Sacharja / Sacharjabuch
(erstellt: Oktober 2006)
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1. Das Buch
Das Prophetenbuch wird in der Überschrift (Sach 1,1
2. Protosacharja (Sach 1-8)
2.1. Die Zeit
Nach der Überschriften Sach 1,1
Sacharja tritt in einer Zeit auf, in der sich die Hoffnungen auf eine schnelle und großartige Restauration Israels nicht erfüllt haben (vgl. → Haggai
2.2. Der Prophet
Zu den wenigen Informationen, die das Buch über Sacharja mitteilt, zählt die Angabe seiner Herkunft: Nach Sach 1,1
2.3. Der Aufbau von Sach 1-8
Zum Aufbau s. Tabelle 1.
2.4. Die Visionen
Spannungsbogen. Den Kern von Sach 1-8 bildet die – ursprünglich siebenteilige – Visionsreihe. Zu Beginn der Nacht empfängt Sacharja seine erste, am Ende der Nacht seine siebte → Vision
I. Allgemeine Zusage:
● Sach 1,8-15
II. Konkretisierung:
● Sach 2,1-4
● Sach 2,5-9
● Sach 4,1-6a
● Sach 5,1-4
● Sach 5,5-11
III. Absicherung:
● Sach 6,1-8
Aussage. Damit ergibt sich eine Bewegung von außen nach innen und wiederum nach außen. Die Einbindung der Visionen, die Israels Wohlergehen im Inneren thematisieren, in die Visionen, die den Blick über Israels Grenzen hinaus lenken, macht deutlich: Der Gott, der seine Verheißungen des Wohlstands für Israel wahr machen will, ist der Gott, der Macht über die gesamte Erde besitzt und das Geschick aller Völker bestimmt. Die Hoffnung auf das Wohlergehen Israels ist eingebettet in die Hoffnung auf universales Heil. Damit weist der Siebener-Zyklus eine klare, theologisch durchdachte Struktur auf.
Zur Intention der einzelnen Visionen:
1. Vision (Sach 1,8-15
2. Vision (Sach 2,1-4
3. Vision (Sach 2,5-9
4. Vision (Sach 4,1-6a
5. Vision (Sach 5,1-4
6. Vision (Sach 5,5-11
7. Vision (Sach 6,1-8
Sacharjas → Visionen
Vielfach wird auf Parallelen in Israels Umwelt verwiesen. So erinnert die Feuermauer, die nach Sach 2,9
Besonderes theologisches Interesse hat bei den Exegeten Sach 4 gefunden: Zumeist wird vermutet, dass sich hinter den beiden Ölbäumen Serubbabel, der im Auftrag der Perser für Repatriierung zuständige Davidide, sowie der Hohepriester Josua als messianische Gestalten verbergen. Da die Salbung mit Öl vom Ölbaum vorgenommen wird, werde hier eine Dyarchie von weltlichem und geistlichem Herrscheramt begründet. Die Redaktionen des Sacharjabuchs scheinen das Bild jedenfalls so verstanden zu haben, denn sie fügen die Vision von der Amtseinführung Josuas (Sach 3,1-7
Eine sekundär eingeschobene Vision (Sach 3,1-7
Stammen die Einzelsprüche zwischen den Visionen von Sacharja selbst und sind von ihm redaktionell mit Stichwortanschluss in den Zyklus eingefügt worden? Oder wurden sie doch eher von Schülern oder späteren Redaktoren gebildet? Spannungen in der Intention zwischen Worten und Visionen lassen – trotz Aufnahme sacharjanischer Topoi und Themen – vermuten, dass die Worte nicht vom Propheten selbst stammen, sondern bald nach der Verschriftlichung des Zyklus von Redaktoren verfasst und – gemeinsam mit der Vision 3,1-7 – in den vorgegebenen Zusammenhang eingefügt wurden.
Die Symbolhandlung Sach 6,9-15
Redaktoren. Die Endbearbeitung von Sach 1-8 lag in der Hand von Redaktoren, die große Nähe zu deuteronomistischer bzw. chronistischer Sprache und Theologie aufweist. Teile des Rahmens (Sach 1,3-6
2.5. Das Zentrum der Botschaft
Nach Seybold, der nicht nur im deutschsprachigen Raum viel Zustimmung erhalten hat, ist das Buch des Propheten, der einer Priesterfamilie entstammt, ein Programm zum Tempelbau (vgl. Seybold, 1974). Der Tempel wird allerdings in den Visionen nicht explizit erwähnt, sondern ausschließlich in den an- bzw. eingefügten Worten Sach 1,16
Wichtig ist ihm jedoch die Hoffnung auf kommendes Heil: Durch Anspielungen auf Unheilsankündigungen seiner prophetischen Vorgänger bestätigt er, dass das Gericht, das die früheren Propheten angesagt hatten und das die Väter erleiden mussten, berechtigt war. Zugleich verheißt er, dass JHWH selbst die inneren und äußeren Hindernisse für das Heil beseitigen und Israel zu Frieden und Wohlstand führen wird.
Kann man Protosacharja bereits als Teil der → Apokalyptik
3. Deuterosacharja (Sach 9-14)
3.1. Die Zeit
Sach 9-14 enthält keine neuen Zeitangaben. Darum muss man für die Ansetzung nach inhaltlichen Hinweisen im Text suchen.
Die Vorschläge der Exegeten sind breit gestreut: So finden sich Datierungen von der vorexilischen Zeit bis zur Endphase der Entstehung des Alten Testaments. Viel hängt an der Deutung der Verse, in denen fremde Völker erwähnt werden: Sind mit Ägypten in Sach 10,10-11
In der aktuellen Diskussion versuchen derzeit zahlreiche Exegeten nachzuweisen, dass Deuterosacharja in der Perserzeit (5. Jahrhundert) anzusetzen ist (vgl. Reventlow, 1993; Petersen, 1995). Die Mehrheit der Ausleger setzt den Abschluss des recht komplexen Wachstums von Sach 9-14 jedoch in hellenistischer Zeit an, also zwischen 300 und 200. Dafür spricht neben den Erwähnungen der Feinde Israels auch der Hinweis auf das Samaritanische Schisma (Sach 11,14-15
3.2. Der Aufbau von Sach 9-14
Während die Kap. Sach 9-11 überwiegend in poetischer Sprache formuliert sind, finden sich in Sach 12-14 Prosatexte. Innerhalb des zweiten Teils unterscheiden sich die Kapitel Sach 12-13 von Sach 14 dadurch, dass Erstere als Gottesrede formuliert sind, Sach 14 hingegen eine prophetische Schilderung der Heilswende bietet.
Die ursprüngliche Eigenständigkeit von Sach 14 (vgl. auch Schart, 1998, 275ff) ist auch daran zu erkennen, dass hier die Feinde Israels erst von JHWH vernichtet werden, nachdem sie Jerusalem erobert haben, während Jerusalem ihrem Ansturm nach Sach 12-13 standhalten wird.
3.3. Die Botschaft
3.3.1. Übereinstimmungen zwischen Proto- und Deuterosacharja
Es ergeben sich zahlreiche inhaltliche Übereinstimmungen zwischen Proto- und Deuterosacharja: So steht im Zentrum beider Teile die Erwartung des kommenden Heils: JHWH wird sich wieder Jerusalems annehmen (Sach 9,8
3.3.2. Schwierig zu deutende Bilder
Sind auch die Grundintentionen der Texte klar, so finden sich doch – wie schon bei Protosacharja – zahlreiche Bilder, die nicht eindeutig sind.
Umstritten ist etwa, wer sich hinter dem »Durchbohrten« verbirgt, der nach Sach 12,10
Ebenso umstritten ist die Hirtenrede Sach 11,4ff
Der demütig auf einem Esel, anstatt auf einem Pferd in Jerusalem einreitende König, den Jerusalem nach Sach 9,9-10
3.4. Aufnahme im Neuen Testament
Sowohl Proto- als auch Deuterosacharja werden vielfach in der Offenbarung des Johannes aufgenommen (vgl. Jauhiainen). In den Evangelien sind nur Abschnitte aus Sach 9ff rezipiert, die man messianisch deuten konnte. So nimmt Mt 21,1-5
Literaturverzeichnis
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