(erstellt: März 2011)
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Lot ist ein Neffe → Abrahams
1. Der Name Lot
Der Name Lot (לוֹט lôṭ) wird im Alten Testament nicht erklärt und ist auch wissenschaftlich nicht geklärt. Westermann (2003, 151) belässt es bei der Feststellung: „Herkunft und Etymologie des Namens sind unbekannt.“, ähnlich Seebass (1997, 6). Engelken (1995, 668) verweist auf die hebräische Verbalwurzel לוט lôṭ „verhüllen / einwickeln“, ohne jedoch daraus eine Erklärung ableiten zu können.
2. Lot im Alten Testament
Als Textakteur tritt Lot nur in einigen Kapiteln der → Abraham-Erzählung
2.1. Lot im Deuteronomium und Ps 83
In den ersten Kapiteln des Buches → Deuteronomium
Ps 83,9
Insgesamt lässt sich dieser Befund so deuten, dass die Bezeichnung „Söhne Lots“ bzw. „Söhne Lotans“ traditionellerweise auf ostjordanische Völker und Gruppen angewendet wurde. Auffällig ist weiter, dass Dtn 2,9
2.2. Lot im Buch Genesis
2.2.1. Lot in der Vätergeschichte / Erzeltern-Erzählung (ohne Gen 14)
Die Abschnitte, in denen Lot vorkommt, sind integraler Teil der Vätergeschichte und deren Intentionen untergeordnet. Zwei traditionelle Motive werden dabei aufgegriffen und verarbeitet: die Ahnherrschaft Lots über Moab und Ammon (vgl. Dtn 2,9
Die ältere überlieferungsgeschichtliche Forschung wollte in Gen 13
Für Westermann waren die Abraham-Lot-Erzählungen dagegen typischer Ausdruck der Lebensweise der Ahnväter. So handle es sich in Gen 13
Gerhard von Rad hatte demgegenüber das Ganze der „jahwistischen“ Darstellung vor Augen, wenn er meinte, in den Erzählungen über Lot werde in „großer innerer Geschlossenheit … etwas wie ein Charakterbild“ entfaltet. Und zwar eines Mannes, der „von Gottes Gnade gehalten … der geschichtsführenden Hand Gottes völlig entglitten“ sei (von Rad, 1981, 177).
Blum sieht dagegen in Gen 13
Im Anschluss an die zuletzt referierte Forschungsmeinung soll ein Durchgang durch die Vätergeschichte die Funktion der Figur des Lot skizzieren. Die Einführung Lots in Gen 11,27-32
Bei allen für die Programmatik der Vätergeschichte wichtigen Ereignissen spielt Lot jedoch keine Rolle, weder beim Aufruf zum Auszug (Gen 12,1-3
Die Trennung von Abram / Abraham und Lot erfolgt nach dem Prinzip der friedlich-schiedlichen Aufteilung der Siedlungsgebiete, wie es auch in der älteren Jakob-Erzählung zwischen Israel und Edom geschieht (Gen 33,12-17
Schließlich wird die Zerstörungsandrohung wahrgemacht, wobei für das Verständnis der Erzählung außerordentlich wichtig ist, dass nicht allein Sodom und Gomorra, sondern mit der erwähnten Ausnahme von Zoar alle Städte des Jordangrabens „umgedreht“ werden (Gen 19,17
Abschließend teilt die Erzählung mit, dass sowohl Ammoniter als auch Moabiter Ergebnis eines Inzests sind, da die Töchter den Vater betrunken machen und in diesem Zustand zu ihm eingehen (Gen 19,31-38
Als Ganze kann diese Erzählung als eine Stimme in jener Debatte verstanden werden, zu der auch Dtn 2,1-3,11
Während insbesondere Ri 11,23
2.2.2. Lot in Gen 14
Das erratische und in keinem engeren Zusammenhang zu den Themen der Vätergeschichte stehende Kapitel Gen 14
3. Lot im Frühjudentum und im Neuen Testament
Die Gestalt des Lot wird in der Literatur des Frühjudentums nicht breit rezipiert, das Interesse gilt vielmehr dem Untergang von Sodom (und Gomorra), der als Beispiel für das Gerechtigkeitshandeln Gottes häufig angeführt wird. Des Öfteren werden die Sintflut und die Vernichtung Sodoms parallelisiert und, dort wo Personen erwähnt werden, Noah und Lot als Gerechte hervorgehoben (Sir 16,7-8
Aber Lot gilt im Frühjudentum nicht durchweg als Gerechter, da ihm der Verkehr mit seinen Töchtern angelastet wird (vgl. Jub 16,8f [The Online Critical Pseudepigrapha
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Anchor Bible Dictionary, New York u.a. 1992
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
2. Weitere Literatur
- Blum, E., Die Komposition der Vätergeschichte (WMANT 57), Neukirchen-Vluyn 1984
- Engelken, K., Art. Lot, in: Neues Bibel-Lexikon, Bd. II, Zürich u.a. 1995, 668-670
- Gunkel, H., Genesis (HKAT I,1), 6. Aufl., Göttingen 1964
- v. Rad, G., Das erste Buch Mose / Genesis (ATD 2/4), 11. Aufl., Göttingen 1981
- Seebass, H., Genesis II, Vätergeschichte I (11,27-22,24), Neukirchen-Vluyn 1997
- Seebass, H., Genesis II, Vätergeschichte II (23,1-36,43), Neukirchen-Vluyn 1999
- Uebele, W., Der zweite Sündenfall und die Frommen der Urzeit: Kain und Abel, Henoch und Noach im Spiegel der alttestamentlich-frühjüdischen und urchristlichen Literatur, in: M. Oehler (Hg.), Alttestamentliche Gestalten im Neuen Testament (Beiträge zur Biblischen Theologie), Darmstadt 1999, 40-53
- Westermann, C., Genesis 12-50 (EdF 48), 3. Aufl., Darmstadt 1992
- Westermann, C., Genesis, 2. Teilband Genesis 12-36 (BKAT I/2), 3. Aufl., Neukirchen 2003
- Ziemer, B., Abram – Abraham, Kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Genesis 14, 15 und 17 (BZAW 350), Berlin 2005
Abbildungsverzeichnis
- Lot und Abraham trennen sich (Mosaik in St. Maria Maggiore, Rom; 5. Jh.).
- Lot und seine Töchter fliehen aus Sodom (Albrecht Dürer; 1498).
- Lot und seine Töchter (Francesco Guercino; 1650).
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