Jakob
Andere Schreibweise: Jacob (engl.)
(erstellt: Juni 2013)
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→ Genesis
1. Der Name Jakob
1.1. Bedeutung
Der Name Jakob ist regulär defektiv (hebr. יַעֲקֹב ja‘ǎqov) geschrieben, nur selten plene (hebr. יַעֲקוֹב ja‘ǎqôv in Lev 26,42
Parallelen bieten die amurritschen Personennamen mit theophorem Element Ja-aḫ-qu-ub-él („El schützt / möge schützen“) und Ja-qu-ub-An („An schützt / möge schützen“), in Ugarit Jaqub-Ba‘al („Baal schützt / möge schützen“) sowie der ägyptische Ortsname Jaʿqubʾilu („El schützt / möge schützen“; Ahituv 200) und der Name eines Hyksosherrschers J-‘-q-b-h-r („Haddu beschützt“) (Schneider 128).
Die → Septuaginta
1.2. Narrative Ausdeutungen
Auf narrativer Ebene finden sich zwei volksetymologische Ableitungen des Namens Jakob. Die eine bezieht sich auf das Geburtsgeschehen: Der Zweitgeborene Jakob hält sich an der Ferse (hebr. עָקֵב ‘āqev) seines erstgeborenen Bruders → Esau
Die andere Namensdeutung bezieht sich auf die Wurzel ’QB I „betrügen“ und erfolgt aus der Perspektive Esaus, Jakob habe sich das Erstgeburtsrecht widerrechtlich angeeignet (vgl. Gen 25,27-34
1.3. Referenz
Der Name bezeichnet vor allem in der Genesis die Person des Jakob. Er erscheint in der Aufzählung der drei Erzväter, u.a. im Zusammenhang „der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (z.B. Ex 2,24
Als Volksname begegnet Jakob (auch unter Hinzufügung von hebr. בַּיִת bajit „Haus / Familie / Nachkommen“ in Ex 19,3
Im Neuen Testament tragen mehrere Personen, die zum Teil zuweilen miteinander identifiziert werden, den Namen Jakob (Ιακωβ Iakob griech.) bzw. Jakobus (Ιακοβος Iakobos):
1) Im Stammbaum Jesu bei Matthäus erscheint der Ahnvater Jakob (Mt 1,2
2) → Jakobus, Sohn des Zebedäus
3) Auch → Jakobus, Sohn des Alphäus
4) Jakobus, der Kleine, ist Sohn einer Maria und Bruder eines Jose (Mk 15,40
5) Judas, einer der Zwölf Apostel, ist Sohn eines Jakobus und wird durch diese Nennung des Vaters von → Judas Iskariot
6) Schließlich heißt einer der Brüder Jesu Jakobus (vgl. Mk 6,3
2. Jakob im Alten Testament
2.1. Genesis
Jakob ist der jüngere Sohn von → Isaak
Die Erzählungen um Jakob werden eingeführt als Toledot („Geschlechterfolge“; → Genealogie
2.1.1. Jakob und Esau in Kanaan: Schuld und Entzweiung
Jakobs Geschichte beginnt schon vor seiner Geburt. Wie auch das erste Erzelternpaar → Abraham
Die göttliche Antwort „Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern; und ein Volksstamm wird stärker sein als der andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“ (Gen 25,23
Zugleich wird mit dem göttlichen Orakel ein zentrales Thema der Erzählung angeschnitten: Sie fragt nach Überordnung und Unterordnung, Macht und Ohnmacht, Ersten und Zweiten und einer Umkehrung der Verhältnisse. Der Erstgeborene ist Esau. Erst nach ihm erblickt Jakob das Licht der Welt. Die zwei Brüder könnten unterschiedlicher nicht sein (vgl. Gen 25,27-28
Ein Blick zurück auf die noch kinderlose Zeit von Isaak und Rebekka zeigt auch den Vater Isaak als Betrüger (Gen 26,7-11
Jakob erwirbt den väterlichen Segen, angetrieben von seiner Mutter, durch eine List (Gen 27,1-40
Noch ist nicht ausgemacht, wer wen beherrscht und worin sich Segen zeigt. Jakobs Situation ist alles andere als privilegiert. Er muss die Rache seines Bruders fürchten, an dem er schuldig geworden ist. Daher rät Rebekka ihm zur Flucht zu ihrem Bruder → Laban
Auf der Flucht wird diese Hoffnung Isaaks durch Gott selbst in einer Vision bestätigt (Gen 28,10-22
2.1.2. Jakob in Haran: Der Betrüger wird betrogen
Für zwanzig Jahre sind die Brüder getrennt. In der Fremde erlebt der Täter nun in der Rolle des Opfers, was andere durch ihn erfahren haben (vgl. G. Fischer 2011).
Direkt bei seiner Ankunft in Haran trifft er am Brunnen auf → Rahel
Allerdings kann sie anders als ihre Schwester keine Kinder bekommen. Der Konflikt zwischen den Schwestern entrollt sich, und Jakob wird zum Spielball der Interessen der beiden Frauen (Gen 30,1-24
Nach Josefs Geburt bittet Jakob um Entlassung bei Laban, der ihm einen Lohn anbietet. Jakob gibt sich zunächst bescheiden. Das Handeln von Onkel und Neffe bleibt undurchsichtig. Beide scheinen den eigenen Vorteil sichern zu wollen. Am Ende geht Jakob als reicher Mann aus der Vereinbarung hervor (Gen 30,25-43
Da Labans Wohlwollen Jakob gegenüber dahin ist, flieht er wieder. Dieses Mal wird er von Gott dazu beauftragt (Gen 31,3
2.1.3. Jakob und Esau in Kanaan: Versöhnung
Jakob setzt seinen Weg nach Hause fort und sendet Boten voraus zu seinem Bruder Esau nach → Seïr
Doch die Nacht vor dem Aufeinandertreffen der Brüder bringt die Veränderung. Am → Jabbok
Was Jakob als Gnade Gottes deutet, lässt ihn seinen Bruder Esau bei ihrem Aufeinandertreffen anders sehen: „Denn ich habe ja doch dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht Gottes sieht, und du hast Gefallen an mir gehabt.“ (Gen 33,10
Dort vergewaltigt Sichem, der Sohn Hamors, → Dina
Erneut erhält Jakob einen göttlichen Auftrag: Er soll in → Bethel
Auf dem Rückweg, bei → Efrata
2.1.4. Jakob und seine Söhne: Die Josefserzählung
Kapitel 37-50 werden klassisch als → Josefserzählung
Als es zu einer Hungersnot im Land kommt, ist es wieder Jakob, der seine Söhne nach Ägypten schickt (Gen 42,1-2
In Ägypten kommt es zum Wiedersehen von Jakob und seinem Sohn Josef. Jakob erhält eine Audienz bei Pharao und segnet diesen. Die Sippe Jakobs siedelt im besten Teil des Landes (Gen 47,11
Auch nach seinem Tod bestimmt Jakob noch das Handeln der Söhne. Die Brüder fürchten, dass Josef sich ihnen gegenüber nur aufgrund der väterlichen Autorität versöhnlich gezeigt habe, und bitten ihn erneut im Namen des Vaters um Vergebung. Josefs Vergebung jedoch ist aufrecht, indem er das Vergangene als Teil des göttlichen Heilsplanes deutet (Gen 50,20
2.2. Außerhalb der Genesis
Der Name Jakob begegnet außerhalb der Genesis zwar 150 Mal, meist jedoch als Umschreibung für die Volksgröße Israel. Nur an wenigen Stellen wird auf die literarische Figur Jakob und die Jakob-Traditionen angespielt. Dabei wird Jakob in der Prophetie wie Abraham als Heilsempfänger rezipiert (vgl. bes. die Anrede Israels als „Jakob“ bei → Deuterojesaja
2.2.1. Hos 12
In Hos 12
Eingespielt werden verschiedene Momente einer narrativen Tradition. Der Name Jakob wird mit Verweis auf den Betrug im Mutterleib ausgedeutet (Hos 12,4
2.2.2. Weitere Stellen
In seiner Abschiedsrede erinnert Josua in Sichem an die Heilstaten JHWHs in einem Geschichtsrückblick. In der Wiedergabe der göttlichen Rede werden Jakob und Esau als Söhne des Isaak genannt (Jos 24,4
Daneben wird mehrfach das Bruderverhältnis von Jakob und Edom genannt (Dtn 23,8
3. Die Frage der Historizität
3.1. Ein historischer Jakob?
Die biblischen Texte entwerfen eine Genealogie von Personen und Abfolge von Ereignissen, die der biblischen Chronologie folgend für Jakob in die Zeit des beginnenden 2. Jahrtausends v. Chr. führen. Einige Namen der Protagonisten sind als westsemitische Personennamen für diese Zeit außerbiblisch belegt. Auch die soziokulturellen Gegebenheiten, von denen die Erzählungen berichten, wie Heiratsbräuche oder Gesetze über den Landkauf ähneln tatsächlich Vorgängen und Bräuchen, die sich in Quellen aus dieser Zeit in Mesopotamien, z.B. aus → Mari
Allerdings ist – wie für die biblischen Texte allgemein – streng zu unterscheiden zwischen der Zeit, von der die Texte erzählen, und der Zeit, in der die Texte entstanden sind. Die erzählten Ereignisse sind als Rückprojektionen zu bewerten. Für die Erzählungen um Jakob ergibt sich eine Diskrepanz von erzählter Zeit und Entstehungszeit, die über tausend Jahre umfasst.
Einen historischen Jakob finden wir also nicht. Gewichtiger ist aber, dass die Erzählungen um Jakob auch gerade nicht als Biographien gelesen werden wollen. Als Ursprungserzählungen geben sie keinen Bericht von der Vergangenheit, sondern dienen der Selbstvergewisserung derer, die sie erzählen, in der je aktuellen Gegenwart (→ Erzählende Gattungen
3.2. Die Entstehung der Erzählungen um Jakob
In eine Vorzeit der Väter und Mütter Israels verlegt werden also Erzählungen, deren Funktion es ist, die Gemeinschaft derer, die sie erzählen, zu konstituieren. Dabei werden die Erzählungen nicht einfach nur weitererzählt, sondern je neu in Bezug auf die Gegenwart hin aktualisiert. Auch wenn im Rahmen der unterschiedlichen Modelle zur Entstehung des Pentateuch umstritten ist, wie im Einzelnen die Texte entstanden sind (→ Pentateuchforschung
Als Hinweise auf den Ort der Entstehung der Erzählungen gelten deren geographische Haftpunkte. Rückschlüsse auf die Entstehungszeit können die in den Erzählungen thematisierten Fragen sein, die einer bestimmten Phase der Geschichte Israels zugeordnet werden können.
3.2.1. Erzähltraditionen aus dem Nordreich
Auffällig für die Erzählungen um Jakob ist, dass sie vor allem an Orten im Norden Palästinas bzw. im Ostjordanland spielen (→ Bethel
Um exemplarisch ein Modell zum literarischen Wachstum vorzustellen, seien die Überlegungen von E. Blum zur Komposition der „Vätergeschichte“ angeführt: Da viele der Erzählungen als in sich geschlossene Erzähleinheiten gelesen werden können, kann man „Einzelsagen“ für den Ausgangspunkt der Traditionsbildung um Jakob halten. Aus diesen wird durch verbindende Passagen (z.B. Gen 28,20-22
3.2.2. Eine gemeinsame Ursprungserzählung in Juda
Diese Erzählungen um Jakob könnten nach dem Untergang des Nordreiches 722 v. Chr. in den Süden gelangt sein (vgl. Blum 1984). Da die Erzählungen um Abraham im Süden haften, ist plausibel, dass in Juda die Nord- und Südreichüberlieferungen in Gestalt der Personen Abraham und Jakob zu einer Großerzählung verbunden werden, zu der auch die Erzählungen um den Jakobssohn Josef gehört. Durch diese neu geschaffene Ursprungsgeschichte werden Nord und Süd miteinander verbunden und die verwandtschaftliche Einheit bei allen Konflikten in den Vordergrund gestellt.
3.2.3. Exilisch-nachexilische Aktualisierungen
Angesichts der Verlusterfahrungen im Zusammenhang mit der Eroberung Judas durch die Babylonier im 6. Jh. v. Chr. werden die Erzählungen weitererzählt. So wird in der Heimkehr Jakobs nach Kanaan die erhoffte Heimkehr der Exilierten auf narrativer Ebene Realität.
Auch in nachexilischer Zeit ist die Frage danach, was jüdische Identität ausmacht, weiter virulent. So wird beispielsweise in Gen 26,34-35
3.2.4. Weitere Traditionen und nachträgliche Einschübe
Da in Einzelerzählungen der Fokus auf die Figuren gewechselt wird, ordnet man diese anderen Traditionen zu bzw. betrachtet sie als nachträgliche Einfügungen, deren Genese noch einmal eigens zu bestimmen ist. So weisen die in die Jakob-Überlieferung eingeschobenen Erzählungen um Isaak in → Gerar
Gen 35,1-5
3.2.5. Ein mehrstufiger Entstehungsprozess
Egal, wie das Wachstum der Jakobserzählungen nun im Einzelnen bestimmt wird, deutlich ist: Der Entstehungsprozess erstreckt sich von einzelnen Erzählungen der vorexilischen Zeit ausgehend über mehrere Jahrhunderte bis in die Perserzeit, und die Frage nach der Genese der Jakobserzählungen ist nicht zu trennen von der der Volksgeschichte Israels und des Pentateuch insgesamt. Die erzählten Figuren sind Identifikationsfiguren, an denen teilweise auch widersprüchliche Positionen in Bezug auf Problemkonstellationen der Gegenwart erörtert werden, so die Frage nach dem Verhältnis der Völker und dem göttlichen Segen.
4. Rezeptionsgeschichte
4.1. Neues Testament
4.1.1. Die Symbolfigur Jakob
4.1.1.1. Genealogie und Erzvätertrias. In den neutestamentlichen Schriften erscheint Jakob vor allem in genealogischen Zusammenhängen, so in der Genealogie Jesu (Mt 1,2
4.1.1.2. Die Bedeutung Jakobs für die Anhänger Jesu. Im heilsgeschichtlichen Rückblick des → Stephanus
In der Verheißungsrede des Engels → Gabriel
4.1.1.3. Jakob als Glaubenszeuge. Im → Hebräerbrief
4.1.1.4. Jakob als Beispiel für göttliche Erwählung. Unter Rückgriff auf die narrative Tradition der Genesis und die Gegenüberstellung von Jakob und Esau in Mal 1,2-3
4.1.1.5. Rückbezug und Weiterführung der alttestamentlichen Erzähltraditionen. Der Umgang der neutestamentlichen Schriften mit der literarischen Figur des Jakob und der kollektiven Symbolfigur Jakob zeigt den engen Rückbezug auf die jüdische Heilsgeschichte und die kreative Deutung der Erzähltraditionen. Jakob ist Identifikationsfigur, zu der Jesus über Genealogien in ein Verhältnis gesetzt wird. Über die Bezeichnung „Gott Jakobs“ wird einerseits die Kontinuität der Gottesvorstellung deutlich, andererseits der Bezug zu Israel. Jakob selbst ist exemplum fidei („Vorbild der Hoffnung“) und im Zusammenhang des Auferstehungsglaubens als lebende Gestalt Zeichen für die Raum und Zeit umgreifende Gemeinschaft im Reich Gottes.
4.1.2. Die Tradition vom Jakobsbrunnen
4.1.2.1. Der biblische Befund. Der Jakobsbrunnen ist Schauplatz des Gesprächs Jesu mit der Samaritanerin (Joh 4,1-26
Auf dem Weg von Judäa nach Galiläa reist Jesus durch Samaria. Er kommt durch eine Stadt Samariens, die Sychar genannt wird. Ihre Lage wird bestimmt durch den Hinweis auf die alttestamentliche Jakobstradition: Sie liegt „nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn gab“ (Joh 4,5
Als Bezüge ergeben sich Gen 48,21-22
In der Ortstopographie des Johannes-Evangeliums befindet sich dort „eine Quelle Jakobs“ (Joh 4,6
Die verschiedenen Jakobstraditionen von Landkauf und Grablege werden topographisch im Bereich eines Brunnens gebündelt, den die alttestamentliche Jakobstradition nicht kennt. Im Johannes-Evangelium wird diese Lokaltradition als Setting für Jesu Rede vom lebendigen Wasser genutzt und die Tradition des Erzvaters, der Wasser gibt, aufgenommen und weitergeführt.
4.1.2.2. Archäologie. Der im Evangelium genannte Ort Sychar wird meist mit dem Dorf Askar, 1km nordöstlich des heutigen Jakobsbrunnens, identifiziert. Es stammt aus arabischer Zeit, könnte jedoch an der Stelle eines alten Sychar entstanden sein. Für hellenistische und römische Zeit verweisen Scherbenfunde auf eine relativ große Stadt. Eine Verschreibung für Sichem, wie sie schon → Hieronymus
Älteste Fundstücke aus dem Inneren des Schichtbrunnens, der 32m tief ist, datieren in hellenistische Zeit. Ein Baptisterium wird erstmals vom Pilger von Bordeaux (333 n. Chr.) bezeugt. Eine durch Mosaikfragmente und Mauerreste belegte kreuzförmige byzantinische Kirche, die Johannes dem Täufer geweiht war, erwähnt Hieronymus (Onomastikon 165,3f; Eusebs Onomastikon
Als die Kreuzfahrer Nablus im August 1099 erobern, ist zwar die Tradition des Brunnens noch bekannt, die Kirche jedoch schon lange zerstört. Pilger, so Saewulf und Daniel, erwähnen Anfang des 12. Jh.s den Brunnen, aber nicht die Kirche. Das erste sichere Zeugnis, das wieder eine nun von den Kreuzfahrern erbaute Kirche belegt, stammt von Theoderich 1175 n. Chr. Das Gelände war im Besitz der Benediktinischen Schwestern von Bethanien. Bei dem neu errichteten Gebäude handelte es sich um eine dreischiffige Kirche mit dem Brunnen in der Krypta unter der Apsis.
Auch diese Kirche wurde spätestens im 13. Jh. zerstört. Für das 16. Jh. gibt es Zeugnisse, dass Franziskaner jährlich in der Krypta eine Messe feierten. 1860 wurde das Gelände vom griechisch-orthodoxen Patriarchat gekauft, so dass ab 1893 Ausgrabungen stattfinden konnten mit dem Ziel, die Kirche wieder aufzubauen. Das Wiederaufbauprojekt konnte im Ersten Weltkrieg nicht zu Ende geführt werden. Seit 2007 befindet sich wieder eine griechisch-orthodoxe Kirche über der mittelalterlichen Krypta mit dem Brunnen, die Photina geweiht ist. In orthodoxer Tradition ist sie die Frau, mit der Jesus am Jakobsbrunnen spricht.
4.2. Frühjüdische Rezeption und rabbinische Auslegung
Bereits in der Weisheit Salomos wird die Ambivalenz von Jakobs Charakter zugunsten eines positiven Bildes aufgelöst (→ Weisheit Salomos
Die Tendenz, anstößige Taten Jakobs auszusparen, führt das Jubiläenbuch weiter (→ Jubiläenbuch
In der nachbiblischen jüdischen Literatur spielt Jakob eine weniger zentrale Rolle als Abraham und Josef. Eine Schrift Philos von Alexandrien, die sich nur mit ihm befasste, ist nicht erhalten (→ Philo von Alexandrien
Bei Flavius Josephus zeigt sich die Tendenz, Jakob zu entschulden und das betrügerische Verhalten auf Rebekka zurückzuführen. Geschildert wird seine Sorge, der Vater könne die List bemerken (Antiquitates I 269-273; Text gr. und lat. Autoren
Im Midrasch Bereschit Rabba (5. Jh. n. Chr.) wird der Antagonismus der Brüder weiter ausgefaltet und zu konträren religiösen Neigungen ausgeweitet: Die Kinder stoßen sich im Mutterleib, weil Rebekka an einem Götzentempel vorbeigeht und es Esau zu den fremden Göttern drängt. Jakob wird weiter idealisiert. So stimmt er dem von Rebekka initiierten Segensbetrug nur ungern zu, und die Lügen dem Vater gegenüber werden uminterpretiert. Esaus Handeln wird weiter abgewertet, allerdings das Fehlverhalten Jakobs auch nicht ganz verschwiegen. Der Hochzeitsbetrug wird explizit als Folge des Segensbetrugs gewertet. Gleichzeitig wird Jakob Identifikationsfigur nicht nur für Israel, sondern auch für das zeitgenössische Judentum. Die konfliktreiche Gegenüberstellung von Jakob und Esau wird auf das Verhältnis von Israel bzw. den Juden und Rom übertragen: Der Jammer Jakobs über die Taten Esaus ist der Jammer, der den Juden durch Kaiser Hadrian im zweiten Jüdischen Krieg zugefügt wurde (BerR 65 zu Gen 27,22
Diese Tendenz zur Aktualisierung wird auch im Mittelalter fortgeführt. Für Raschi (→ Raschi
4.3. Kirchenväter
Bei den Kirchenvätern gilt Jakob als Vorläufer Christi. Für Irenäus von Lyon zeugt Jakob mit den beiden Schwestern und ihren Mägden Kinder, wie Christus Freie und Unfreie gleichermaßen zu Kindern Gottes macht (Adversus haereses 4,21,3; Bibliothek der Kirchenväter
Die biblische Erzählung wird jedoch auch auf den Einzelnen oder auf die Kirche hin gelesen: Die Probleme Rebekkas während der Schwangerschaft verweisen nach → Origenes
4.4. Koran
Die Jakobfigur wird im Koran (Text Koran
Als Josef seinem Vater von seinem Traum erzählt, warnt er ihn davor, seinen Brüdern von dem Traum zu berichten, weil diese ihm Böses tun werden (12,5). So aber wird Gott Josef auserwählen. Die Auserwählung besteht in der Kunst der Deutung des Geschehens. In Josef wird Gott die Gnade, mit der er sich bereits Abraham und Isaak zugewandt hat, vollenden (12,6).
Die Brüder hingegen zweifeln die Autorität des Vaters an, der im Irrtum sei (12,8). Dieser lässt sich aber anders als der biblische Jakob nicht von seinen Söhnen den Tod Josefs vortäuschen, sondern zeigt sich als der Treue im Glauben, der Allah in Geduld um Beistand bittet (12,18). Auch als einer der Söhne in Ägypten zurückbleibt, bringt er sein Vertrauen auf Allah zum Ausdruck (12,83). Der Gläubige zeichnet sich wie Jakob durch Hoffnung aus; an Allahs Erbarmen zweifeln nur die Ungläubigen (12,86-87).
Diese Vorbildlichkeit im Glauben wird auch an den weiteren Aussagen des Korans zu Jakob deutlich: Wie Noah, Abraham, Ismael und Isaak gehören Jakob und seine Söhne zu den Empfängern der Offenbarung (4,163). Er gilt auch als Prophet, der die Sprache der Wahrheit beherrscht (19,49-50).
4.5. Ikonographie
Die frühste Darstellung Jakobs findet sich in der Synagoge von Dura Europos. Sie zeigt Jakob als bärtigen Mann mit Tunika und Pallium bekleidet. In der frühchristlichen Tradition wird Jakob bis zu seinem Weggang von Laban in eine kurze Tunika gekleidet dargestellt, dann mit langer Tunika und weitem Pallium. Später wird der Wechsel vom jugendlichen Jakob zum Erzvater durch Bartlosigkeit und Bart verdeutlicht.
Häufig dargestellt werden der Segen Isaaks, Jakobs Traum, Jakob und Rahel am Brunnen, der Kampf mit einem Engel am Jabbok und die Segnung von Ephraim und Manasse.
Der segnende Isaak liegt meist auf einem Bett, seltener sitzt er auf einem Stuhl. Er erscheint mit Segensgestus oder prüft die Hand, die Jakob ihm hinstreckt. Neben Jakob erscheint oft auch Esau, der z.B. von hinten herantritt (s. Abb. 2).
Der träumende Jakob wird in der Regel schlafend gezeigt. Der Kopf liegt auf einem Stein, neben einer Leiter, auf der zwei bis drei oder mehr Engel hinauf- und hinabsteigen. Ab dem 17. Jh. sind sie mit Flügeln dargestellt. Selten erscheint auch Gott selbst auf der Leiter. In Zyklen kann noch die Szene der Salbung des Steines von Bethel angefügt werden. Im Mittelalter ist der Traum Jakobs oft als Begleitszene zu Jakobs Kampf mit dem Engel dargestellt, gelegentlich sogar in nur einer Szene. In der Neuzeit kann die Leiter in eine Treppe umgewandelt werden, oder sie erscheint als Lichtstrahl.
Bei der Begegnung von Jakob und Rahel am Brunnen wird Rahel mit Schafen dargestellt. In Zyklen wird manchmal auch das Wegwälzen des Steines oder eine Umarmungsszene gezeigt.
Für die Darstellung des Kampfes mit dem Engel stehen zunächst in der frühchristlichen Kunst antike Ringergruppen Pate. Der Engel wird gewöhnlich mit Flügeln gezeigt. Im Frühmittelalter ist die Szene verbreitet, weil sie symbolisch als Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoge gedeutet wird. Im Barock ist die Szene wegen ihrer gewaltsamen Belebtheit beliebt.
Für die Segnung von Ephraim und Manasse sind die gekreuzten Arme Jakobs charakteristisch. Gezeigt wird auch Josefs Missbilligung.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Übersicht zu den Familienverhältnissen Jakobs.
- Isaak segnet Jakob (Govert Flinck; 1639).
- „Jacob“ mit einer „Wurzel Jesse“ (Freiburger Münster; ca. 1218).
- Jakobs Traum (Mosaner Psalterfragment; 12. Jh.).
- Jakob ringt mit dem Engel (Paul Gauguin; 1888).
- Jakobsbrunnen im heutigen Nablus. © Kathrin Gies, 2013
- Jakobs Traum (Josepe de Ribera; 1639).
- Jakob trifft Rahel mit der Herde des Vaters (Joseph von Führich; 1836).
- Jakob segnet die Josefssöhne (Rembrandt van Rijn; 1656).
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