Jugendarbeit, katholisch
Andere Schreibweise: Jugendpastoral; Youth Ministry
(erstellt: Februar 2016; letzte Änderung: Februar 2022)
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1. Grundlagen katholischer Jugendarbeit
1.1. Verortung katholischer Jugendarbeit
Katholische Jugendarbeit (→ Jugendarbeit, evangelisch
Gesetzlich wird der Begriff Jugendarbeit in §11 des Achten Sozialgesetzbuches (= SGB VIII) geregelt. Sie wird von „Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe“ (§11 Abs. 2 SGB VIII) angeboten (ausführlicher dazu: Schmidt, 2019). Katholische Jugendarbeit beinhaltet neben der Jugendhilfe weitere Dimensionen, deren Spezifika in der Vielzahl der Handlungsfelder (siehe Kapitel 3) deutlich werden. Historisch gewachsen, hat sich der Begriff Jugendpastoral vor allem im katholisch-kirchlichen Sprachgebrauch etabliert, sodass die Begriffe Katholische Jugendarbeit und Jugendpastoral mehr und mehr synonym verwendet werden. Jugendpastoral ist ein Dienst der Kirche und umschließt alles kirchliche Handeln mit, für und durch junge Menschen. Das bedeutet, dass beispielsweise Angebote der Jugendhilfe ebenso Teil von Jugendpastoral sind wie Angebote der Jugendpastoral der Orden oder Neuen Geistlichen Gemeinschaften. Dieser Einbezug vielfältiger Arbeitsbereiche verdeutlicht auch, dass alle Felder pastoral wirken, Anteil an der Sendung der Kirche und der Verkündigung des Evangeliums haben (Höring, 2019, 18-24).
Den Grundlagendokumenten zufolge ist die Person- und Subjektwerdung junger Menschen (→ Identität
„Um die eigene Berufung zu erfüllen, muss man alles, was man ist, entwickeln, wachsen lassen und fördern. Es geht nicht darum, sich selbst zu erfinden oder sich selbst aus dem Nichts zu erschaffen, sondern sich selbst im Lichte Gottes zu erkennen und das eigene Sein zum Blühen zu bringen“ (CV 257).
Darin unterstützt katholische Jugendarbeit junge Menschen, begleitet sie und ist gemeinsam mit ihnen auf der Suche.
Jugendpastoral hat die Vielfalt jugendlicher Lebenswelten (→ Lebenswelt
1.2. Theologische Grundlage katholischer Jugendarbeit
Neben den bischöflichen und päpstlichen Grundlagendokumenten haben sich wissenschaftliche Theorien zu Jugendpastoral entwickelt. Katholische Jugendarbeit richtet sich auch theologisch an verschiedenen Spezifika aus. Einige Felder legen ihren Schwerpunkt auf missionarische (→ Mission, christliche
Historisch hat sich die → Theologie
2. Strukturelle Verankerung von Jugendpastoral
Katholische Jugendpastoral ist auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen strukturell verankert. Sie ist Teil des Gesamtauftrags der Kirche und organisiert sich in Netzwerken und Kooperationen. Diese gestalten sich auf folgenden Ebenen: Weltkirche, Bundesebene, Diözesanebene und Ortsebene.
2.1. Strukturen auf weltkirchlicher Ebene
Jugendpastoral als Thema auf weltkirchlicher Ebene kam zuletzt durch die XV. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode mit dem Titel „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ in den Fokus. Diese fand auf Einladung von Papst Franziskus vom 3. bis 28. Oktober 2018 in Rom statt. Neben Bischöfen nahmen junge Menschen aus der ganzen Welt an der Synode teil und brachten ihre Sichtweisen ein. Die dort erfahrene Synodalität und Partizipation junger Menschen wird seither verstärkt auf den unterschiedlichen nationalen Ebenen eingesetzt. Im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Christus vivit“ betont Papst Franziskus, „dass die jungen Menschen selbst die in der Jugendpastoral Tätigen sind – begleitet und angeleitet, doch frei, um voll Kreativität und Kühnheit immer neue Wege zu suchen“ (CV 203).
Zudem arbeiten jugendpastorale Akteurinnen und Akteure angesichts globaler Entwicklungen und Herausforderung in internationalen Netzwerken und gestalten Erfahrungsräume für Jugendliche, die über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. So bieten beispielsweise katholische Großevents, wie der → Weltjugendtag
2.2. Strukturen auf Bundesebene
Auf Bundesebene trägt die Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz und die ihr zugeordnete Arbeitsstelle für Jugendseelsorge (afj) Verantwortung für Jugendpastoral. Als Fachstelle für katholische Jugendarbeit fördert sie die Akteurinnen und Akteure der Jugendpastoral unter der Kurzformel „vernetzen, unterstützen, vordenken“ (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.a). Sie begleitet neue Entwicklungen der Jugendpastoral und unterstützt diese durch Fortbildungen, Vorträge, Vernetzungstreffen und Publikationen. Zudem beobachtet sie jugendliche Lebenswelten und reflektiert jugendsoziologische Erkenntnisse für die Jugendpastoral. Auch die politischen, digitalen und kulturellen Aspekte jugendlichen Lebens haben dabei einen großen Stellenwert.
Die Akteurinnen und Akteure der jugendpastoralen Handlungsfelder (siehe Kapitel 3) kooperieren zum Teil in eigenen bundesweiten Netzwerken, tauschen sich dort aus und setzen sich für junge Menschen in Kirche und → Gesellschaft
2.3. Strukturen auf Diözesanebene
Jugendpastoral auf Diözesanebene wird vor allem durch die (erz)bischöflichen Jugendämter oder Diözesanstellen für Jugendpastoral koordiniert. Beauftragt durch den jeweiligen Ortsbischof nehmen sich Diözesanjugendseelsorgende gemeinsam mit den Leitungen der diözesanen Fachstellen für die Jugendpastoral und deren Mitarbeitenden der Gestaltung der Jugendpastoral an. Sie unterstützen die vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten und befähigen diese zur Jugendarbeit. Personell, finanziell und strukturell legen die einzelnen Diözesen unterschiedliche Schwerpunkte. Nicht wenige geben durch einen Diözesanjugendplan Orientierung und richtungsweisende Elemente für die Ausgestaltung der Jugendpastoral.
Zudem organisieren sich einige der jugendpastoralen Handlungsfelder mit eigenen Diözesanstellen auf dieser Ebene. Mancherorts sind diese stark verzahnt mit den (erz)bischöflichen Jugendämtern, anderenorts bestehen Kooperationen zwischen beiden.
2.4. Strukturen auf Ortsebene
Auf Ortsebene ist Jugendarbeit klassischer Teil der Gemeindepastoral, findet sich jedoch auch an geprägten Orten wie Jugendkirchen (→ Jugendkirche
3. Handlungsfelder und Orte katholischer Jugendarbeit
3.1. Jugendpastorale Handlungsfelder: Einheit in Vielfalt
Träger von katholischer Jugendarbeit sind neben der verfassten Kirche, also der Institution Kirche, die sich in 27 (Erz-)Bistümer mit je eigenen Dekanaten in Pfarrgemeinden oder Seelsorgeeinheiten gliedert, auch Akteurinnen und Akteure wie Orden oder Jugendverbände. „Entsprechend ihrer jeweiligen Zielsetzung und pädagogischen Konzeption leisten sie im Rahmen der kirchlichen Ordnung einen eigenständigen Beitrag zur Jugendpastoral“ (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1991, 17).
Die Vielfalt katholischer Jugendarbeit spiegelt sich aktuell in den im Folgenden beschriebenen 15 jugendpastoralen Handlungsfeldern wieder. Diese bilden gemeinsam eine Einheit in der Vielfalt und leisten ihren je eigenen Beitrag zur pastoralen Arbeit für und mit jungen Menschen. Sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte und leben die pastoralen Handlungsvollzüge mit ihrem individuellen Fokus. Sie stehen gleichwertig nebeneinander und entwickeln sich stetig weiter (eine detaillierte Beschreibung aller Handlungsfelder findet sich auf Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.b oder in Krauße, 2017).
Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen
Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe schauen auf die Bedürfnisse und Nöte Jugendlicher und ihrer Familien und setzen sich für positive Entwicklungs- und Lebensbedingungen Jugendlicher inner- und außerhalb ihrer Familien (→ Familie
Freiwilligendienste
Katholische Freiwilligendienste ermöglichen bürgerschaftliches Engagement und soziales Lernen, indem sie jungen Menschen die Möglichkeit geben für einen bestimmten Zeitraum einen wertorientierten und gesellschaftlichen Dienst zu leisten. Das solidarische Engagement aus einer christlichen Haltung heraus trägt zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen bei (Bund der Deutschen Katholischen Jugend, o.J.b).
Internationale Jugendarbeit
Internationale Jugendarbeit schafft Begegnung und Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinaus. Gemeinsam lernen und arbeiten junge Menschen an Projekten, begegnen sich im Austausch oder vernetzen sich zu politischen, religiösen und jugendkulturellen Themen (Internationale Jugendarbeit, o.J.).
Jugendbildungsstätten
Katholische Jugendbildungsstätten schaffen (Lern-)Räume auf Zeit, in denen Jugendliche miteinander Glauben und Leben teilen. Geprägt durch das christliche Menschenbild heißen Jugendbildungsstätten junge Menschen willkommen und geben ihnen Raum neu Kraft zu tanken. Als Beleghäuser, aber auch durch eigene Bildungsangebote prägen sie die jugendpastorale Vielfalt mit (Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendreisen, o.J.).
Jugendkirchen
→ Jugendkirchen
Jugendpastoral der Orden
Die Jugendpastoral der Orden bringt Jugendliche in Kontakt mit Klöstern und Ordensgemeinschaften. Durch Jugendexerzitien, geistliche Begleitung oder beispielsweise Angebote für Firmgruppen (→ Firmung/Firmkatechese
Jugendsozialarbeit
Katholische Jugendsozialarbeit setzt sich vor allem für eine selbstbestimmte Teilhabe benachteiligter Jugendlicher, unabhängig von Status, Geschlecht, Herkunft oder Religion, am sozialen Leben ein. Sie versteht Gesellschaft inklusiv und unterstützt bei schulischer und beruflicher Integration (Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit e. V., 2021).
Jugendverbände
Zu christlich motiviertem eigenständigem Handeln und kritischen Urteilen regen katholische Jugendverbände junge Menschen an. Der Bund Deutscher Katholischer Jugend (BDKJ) als Dachverband verschiedener Jugendverbände vertritt die Interessen von 660.000 Kindern und Jugendlichen. Er setzt sich mit ihnen und für sie für Gerechtigkeit und Solidarität ein. Wichtige Verbandsprinzipien sind unter anderem der christliche Glaube, Partizipation, Demokratie, Selbstorganisation und Ehrenamtlichkeit (Bund der Deutschen Katholischen Jugend, o.J.a).
Junge Erwachsene
Junge-Erwachsenen-Pastoral konzipiert für und mit jungen Erwachsenen lebensrelevante Angebote und Begegnungsmöglichkeiten. Sie gestaltet Übergangsphasen und unterstützt junge Menschen dabei, im Leben und im Glauben erwachsen zu werden (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.h).
Liturgische/Kulturelle Bildung
Über digitale Medien, Musik, Film oder Kunst finden junge Menschen in ihrer Lebenswelt Zugang zur liturgischen und kulturellen Bildung (→ Kulturpädagogik/Kulturelle Bildung
Ministrantenpastoral
Den liturgischen Dienst an Gott und den Menschen thematisiert die Ministrantenpastoral. Ministrantinnen und Ministranten bereichern Gottesdienste (→ Gottesdienst, katholisch
Neue Geistliche Gemeinschaften, Kirchliche Bewegungen und Initiativen
Die Jugendpastoral Neuer Geistlicher Gemeinschaften, Kirchlicher Bewegungen und Initiativen stellt die persönliche Beziehung zu Jesus Christus und die gemeinsame Gottsuche ins Zentrum. Evangelisierung, Verkündigung, das Glaubensleben im Alltag und die Persönlichkeitsentwicklung sind ebenso wichtige Elemente. Neben dem spirituellen Fokus ist auch gesellschaftlich-soziales Engagement wichtiger Bestandteil dieser Form der Jugendarbeit (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.j).
Offene Kinder- und Jugendarbeit
Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit sind nicht an Mitgliedschaften gebunden und stehen allen Kindern und Jugendlichen in der Regel kostenfrei zur Verfügung. Zielgruppe der Angebote sind vor allem sozial benachteiligte und bildungsferne junge Menschen. In Jugendzentren, Häusern der offenen Tür oder Jugendtreffs gestalten Mitarbeitende niederschwellige Angebote wie Hausaufgabenhilfe, sportliche Aktivitäten oder Projektarbeit zu bestimmten Themen (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.f).
Politische Bildung
Katholische politische Bildung ist überparteilich und fördert die Demokratiefähigkeit (→ Demokratie
Tage religiöser Orientierung
Tage religiöser oder ethischer Orientierung bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit sich innerhalb ihres Klassenverbandes, meist an einem außerschulischen Ort, mit lebensrelevanten Themen wie Freundschaft, Sinnsuche oder Zukunft auseinanderzusetzen. Als Teil schulbezogener Jugendpastoral bieten sie eine Auszeit vom Schulalltag und ermöglichen das Erleben neuer gruppendynamischer Prozesse innerhalb der Schulklasse (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.k).
3.2. Weitere Orte katholischer Jugendarbeit
Neben den 15 aktuell definierten Handlungsfeldern ergeben sich weitere Orte katholischer Jugendarbeit. So finden junge Menschen in der klassischen Gemeindepastoral wie in der Firmkatechese und der → Schulpastoral
Kinder- und Jugendkatechese als Teil der Gemeindepastoral
Vor allem die Firmkatechese (→ Gemeindekatechese, → Firmung
Schulpastoral
Schulpastoral (→ Schulpastoral/Schulseelsorge
Digitaler Raum
Digitalität ist selbstverständlicher Teil jugendlicher Lebenswelten. Im digitalen Raum finden sich vermehrt jugendpastorale Angebote für junge Menschen. Akteurinnen und Akteure der Jugendpastoral präsentieren sich und ihre Institutionen auf Social Media und sind dort ansprechbar. Christliche „Sinnfluencerinnen“ und „Sinnfluencer“ legen digital Zeugnis über ihren Glauben ab und lassen ihre Followerinnen und Follower an ihrem Leben teilhaben. Christliche Apps bieten Orientierung bei der Berufungsfindung, geben Einübungsmöglichkeiten in Gebetsformen oder holen die Bibel auf das eigene Smartphone (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, o.J.d).
Christliche Orientierungsjahre und Jüngerschaftsschulen
Christliche Orientierungsjahre und Jüngerschaftsschulen bieten jungen Menschen die Gelegenheit, sich für eine begrenzte Zeit intensiv mit ihrem Leben, ihrer Zukunft und ihrem Glauben auseinanderzusetzen. Während Christliche Orientierungsjahre oftmals der Berufsorientierung dienen, legen Jüngerschaftsschulen den Fokus auf die eigene Spiritualität und die Beziehung zu Jesus Christus (Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, 2021a).
Alle Felder und Orte jugendpastoralen Handelns sind als fluides Netzwerk zu verstehen. Die Übergänge sind fließend und Kooperationen keine Seltenheit.
4. Ausblick
Katholische Jugendarbeit entwickelt sich stetig weiter und orientiert sich dabei an kirchlichen, gesellschaftlichen und jugendspezifischen Veränderungen. Sie ist herausgefordert von kirchlichen und weltlichen Krisen. Angesichts größer werdender Seelsorgeeinheiten und schwindender Kirchenmitgliedszahlen muss sie einen Weg finden heute für, mit und durch junge Menschen Kirche zu sein, zum Auftrag des Evangeliums beizutragen und auch zukünftig ansprechend und relevant zu sein. Sie muss lernen, sprachfähig zu sein, um Ansprechpartnerin für junge Menschen beispielsweise auch in ökologischen und digitalen Fragen sein zu können.
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