Deutsche Bibelgesellschaft

Andere Schreibweise: Jacob (engl.)

(erstellt: Juni 2013)

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Genesis

1. Der Name Jakob

1.1. Bedeutung

Der Name Jakob ist regulär defektiv (hebr. יַעֲקֹב ja‘ǎqov) geschrieben, nur selten plene (hebr. יַעֲקוֹב ja‘ǎqôv in Lev 26,42; Jer 30,18; Jer 33,26; Jer 46,27; Jer 51,19). Es handelt sich um einen Satznamen mit ausgefallenem theophorem Element und einer Präfixform der Wurzel ‘QB „schützen / bewachen“: „(Gott / die Gottheit xy) schützt / möge schützen“.

Parallelen bieten die amurritschen Personennamen mit theophorem Element Ja-aḫ-qu-ub-él („El schützt / möge schützen“) und Ja-qu-ub-An („An schützt / möge schützen“), in Ugarit Jaqub-Ba‘al („Baal schützt / möge schützen“) sowie der ägyptische Ortsname Jaʿqubʾilu („El schützt / möge schützen“; Ahituv 200) und der Name eines Hyksosherrschers J-‘-q-b-h-r („Haddu beschützt“) (Schneider 128).

Die → Septuaginta gibt den Namen mit Ιακωβ Iakob wieder. Im Neuen Testament findet sich daneben die Variante Ιακοβος Iakobos.

1.2. Narrative Ausdeutungen

Auf narrativer Ebene finden sich zwei volksetymologische Ableitungen des Namens Jakob. Die eine bezieht sich auf das Geburtsgeschehen: Der Zweitgeborene Jakob hält sich an der Ferse (hebr. עָקֵב ‘āqev) seines erstgeborenen Bruders → Esau fest, weshalb er „Fersenhalter“ genannt wird (vgl. Gen 25,26).

Die andere Namensdeutung bezieht sich auf die Wurzel ’QB I „betrügen“ und erfolgt aus der Perspektive Esaus, Jakob habe sich das Erstgeburtsrecht widerrechtlich angeeignet (vgl. Gen 25,27-34) und ihm den Erstgeborenensegen gestohlen (vgl. Gen 27,1-40). In der anklagenden Rede an den Vater bezieht er sich auf das betrügerische Handeln seines Bruders: „Da sagte Esau: Hat man ihn nicht Jakob (hebr. יַעֲקֹב ja‘ǎqov) genannt? Er hat mich jetzt schon zweimal betrogen (וַיַּעְקְבֵנִי wajja’qəvenî)“. (Gen 27,36). Auch Hos 12,4 deutet den Namen Jakobs als „Betrüger“: „Im Mutterleib betrog (hebr. עָקַב ‘āqav) er seinen Bruder, und in seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott.“

1.3. Referenz

Der Name bezeichnet vor allem in der Genesis die Person des Jakob. Er erscheint in der Aufzählung der drei Erzväter, u.a. im Zusammenhang „der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (z.B. Ex 2,24). Lev 26,42 kennt einen eigenen Jakobsbund.

Als Volksname begegnet Jakob (auch unter Hinzufügung von hebr. בַּיִת bajit „Haus / Familie / Nachkommen“ in Ex 19,3; Ps 114,11; Jes 2,5 u.ö.) v.a. bei den Propheten und in den Psalmen als Synonym zu Israel: „Wenn JHWH die Gefangenschaft seines Volkes wendet, wird Jakob jubeln, Israel sich freuen“ (Ps 24,7). Narrativer Anhalt für die Identifizierung von Jakob und Israel ist die Umbenennung Jakobs in Israel nach dem Ringen Jakobs mit dem Unbekannten (Gen 32,28) bzw. die Namensänderung in unmittelbarem Kontext zur Kultreinigung in → Bethel (Gen 35,10). In der Regel steht Jakob für das Nordreich wie Juda für das Südreich, z.B. Jes 9,7; Jes 17,5; Mi 1,6: „Das alles geschieht wegen Jakobs Vergehen und wegen der Sünde des Hauses Israel. Was ist Jakobs Vergehen? Ist es nicht Samaria? Und was ist die Sünde Judas? Ist es nicht Jerusalem?“. Der Name wird nach dem Untergang des Nordreiches 722 v. Chr. auch für Juda verwendet: „Ich werde aus Jakob Nachkommenschaft hervorgehen lassen und aus Juda einen Besitzer meiner Berge.“ (Jes 65,9; vgl. Nah 2,3; Mi 3,1.8).

Sir 24,8 (Lutherbibel: Sir 24,12) verwendet Jakob als Ortsnamen.

Im Neuen Testament tragen mehrere Personen, die zum Teil zuweilen miteinander identifiziert werden, den Namen Jakob (Ιακωβ Iakob griech.) bzw. Jakobus (Ιακοβος Iakobos):

1) Im Stammbaum Jesu bei Matthäus erscheint der Ahnvater Jakob (Mt 1,2).

2) → Jakobus, Sohn des Zebedäus und Bruder des Johannes (Mk 1,19 u.ö.), gehört zu den Zwölf Aposteln und wird in der Tradition „Jakobus der Ältere“ genannt. Sein Grab wird in Santiago de Compostela in Spanien verehrt.

3) Auch → Jakobus, Sohn des Alphäus, zählt zu den Zwölf Aposteln (Mk 3,18 u.ö.).

4) Jakobus, der Kleine, ist Sohn einer Maria und Bruder eines Jose (Mk 15,40 u.ö.).

5) Judas, einer der Zwölf Apostel, ist Sohn eines Jakobus und wird durch diese Nennung des Vaters von → Judas Iskariot unterschieden (Lk 6,16).

6) Schließlich heißt einer der Brüder Jesu Jakobus (vgl. Mk 6,3 u.ö.). Nach der Apostelgeschichte und Paulus nahm er eine tragende Rolle in der Jerusalemer Urgemeinde ein (Apg 12,17; 1Kor 15,7; Gal 1,19; Gal 2,9 u.ö.). Der Tradition gilt er als Verfasser des → Jakobusbriefs. Der Verfasser des → Judasbriefes beansprucht die Identität des „Judas, Bruder des Jakobus“ (Jud 1).

2. Jakob im Alten Testament

2.1. Genesis

Jakob 01

Jakob ist der jüngere Sohn von → Isaak und → Rebekka, der Zweitgeborene nach seinem Zwillingsbruder → Esau. Zusammen mit seinen Frauen → Lea und → Rahel sowie deren Mägden → Silpa und → Bilha hat er 12 Söhne und eine Tochter. Aus seinen 12 Söhnen gehen die 12 → Stämme Israels hervor. Er selbst ist also der Ahnvater Israels.

Jakob

Die Erzählungen um Jakob werden eingeführt als Toledot („Geschlechterfolge“; → Genealogie) Isaaks (Gen 25-35), an die sich die Toledot Esaus (Gen 36) und die Toledot Jakobs (Gen 37-50) anschließen. Für die Erzählungen um Jakob lässt sich eine Drei-Gliedrigkeit erkennen, die sich über die zentralen Schauplätze und Personenkonstellationen ergibt: Jakob und Esau in Kanaan (Gen 25-28); Jakob in Haran (Gen 29-31) und Jakob und Esau in Kanaan (Gen 32-25).

2.1.1. Jakob und Esau in Kanaan: Schuld und Entzweiung

Jakobs Geschichte beginnt schon vor seiner Geburt. Wie auch das erste Erzelternpaar → Abraham und → Sara sind → Isaak und → Rebekka zunächst kinderlos. Isaaks Bitte an JHWH wendet die Unfruchtbarkeit. Doch die Schwangerschaft bleibt nicht komplikationslos, so dass Rebekka JHWH um Rat sucht.

Die göttliche Antwort „Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern; und ein Volksstamm wird stärker sein als der andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“ (Gen 25,23) bezieht sich auf die Zwillingsgeburt und gibt gleich zu Beginn des Erzählzyklus dem Leser einen Hinweis, wie die Erzählungen um Jakob auch zu lesen sind: Die Individuen Jakob und Esau bedeuten jeweils ein Kollektiv, das mit den benachbarten Völkern Israel (vgl. Gen 32,29; Gen 35,10) und Edom (vgl. Gen 25,30) zu identifizieren ist. Die Rede vom Bruderkonflikt ist durchlässig für den Konflikt zwischen diesen beiden Völkern.

Zugleich wird mit dem göttlichen Orakel ein zentrales Thema der Erzählung angeschnitten: Sie fragt nach Überordnung und Unterordnung, Macht und Ohnmacht, Ersten und Zweiten und einer Umkehrung der Verhältnisse. Der Erstgeborene ist Esau. Erst nach ihm erblickt Jakob das Licht der Welt. Die zwei Brüder könnten unterschiedlicher nicht sein (vgl. Gen 25,27-28): Esau ist der Liebling Isaaks und ein Mann der → Jagd. Jakob wird von Rebekka bevorzugt und bleibt bei den Zelten. Auch wenn der Erzähler Jakob als untadeligen Mann (Gen 25,27) vorstellt, spricht sein Handeln eine andere Sprache: Er nutzt die Notlage Esaus aus (vgl. Taschner, 33), als dieser erschöpft vom Feld kommt, und gibt diesem das rote Linsengericht nur für den unverhältnismäßig hohen Preis des Erstgeburtsrechts, das ihn zum Haupterben des väterlichen Besitzes macht (vgl. Dtn 21,15-17). Das Orakel scheint sich zu bewahrheiten. Die Frage nach Erwählung ist also zu trennen von der nach der ethischen Bewertung der Handlungen Jakobs und der nach Schuld und Vergebung.

Ein Blick zurück auf die noch kinderlose Zeit von Isaak und Rebekka zeigt auch den Vater Isaak als Betrüger (Gen 26,7-11). Aber in Kontrast dazu und zu dem betrügerischen Handeln seines Sohnes Jakob, von dem noch erzählt werden wird, fällt der Blick auch auf Isaaks Bündnis mit → Abimelech von → Gerar. Erstmals wird als weiteres zentrales Thema explizit die Frage nach dem göttlichen → Segen benannt: In Isaak (wie auch in Abraham) erkennen die Fremden aus Gerar den Segen JHWHs (Gen 26,29). Worin der Segen zu erkennen ist und wer der Gesegnete der Söhne Isaaks ist, muss sich noch erweisen.

Isaak 3

Jakob erwirbt den väterlichen Segen, angetrieben von seiner Mutter, durch eine List (Gen 27,1-40). Nachdem der fast erblindete Isaak seinen Erstgeborenen auf die Jagd geschickt hat, um ihn dann bei einem Mahl zu segnen, bereitet Rebekka dem Vater das Lieblingsessen und verkleidet den Sohn. Dieser präsentiert sich zweimal dreist als Esau (Gen 27,19.24) und erhält so den Segen des Erstgeborenen, der ihn über seine Brüder stellt. Als Esau hinzutritt und verzweifelt den Betrug erkennt, ist es für ihn nach Auskunft des Vaters zu spät: „Ich habe ihn zum Herrn über dich gemacht.“ (Gen 27,37). Trotzdem segnet Isaak ihn und stellt ihm eine erneute Verkehrung der Verhältnisse in Aussicht: „Doch wird es geschehen, wenn du dich losmachst, wirst du sein Joch von deinem Hals wegreißen.“ (Gen 27,40).

Noch ist nicht ausgemacht, wer wen beherrscht und worin sich Segen zeigt. Jakobs Situation ist alles andere als privilegiert. Er muss die Rache seines Bruders fürchten, an dem er schuldig geworden ist. Daher rät Rebekka ihm zur Flucht zu ihrem Bruder → Laban nach → Haran (Gen 27,41-45). Sie manipuliert ihren Mann Isaak so, dass dieser Jakob dorthin schickt, damit er sich eine Frau aus der eigenen Sippe nimmt: Der Schöpfungssegen Gottes (Gen 1,28) wird für Jakob in Fruchtbarkeit und Nachkommen bestehen, die wie Jakob den Segen Abrahams erhalten, und darin, Land in Besitz zu nehmen (vgl. Gen 28,3-4).

Auf der Flucht wird diese Hoffnung Isaaks durch Gott selbst in einer Vision bestätigt (Gen 28,10-22). Jakob träumt in Bethel von einer Treppe (→ Himmelsleiter), die Himmel und Erde verbindet, auf der göttliche Boten auf- und absteigen und auf der JHWH selbst erscheint. Auf dem Tiefpunkt seiner Existenz erkennt der Betrüger Gott und den Ort, an dem er sich befindet, als Ort Gottes. Sofort jedoch drängt sich bei Jakob wieder die Sorge um das Naheliegende in den Vordergrund: Er erhofft sich von Gott Brot und Kleidung, aber auch die Heimkehr zu seinem Vater.

2.1.2. Jakob in Haran: Der Betrüger wird betrogen

Für zwanzig Jahre sind die Brüder getrennt. In der Fremde erlebt der Täter nun in der Rolle des Opfers, was andere durch ihn erfahren haben (vgl. G. Fischer 2011).

Direkt bei seiner Ankunft in Haran trifft er am Brunnen auf → Rahel mit ihrer Herde (Gen 29,1-14). Ihr Vater Laban, Rebekkas Bruder, nimmt Jakob bei sich auf. Dieser verpflichtet sich, Laban für sieben Jahre zu dienen, um Rahel zur Frau zu erhalten. In der Hochzeitsnacht wird Jakob aber von Laban betrogen, der ihm die erstgeborene Schwester → Lea unterschiebt. Als Jakob Laban am Morgen zur Rede stellt, spiegelt dieser ihm: Eine Überordnung der Zweiten vor die Erste sei nicht rechtens. Schlau bietet er ihm jedoch auch die Zweitgeborene an, die Jakob für weitere sieben Jahre Dienst erhalten könne. Jakob willigt ein und nimmt auch Rahel zur Frau (Gen 29,15-30).

Allerdings kann sie anders als ihre Schwester keine Kinder bekommen. Der Konflikt zwischen den Schwestern entrollt sich, und Jakob wird zum Spielball der Interessen der beiden Frauen (Gen 30,1-24), die schließlich über seine Sexualität verhandeln (Gen 30,15). Lea bringt zunächst die Jakobssöhne Ruben, Simeon, → Levi und → Juda zur Welt, Rahels Magd Bilha die Söhne Dan und Naftali, Leas Magd Silpa die Söhne Gad und Ascher. Es folgen die Söhne Leas Issachar und Sebulon. Erst als schon zehn Söhne geboren sind, wendet Gott die Unfruchtbarkeit Rahels, und ihr Erstgeborener → Josef erblickt das Licht der Welt. Dass Jakob gesegnet ist, legt die Vielzahl seiner Söhne nahe. Auch Laban führt den eigenen Wohlstand darauf zurück, dass er um Jakobs willen gesegnet sei (Gen 30,27).

Nach Josefs Geburt bittet Jakob um Entlassung bei Laban, der ihm einen Lohn anbietet. Jakob gibt sich zunächst bescheiden. Das Handeln von Onkel und Neffe bleibt undurchsichtig. Beide scheinen den eigenen Vorteil sichern zu wollen. Am Ende geht Jakob als reicher Mann aus der Vereinbarung hervor (Gen 30,25-43).

Da Labans Wohlwollen Jakob gegenüber dahin ist, flieht er wieder. Dieses Mal wird er von Gott dazu beauftragt (Gen 31,3; vgl. Gen 31,13). Seine Frauen willigen zur Rückkehr in die Heimat Jakobs ein, und Rahel ermächtigt sich heimlich der Terafim ihres Vaters (→ Hausgott). Zwar stellt sich Gott selbst gegenüber Laban vor Jakob, aber dieser fordert wegen des heimlichen Aufbruchs und der entwendeten Terafim Rechenschaft, als er ihn in → Gilead eingeholt hat. Jakob, der Schuld auf sich geladen hat, erfährt nun, wie es ist, schuldlos beschuldigt zu werden. Laban, der Aramäer (Gen 31,24), lenkt ein: Beide schließen einen → Bund und gehen friedlich auseinander (Gen 31,19-32,1). Der Bundesschluss von Onkel und Neffe ist transparent für den Bund zwischen Völkern. Der erste Konflikt ist gelöst, und der, dem die Völker dienen sollten, beendet seinen Dienst.

2.1.3. Jakob und Esau in Kanaan: Versöhnung

Jakob setzt seinen Weg nach Hause fort und sendet Boten voraus zu seinem Bruder Esau nach → Seïr, um als „Diener“ Esau, seinen Herrn, um dessen Wohlwollen zu bitten (Gen 32,6). Im Gebet formuliert er seine Einsicht: „Ich bin zu gering für alle Gnadenerweise und all die Treue, die du deinem Knecht erwiesen hast.“ (Gen 32,11). Voller Angst vor der Begegnung und Vergeltung durch seinen Bruder versucht Jakob, Esau mit Geschenken zu bestechen.

Doch die Nacht vor dem Aufeinandertreffen der Brüder bringt die Veränderung. Am → Jabbok ringt Jakob mit einem Unbekannten bis zur Morgenröte, die die Wende markiert. Jakob verlangt, von ihm gesegnet zu werden. Dieser benennt ihn von Jakob in → Israel um und deutet den Namen: „Denn mit Gott und mit Menschen hast du gekämpft und überwältigt.“ (Gen 32,29). An dieser Stelle wird das Changierspiel zwischen Familien- und Volksgeschichte ganz deutlich. Jakobs Bitte, ihm seinen Namen zu nennen, übergeht der Fremde. Jakob selbst erklärt das Ereignis und damit sein Gegenüber in der Namensgebung des Ortes: „Und Jakob gab der Stätte den Namen Pnuël: denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und ich bin gerettet worden!“ (Gen 32,31).

Was Jakob als Gnade Gottes deutet, lässt ihn seinen Bruder Esau bei ihrem Aufeinandertreffen anders sehen: „Denn ich habe ja doch dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht Gottes sieht, und du hast Gefallen an mir gehabt.“ (Gen 33,10). Er fällt sieben Mal vor ihm nieder, wie man der Gottheit Ehre erweist (Gen 33,3), und drängt ihn, Geschenk und Segen, den er nun rechtmäßig erstritten hat, anzunehmen (Gen 33,10-11). Jakob weiß um seine Schuld dem Bruder gegenüber und dass er vor dessen Angesicht bestehen muss. Dieser akzeptiert sein Geschenk als Versöhnungsgestus. Besitz, Zeichen göttlichen Segens, hat auch er genug erworben (Gen 33,9). Doch auch als Versöhnte gehen die Brüder verschiedene Wege: Esau kehrt nach Seïr zurück, und Jakob gelangt bis nach → Sichem.

Dort vergewaltigt Sichem, der Sohn Hamors, → Dina, die einzige Tochter Jakobs. Ihre Brüder Simeon und Levi rächen sie listig und wenden eine eheliche Verbindung der Völker ab, indem sie die → Beschneidung der Männer von Sichem als Bedingung für die von Hamor geforderte Ehe von Dina und Sichem fordern und dann die in Wundfieber liegenden Männer töten (Gen 34,1-31).

Erneut erhält Jakob einen göttlichen Auftrag: Er soll in → Bethel einen Altar errichten. Zum zweiten Mal wird Jakob in Israel umbenannt, dieses Mal explizit von Gott, der Mehrungsauftrag und Landverheißung wiederholt (Gen 35,1-14).

Auf dem Rückweg, bei → Efrata, bringt Rahel ihren zweiten und in dem Kreis der Jakobssöhne letzten Sohn auf die Welt und stirbt selbst bei der Geburt. Erst dann kehrt Jakob zu seinem Vater Isaak nach Mamre (→ Hebron) zurück. Als dieser stirbt, begraben ihn die Söhne. Während der Segen, den Isaak angesichts seines Todes geben wollte, die Brüder auseinander geführt hat, ist es nun der Tod ihres Vaters, der beide gemeinsam handeln lässt.

2.1.4. Jakob und seine Söhne: Die Josefserzählung

Kapitel 37-50 werden klassisch als → Josefserzählung bezeichnet. Die sog. Toledotformel („Das ist die Geschlechterfolge von …“; Gen 37,2) stellt sie jedoch als Geschlechterfolge Jakobs vor, und im Folgenden wird Jakob in der Rolle des Vaters gezeigt. Jakob tritt zwischendurch von der Bühne des Erzählten ab, weil der Erzähler Juda folgt (Gen 38) und mit Josef bzw. den Brüdern einen Ortswechsel nach Ägypten vollzieht (Gen 39-41; Gen 43,15-45,24). Aber die Bevorzugung des Erstgeborenen der Lieblingsfrau, Josefs, durch Jakob (Gen 37,3) ist der Motor für den entstehenden Konflikt zwischen Josef und seinen Brüdern. Dieser führt Josef letztlich nach Ägypten. Dort zeigt sich der Segen JHWHs am Haus des Ägypters → Potifar um Josefs, des Jakobssohnes, willen (Gen 39,5), wie JHWH es Abraham verheißen hat (Gen 12,3).

Als es zu einer Hungersnot im Land kommt, ist es wieder Jakob, der seine Söhne nach Ägypten schickt (Gen 42,1-2) und so unbeabsichtigt das erneute Aufeinandertreffen der Brüder ermöglicht. Allerdings hat er nichts dazu gelernt und privilegiert zunächst wieder einen der Söhne: Der zweite Rahel-Sohn darf nicht in Gefahr gebracht werden (Gen 42,4.38). Erst als Jakob seinem Sohn Juda vertraut (Gen 43,11), wird der Weg für die Versöhnung der Brüder frei. Ab Gen 46 wird der Fokus wieder auf Jakob gelegt. Von ihm wird die einzige direkte Gottesbegegnung in diesem Erzählzusammenhang geschildert (Gen 46,1-4): Gott verheißt ihm Begleitung nach Ägypten und blickt voraus auf den Exodus. Mit Jakob siedelt die ganze Sippe nach Ägypten über, wo aus Jakob das Volk Israel wird (Ex 1,9). Damit ist eine weitere der Verheißungen an → Abraham (Gen 12,2) erfüllt.

In Ägypten kommt es zum Wiedersehen von Jakob und seinem Sohn Josef. Jakob erhält eine Audienz bei Pharao und segnet diesen. Die Sippe Jakobs siedelt im besten Teil des Landes (Gen 47,11). Siebzehn Jahre nach der Immigration stirbt Jakob mit 147 Jahren (Gen 47,28). Vorher jedoch nimmt Jakob Josef noch das Versprechen ab, ihn in der Grabstätte seiner Väter zu begraben. Er stellt seine Enkel Ephraim und Manasse seinen eigenen Söhnen gleich (→ Adoption). Damit erklärt die Erzählung, wieso die Josefssöhne und nicht Josef selbst zwei der Stämme Israels bilden. Jakob segnet Ephraim und Manasse, die Söhne der ägyptischen Priestertochter. Indem er die Arme kreuzt, vertauscht er raffiniert gegen den Willen Josefs Erst- und Zweitgeborenen: Ephraim, der Jüngere, wird größer sein als sein Bruder (Gen 48,19) und zum Repräsentanten des Nordreichs. Vor seinem Tod segnet Jakob alle seine Söhne (→ Jakobssegen), nicht nur den Erstgeborenen, allerdings auch ohne Negativerfahrungen mit den Söhnen zu verschweigen. Jakob wird vierzig Tage einbalsamiert, auch von den Ägyptern 70 Tage beweint und seine Leiche dann feierlich nach Machpela (→ Hebron) überführt (Gen 50,13).

Auch nach seinem Tod bestimmt Jakob noch das Handeln der Söhne. Die Brüder fürchten, dass Josef sich ihnen gegenüber nur aufgrund der väterlichen Autorität versöhnlich gezeigt habe, und bitten ihn erneut im Namen des Vaters um Vergebung. Josefs Vergebung jedoch ist aufrecht, indem er das Vergangene als Teil des göttlichen Heilsplanes deutet (Gen 50,20). Die Frage nach Schuld und Versöhnung zeigt sich so als Lebensfrage Jakobs, die in seinen Söhnen weiterlebt. Anders als bei Abraham ist die Sippe Jakobs nicht von Ausgrenzung der Nebenlinien bestimmt, sondern von Integration (Gen 46,8-27).

2.2. Außerhalb der Genesis

Der Name Jakob begegnet außerhalb der Genesis zwar 150 Mal, meist jedoch als Umschreibung für die Volksgröße Israel. Nur an wenigen Stellen wird auf die literarische Figur Jakob und die Jakob-Traditionen angespielt. Dabei wird Jakob in der Prophetie wie Abraham als Heilsempfänger rezipiert (vgl. bes. die Anrede Israels als „Jakob“ bei → Deuterojesaja [vgl. Hermisson]), anders als Abraham gilt er jedoch auch als Sünder, so dass sich das Fehlverhalten des Volkes in der Geschichte schon im Fehlverhalten des Ahnvaters verdichtet (vgl. C. Jeremias).

2.2.1. Hos 12

In Hos 12 erscheint die Jakob-Tradition als Folie für die Anklage Ephraims, also Israels, und auch Judas. Diese wird überblendet mit der Mose-Exodus-Tradition als Erinnerung an Heil in der Geschichte. Die Größen Ephraim, Israel und Jakob werden dabei in eins gesetzt. Ihr Verhalten ist durchweg negativ gezeichnet und wird mit Lüge, Betrug und Gewalttat im Kontext einer falschen Bündnispolitik in Verbindung (Hos 12,1-2) gebracht, für die Vergeltung angekündigt wird (Hos 12,3).

Eingespielt werden verschiedene Momente einer narrativen Tradition. Der Name Jakob wird mit Verweis auf den Betrug im Mutterleib ausgedeutet (Hos 12,4 und Gen 25,24-26) und der Name Israel mit dem Gotteskampf als Erwachsener (Hos 12,4-5 und Gen 32,23-33). Im Vergleich zu der Erzählung der Genesis wird die Leerstelle der Identität des Unbekannten gefüllt: Jakob hat den Engel besiegt und fleht um Gnade (Hos 12,5). In Bethel ist es nicht Jakob, der Gott findet, sondern umgekehrt „findet“ (erwählt) Gott Jakob und verheißt ihm Rückkehr (Hos 12,5-6; vgl. Gen 28,15; Gen 35,9-15). Vorausgesetzt wird also die Kenntnis der Flucht-Erzählung. Während Jakob in Gen 28 von Gott fordert, ihn zu behüten (שׁמר ŠMR), fordert Gott in Hos 12,7 von Jakob, Treue und Recht zu bewahren (שׁמר ŠMR; vgl. Koenen 196f). Der Flüchtige solle immer auf seinen Gott hoffen. Unter Anspielung auf den listigen Vermögenserwerb bei Laban (Gen 30,43) beteuert Ephraim seine Unschuld (Hos 12,9): Ihm sei keine Sünde nachzuweisen. Erst in Hos 12,13 wird explizit von der Flucht in das Gebiet Arams erzählt, ohne Laban namentlich zu erwähnen. Der Dienst und das Hüten der Schafe „um eine Frau“ sind Zeichen der Erniedrigung und mangelnden Selbstachtung Jakobs. Mose hingegen, der nicht namentlich genannt wird, ist der Prophet, der Israel hütet und sich dadurch auszeichnet (Hos 12,14).

2.2.2. Weitere Stellen

In seiner Abschiedsrede erinnert Josua in Sichem an die Heilstaten JHWHs in einem Geschichtsrückblick. In der Wiedergabe der göttlichen Rede werden Jakob und Esau als Söhne des Isaak genannt (Jos 24,4). Esau hat das Gebirge Seïr zum Besitz erhalten; für Jakob und seine Söhne wird an die Emigration nach Ägypten erinnert. Die Gebeine Josefs werden nach dessen Wunsch, im Land der Väter begraben zu werden (Gen 50,25), in Sichem auf dem Feld beigesetzt, das Jakob von den Söhnen Hamors erworben hat (Jos 24,32; vgl. Gen 33,19).

Daneben wird mehrfach das Bruderverhältnis von Jakob und Edom genannt (Dtn 23,8; Ob 10; Mal 1,2), oder Jakob erscheint als einer der drei Väter im Zusammenhang mit Landgabe (Dtn 1,8; Dtn 6,10; Dtn 30,20; Dtn 34,4) oder Bundesschluss (Ex 2,24; Lev 26,42; 2Kön 13,23) und Selbstoffenbarung Gottes (Ex 3,15).

3. Die Frage der Historizität

3.1. Ein historischer Jakob?

Die biblischen Texte entwerfen eine Genealogie von Personen und Abfolge von Ereignissen, die der biblischen Chronologie folgend für Jakob in die Zeit des beginnenden 2. Jahrtausends v. Chr. führen. Einige Namen der Protagonisten sind als westsemitische Personennamen für diese Zeit außerbiblisch belegt. Auch die soziokulturellen Gegebenheiten, von denen die Erzählungen berichten, wie Heiratsbräuche oder Gesetze über den Landkauf ähneln tatsächlich Vorgängen und Bräuchen, die sich in Quellen aus dieser Zeit in Mesopotamien, z.B. aus → Mari oder → Nuzi, finden bzw. rekonstruieren lassen.

Allerdings ist – wie für die biblischen Texte allgemein – streng zu unterscheiden zwischen der Zeit, von der die Texte erzählen, und der Zeit, in der die Texte entstanden sind. Die erzählten Ereignisse sind als Rückprojektionen zu bewerten. Für die Erzählungen um Jakob ergibt sich eine Diskrepanz von erzählter Zeit und Entstehungszeit, die über tausend Jahre umfasst.

Einen historischen Jakob finden wir also nicht. Gewichtiger ist aber, dass die Erzählungen um Jakob auch gerade nicht als Biographien gelesen werden wollen. Als Ursprungserzählungen geben sie keinen Bericht von der Vergangenheit, sondern dienen der Selbstvergewisserung derer, die sie erzählen, in der je aktuellen Gegenwart (→ Erzählende Gattungen; → Fiktion).

3.2. Die Entstehung der Erzählungen um Jakob

In eine Vorzeit der Väter und Mütter Israels verlegt werden also Erzählungen, deren Funktion es ist, die Gemeinschaft derer, die sie erzählen, zu konstituieren. Dabei werden die Erzählungen nicht einfach nur weitererzählt, sondern je neu in Bezug auf die Gegenwart hin aktualisiert. Auch wenn im Rahmen der unterschiedlichen Modelle zur Entstehung des Pentateuch umstritten ist, wie im Einzelnen die Texte entstanden sind (→ Pentateuchforschung), ob ursprünglich selbstständige Quellen miteinander verwoben wurden oder Textphänomene besser redaktionsgeschichtlich oder unter der Annahme von Kompositionen zu erklären sind, teilen die meisten Modelle die Vorstellung, dass ursprünglich kleinere Einzelüberlieferungen miteinander verwoben wurden.

Als Hinweise auf den Ort der Entstehung der Erzählungen gelten deren geographische Haftpunkte. Rückschlüsse auf die Entstehungszeit können die in den Erzählungen thematisierten Fragen sein, die einer bestimmten Phase der Geschichte Israels zugeordnet werden können.

3.2.1. Erzähltraditionen aus dem Nordreich

Auffällig für die Erzählungen um Jakob ist, dass sie vor allem an Orten im Norden Palästinas bzw. im Ostjordanland spielen (→ Bethel, → Sichem, → Pnuël, → Mahanajim, → Sukkot). Daraus lässt sich schließen, dass die, die von Jakob erzählen, ebenfalls im Norden anzusiedeln sind. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass sich Verweise auf Traditionen um eine Jakobsfigur bei → Hosea finden (vgl. Hos 12; vgl. 2.2.1), wo Ereignisse der Geschichte des Nordreiches diskutiert werden. Unter der Prämisse, dass Hos 12 auf ältere Traditionen zurückreicht, ist für die Jakobserzählungen ein Kern anzunehmen, der mit Jakob den Bewohnern des Nordreichs schon vor dessen Zusammenbruch 722 v. Chr. eine Identifikationsfigur zur Verfügung stellt.

Um exemplarisch ein Modell zum literarischen Wachstum vorzustellen, seien die Überlegungen von E. Blum zur Komposition der „Vätergeschichte“ angeführt: Da viele der Erzählungen als in sich geschlossene Erzähleinheiten gelesen werden können, kann man „Einzelsagen“ für den Ausgangspunkt der Traditionsbildung um Jakob halten. Aus diesen wird durch verbindende Passagen (z.B. Gen 28,20-22; Gen 31,16.24.29b.38-44) eine Jakob-Esau-Laban-Erzählung (Gen *25.27-33) gebildet. Die Bedeutung von Jakob, Esau und Laban als Repräsentanten von Israel, Edom und Aram wird dabei vorausgesetzt, um narrativ das Verhältnis der Völker zu bestimmen. Den geschichtlichen Kontext der Erzählungen bildet für E. Blum bereits die Konstituierung des Nordreichs unter → Jerobeam I., also das ausgehende 10. Jh. v. Chr. Die Jakob-Esau-Laban-Komposition sei im 8. Jh. mit der in höfischen Kreisen im Nordreich entstandenen Josefserzählung verbunden worden, so dass eine Jakobserzählung von Geburt bis Tod des Protagonisten entstanden sei (Blum 1984, 259-260). Parallel und unabhängig davon habe sich im Süden eine Abraham-Lot-Überlieferung mit geographischem Haftpunkt in Hebron / Mamre gebildet.

3.2.2. Eine gemeinsame Ursprungserzählung in Juda

Diese Erzählungen um Jakob könnten nach dem Untergang des Nordreiches 722 v. Chr. in den Süden gelangt sein (vgl. Blum 1984). Da die Erzählungen um Abraham im Süden haften, ist plausibel, dass in Juda die Nord- und Südreichüberlieferungen in Gestalt der Personen Abraham und Jakob zu einer Großerzählung verbunden werden, zu der auch die Erzählungen um den Jakobssohn Josef gehört. Durch diese neu geschaffene Ursprungsgeschichte werden Nord und Süd miteinander verbunden und die verwandtschaftliche Einheit bei allen Konflikten in den Vordergrund gestellt.

3.2.3. Exilisch-nachexilische Aktualisierungen

Angesichts der Verlusterfahrungen im Zusammenhang mit der Eroberung Judas durch die Babylonier im 6. Jh. v. Chr. werden die Erzählungen weitererzählt. So wird in der Heimkehr Jakobs nach Kanaan die erhoffte Heimkehr der Exilierten auf narrativer Ebene Realität.

Auch in nachexilischer Zeit ist die Frage danach, was jüdische Identität ausmacht, weiter virulent. So wird beispielsweise in Gen 26,34-35; Gen 27,46-28,9 diskutiert, wie Mischehen zwischen Juden und Angehörigen anderer Völker zu bewerten sind. Die Erzählung gibt eine eindeutige Antwort: „Nimm ja nicht eine Frau von den Töchtern Kanaans!“ (Gen 27,6). Aus inhaltlichen und sprachlichen Gründen kann man diese und andere Passagen der Jakobserzählungen der → Priesterschrift zuweisen, so den Toledot-Rahmen (genealogischer Rahmen; Gen 25,19-20) und Angaben zu Genealogien und Alter sowie die Sterbenotiz (Gen 25,26; Gen 35,23-29) und die Verortung in Paddan-Aram (Gen 31,17-18; Gen 33,18; Gen 35,9-15). Die im synchronen Verlauf zweite Erzählung der göttlichen Erscheinung in Bethel (Gen 35,9-15) gilt als priesterschriftliche Dublette zu Gen 28,11-22, die die Ortsätiologie, nach der Bethel als Wohnort der Gottheit gilt, bewusst entkräftet und Bethel als Erinnerungsstätte an eine göttliche Rede bestimmt (vgl. Blum 2012, 192).

3.2.4. Weitere Traditionen und nachträgliche Einschübe

Da in Einzelerzählungen der Fokus auf die Figuren gewechselt wird, ordnet man diese anderen Traditionen zu bzw. betrachtet sie als nachträgliche Einfügungen, deren Genese noch einmal eigens zu bestimmen ist. So weisen die in die Jakob-Überlieferung eingeschobenen Erzählungen um Isaak in → Gerar und → Beerscheba (Gen 26) in Bezug auf die Orte der Handlung (Gerar in Gen 20,1; Beerscheba in Gen 21,31; Gen 22,19) und die erzählte Preisgabe der Ahnfrau (Gen 20,1-18; → Preisgabeerzählung) eine Nähe zur Abraham-Tradition auf und sind daher als sekundäre Analogiebildungen zu betrachten. Gen 34 stellt als Einzeltradition neben Dina die Jakobssöhne Simeon und Juda, die für die Vergewaltigung der Schwester Rache üben, in den Vordergrund, Gen 35,21-22 das Vergehen Rubens an der Nebenfrau des Vaters. Auf beide Ereignisse wird im → Jakobssegen angespielt (Gen 49,3-7) (Blum 2012,192-194).

Gen 35,1-5 thematisiert wie Jos 24 im Zusammenhang mit den Erzvätern und ihren Familien die Verehrung fremder Götter, wird daher von E. Blum der Hexateuch-Redaktion zugerechnet. Auf dieser Stufe wird auch in Gen 33,19 die Bemerkung zum Kauf des Feldes bei Sichem eingetragen, wo Josefs Gebeine später bestattet werden (Jos 24,32), so dass sich die Ereignisse von den Erzeltern bis zur Landnahme in einen großen Erzählbogen einordnen lassen. Plausibel erscheint eine solche Fortschreibung der Verheißung an Abraham und Jakob mittels einer Erweiterung um die Josua-Landnahme-Tradition in judäischer Perspektive in nachexilischer Zeit (Blum 2010, 270-273).

3.2.5. Ein mehrstufiger Entstehungsprozess

Egal, wie das Wachstum der Jakobserzählungen nun im Einzelnen bestimmt wird, deutlich ist: Der Entstehungsprozess erstreckt sich von einzelnen Erzählungen der vorexilischen Zeit ausgehend über mehrere Jahrhunderte bis in die Perserzeit, und die Frage nach der Genese der Jakobserzählungen ist nicht zu trennen von der der Volksgeschichte Israels und des Pentateuch insgesamt. Die erzählten Figuren sind Identifikationsfiguren, an denen teilweise auch widersprüchliche Positionen in Bezug auf Problemkonstellationen der Gegenwart erörtert werden, so die Frage nach dem Verhältnis der Völker und dem göttlichen Segen.

4. Rezeptionsgeschichte

4.1. Neues Testament

4.1.1. Die Symbolfigur Jakob

4.1.1.1. Genealogie und Erzvätertrias. In den neutestamentlichen Schriften erscheint Jakob vor allem in genealogischen Zusammenhängen, so in der Genealogie Jesu (Mt 1,2; Lk 3,34) oder der Trias der Erzväter (Apg 7,8) und mit Rekurs auf die göttliche Selbstvorstellung in Ex 3,6 in der Aufzählung „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (Mt 22,32; Mk 12,26; Lk 20,37; Apg 3,13; Apg 7,32), aber auch in der Wendung „Gott Jakobs“ (Apg 7,46).

4.1.1.2. Die Bedeutung Jakobs für die Anhänger Jesu. Im heilsgeschichtlichen Rückblick des → Stephanus werden die Erzählungen der Genesis rezipiert: Jakob sendet seine Söhne nach Ägypten (Apg 7,12) und wird von seinem Sohn Josef dorthin geholt, wo er stirbt. Sein Leichnam wird nach Sichem überführt (Apg 7,14-16). Offensichtlich wird: Die Ursprungserzählungen Israels und der Rückblick auf eine vergangene Zeit sind auch im Kontext eines Glaubens an die Auferstehung Jesu konstitutiv für die Identität der Anhänger Jesu.

In der Verheißungsrede des Engels → Gabriel an Maria wird die prophetische Bezeichnung für Israel aufgenommen. Wenn dem noch ungeborenen Kind der Thron seines Vaters Davids in Aussicht gestellt und die Herrschaft über das „Haus Jakob“ (Lk 1,33) vorhergesagt wird, wird Jesus in heilsgeschichtlicher Kontinuität mit Israel gesehen. Heil für Israel und Rettung stellt auch Paulus in Aussicht und verwendet dabei in einer als Schriftzitat eingeführten prophetischen Aussage Jakob als Bezeichnung für Israel (Röm 11,26).

4.1.1.3. Jakob als Glaubenszeuge. Im → Hebräerbrief erscheint Jakob als einer der Glaubenszeugen nach Abel, Henoch, Noah und Abraham. Gemeinsam mit Isaak wird er als Miterbe der Verheißung des Landes an Abraham, das von ihm in Zelten bewohnt wird (Hebr 11,9), gesehen. Dabei wird auch explizit auf die narrative Tradition rekurriert, die für den Aufweis des Glaubens der Erzväter ausgedeutet wird: Durch den Glauben segnet Isaak die Zwillinge, wie Jakob durch Glauben an seinem Lebensende die Josefssöhne segnet (Hebr 11,20-21). Als Begründer des Glaubens der Zeugen in der Heilsgeschichte gilt Jesus, ohne den die Verheißung nicht erlangt wird (Hebr 11,39-40). Die Glaubenszeugen eröffnen den Blick auf ihn als Vollender des Glaubens (Hebr 12,2).

4.1.1.4. Jakob als Beispiel für göttliche Erwählung. Unter Rückgriff auf die narrative Tradition der Genesis und die Gegenüberstellung von Jakob und Esau in Mal 1,2-3 verdeutlicht Paulus, dass Gottes Zuwendung nicht aufgrund von Werken, sondern aus der freiheitlichen Entscheidung Gottes heraus geschieht (Röm 9,11-13): Bereits im Mutterleib, noch bevor das Handeln der Brüder ethisch zu bewerten gewesen wäre, erfolgt die Erwählung des Zweitgeborenen, die Rebekka in Form des Orakels mitgeteilt wird (Gen 25,23). Die zugespitzte Aussage der Jakobstradition durch Maleachi „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst“ wird also von Paulus aufgenommen und als Hinweis auf die gnadenhafte Annahme Gottes gedeutet.

4.1.1.5. Rückbezug und Weiterführung der alttestamentlichen Erzähltraditionen. Der Umgang der neutestamentlichen Schriften mit der literarischen Figur des Jakob und der kollektiven Symbolfigur Jakob zeigt den engen Rückbezug auf die jüdische Heilsgeschichte und die kreative Deutung der Erzähltraditionen. Jakob ist Identifikationsfigur, zu der Jesus über Genealogien in ein Verhältnis gesetzt wird. Über die Bezeichnung „Gott Jakobs“ wird einerseits die Kontinuität der Gottesvorstellung deutlich, andererseits der Bezug zu Israel. Jakob selbst ist exemplum fidei („Vorbild der Hoffnung“) und im Zusammenhang des Auferstehungsglaubens als lebende Gestalt Zeichen für die Raum und Zeit umgreifende Gemeinschaft im Reich Gottes.

4.1.2. Die Tradition vom Jakobsbrunnen

4.1.2.1. Der biblische Befund. Der Jakobsbrunnen ist Schauplatz des Gesprächs Jesu mit der Samaritanerin (Joh 4,1-26) und des anschließenden Gesprächs mit den Jüngern und den Samaritanern (Joh 4,27-42).

Auf dem Weg von Judäa nach Galiläa reist Jesus durch Samaria. Er kommt durch eine Stadt Samariens, die Sychar genannt wird. Ihre Lage wird bestimmt durch den Hinweis auf die alttestamentliche Jakobstradition: Sie liegt „nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn gab“ (Joh 4,5), das im Gegensatz zur Stadt als bekannt vorausgesetzt wird.

Als Bezüge ergeben sich Gen 48,21-22 und Jos 24,32. Als Jakob seine Enkel Ephraim und Manasse segnet, übergibt Jakob seinem Sohn Josef einen Bergrücken (hebr. שְׁכֶם šekhem), den er von den Amoritern erkämpft habe (Gen 48,21-22). In → Sichem (hebr. שְׁכֶם šekhem) werden die Gebeine Josefs auf dem Grundstück bestattet (Jos 24,32), das Jakob von Hamor, dem Vater Sichems, gekauft (Gen 33,19) und den Nachkommen Josefs als Erbbesitz zugeteilt hat.

In der Ortstopographie des Johannes-Evangeliums befindet sich dort „eine Quelle Jakobs“ (Joh 4,6: πηγὴ τοῦ Ἰακώβ pēgē tou Iakob). Im Gespräch mit der samaritanischen Frau argumentiert diese: „Du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen (τὸ φρέαρ to phrear „der Schacht“) ist tief.“ (Joh 4,11). Dabei spielt sie auch selbst auf die Jakobstradition an: Jakob hat ihnen den Brunnen gegeben; er selbst, seine Söhne und das Vieh haben daraus getrunken (Joh 4,23).

Die verschiedenen Jakobstraditionen von Landkauf und Grablege werden topographisch im Bereich eines Brunnens gebündelt, den die alttestamentliche Jakobstradition nicht kennt. Im Johannes-Evangelium wird diese Lokaltradition als Setting für Jesu Rede vom lebendigen Wasser genutzt und die Tradition des Erzvaters, der Wasser gibt, aufgenommen und weitergeführt.

4.1.2.2. Archäologie. Der im Evangelium genannte Ort Sychar wird meist mit dem Dorf Askar, 1km nordöstlich des heutigen Jakobsbrunnens, identifiziert. Es stammt aus arabischer Zeit, könnte jedoch an der Stelle eines alten Sychar entstanden sein. Für hellenistische und römische Zeit verweisen Scherbenfunde auf eine relativ große Stadt. Eine Verschreibung für Sichem, wie sie schon → Hieronymus annahm (Epistula 108, 16; Text Kirchenväter), ist nicht wahrscheinlich. Sichem ist 107 v. Chr. von Johannes Hyrkan zerstört worden; die Neugründung von Flavia Neapolis (Nablus) erfolgt erst 72 n. Chr. Der Jakobsbrunnen (arab. Bīr Ja’qūb) befindet sich an der Nordostecke des → Garizim, 500m südöstlich von Sichem. Es handelt sich um Quellwasser, das unterirdisch vom Garizim herkommt.

Älteste Fundstücke aus dem Inneren des Schichtbrunnens, der 32m tief ist, datieren in hellenistische Zeit. Ein Baptisterium wird erstmals vom Pilger von Bordeaux (333 n. Chr.) bezeugt. Eine durch Mosaikfragmente und Mauerreste belegte kreuzförmige byzantinische Kirche, die Johannes dem Täufer geweiht war, erwähnt Hieronymus (Onomastikon 165,3f; Eusebs Onomastikon). Diese Kirche wurde wahrscheinlich während der Samaritanischen Revolten 484 oder 529 n. Chr. zerstört und unter Justinian ebenfalls wieder in Kreuzform aufgebaut. Literarisch belegt ist die justinianische Kirche in den 720ern und noch Anfang des 9. Jh.s n. Chr.

Als die Kreuzfahrer Nablus im August 1099 erobern, ist zwar die Tradition des Brunnens noch bekannt, die Kirche jedoch schon lange zerstört. Pilger, so Saewulf und Daniel, erwähnen Anfang des 12. Jh.s den Brunnen, aber nicht die Kirche. Das erste sichere Zeugnis, das wieder eine nun von den Kreuzfahrern erbaute Kirche belegt, stammt von Theoderich 1175 n. Chr. Das Gelände war im Besitz der Benediktinischen Schwestern von Bethanien. Bei dem neu errichteten Gebäude handelte es sich um eine dreischiffige Kirche mit dem Brunnen in der Krypta unter der Apsis.

Auch diese Kirche wurde spätestens im 13. Jh. zerstört. Für das 16. Jh. gibt es Zeugnisse, dass Franziskaner jährlich in der Krypta eine Messe feierten. 1860 wurde das Gelände vom griechisch-orthodoxen Patriarchat gekauft, so dass ab 1893 Ausgrabungen stattfinden konnten mit dem Ziel, die Kirche wieder aufzubauen. Das Wiederaufbauprojekt konnte im Ersten Weltkrieg nicht zu Ende geführt werden. Seit 2007 befindet sich wieder eine griechisch-orthodoxe Kirche über der mittelalterlichen Krypta mit dem Brunnen, die Photina geweiht ist. In orthodoxer Tradition ist sie die Frau, mit der Jesus am Jakobsbrunnen spricht.

4.2. Frühjüdische Rezeption und rabbinische Auslegung

Bereits in der Weisheit Salomos wird die Ambivalenz von Jakobs Charakter zugunsten eines positiven Bildes aufgelöst (→ Weisheit Salomos). Jakob gilt als „Gerechter“, der vor dem Zorn des Bruders flieht und in die Geheimnisse der Weisheit eingeweiht ist. Auf deren Wirken wird sein Erfolg zurückgeführt, der gleichzeitig an die Gottesfurcht rückgebunden wird (Weish 10,10-12).

Die Tendenz, anstößige Taten Jakobs auszusparen, führt das Jubiläenbuch weiter (→ Jubiläenbuch). Jakob ist im Gegensatz zu seinem Bruder Esau der Schriftkundige, das heißt der, der die Tora Gottes studiert (Jub 19,14-15). Dass Jakob sich den Segen erlistet, ist nicht mehr auf die Intrige Rebekkas zurückzuführen, sondern göttlicher Plan, der von Abraham vermittelt ist (Jub 19,26-31). Nach seinem Tod übergibt Jakob seine Schriften und die seiner Väter an seinen Sohn Levi (Jub 45,16).

In der nachbiblischen jüdischen Literatur spielt Jakob eine weniger zentrale Rolle als Abraham und Josef. Eine Schrift Philos von Alexandrien, die sich nur mit ihm befasste, ist nicht erhalten (→ Philo von Alexandrien). Er erwähnt ihn als Menschentypen, der durch praktische Erfahrung Rechtschaffenheit erwirbt (De Abrahamo 52f; De migratione Abrahami 200; Text Philo).

Bei Flavius Josephus zeigt sich die Tendenz, Jakob zu entschulden und das betrügerische Verhalten auf Rebekka zurückzuführen. Geschildert wird seine Sorge, der Vater könne die List bemerken (Antiquitates I 269-273; Text gr. und lat. Autoren).

Im Midrasch Bereschit Rabba (5. Jh. n. Chr.) wird der Antagonismus der Brüder weiter ausgefaltet und zu konträren religiösen Neigungen ausgeweitet: Die Kinder stoßen sich im Mutterleib, weil Rebekka an einem Götzentempel vorbeigeht und es Esau zu den fremden Göttern drängt. Jakob wird weiter idealisiert. So stimmt er dem von Rebekka initiierten Segensbetrug nur ungern zu, und die Lügen dem Vater gegenüber werden uminterpretiert. Esaus Handeln wird weiter abgewertet, allerdings das Fehlverhalten Jakobs auch nicht ganz verschwiegen. Der Hochzeitsbetrug wird explizit als Folge des Segensbetrugs gewertet. Gleichzeitig wird Jakob Identifikationsfigur nicht nur für Israel, sondern auch für das zeitgenössische Judentum. Die konfliktreiche Gegenüberstellung von Jakob und Esau wird auf das Verhältnis von Israel bzw. den Juden und Rom übertragen: Der Jammer Jakobs über die Taten Esaus ist der Jammer, der den Juden durch Kaiser Hadrian im zweiten Jüdischen Krieg zugefügt wurde (BerR 65 zu Gen 27,22).

Diese Tendenz zur Aktualisierung wird auch im Mittelalter fortgeführt. Für Raschi (→ Raschi) ist die Rivalität von Jakob und Esau vor dem Hintergrund der aufkommenden Kreuzzüge im 11. Jh. Folie für die Auseinandersetzungen von Synagoge und Kirche. Jakob ist Sinnbild von Geistigkeit und Gerechtigkeit, Esau von Maßlosigkeit und Heuchelei. Er wird als Sau bezeichnet. Der plötzliche Wechsel Raschis in den Plural bei den im Folgenden geschilderten Freveln macht den Bezug der Gräueltaten Esaus auf die der zeitgenössischen christlichen Ritter möglich. Im Ende hat Jakob nach Raschi das Privileg, durch den Kuss Gottes zu sterben. Einer anderen Tradition zufolge ist er überhaupt nie gestorben, was als Anspielung auf die Unsterblichkeit Israels gewertet werden kann (Taʼan 5b). In der kabbalistischen Lehre der Sefirot wird Jakob mit der Tif’eret, der Schönheit, identifiziert und symbolisiert das Gleichgewicht von Liebe und Gerechtigkeit.

4.3. Kirchenväter

Bei den Kirchenvätern gilt Jakob als Vorläufer Christi. Für Irenäus von Lyon zeugt Jakob mit den beiden Schwestern und ihren Mägden Kinder, wie Christus Freie und Unfreie gleichermaßen zu Kindern Gottes macht (Adversus haereses 4,21,3; Bibliothek der Kirchenväter). Jakobs Reise nach Haran, um dort eine Frau zu finden, deutet Cäsarius von Arles als Vorwegnahme des Kommens Christi in die Welt, um sich mit der Kirche zu vermählen. Dass Jakob auf Rahel am Brunnen trifft, ist Bild dafür, dass Christus die Kirche am Wasser der Taufe findet. Wie Jakob Präfiguration Christi ist, so werden die 12 Söhne als Typus der Apostel verstanden.

Die biblische Erzählung wird jedoch auch auf den Einzelnen oder auf die Kirche hin gelesen: Die Probleme Rebekkas während der Schwangerschaft verweisen nach → Origenes auf innere Konflikte eines jeden Gläubigen. Den Zwiespalt des Menschen zwischen Gut und Böse sieht → Augustinus (Sermo 5) in Jakobs Kampf am Jabbok abgebildet. Für Caesarius von Arles ist die erfolgreiche Schafzucht Jakobs Verweis auf die Vereinigung von Juden und Heiden in Christus. Die beiden Schwestern Lea und Rachel hingegen symbolisieren für Justin (Dialog mit dem Juden Tryphon 134) Synagoge und Kirche.

4.4. Koran

Die Jakobfigur wird im Koran (Text Koran) nicht breit rezipiert. In der 12. Sure erscheint er im Kontext einer Wiedergabe der Josefserzählung. Dabei hat er von vornherein Einblick in den göttlichen Heilsplan.

Als Josef seinem Vater von seinem Traum erzählt, warnt er ihn davor, seinen Brüdern von dem Traum zu berichten, weil diese ihm Böses tun werden (12,5). So aber wird Gott Josef auserwählen. Die Auserwählung besteht in der Kunst der Deutung des Geschehens. In Josef wird Gott die Gnade, mit der er sich bereits Abraham und Isaak zugewandt hat, vollenden (12,6).

Die Brüder hingegen zweifeln die Autorität des Vaters an, der im Irrtum sei (12,8). Dieser lässt sich aber anders als der biblische Jakob nicht von seinen Söhnen den Tod Josefs vortäuschen, sondern zeigt sich als der Treue im Glauben, der Allah in Geduld um Beistand bittet (12,18). Auch als einer der Söhne in Ägypten zurückbleibt, bringt er sein Vertrauen auf Allah zum Ausdruck (12,83). Der Gläubige zeichnet sich wie Jakob durch Hoffnung aus; an Allahs Erbarmen zweifeln nur die Ungläubigen (12,86-87).

Diese Vorbildlichkeit im Glauben wird auch an den weiteren Aussagen des Korans zu Jakob deutlich: Wie Noah, Abraham, Ismael und Isaak gehören Jakob und seine Söhne zu den Empfängern der Offenbarung (4,163). Er gilt auch als Prophet, der die Sprache der Wahrheit beherrscht (19,49-50).

4.5. Ikonographie

Die frühste Darstellung Jakobs findet sich in der Synagoge von Dura Europos. Sie zeigt Jakob als bärtigen Mann mit Tunika und Pallium bekleidet. In der frühchristlichen Tradition wird Jakob bis zu seinem Weggang von Laban in eine kurze Tunika gekleidet dargestellt, dann mit langer Tunika und weitem Pallium. Später wird der Wechsel vom jugendlichen Jakob zum Erzvater durch Bartlosigkeit und Bart verdeutlicht.

Häufig dargestellt werden der Segen Isaaks, Jakobs Traum, Jakob und Rahel am Brunnen, der Kampf mit einem Engel am Jabbok und die Segnung von Ephraim und Manasse.

Der segnende Isaak liegt meist auf einem Bett, seltener sitzt er auf einem Stuhl. Er erscheint mit Segensgestus oder prüft die Hand, die Jakob ihm hinstreckt. Neben Jakob erscheint oft auch Esau, der z.B. von hinten herantritt (s. Abb. 2).

Der träumende Jakob wird in der Regel schlafend gezeigt. Der Kopf liegt auf einem Stein, neben einer Leiter, auf der zwei bis drei oder mehr Engel hinauf- und hinabsteigen. Ab dem 17. Jh. sind sie mit Flügeln dargestellt. Selten erscheint auch Gott selbst auf der Leiter. In Zyklen kann noch die Szene der Salbung des Steines von Bethel angefügt werden. Im Mittelalter ist der Traum Jakobs oft als Begleitszene zu Jakobs Kampf mit dem Engel dargestellt, gelegentlich sogar in nur einer Szene. In der Neuzeit kann die Leiter in eine Treppe umgewandelt werden, oder sie erscheint als Lichtstrahl.

Bei der Begegnung von Jakob und Rahel am Brunnen wird Rahel mit Schafen dargestellt. In Zyklen wird manchmal auch das Wegwälzen des Steines oder eine Umarmungsszene gezeigt.

Für die Darstellung des Kampfes mit dem Engel stehen zunächst in der frühchristlichen Kunst antike Ringergruppen Pate. Der Engel wird gewöhnlich mit Flügeln gezeigt. Im Frühmittelalter ist die Szene verbreitet, weil sie symbolisch als Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoge gedeutet wird. Im Barock ist die Szene wegen ihrer gewaltsamen Belebtheit beliebt.

Für die Segnung von Ephraim und Manasse sind die gekreuzten Arme Jakobs charakteristisch. Gezeigt wird auch Josefs Missbilligung.

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Abbildungsverzeichnis

  • Übersicht zu den Familienverhältnissen Jakobs.
  • Isaak segnet Jakob (Govert Flinck; 1639).
  • „Jacob“ mit einer „Wurzel Jesse“ (Freiburger Münster; ca. 1218).
  • Jakobs Traum (Mosaner Psalterfragment; 12. Jh.).
  • Jakob ringt mit dem Engel (Paul Gauguin; 1888).
  • Jakobsbrunnen im heutigen Nablus. © Kathrin Gies, 2013
  • Jakobs Traum (Josepe de Ribera; 1639).
  • Jakob trifft Rahel mit der Herde des Vaters (Joseph von Führich; 1836).
  • Jakob segnet die Josefssöhne (Rembrandt van Rijn; 1656).

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