Goldenes Kalb
(erstellt: September 2006; letzte Änderung: Februar 2021)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19820/
Der Begriff „Goldenes Kalb“ meint ein stiergestaltiges Kultbild (→ Götterbild
1. Die Erzählung vom Goldenen Kalb (Ex 32)
1.1. Inhalt
Als zweiter Abschnitt (Ex 32,7-14
Als Mose dann aber beim Abstieg sieht, wie das Volk um das Goldene Kalb tanzt – hier hat der sprichwörtlich gewordene „Tanz ums Goldene Kalb“ seine Wurzel – entbrennt sein Zorn. Er zerschmettert die Tafeln mit den Zehn Geboten und zerstört das Goldene Kalb (Ex 32,15-20
Am nächsten Tag steigt Mose zu Jahwe auf den Berg, um für das Volk, das sich einen „goldenen Gott“ (Ex 32,31
1.2. Der fiktive Charakter und der historische Bezug der Erzählung
Nach 1Kön 12,28-30
1.3. Zur Entstehung der Erzählung
Die Erzählung ist in sich recht vielschichtig und auf keinen Fall aus einem Guss (anders Brichto). a) In Ex 32,15-20
Der älteste Kern der Überlieferung dürfte in dem im Wesentlichen literarisch einheitlichen Abschnitt Ex 32,1-6
Für eine positive ältere Fassung spricht auch, dass einige Erzählelemente von Ex 32,1-6
1. Die Stierbilder von → Bethel
2. Eine polemische Darstellung hätte den Bau des Stierbilds kaum → Aaron
3. Das Stierbild wird als Bild des Exodusgottes Jahwe verstanden. Wäre v1-6 von vornherein in polemischer Absicht formuliert worden, hätte der Verfasser das Stierbild jedoch vermutlich als Götzenbild dargestellt und seinen Bau als Verstoß gegen das erste Gebot gewertet. Die spätere Polemik gegen das Stierbild von Bethel hat diesen Weg tatsächlich eingeschlagen. In Ex 32,4
Die Ex 32,1-6
2. Der Terminus עֵגֶל ‘egæl „Kalb / Jungstier“
Wo das Alte Testament von kultischen Stierdarstellungen spricht, wird immer der Begriff עֵגֶל ‘egæl verwendet. Da Stierdarstellungen durchweg negativ beurteilt werden, ist man zu der Ansicht gelangt, עֵגֶל ‘egæl sei ein negativer, spöttischer Begriff, der die Kleinheit und Unfähigkeit des Stieres hervorheben wolle, um die Kultteilnehmer als Verehrer eines kleinen Kälbchens lächerlich zu machen. Deswegen übersetzt man „Kalb“. Das hebräische Wort עֵגֶל ‘egæl meint jedoch nicht nur ein kleines Kälbchen, sondern einen bis zu drei Jahre alten (vgl. Gen 15,9
3. Das „Goldene Kalb“ als Kultbild Jahwes
3.1. Aussehen. Bei den → Stierbildern
3.3. Symbolik. Das goldene Stierbild sagt aspektiv etwas über Gott aus. Der Glanz des Goldes verweist mit seiner Leuchtkraft auf die Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes (→ Gold
Die Gestalt des Stiers gibt der helfenden Macht Jahwes Ausdruck, der Israel aus Ägypten geführt (1Kön 12,28
4. Zur Auslegungsgeschichte
1. Das Goldene Kalb gilt als Urbild des Sündenfalls (vgl. Apg 7,39-42
2. Tannaitische Auslegung hebt neben der Schwere der Verfehlung die Größe der Gnade Gottes hervor (vgl. Ex 34,6-7
3. Nach ethischen Auslegungen zeigt die Erzählung, dass Gold und Reichtum ebenso wie Tanzen zur Sünde verführen und deswegen negativ zu werten sind (vgl. z.B. Tertullian, De cultu feminarum II, 13.16; Bibliothek der Kirchenväter
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Lexikon der christlichen Ikonographie, Freiburg i.Br. 1968-1976 (Taschenbuchausgabe, Rom u.a. 1994)
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Aberbach, M. / Smolar, L., 1967, Aaron, Jerobeam, and the Golden Calves, JBL 86, 129-140
- Brichto, H.C., 1983, The Worship of the Golden Calf: A Literary Analysis of a Fable on Idolatry, HUCA 54, 1-44
- Butterfield, A., 1997, The Sculptures of Andrea del Verrocchio, New Haven
- Fisk, B.N., 1998, Scripture Shaping Scripture: The Interpretive Role of Biblical Citations in Pseudo-Philo’s Episode of the Golden Calf, JSPE 17, 3-23
- Hahn, J., 2. Aufl. 1987, Das Goldene Kalb. Die Jahwe-Verehrung bei Stierbildern in der Geschichte Israels (EHS.T 154), Frankfurt/M. u.a.
- Janzen, J.G., 1990, The Character of the Calf and Its Cult in Exodus 32, CBQ 52, 597-607
- Knoppers, G.N., 1995, Aaron’s Calf and Jerobeam’s Calves, in: A.B. Beck u.a. (Hgg.), Fortunate the Eyes That See (FS D. N. Freedman), Grand Rapids, 92-104
- Koenen, K., 1994, Der Name ‘glyw auf Samaria-Ostrakon Nr. 41, VT 44, 396-400
- Koenen, K., 1999, Eherne Schlange und goldenes Kalb, ZAW 111, 353-372
- Koenen, K., 2003, Bethel. Geschichte, Kult und Theologie (OBO 192), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Krischel, R., 2017, Tintoretto-Werkstatt (Giovanni-Galizzi). Die Anbetung des Goldenen Kalbes, in: ders. (Hg.), Tintoretto. A Star was Born. Ausstellungskatalog 6.10.2017-28.1.2018 in Köln, München, 135
- Mandelbaum, I.J., 1990, Tannaitic Exegesis of the Golden Calf Episode, in: P.R. Davies / R.T. White (Hgg.), Essays on Jewish and Christian Literature and History (FS G. Vermes; JSOT.S 100), Sheffield, 207-223
- Oeming, M., 1997, Der Kultstier, der aus goldenen Ohrringen entstand. Erwägungen zur Symbolik des goldenen Kalbes nach Ex 32,2f, in: A. Berlejung / M. Oeming (Hgg.), Per Aspera ad Astra (unveröffentlichte Festschrift M. Weippert zum 60. Geburtstag), Heidelberg, 212-238
- Schmitt, H.-C., 2000, Die Erzählung vom Goldenen Kalb Ex. 32* und das Deuteronomistische Geschichtswerk, in: S.L. McKenzie / Th. Römer / H.H. Schmid (Hgg.), Rethinking the Foundations. Historiography in the Ancient World and in the Bible (FS J. van Seters, BZAW 294), Berlin / New York, 235-250; auch in: H.-C. Schmitt, Theologie in Prophetie und Pentateuch. Gesammelte Schriften (BZAW 310), Berlin / New York 2001, 311-325
- Schroer, S., 1987, In Israel gab es Bilder. Nachrichten von darstellender Kunst im Alten Testament (OBO 74), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Valentin, H., 1978, Aaron. Eine Studie zur vorpriesterschriftlichen Aaron-Überlieferung (OBO 18), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Weimar, P., 1987, Das Goldene Kalb. Redaktionsgeschichtliche Erwägungen zu Ex 32, BN 38/ 39, 117-160
- Zimmerli, W., 1971, Das Bilderverbot in der Geschichte des alten Israel. Goldenes Kalb, eherne Schlange, Mazzeben und Lade, in: K.-H. Bernhardt (Hg.), Schalom. Studien zu Glaube und Geschichte Israels (FS A. Jepsen), Berlin, 86-96; auch in und zitiert nach: W. Zimmerli, Studien zur alttestamentlichen Theologie und Prophetie. Gesammelte Aufsätze II (TB 51), München 1974, 245-260
- Zipor, M., 1996, The Deuteronomic Account of the Golden Calf and its Reverberation in Other Parts of the Book of Deuteronomy, ZAW 108, 20-33
Abbildungsverzeichnis
- Die Anbetung des Goldenen Kalbs (Nicolas Poussin; 1633-1637).
- Mose zerstört die Tafeln des Gesetzes (Rembrandt; 1659).
- Der hethitische Wettergott Taru-Tarchun(t) in Stiergestalt (großreichszeitliches Orthostatenrelief aus Alaca Höyük; 15. Jh.). Aus: Wikimedia Commons; © Bernard Gagnon, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 1.2.2021 - Jacopo Tintoretto (bzw. ein Schüler), Die Anbetung des Goldenen Kalbes (1543/44). Das Bild prangert die Aufstellung des Reiterstandbilds Colleonis als Tanz um das Goldene Kalb an.
- Das Reiterstandbild des Feldherrn Bartolomeo Colleoni (Andrea del Verrocchio / Alessandro Leopardi, 1481-1496). Aus: Wikimedia Commons; © Waysider1925, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 28.1.2021
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)