Deutsche Bibelgesellschaft

Tod/Todesverständnis

(erstellt: Februar 2022)

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1. Dimensionen des Redens vom Tod

Reflexion über Tod und Todesvorstellungen (→ Tod, interreligiös) hat unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen: Nachtodesvorstellungen, kulturelle Praktiken rund um das → Sterben sowie die bildliche Repräsentation von Tod und Sterben. Schließlich berührt das Thema die ethische Frage des Tötungsverbots und die Grenzziehung zwischen Leben und Tod.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist der Tod bestimmt durch vier Merkmale: Nonfunktionalität, Irreversibilität, Universalität und Kausalität. Nonfunktionalität bedeutet, dass der menschliche Körper (→ Leib und Körper) im Ganzen nicht mehr funktioniert, Irreversibilität bezeichnet die Endgültigkeit des Todes, Universalität verweist auf die Tatsache, dass jeder Mensch, ja alles Lebendige, irgendwann stirbt, Kausalität schließlich heißt, dass der Tod aufgrund ganz bestimmter Ursachen eintritt.

Die Fähigkeit, den eigenen Tod zu denken, macht den Menschen zum Menschen und das Bewusstsein darüber ist existenziell bedeutsam. Welche Auswirkungen dieses Wissen hat, ist abhängig von Faktoren wie Lebensalter, gesundheitlichen Gefährdungen, von Persönlichkeitsmerkmalen und von individuellen Glaubenshaltungen und Überzeugungen. Ebenso existenziell bedeutsam ist die Erfahrung des Todes von nahen und geliebten Menschen, aber auch das Wissen um leidvolles, ungerechtes oder massenhaftes Sterben außerhalb des unmittelbaren eigenen Erfahrungsbereichs.

In der Verarbeitung der individuellen Todesgewissheit und des Todes anderer spielt die Vorstellung von dem, was nach dem Tod kommt, eine wichtige Rolle. Alle Religionen haben spezifische Vorstellungen darüber, wie die individuelle bzw. kollektive Existenz nach dem Tod aussieht und wie der Zusammenhang von Lebenszeit, Lebensvollzügen und Tod zu interpretieren ist. Sie sind eingebettet in eschatologische Vorstellungen vom Ende der Welt, vom Endgericht und der Herstellung universeller Gerechtigkeit und haben eine vielfältige, sich über die Jahrhunderte veränderte Bildsprache hervorgebracht. Es bleibt jedoch festzuhalten: Nachtodesvorstellungen sind Glaubenstatsachen, denn über den Tod selbst lässt sich empirisch nichts sagen. Daran ändern auch Berichte über Nahtoderlebnisse nichts.

2. Tod und Sterben heute

2.1. Verdrängung oder Sichtbarkeit des Todes?

Vielfach wird heute das das medizinisch-technische Umfeld des Sterbens, das Verschwinden traditioneller Praktiken und die Abnahme der Sichtbarkeit des Todes beklagt. Das Sterben findet vorwiegend in Kliniken statt, einem Umfeld, das der Lebensverlängerung Gesunderhaltung verpflichtet ist und in dem dafür sowohl Medikamente als auch lebenserhaltende Maschinen zur Verfügung stehen.

Dieser Sicht ist jedoch mit Skepsis zu begegnen, denn sie insinuiert, dass früher gewissermaßen eine Hochkultur des Sterbens geherrscht habe, in der die Menschen „umfassend getröstet, sozial eingebettet“ gestorben seien (Wils, 2014, 134). Die Romantisierung des vormodernen Sterbens unterschlägt seine Brutalität des angesichts gewaltsamer Auseinandersetzungen oder des Sterbens an heute vermeidbaren Krankheiten wie etwa Infektionen oder während der Geburt. Dagegen haben sich die institutionellen Rahmenbedingungen für einen sorgsamen Umgang mit Sterbenden und Trauernden enorm verbessert, etwa durch die Palliativmedizin, durch die Hospizbewegung, durch professionelle Trauerbegleitung.

Es ist sicher zutreffend, dass insbesondere junge Menschen eher nur ausnahmsweise einen Leichnam zu Gesicht bekommen. Hingegen werden sie medial in einer nie dagewesenen Weise mit realem oder fiktivem Tod konfrontiert, sei dies in drastischen Darstellungen oder in abstrakten Statistiken. Sogar Trickfilme für Kinder enthalten in großem Ausmaß Tode der Hauptcharaktere (Colman, 2014), wobei diese oft trivialisiert werden (Wass, 2003, 93). Inwieweit diese „groben Verzerrungen des wirklichen Lebens und Sterbens“ (Wass, 2003, 94) die Realitätswahrnehmung der Heranwachsenden nachhaltig beeinträchtigen, ist ein umstrittenes Thema der Medienpädagogik.

2.2. Individualisierung des Todes

Wie die religiösen Überzeugungen im Allgemeinen sind auch die Vorstellungen über den Tod bzw. das Leben nach dem Tod im Besonderen plural und individualisiert. Wohl existieren gemeinsame Motive (Weiterleben in unseren Herzen, → Himmel, unsterbliche → Seele), die jedoch frei interpretiert und unterschiedlich miteinander verbunden werden.

Der Wunsch nach Autonomie und Individualität betrifft nicht nur die Lebensführung, sondern auch Sterben, Tod und Trauer (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 12). Mit der Erlaubnis der Kremierung am Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Wahrnehmung des toten Körpers nachhaltig verändert, indem sie das Hantieren mit den sterblichen Überresten vereinfacht. „Die Feuerbestattung avancierte fortan zum Zeichen für Fortschrittlichkeit, Pragmatismus und Sauberkeit“, obwohl die Zahlen zunächst nur sehr gering waren (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 11;15f.). Nach wie vor gilt in Deutschland die Pflicht zur immobilen Verortung, meistens auf einem Friedhof und unter Einhaltung einer festgelegten Ruhezeit. In Judentum und Islam dürfen Gräber überhaupt nicht aufgehoben oder neu belegt werden (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 14f.).

Daneben zeigt sich Widersprüchliches: Es ist einfacher geworden, anonym zu bestatten – seit 1985 gibt es die Möglichkeit der anonymen Ascheverstreuung auf einem Friedhof (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 16) – andererseits findet man vermehrt Fotos und persönliche Accessoires auf Gräbern und bei Todesanzeigen. Auch die Friedhofsformen sind pluraler geworden: seit 1995 gibt es eine Gemeinschaftsgrabstätte für AIDS-Tote auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg, seit 2001 den ersten Ruheforst in der Nähe von Kassel, wo eine Bestattung in der Natur möglich ist (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 18). Seit 2004 dürfen aus einem Teil der Kremierungsasche Erinnerungsdiamanten hergestellt werden (Benkel/Klie/Meitzler, 2019, 18).

Sterbefälle und Gedenken sind durch den Wegfall von Bräuchen wie öffentliche Aufbahrung, Trauerzüge, Tragen von Trauerkleidung sowie die Möglichkeit der anonymen Bestattung mehr der Öffentlichkeit entzogen, jedoch bietet das Internet eine eigene Erinnerungskultur, wo ortsunabhängig digitale Blumengaben und Kondolenzgrüße möglich sind.

Auch in der Religionspädagogik spiegelt sich die Tendenz zur Individualisierung: Während die eschatologischen Motive wie Himmel, → Hölle und Jüngstes → Gericht kaum unterrichtliche Beachtung finden, gibt es eine Fülle von bildlichen und sprachlichen Zeugnissen von Kindern zum Thema Tod (Kropac, 2014, 483).

3. Tod in der christlichen Tradition

3.1. Biblische Überlieferung

Die Vorstellungen vom Tod im Alten Testament sind so vielfältig und so wenig linear wie der gesamte erste Teil der Bibel. Grundsätzlich wird über das Leben nach dem Tod nichts gesagt, mit Ausnahme ganz später Stellen: Jes 26,19; Dan 12,1-3 (Gnilka, 1979, 157). Erwähnt wird die Totenwelt Scheol, die kein Sehnsuchtsort ist und mit der Jahwe nichts zu tun hat. Jedoch ist insbesondere den Psalmen zu entnehmen, dass Jahwe die Macht hat, vom Tod zu erretten (Deselaers/Vorholt, 2020, 23-26). Außerdem gibt es Vorstellungen darüber, wann der Tod gut ist, nämlich dann, „wenn man ihn sterben darf, aber nicht sterben muss“ (Deselaers/Vorholt, 2020, 25). Das ist nach einem erfüllten Leben der Fall, wie etwa bei Abraham, der „im glücklichen Alter“ (Gen 25,8) starb. Derselbe Gedanke ist im Neuen Testament in Lk 2,29-30 zu finden, als der greise Simeon „in Frieden scheiden“ kann, nachdem er Jesus gesehen hat.

Das Neue Testament steht in dieser jüdischen Tradition. Das Streitgespräch Jesu mit den Sadduzäern (Mk 12,18-25), die eine Auferstehung strikt ablehnten, weist jedoch darauf hin, dass es sich durchaus um eine Streitfrage im zeitgenössischen Judentum handelte. Jesus betont hier, dass durch den Tod weltlich geltende Kategorien wie die Ehe vollkommen relativiert werden und dass überdies Gott ein Gott des Lebens sei (Gnilka, 1979, 156-162). In besonderer Weise ist „der Tod Jesu im Christentum einzigartig und exemplarisch und der Glaube an seine Auferstehung (→ Auferstehung Jesu) und die Auferstehung aller Toten (→ Auferstehung der Toten) Lackmustest für den christlichen Glauben (Tück, 2002, 275).

3.2. Geschichtliche Stationen

In vormoderner Zeit war die Konfrontation mit dem Tod angesichts der hohen Säuglingssterblichkeit und der Sterblichkeit der Gebärenden sowie der Verluste durch Infektionskrankheiten, Epidemien und kriegerische Auseinandersetzungen Teil des Alltags. Dennoch wurde der Tod durch die Pestepidemie von 1347 bis 1352, welche schätzungsweise ein Drittel bis die Hälfte der europäischen Bevölkerung das Leben kostete, auf nie dagewesene Weise allgegenwärtig. Sie veränderte noch einmal das Verhältnis der Menschen zur Todesgefahr. Es entstand eine Erbauungsliteratur, die sich um eine gute Sterbestunde und das ewige Heil im Jenseits sorgte. Zur selben Zeit entstanden die Bildfolgen, die den Totentanz darstellten mit dem Tod als dem großen Gleichmacher, der ungeachtet des Standes oder Alters Menschen aus dem Leben reißt (Nocke, 2008, 412; Ariès, 1982, 149). Auch diese Bildlichkeit transportiert eindrücklich die Verachtung der Welt und des Körperlichen und die Konzentration auf das Jenseits als das eigentlich Wichtige.

Ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sich die Personifikation des Todes als Sensenmann oder als Gerippe, letzteres teilweise mit Krone, die auf den Sieg des Todes verweist, kombiniert mit Motiven der Vanitas (Vergänglichkeit). Die Barockliteratur enthält die typischen Elemente: Mahnung an die Vanitas, das Bewusstmachen des Todes (lat.: memento mori) und die Aufforderung, die Zeit zu nutzen (lat.: carpe diem) (Sörries, 2015, 60-61).

In diesen Zusammenhang gehört auch die spätmittelalterliche Literaturgattung Ars Moriendi, welche zum Ziel hat, eine angemessene Vorbereitung auf den Tod zu ermöglichen, damit das Himmelreich erlangt werden kann (Wils, 2014, 33). Ein guter Tod (lat.: bona mors) ist dann gegeben, wenn man vor dem Tod das Bußsakrament, die Eucharistie und die Sterbesakramente empfangen hat (Sörries, 2015, 35). Die Prediger mahnten, die Sakramente zu empfangen und nicht aufzuschieben, damit man für den Fall eines plötzlichen Todes gerüstet sei (Pennington, 2001, 56). Im Volksglauben entwickelte sich die Praxis, wo möglich, jeden Tag in die Kirche zu gehen, um wenigstens einen Blick auf das Allerheiligste in der Monstranz zu werfen. Diese sogenannte Augenkommunion sollte vor einem plötzlichen Tod schützen (Sörries, 2015, 36-37).

Aktuell ergeben sich aus der Reflexion des Lebensendes eine Reihe von Fragen für die theologische → Ethik. Zentral ist dabei das Tötungsverbot, das genauso universal ist wie die Legitimation für seine Ausnahmen. Der medizinische Fortschritt hat neue Fragestellungen im Hinblick auf den Tod hervorgebracht, insbesondere bezüglich der Grenzziehung zwischen Leben und Tod und der Qualität menschlichen Lebens. Was als natürlicher bzw. unnatürlicher Tod angesehen wird, hängt von dieser Grenzziehung wesentlich ab.

4. Todesverständnis

4.1 Vorschulalter

Pionierin der Forschung zu kindlichen Todesvorstellungen ist Maria Nagy mit ihrem bereits 1943 publizierten Artikel (Nagy, 1948). Die dort vorgelegten Erkenntnisse haben ihre Gültigkeit behalten.

Die Grenzen und Ausformungen der Vorstellung von Sterben, Tod und einer Existenz nach dem Tod sind einerseits abhängig von der allgemeinen psychosozialen und intellektuellen Entwicklung eines Menschen, andererseits von Umweltfaktoren. Kinder orientieren sich an Erwachsenen, und werden durch Medienkonsum, Videospiele und andere Umweltfaktoren beeinflusst. „So erfahren Kinder etwas über den Tod, indem sie wichtigen Erwachsenen zuhören, sie beobachten und mit ihnen interagieren, indem sie einem Begräbnis oder Gedenkgottesdiensten beiwohnen, indem sie Nachrichten und andere Fernsehprogramme anschauen und indem sie Videospiele spielen“ (Wass, 2003, 92).

Im Vorschulalter können die vier Kennzeichen des Todes noch nicht begriffen werden. Tod hat wesentlich mit Endlichkeit angesichts der unvorhersehbaren Begrenztheit der Lebenszeit zu tun. Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren leben noch ganz in der Gegenwart, die aus einer Abfolge von Augenblicken besteht und haben noch kein Verständnis einer längeren Zeitspanne wie etwa der Lebenszeit. Daher kann Irreversibilität des Todes noch nicht begriffen werden (Plieth, 2013, 12-13; Specht-Tomann/Tropper, 2011, 60-62). Ebenso können sie noch nicht zwischen belebten und unbelebten Gegenständen unterscheiden. In ihrem vom Animismus geprägten Denken ist prinzipiell jedes Objekt beseelt, so dass sie die Nonfunktionalität des Todes nicht erfassen können. Gleichermaßen ist es ihnen nur ansatzweise möglich, die Gründe für Sterben zu erfassen (Kausalität). Schließlich führt das Unvermögen, sich in eine andere Position als die eigene hineinversetzen zu können oder sich selbst aus einer Außenperspektive anzusehen, dazu, dass sie die Universalität des Todes nicht verstehen. Er betrifft nur andere.

Trotzdem begreifen sie, dass Totsein offensichtlich eine eigene Qualität ist und sie interessieren sich dafür, worin diese besteht. Dies kann sich darin äußern, dass ein Kind z.B. einen bereits vergrabenen toten Vogel wieder ausgraben möchte, um zu sehen, was tot bedeutet (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 72). Die Rhetorik rund um Sterben und Tod wird wörtlich genommen: von uns gehen, vorausgehen, die letzte Reise antreten, im Himmel sein.

Tod ist für Kinder vor allem vorübergehende Trennungserfahrung, die in alltäglichen Kategorien gedacht wird. Demzufolge können Tote Gefühle haben, sich entscheiden, wie lange sie tot sind und so weiter. Der Tod kann rückgängig gemacht werden. Das dieser Entwicklungsphase eigene magische Denken bewährt sich als eine Art von Bewältigungsstrategie. Es drückt sich etwa aus im Glauben daran, dass Beschwörungsformeln den Tod verhindern können. Eine Aussage wie „Wenn du ganz viel Sport machst (…), dann stirbst du kaum (…)“ (Plieth, 2013, 20) kann in diesem Sinne als magische Bewältigungsstrategie verstanden werden.

Trotzdem sind Kinder nicht vor Todesangst gefeit. Sie äußert sich als Angst vor dem Ersticken, Angst vor Verstümmelung oder vor Trennung (Plieth, 2013, 20-23). Ebenso sind sie imstande, die Trauer anderer, insbesondere ihrer primären Bezugspersonen, wahrzunehmen (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 69). Reale Todeserfahrungen können zu massiven psychischen Belastungen führen (Plieth, 2013, 24; 26; Hennecke, 2008, 424).

4.2 Primarschulalter

Im Grundschulalter können die Kinder die Irreversibilität des Todes allmählich besser erfassen, weil sie immer besser Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterschieden können. Damit korrespondiert das Verständnis vom Ort, das sich vom (Ego)Zentrischen zum Exzentrischen entwickelt, das heißt, man kann sich vorstellen, wie man selbst von einer anderen Person, die sich an einem anderen Ort befindet, wahrgenommen wird (Plieth, 2013, 13; Specht-Tomann/Tropper, 2011, 60-62). Ebenso kann allmählich die Universalität des Todes begriffen werden, allerdings immer noch begleitet von der Annahme, dass sie selbst davon nicht betroffen sind (Hennecke, 2008, 424).

Kinder entwickeln nun eine lebhafte Phantasie über die Gestalt des Todes und das Leben nach dem Tod (Plieth, 2013, 24-25). Die Bilder speisen sich aus Alltags- und Wunschdenken der Kinder, allerdings sind nicht alle Bilder und Vorstellungen vom Tod und dem Leben danach positiv und konstruktiv. Nach Plieth finden sich brutale Bilder mit teilweise hohem Aggressionspotenzial vor allem bei Jungen, was als Ruf nach Aufmerksamkeit gedeutet werden kann. „Dabei geht es nicht selten darum. Aufmerksamkeit zu erwirken, zu schockieren und nach Möglichkeit eigene, als sehr belastend empfundene Gefühle auf andere zu übertragen (…)“ (Plieth, 2013, 119). Mädchen, bei denen krasse Darstellungen seltener sind, scheinen mehr darauf aus zu sein, Betroffenheit und Solidarität mit den Betroffenen auszudrücken (Plieth, 2013, 119-120). Bei den verwendeten Motiven spielen die Übernahme und Verarbeitung von Bekanntem aus den Massenmedien erkennbar eine Rolle (Plieth, 2013, 123).

4.3 Jugendzeit

Ungefähr ab dem 12. Lebensjahr, mit erheblichen individuellen Schwankungen, kann der Tod in seinen vier Aspekten realistisch-sachlich gedeutet werden.

Im Rahmen des Religionsunterrichts und der Katechese wird man feststellen, dass Jugendliche in der Regel ein Interesse am Thema Jenseits und Leben nach dem Tod haben, jedoch muss man damit rechnen, dass das Wissen um traditionelle Glaubensinhalte eher lückenhaft oder gering ist. Die Vorstellungen von Jugendlichen über den Tod und was danach kommt, sind außerordentlich vielfältig und nicht auf einen Nenner zu bringen (Bescherer, 2010, 115-117; Demont/Schenker, 2009). Neben Vorstellungen aus verschiedenen religiösen Traditionen (Wiedergeburt, Auferstehung, Seelenwanderung), in die sich Elemente der Populärkultur (z.B. Zombies) mischen können, reicht das Spektrum von rein naturwissenschaftlich bis hin zu den tradierten Überzeugungen der Herkunftsreligion.

Zu erwarten ist ebenfalls aus einer individualistischen Auffassung sich ergebende Toleranz, bei der die Vorstellungen über den Tod als Privatangelegenheit angesehen und nicht bewertet werden (‚Das kann jeder für sich entscheiden‘). Entsprechend richtet sich auch die Offenheit für traditionelle Glaubensinhalte danach, ob man sie individuell für sich selbst passend findet. Nach Bescherer wird der Tod unter den Jugendlichen nicht tabuisiert, ist aber in der Regel kein zentrales Thema in dieser Altersgruppe (Bescherer, 2010, 118). Allerdings kann es durchaus gelingen, das Interesse am Thema und die emotionale Betroffenheit in einen Lernprozess einzubinden, bei dem die Frage nach dem Tod als existenzielle Frage reflektiert wird (Hennecke, 2008, 424). Symbole des Todes, wie beispielsweise Totenköpfe, schwarze Kleidung, schwarze Haare, schwere Schuhe und Ketten zu einem düsteren Gesamteindruck kombiniert, sind schon lange gängige Accessoires und können nicht unmittelbar als besonderes Interesse am Tod oder Lust an der Todesnähe interpretiert werden (Bescherer, 2010, 32-41).

Mit zunehmendem Lebensalter wirken sich im Hinblick auf das Thema individuelle Lebensläufe und Erfahrungen aus: Betroffenheit von Krankheit und Tod im näheren Umfeld oder am eigenen Leib (→ Leib und Körper), soziokulturelles Milieu, Medienkonsum. Jedoch stellen Kuld u.a. fest, dass „das eigene Erleben des Todes eines nahestehenden Menschen […] nur begrenzt zu einem häufigeren Nachdenken über den Tod“ führe, weisen jedoch eine Korrelation zwischen der Kirchlichkeit der Befragten und der Häufigkeit, über den Tod nachzudenken, nach (Kuld/Rendle/Sauter, 2000, 74). Die Jugendzeit ist eine Phase, die vor allem auf die eigene persönliche Zukunft ausgerichtet ist: Fragen der Ausbildungs- und Berufswahl, die Akzeptanz der Peergroup, die reale oder ersehnte romantische Beziehung. Obwohl es durchaus Gründe gibt, die Frage nach dem Ende des Lebens nicht auszuklammern, muss doch anerkannt werden, dass ein übermäßiges Interesse an Fragen des Todes wahrscheinlich eine Problemanzeige darstellt.

5. Religionspädagogische Impulse

5.1. Grundlegende didaktische Überlegungen

Die Thematik rund um den Tod und was danach kommen mag, gehört zu den großen Fragen, mit denen Kinder, religiös geprägt oder nicht, mit oder ohne ersichtlichen Anlass, ihre Eltern, Betreuungs- und Lehrpersonen konfrontieren. Gerade in einem informellen Kontext, aber auch während des Unterrichts, fühlen diese sich nicht selten überrumpelt und überfordert davon, kurz, kompakt und kindgerecht eine gültige Antwort präsentieren zu können. “Was mache ich, wenn ich tot bin? Wo kommen wir hin, wenn wir tot sind? Warum gibt es einen Himmel? Wie sieht es im Himmel aus? Ist der Himmel wirklich ein Paradies? Hört das Leben auf der Erde nie auf? “ (Oberthür, 1995, 15). So oder so ähnlich könnten Kinderfragen lauten.

Im Religionsunterricht gehört das Thema zum Standard. Während in der Primarstufe der Schwerpunkt darauf liegt, die eigenen Vorstellungen der Kinder zum Ausdruck zu bringen und sie mit den sichtbaren Erscheinungsformen der Kultur um Tod und Sterben, wie z.B. Friedhöfe, vertraut zu machen, steht spätestens ab der Sekundarstufe I die Förderung der Sprachfähigkeit und der „Herausbildung eines gereiften und tragfähigem Todeskonzepts“ im Mittelpunkt (Plieth, 2013, 7). Dies geschieht auch auf dem Hintergrund und mit der Kenntnis traditioneller religiöser Konzepte.

Zum schulischen Leben gehört es darüber hinaus, dass man mit Todesfällen innerhalb der Schule oder bei Angehörigen von Schülerinnen und Schülern und entsprechenden Trauersituationen konfrontiert wird. Hier sind die Verantwortlichen für die Schule, besonders aber Lehrerinnen und Lehrer herausgefordert, einen angemessenen und sensiblen verbalen wie nonverbalen Umgang mit schwierigen Situationen zu finden.

5.2 Über Tod und Trauer sprechen

Sowohl für informelle als auch für das unterrichtliche Gespräch über Tod und Trauer eignet sich der Zugang, den die → Kindertheologie vorschlägt. Dieser beruht darauf, dass alle Gesprächsteilnehmende als eigenständige, kreative, religiöse Subjekte gelten, die zu einem Thema gültige Deutungen schaffen und Substanzielles beitragen können. Sie werden gesehen als schöpferische Wesen, welche die geistigen und praktischen Aufgaben, die sich ihnen stellen, mit den ihnen zur Verfügung stehenden sprachlichen, kognitiven, bildhaften, gestalterischen Mitteln bewältigen. Dieses Menschenbild hat zur Konsequenz, dass die Vorstellungen von Kindern im gegenseitigen Austausch als gültig wahrgenommen und geschätzt werden und auf eine Bewertung verzichtet wird. Sie erfordert, vor jeder methodischen Umsetzung, von der Lehrperson eine Haltung der authentischen Aufmerksamkeit und Würdigung für die Themen, Fragen und Motivationen, die Kinder beschäftigen. Bereits 1995 hat Rainer Oberthür ein didaktisches Konzept vorgelegt, das von den großen Fragen der Kinder ausgeht, welche die grundlegenden religiösen und philosophischen Menschheitsfragen abbilden (Oberthür, 1995).

Selbstverständlich negiert die Kindertheologie die Asymmetrie zwischen Kindern und Erwachsenen nicht. Die Rolle der Erwachsenen besteht darin, die von den Kindern geäußerten Fragen und Impulse wahrzunehmen, zu klären und sie zu vertiefen und sie dürfen sich von dem Druck verabschieden, auf alle Fragen eine Antwort zu wissen. Prinzipiell ist ein Gespräch auf kindertheologischer Grundlage ergebnisoffen. Das Wesentliche dabei ist die Beziehungserfahrung im gemeinsamen Suchen als „fragende, suchende und zweifelnde Menschen auf einer gemeinsamen Beziehungsebene“ (Naurath, 2009, 68). Man begibt sich zusammen mit den Kindern auf einen gemeinsamen Weg, bei dem die Erwachsenen selbstverständlich auch auskunftsfähig über eigene Fragen, Überzeugungen und Zweifel sein müssen.

Wenn man sich im schulischen oder katechetischen Kontext dazu entscheidet, religiöse Lernprozesse auf der Basis kindlicher Fragen und Vorstellungen zu gestalten, dann muss auch sichergestellt werden, dass es nicht bei einer Bestandsaufnahme bleibt, sondern auf dieser Basis eine Weiterentwicklung bzw. ein Lernprozess angestoßen werden kann, etwa auch durch notwendiges Sachwissen.

In der religionspädagogischen Praxis wird die bildliche Darstellung meist zum Ausgangspunkt des Sprechens bzw. Schreibens über die eigene Vorstellung von Tod und Jenseits. So kennen die meisten Kinder das Wort → Himmel, oft auch → Seele. Häufig wird man Motive aus Kinderliteratur, -filmen oder Computerspielen entdecken. Die kindlichen Vorstellungen sind „bildhaft und alltagsbezogen“ (Plieth, 2013, 12), manchmal auch fantastisch-skurril. Der Himmel wird dabei, entsprechend der kognitiven Entwicklung (→ Entwicklungspsychologie), als konkreter, belebter Ort verstanden, der mit meist positiven weltlichen Bildern bestückt wird und oft nach dem Prinzip wie hier – nur ein bisschen anders beschrieben werden: „Tote essen auch Nutella.“ (Plieth, 2013). Oberthür hält fest, dass Kinder durchaus dazu imstande sind, Offenes und Widersprüchliches einzufangen, etwa Leben im Tod (Oberthür, 1995, 95-105; Schambeck, 2002).

Als didaktischer Ansatzpunkt für einen kindertheologischen Zugang zum Thema eignen sich auch entsprechende Kinder- bzw. Bilderbücher, die es in großer Zahl gibt (Hennecke, 2010). Die literarische und künstlerische Qualität sowie die grundlegenden Annahmen dieser Medien sollten allerdings im Vorfeld im Hinblick auf ihre spezifische Eignung geprüft werden.

Die kindertheologischen Prinzipien sind gute Leitlinien auch für das informelle Gespräch, das vom Druck der richtigen Antwort befreit ist. Vielmehr soll das Gesprächsinteresse beim Kind bleiben: „Wie kommst du darauf?“ „Warum beschäftigt dich das?“ Es ist erlaubt, zu eigenen Unklarheiten zu stehen: „Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht, aber ich bin mir unsicher. Was meinst du?“ Im Idealfall kann aus einer solchen Situation nicht nur ein beziehungsstärkendes, sondern durchaus theologisch inspirierendes Gespräch werden (Link-Wieczorek/Weiland 2008, 80). Plieth zeigt, wie produktiv Kinder sind beim Entwerfen eigener Bilder für Vergänglichkeit, Trauer, Erinnerung und Hoffnung und sie können für Erwachsene, die sich ihnen öffnen, zu „wahren Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern“ werden (Plieth, 2013, 7f.).

Die Grundsätze der Kindertheologie, Subjektorientierung und Ressourcenorientierung, gelten prinzipiell auch für die religiöse Kommunikation mit Jugendlichen (Freudenberger-Lötz, 2010). Das Ziel ist hier, angesichts der fortgeschrittenen kognitiven und emotionalen Entwicklung, der Fähigkeit zur Abstraktion und der für das Jugendalter typischen, auch existenziellen, Suchbewegungen, die Weiterentwicklung zur kognitiven Klärung einerseits und emotionaler Sicherheit andererseits, so dass ein eigener Standpunkt gefunden und diskursiv vertreten werden kann. Dass eine authentische religiöse Auseinandersetzung und gemeinsame Suchbewegung unter und mit Jugendlichen, ebenfalls theologischen Wert hervorbringen kann, ist dabei selbstverständlich möglich.

5.3. Trauer bei Kindern und Jugendlichen

Der Trauerprozess, der nach Todesfällen oder bei anderen schweren Verlusten bzw. Krisen eintritt, läuft idealtypisch in mehreren Phasen ab (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 35-40). Die erste Phase ist gekennzeichnet durch den erlittenen Schock, der zunächst ein Nichtwahrhabenwollen des Erlebten auslöst. In der zweiten Phase fangen widersprüchliche Emotionen an aufzubrechen: Wut und Ohnmacht ebenso wie Freude und Erleichterung, oft begleitet von Schuldgefühlen. In der dritten Phase beginnt die konstruktive Verarbeitung. Die Trennung wird als Teil der Realität akzeptiert und nach Formen der Erinnerung gesucht. In der vierten Phase beginnt der Neuanfang nach dem Verlust, der nun auch in die eigene Biografie integriert werden kann. Im positivsten Falle entwickeln sich Gefühle von Glück, Dankbarkeit, Ruhe, Freiheit und so weiter. Diese Phase ist jedoch instabil und Rückfälle sind möglich.

Die Trauerbegleitung in der ersten Phase besteht vor allem in der Präsenz eines zugewandten und von der trauernden Person akzeptierten Menschen, die dazu imstande ist, alle Gefühle einfühlsam zuzulassen. Kommentare, Aufmunterungen und Erklärungen sind in dieser Situation äußerst sparsam zu verwenden. Generell gilt für den Trauerprozess, Gefühlslagen ohne Wertung zu akzeptieren und dabei dosiert positive Signale zu senden, etwa in der Art, dass diese Gefühle Platz haben dürfen. Selbst wenn sich Schuldgefühle entwickeln, idealtypisch ab der zweiten Phase, sollten diese nicht einfach abgetan werden, denn dies würde als Nichtverständnis erlebt. Erst in der dritten Phase können einfühlsame positive Impulse dabei helfen, diese vorsichtig zu relativieren. Wenn die Suche nach einer Neu- bzw. Zukunftsorientierung spürbar wird, sollte diese unterstützt werden. Bei diesem idealtypischen Modell ist zu beachten, dass Menschen diese Trauerphasen unterschiedlich intensiv und unterschiedlich lang durchleben und dabei je eigene Bewältigungsstrategien entwickeln. Den einen hilft es, ihre Alltagsverpflichtungen neu wahrzunehmen und in einen strukturierten Arbeitsprozess zurückzukehren, andere finden kreative Verarbeitungsmethoden oder entdecken neue Praktiken und Routinen. Einige Menschen haben das Bedürfnis, Probleme mit sich selbst auszumachen, andere sind extrovertierter.

Diese Trauerphasen treffen nur dann zu, wenn der Tod in seinen Aspekten der Nonfunktionalität, Irreversibilität, Universalität und Kausalität erfasst werden kann, in der Regel also nicht bei Kindern bis weit ins Primarschulalter hinein. Erfahrungen vom Tod lieber Menschen sind für Kinder, selbst wenn sie die zeitliche endgültige Dimension nicht erfassen können, Trennungserfahrungen, genauso wie umgekehrt erste Trennungserfahrungen dramatisch sind, weil ihr Ende nicht abzusehen ist (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 69-71). Je mehr Kinder gelernt haben, Vertrauen und Zuversicht bei Trennungen aufzubauen, umso besser werden sie auch mit dem Tod umgehen können (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 55). Vorschulkinder, die sehr stark im Moment leben, können in einem Moment sehr trauern, im nächsten sich wieder am Spiel erfreuen. Dieser Mechanismus sollte als positive Ressource willkommen geheißen und akzeptiert werden. Es kann sein, dass das Kind sich in einer kritischen Übergangsphase befindet, wenn es z.B. beginnt, die Irreversibilität des Todes zu begreifen. Dabei ist zu vermeiden, Gott als Verursacher des Todes zu bezeichnen oder den Tod als Strafe zu interpretieren (Hennecke, 2008, 425).

Im Umgang mit einem trauernden Kind oder Jugendlichen ist es wichtig, alle Gefühle erst einmal zuzulassen und individuelle Trauerformen zu akzeptieren, sowohl den Ausdruck des Kummers wie auch Aggressivität bis zu einem bestimmten Punkt, sowohl Weinen als auch Lachen auszuhalten (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 137). Man kann sie dabei unterstützen, Symbole oder Rituale der Verbundenheit zu finden und zu etablieren, sei dies durch Erinnerungsgegenstände oder -rituale, wie etwa Friedhofsbesuche (→ Friedhofsbesuch/Friedhofspädagogik), Fotos, spezielle Gedenktage, Kerzen anzünden und vieles mehr. Jedoch ist zu respektieren, wenn jemand mit einer bestimmten Form des Erinnerns nichts anfangen kann. Bei Ereignissen, die eine Gruppe, Klasse oder die ganze Schule betreffen, sind Rituale und Symbole als Zeichen sowohl individueller als auch gemeinsamer Betroffenheit und Bewältigung besonders wichtig, damit Verbundenheit spürbar wird.

Bei trauernden Kindern und ab etwa zehn Jahren muss damit gerechnet werden, dass körperliche Symptome wie Kopf- und Magenschmerzen, Schlafprobleme und so weiter auftreten können. Bei Jugendlichen vermischt sich eine Trauerkrise mit den Entwicklungsaufgaben, die zu bewältigen sind, und verkomplizieren diese (Specht-Tomann/Tropper, 2011, 78-80). Kindliche Verhaltensmuster, die eigentlich schon lange abgelegt waren, können wieder auftreten und sich mit erwachsenen Verhaltensmustern mischen, Gefühlslagen von einem Extrem in das andere wechseln. „Allmachts- und Unsterblichkeitsphantasien wechseln sich ab mit tiefen Zweifeln und Unsicherheit“ (Brandau, 2005, 15). Die schmerzhafte Erfahrung kann aber auch mittelfristig zu einem Reifeschub führen. Wie bei Erwachsenen gilt auch hier, dass die Bewältigungsstrategien individuell unterschiedlich sein können, von Aggressivität zur Kreativität, vom Rückzug bis hin zum übertriebenen Sichtbarseinwollen.

Der Tod eines Elternteils oder Geschwisterkindes ist ein besonders schmerzhafter Verlust, bei dessen Verarbeitung sowohl die Umstände des Todes und als auch die vorhandene Familiendynamik eine Rolle spielen. Ein solches Ereignis wirkt auf jeden Fall verunsichernd, denn es stellt Bekanntes und Gewohntes in Frage und bringt die Möglichkeit des eigenen Todes ins Bewusstsein. So kann etwa der Verlust eines Elternteils die Ablösung vom verbleibenden Elternteil erschweren, der Verlust von Geschwistern die Rollen in der Familie wieder neu mischen, der Verlust von nahen Freundinnen oder Freunden die eigenständige Identitätsfindung behindern. Körperliche und psychische Reaktionen wie Schlaf- und Verdauungsstörungen, Schock, Verwirrung und Konzentrationsschwäche wie auch eine Palette an widerstrebenden Emotionen und Verhaltensweisen wie Angst, Zorn, Schuld, Aggression, sozialer Rückzug können dabei auftreten (Wass, 2003, 102-103). Ob sich ein Schuldgefühl ausprägt und welche konkrete Form es annimmt, hängt ab vom Entwicklungsstand und damit dem Todesverständnis, insbesondere dem Aspekt der Kausalität. Gerade kleine Kinder benötigen deshalb neben Zuwendung auch kindgerechte, für sie plausible Erklärungen, um den Verlust bewältigen zu können.

Auch wenn Kinder den Tod noch nicht im Ganzen begreifen können, reagieren sie auf Todesfälle wie vor allem auch auf die Trauer und die Gefühlslagen, die sie in ihrer Umgebung spüren. Es wird immer wieder diskutiert, inwieweit man sie mit dem Tod konfrontieren soll, etwa durch Verabschiedung von einem schwerkranken Menschen, durch die Teilnahme an einer Beerdigung, unter Umständen mit dem Anblick des offenen Grabes und so weiter. Es ist nicht ratsam, Kinder grundsätzlich davon möglichst fernzuhalten oder die Situation verdrängen zu wollen. Klare und offene, kindgerechte, sachliche und ruhige Information ist angebracht, damit das Kind sich nicht ausgeschlossen und gleichzeitig aufgehoben fühlt. Ebenso ist es hilfreich, wenn Formen gefunden werden, durch die Kinder an den Emotionen der anderen ohne Überforderung teilhaben können.

6. Ausblick

Es zeigt sich, dass das Thema Tod viele Dimensionen hat und Menschen unterschiedliche Erfahrungen damit machen. Die existenzielle Bedeutung des Themas rechtfertigt eine unterrichtliche Behandlung im Rahmen des Religionsunterrichts. Kenntnis verschiedener Todesvorstellungen und das damit verbundene Welt- und Menschenbild helfen, den eigenen Standpunkt zu klären und sprachfähig zu werden. Gleichermaßen muss die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten angeboten und eingeübt werden. Neben der notwendigen sachlichen Klärung sollten unpassend erscheinende, weil synkretistische, unchristliche oder gar esoterische Vorstellungen nicht abgewertet werden. Bescheidenheit ist hier angemessen: Niemand weiß, was nach dem Tod kommt. Auf letzte Fragen gibt es keine letzten Antworten. Der Religionsunterricht kann aber dazu beitragen, diese Fragen überhaupt zu stellen und in Worte zu fassen.

Dabei wird auch klar, dass der religionsunterrichtliche Zugang nicht therapeutisch überfordert werden darf. Jeder noch so gute Unterricht wird niemanden vor schmerzlichen Erfahrungen schützen können und er ist kein Ersatz für die notwendige persönliche Zuwendung. Eine individuelle Krisensituation eignet sich nicht für eine systematische unterrichtliche Behandlung.

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