. III, Stuttgart u.a. 1982, 460-474
  • Neumann, F., Schriftgelehrte Hymnen. Gestalt, Theologie und Intention der Psalmen 145 und 146-150 (BZAW 491), Berlin / Boston 2016
  • Simmel, G., Exkurs über Treue und Dankbarkeit, in: ders., Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Gesammelte Werke Bd. 2, Berlin 1958 [Nachdruck von 3. Aufl. 1923], 438-447
  • Westermann, C., Art. ידה, in: THAT, Bd. I, München / Zürich 1975, 674-682
  • Westermann, C., Lob und Klage in den Psalmen, Göttingen 6. Aufl. 1983

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