Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Juli 2010)

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1. Bezeichnung und Wertung

Der Fisch heißt hebräisch דָּג dāg / דָּגָה dāgāh; griechisch ἰχθύς ichthys, ein kleiner Fisch ἰχθύδιον ichthydion (Mk 8,7 par.). Der Ausdruck „Fische des Meeres“ (דְּגֵי הַיָּם dəgê hajjām / דְּגַת הַיָּם dəgat hajjām) steht häufig pars pro toto für die Bewohner des Lebensraumes Wasser (Gen 1,26.28; Ez 38,20; 1Kön 5,13; 1Kor 15,39 u.ö.) und wird dann in Parallele zu Vögeln, Land- und Kriechtieren gebraucht. Einzelne Fischarten werden in den biblischen Schriften nicht namentlich genannt; es wird dort einzig zwischen reinen und unreinen Meeresbewohnern unterschieden, denn nur die mit Flossen und Schuppen versehenen Fische galten als rein und durften gegessen werden (Lev 11,9-12; Dtn 14,9f). Alle anderen Meerestiere, wie Aale, Tintenfische oder Schalentiere, wurden dagegen als unrein angesehen.

2. Vorkommen

An der Mittelmeerküste zwischen → Gaza und → Tyrus kamen in alter Zeit viele Fische vor. Wo diese in den biblischen Schriften erwähnt werden, muss es sich aber nicht immer um Meeresfische handeln. Süßwasserfische gab es z.B. im Hule-See und in den Flussläufen Palästinas (z.B. dem → Jordan). Besonders fischreich war der See Genezareth: Darauf verweisen Ortsnamen wie Bethsaida (bêt ṣêdāh) „(Fisch)fanghausen“ oder Taricheae „Pökelort“, der griechische Name von Magdala. Auch der → Nil war für seinen Reichtum an Fischen bekannt (Ex 7,18ff; Jes 19,8; Ez 29,4f). Mehr als 30 Fischarten, die in den ägyptischen Quellen jeweils namentlich unterschieden wurden, lassen sich dort im Altertum nachweisen (vgl. die Aufstellungen bei Boessneck, 120.124-133). Viele dieser Arten kommen heute noch vor. Insgesamt hatten die Ägypter sehr genaue Kenntnisse über den Körperbau und das Aussehen der einzelnen Fischarten.

3. Methoden des Fischfangs

Gefischt wurde vom Land und vom Boot aus. Dabei kamen verschiedene → Netze, Angeln (Jes 19,8) und Harpunen (Am 4,2; Hi 40,31; Luther: Fisch[er]haken) zum Einsatz. Daneben sind auch mit dem Fischfang in Zusammenhang stehende Arbeiten, wie das Ausbringen der Netze zum Fang Ez 32,3; Lk 5,4.9) oder das Waschen Lk 5,2), Trocknen (Ez 26,5) und Ausbessern (Mt 4,21) der Netze nach dem Fang erwähnt.

4. Handel und Verwendung von Fischen

Fisch 4
In Jerusalem hat man mit Keramik aus dem 8.-6. Jh. v. Chr. (Areal G) Gräten gefunden, die belegen, dass man hier Fisch aus dem Mittelmeer und dem Jordan, aber auch aus Ägypten aß. Dass der Handel mit Fischen einige Bedeutung hatte, zeigt sich auch daran, dass eines der Jerusalemer Stadttore „Fischtor“ (Zef 1,10; 2Chr 33,14 u.ö.) hieß. Dort befand sich vermutlich in nachexilischer Zeit ein Fischmarkt, wo Kaufleute aus Tyrus mit gesalzenen und getrockneten Fischen einen schwunghaften Handel betrieben, dabei aber den Sabbat nicht einhielten (Neh 13,16). Auch gekocht, geröstet und gebraten wurde Fisch gegessen (Lk 24,42; Tob 6,5 [Lutherbibel: Tob 6,7]). Fischeingeweide fanden als Medizin (u.a. bei Augenkrankheiten wie dem Star und bei Erkrankungen der Harnwege) und zur Beschwörung von → Dämonen Verwendung (Tob 6,2-9 [Lutherbibel: Tob 6,2-10]; Tob 8,2f; Tob 11,7-13 [Lutherbibel: Tob 11,7-15]).

Fisch 5

Fischopfer sind vor allem in Mesopotamien sehr verbreitet gewesen. In Ägypten scheinen sie nach Ausweis der Quellen seltener gewesen zu sein. Bestimmte Fische galten jedoch in manchen Gegenden Ägyptens als heilig und durften nicht gegessen werden, so z.B. in Oxyrhynchos, der Hauptstadt des 19. oberägyptischen Gaus, die Fischart, die der Stadt ihren Namen gab (Oxyrhynchon Polis „Stadt des Scharfnasen-Fischs / Nilhechts“). In der Spätzeit wurden Fische – wie auch andere Tiere – vielfach mumifiziert (→ Mumifizierung).

5. Fische als Teil der Schöpfung und Zeichen des Heils

In der Wüste sehnt sich Israel nach den fischreichen Gegenden Ägyptens zurück, wo umsonst gefischt werden konnte (Num 11,5.22). In der Heilszeit wird selbst das wegen seines Salzgehaltes fischlose Tote Meer Fische im Überfluss enthalten (Ez 47,10; → Eschatologie). Als nicht-seefahrendes Volk fürchtete Israel die Gefahren des Meeres, bewunderte aber auch die dort zu findenden, nur vom Hören-Sagen bekannten Lebewesen (Sir 43,24f [Lutherbibel: Sir 43,26f]). Ps 104,26, wo Luther „großer Fisch“ übersetzt, ist eigentlich vom → Leviatan die Rede, den Gott gemacht hat, um mit ihm zu spielen. Ps 148,7 hat ebenfalls Seeungeheuer im Blick, die in Gottes Lob einstimmen. Auch die Fische bezeugen Gottes Schöpfermacht gegenüber den Menschen (Hi 12,8). Eine Besonderheit stellt der „große Fisch“ dar, der → Jona auf Geheiß Gottes verschlingt und nach drei Tagen wieder ausspeit (Jon 2,1.2.11; vgl. Tob 6,2ff; Tob 12,4 [Lutherbibel]). Eine genaue zoologische Identifikation des Tieres (Wal?; Hai?; → Walfisch) ist nicht möglich. Im Hintergrund steht möglicherweise eine alte Seefahrererzählung, wie sie an den Küsten Palästinas überliefert wurde.

6. Metaphorik

Die Bildsprache nimmt unter verschiedenen Gesichtspunkten auf Fische Bezug: Das im Bild einer großen Dürre gezeichnete Gericht Gottes rafft nach Hos 4,3 die gesamte Tierwelt und auch die Fische des Meeres dahin und unterstreicht so die Schicksalsverbundenheit von Mensch und Tier (vgl. Zef 1,3). Die Überlegenheit Gottes zeigt auch eine der ägyptischen Plagen, die ein Fischsterben im Nil auslöst (Ex 7,18.21; vgl. Ps 105,29). Jer 16,16 beschreibt die kommende Feindbedrohung für Juda im Bild von Fischern, denen niemand entrinnen kann (vgl. ferner Am 4,2; Hab 1,14f). Die Gerichtsandrohung Ez 29,4f vergleicht den Pharao mit einem → Krokodil und die Bewohner Ägyptens mit Fischen, die sich in den Schuppen des Krokodils verfangen. JHWH aber wird das Krokodil und mit ihm die Fische an dessen Schuppen an Haken aus dem Nil ziehen und aufs Feld werfen, wo sie wilden Tieren anheim fallen. Die böse Zeit, die über Menschen hereinbricht, gleicht dem jähen, unberechenbaren Gefangenwerden von Fischen (Pred 9,12). Das alttestamentliche Bilderverbot bezieht sich auch auf Darstellungen von Fischen (Dtn 4,18).

7. Neues Testament

Die Häufigkeit der Erwähnung von Fischen im Neuen Testament (und hier fast ausschließlich in den Evangelien) ist auffällig. Hierin spiegelt sich Lokalkolorit, da Jesus sich häufig am See Genezareth aufhielt und die ersten Jünger von Beruf Fischer waren (Lk 5,2ff). Heute gibt es im See Genezareth etwa 25 Fischarten. Wichtig waren in biblischer Zeit wahrscheinlich dieselben Arten, die auch heute eine Rolle spielen: der Petrusfisch (ein Buntbarsch) und die Seesardine. Fische wurden nachts gefangen; ein Ausbringen der Netze in der Hitze des Tages ist eigentlich unsinnig (Lk 5,5). Im Neuen Testament ist (gesalzener und gepökelter) Fisch als Zukost zu Brot ein gewöhnliches Nahrungsmittel (Lk 24,42) vor allem der armen Leute, so besonders in den neutestamentlichen Speisungsgeschichten (Mk 6,38.47; Mk 8,7; Mt 15,34.36; Mt 14,17; Lk 9,13ff; vgl. Joh 6,9.11). Joh 21 schildert einerseits einen wunderbaren Fischfang als Zeichen für die angebrochene Gottesherrschaft (Joh 21,6ff), andererseits wird der Auferstandene als einer gezeichnet, der selbst Nahrung, darunter Fisch, braucht (Joh 21,5; vgl. Lk 24,42): So wird die doketische Meinung, Jesus habe nach seiner Auferstehung nur einen Scheinleib gehabt, abgewiesen. Schließlich spielen Fische auch in der Mahlgemeinschaft des Auferstandenen mit seinen Jüngern eine Rolle (Joh 21,12ff).

Die Güte Gottes gegenüber den bittenden Geschöpfen unterstreicht Mt 7,10 mit dem Bild des Vaters, der dem bittenden Kind nicht eine fischähnliche Schlange statt eines Fisches als Nahrung geben wird. Steht hier der Gegensatz brauchbar – unbrauchbar im Vordergrund, so in der Parallele Lk 11,11 die Antithese gefährlich – ungefährlich. Das Himmelreich gleicht nach Mt 13,47 einem Schleppnetz (griechisch σαγήνη sagēnē) voller Fische: Nach dem Fang sortiert man die ungenießbaren und unreinen Fische aus. Dieser Vorgang dient als Bild für die Entfernung der Bösen aus der Mitte der Gerechten im Rahmen des Endgerichts. Auch Lk 5,2ff wird das Wunder des Fischfangs zur Metapher und zur Verheißung für das Tun der Jünger in der Nachfolge Jesu. Mt 12,40 knüpft an die → Jonageschichte (Jon 2,1) an und setzt das Geschick Jonas mit dem Jesu parallel: Genauso wie Jona nach drei Tagen aus dem Bauch des Fisches und damit aus dem Tod gerettet wird, so wird Jesus, der „im Herzen der Erde“, also wohl im Grabe, liegen wird, nach drei Tagen auferstehen. Das Wunder vom Geldstück in einem Fisch in Mt 17,27 – ein verbreitetes volkstümliches Erzählmotiv – drückt das Vertrauen aus, dass Gott auch für die materiellen Bedürfnisse der Gemeinde sorgen wird.

8. Frühchristliche Symbolik

Der Fisch ist eines der frühesten Symbole christlicher Kunst. Die Buchstaben des griechisch ἰχθύς ichthys dienten als Abkürzung für Jesus, Christus, Gottes Sohn, Retter (griechisch Iēsous Christos Theou Hyios Sotēr).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff.
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der christlichen Ikonographie, Freiburg i.Br. 1968-1976 (Taschenbuchausgabe, Rom u.a. 1994)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

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  • Bodenheimer, F., Animal Life in Palestine, Jerusalem 1935, 422-433
  • Boessneck, J., Die Tierwelt des Alten Ägypten anhand kulturgeschichtlicher und zoologischer Quellen, München 1988, 118-133
  • Briend, J. / Quesnel, M., Seehandel und Fischfang, WUB 20 (2001), 74f
  • Buren, E.D. van, Fish-offerings in Ancient Mesopotamia, Iraq 10/2 (1948), 101ff
  • Cansdale, G., Animals of Bible Lands, Exeter 1970, 212-223
  • Driesch, A. von den, Fische im Alten Ägypten. Eine osteoarchäologische Untersuchung, München 1986
  • Feliks, J., The Animal world of the Bible, Tel Aviv 1962, 109-111
  • Ferguson, W.F., Living Animals of the Bible, New York 1972, 73
  • Fortner, S. / Rottloff, A., Fisch, Flachs und Öl. Wirtschaftliches Leben und Handel rund um den See Gennesareth in hellenistisch-römischer Zeit, in: G. Fassbeck u.a. (Hgg.), Leben am See Gennesareth. Kulturgeschichtliche Entdeckungen in einer biblischen Region (Zaberns Bildbände zur Archäologie), Mainz 2002, 130-137
  • Gamer-Wallert, I., Fische und Fischkulte im Alten Ägypten (ÄA 21), Wiesbaden 1970
  • Keel, O. / Küchler, M. / Uehlinger, Chr., Orte und Landschaften der Bibel 1, Zürich 1984, 169-171
  • Møller-Christensen, V. / Jordt Jørgensen, K.E., Biblisches Tierlexikon (Bibel – Kirche – Gemeinde 4), Konstanz 1969, 178-186
  • Pangritz, W., Das Tier in der Bibel, München 1963, 72-76
  • Pinney, R., The Animals in the Bible, Philadelphia / New York 1964, 16f.180
  • Riede, P., Im Spiegel der Tiere. Studien zum Verhältnis von Mensch und Tier im alten Israel (OBO 187), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 2002, 238-240 und passim
  • Sarhage, D., Fischfang und Fischkult im alten Ägypten, Mainz 1998
  • Schroer, S., Die Tiere in der Bibel. Eine kulturgeschichtliche Reise, Freiburg 2010, 143-148
  • Soden, W. von, Fischgalle als Heilmittel für Augen, AfO 21 (1966), 81-82
  • Zangenberg, J., Magdala – Reich an Fisch und reich durch Fisch, in: G. Fassbeck u.a. (Hgg.), Leben am See Gennesareth. Kulturgeschichtliche Entdeckungen in einer biblischen Region (Zaberns Bildbände zur Archäologie), Mainz 2002, 93-98

Abbildungsverzeichnis

  • Fische im See Genezareth: 1) Oben: Der Petrusfisch (tilapia galilaea Artedi) mit seiner markanten Rückenflosse wird bis zu 40 cm lang und 1,5 kg schwer. 2) Unten links: Der Kischri (barbus canis), ein Karpfenfisch, wird ca. 50 cm lang und 3-4 kg schwer. 3) Unten rechts: Die Langköpfige Barbe (barbus longiceps), ebenfalls ein Karpfenfisch, wird bis zu 80 cm lang und 6-7 kg schwer. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Fische im See Genezareth: 1) Oben: Der Wels (clarias lazera), der größte Fisch in Palästina, wird bis zu 1,25 m lang und 10 kg schwer. 2) Unten links: Der Hafafi (varicorhinus damascinus), ein Barbenfischen, stammt aus dem Gebiet der Jordanquellen. 3) Unten rechts: Langköpfige Barbe (s. Abb. 1). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Methoden des Fischfangs: Von drei Papyrusschiffen aus kommt links eine Angelschnur mit mehreren Angelhaken, in der Mitte zwei Reusen, rechts Netze zum Einsatz. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Fische wurden filetiert sowie gesalzen und getrocknet, um sie haltbar zu machen. Größere Fische wurden mit Tragstangen transportiert (ägyptische Grabmalerei). Aus: J.G. Wilkinson, A Popular Account of the Ancient Egyptians, Bd. 2, London 1854, 190 Abb. 428
  • Ägyptische Fischmumie. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)

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