Petrusapokalypse, koptisch
Andere Schreibweise: Apokalypse des Petrus, koptisch; The Coptic Apocalypse of Peter (engl.)
(erstellt: Mai 2019)
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1. Bezeugung, Überlieferung und Titel
Die koptisch-gnostische Apokalypse des Petrus war bis zu ihrer Entdeckung im Rahmen des Handschriftenfundes von → Nag Hammadi
Der mit vierzehn Papyrusseiten (p. 70,13 - p. 84,14) relativ kurze Text ist, bis auf wenige kleine Lücken, gut erhalten, gleichzeitig bietet er auf engstem Raum eine ungewöhnliche Häufung von Schwierigkeiten syntaktischer und grammatikalischer Art, die nur zum Teil auf Nachlässigkeiten des Kopisten zurückzuführen sind. Vielmehr dürfte schon der koptische Übersetzer Schwierigkeiten mit der griechischen Vorlage gehabt haben. Der Aussagewille ihres Verfassers scheint gelegentlich dessen literarisches Vermögen überstiegen zu haben. Der griechische Titel apokalypsis petrou findet sich sowohl am Anfang als auch am Ende der Schrift. Griechische Titel finden sich bei koptisch überlieferten Texten auch sonst; innerhalb des Nag Hammadi-Fundes am Ende des Gebetes des Apostels Paulus (NHC I,1 B8), als Schlusstitel der Schrift Authentikos Logos (NHC VI,3 p. 35,23f.) sowie am Ende des Zweiten Logos des großen Seth, der Schrift unmittelbar vor der Petrusapokalypse (NHC VII,2 p. 70,11f.).
2. Stellung im Codex
Als Apokalypse würde man die koptische Petrusapokalypse eher in Nag Hammadi-Codex V, dem sogenannten Apokalypsencodex, vermuten. Darin befinden sich alle weiteren, als Apokalypse bezeichneten Texte des Nag Hammadi-Fundes. Allerdings sind nicht alle dort als Apokalypse titulierten Schriften → Apokalypsen
In Nag Hammadi-Codex VII finden sich folgende Schriften:
- 1.Die Paraphrase des Sēem
- 2.Der zweite Logos des großen Seth
- 3.Die Apokalypse des Petrus
- 4.Die Lehren des Silvanus
- 5.Die drei Stelen des Seth
Die engsten Berührungen sowohl inhaltlicher als auch sprachlicher (dialektaler) Art zeigt die Apokalypse des Petrus mit dem Zweiten Logos des großen Seth, auf den sie folgt. Die Lehren des Silvanus, die auf die Petrusapokalypse folgen, sind dagegen weisheitlich geprägt und haben keine Berührungen inhaltlicher oder formaler Art mit der Petrusapokalypse.
3. Sprache, Entstehungszeit und Herkunft
Als Ursprache der koptisch überlieferten Petrusapokalypse wird allgemein und zu Recht das Griechische angenommen. Darauf deuten nicht nur der doppelt überlieferte griechische Titel und einige im Koptischen sonst eher unübliche griechische Konjunktionen und Partikeln sowie der häufige Vokativ petre hin, vielmehr lassen sich auch einige Unklarheiten des Textes am besten als Transportverluste im Zuge der Übersetzung erklären.
Wenn die Erwähnung des Namens Hermas (herma) in p. 78,18 auf die Schrift → „Der Hirt des Hermas
Als Herkunftsregion der Petrusapokalypse wird meist, u.a. wegen der Bevorzugung des → Matthäusevangeliums
4. Literarischer Charakter
Die Apokalypse des Petrus führt den Begriff „Apokalypse“ nicht nur im Titel, sondern entspricht auch den gängigen Kriterien der Gattung. Petrus empfängt in Visionen und Auditionen Enthüllungen über das wahre Wesen des Erlösers, der zugleich als angelus interpres auftritt. Den Rahmen der Schrift bildet die Schau der Passionsereignisse, die zugleich gnostisch interpretiert werden. Der Mittelteil (p. 73,14 - p. 80,23) polemisiert sowohl gegen die werdende Großkirche als auch gegen bestimmte (andere) gnostische und nichtgnostische „Häresien“. Polemik und Vision der Passionsgeschichte interpretieren sich gegenseitig. Die Priester und das Volk, die sich in der Passionsgeschichte gegen den Erlöser wenden, werden auf ähnliche Weise charakterisiert wie die Repräsentanten der Gegner, gegen die im Mittelteil polemisiert wird. Insbesondere der Mittelteil hat die Funktion, der offenbar in Bedrängnis geratenen Trägergruppe der Petrusapokalypse Trost und Mut zuzusprechen – auch dies ein typisches Merkmal apokalyptischer Literatur. Die Abwesenheit dezidiert gnostischer Systembildung – jenseits der entfalteten Christologie – muss nicht zwingend als Indiz für eine Frühdatierung gewertet werden, sondern lässt sich auch als genrebedingt verstehen.
5. Theologische Eigenart
Die auffälligste Eigenheit der Petrusapokalypse ist, dass Petrus, der sonst in gnostischer und gnostisch beeinflusster Literatur häufig als Repräsentant eines autoritären Großkirchentums erscheint (→ Evangelium nach Maria
Inhaltlich entfaltet die Apokalypse des Petrus eine komplexe, mehrstufige Christologie auf dem Hintergrund einer gnostischen Interpretation des Passionsgeschehens. Dabei scheinen zumindest einige später neutestamentliche Schriften, insbesondere das Matthäusevangelium, für den Autor bereits quasi-kanonische Gültigkeit zu besitzen, weshalb er genötigt ist, sie zu interpretieren, statt sie einfach zu verwerfen bzw. durch etwas Neues zu ersetzen. Schau und Interpretation der Passionsereignisse werden Petrus als Vorausschau vor der Gefangennahme Jesu gewährt, was mit der Trostfunktion der Petrusapokalypse unmittelbar korrespondieren dürfte.
Die dreistufige Christologie ist geprägt von einer massiven Abwertung des irdischen Jesus. Der Fleischesleib, eine Art „Ersatz“, das „Haus der Dämonen“, wird von den Archonten als „Sohn ihrer Herrlichkeit“ mit Recht „der Schande preisgegeben“. Den „Namen eines Toten“ zu verehren und davon Reinigung zu erhoffen, kennzeichnet gerade die feindliche Großkirche und ihre Ableger. Dieser Fleischesleib des Erlösers ist gebildet nach dem Bild des „lebendigen Jesus“ (p. 81,17f.), der während der Kreuzigung auf dem → Kreuz
Literaturverzeichnis
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