Moab / Moabiter
(erstellt: Mai 2008)
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1. Name
Die Etymologie des Landschaftsnamens Moab, der zur Bezeichnung des Volkes Moab und seines Staates / Landes wurde, ist unklar. Die Volksetymologie von Gen 19,30-38
2. Gebiet
Das Land Moab liegt zwischen dem Toten Meer im Westen und der ostjordanischen Halbwüste im Osten. Die Südgrenze bildet das tiefe Wādī el-Ḥesā [Wadi el-Hesa], der biblische Sered (→ Kir-Moab
3. Geschichte
Nach 2Sam 8,2
Der moabitische Staat war ein Territorialstaat mit einem Königtum an der Spitze. Seine Tribalgesellschaft dürfte überwiegend sesshaft gewesen sein. Beamtenschaft und Schrift ähneln stark denen der zeitgleichen Nachbarstaaten Israel und Juda. Die → Mescha-Stele
Die Hauptstadt, zumindest eine der Königsresidenzen, war → Kir-Moab
732 v. Chr. wurde Moab ein tributpflichtiger Vasall → Tiglat-Pilesers III.
Mit dem Machtwechsel von der assyrischen zur babylonischen Vorherrschaft wurde Moab 605/4 v. Chr. babylonischer Vasall und musste als solcher um 601/600 v. Chr. eigene Truppen für → Nebukadnezar II.
582 annektierte der neobabylonische König Nebukadnezar II. Moab (Josephus, Antiquitates 10,9,7, § 181f; Text gr. und lat. Autoren
4. Religion
An der Spitze des kleinen moabitischen Pantheons stand → Kemosch
5. Moab im Alten Testament
Das Alte Testament vermittelt von Moab meist ein negatives, zuweilen aber auch ein positives Bild, was wohl von einer entsprechenden Kontroverse in Israel zeugt.
5.1. Feindliche Haltung
5.1.1. Erzählungen
Gen 19,30-38
Die Erzählungen von der Eroberung des Ostjordanlands betrachten den Arnon als Nordgrenze Moabs (Num 21,13
Nach der Eroberung des einst moabitischen Gebiets in Num 21
Auch das Buch → Deuteronomium
Die Überlegenheit Israels über Moab will auch die im → Richterbuch
5.1.2. Fremdvölkersprüche
Den Erzählungen mit antimoabitischer Tendenz entsprechen in den Prophetenbüchern die vielen, literarisch zum Teil voneinander abhängigen Fremdvölkersprüche gegen Moab. → Amos
5.1.3. Rechtliche Regelungen
Die negative Sicht Moabs findet sich auch in einem Rechtstext: Dtn 23,2-9
Dtn 23,4-9
5.2. Freundliche Haltung
Eine deutliche Gegenposition zum Verbot von Dtn 23,4-9
Dieser Sicht entspricht das positive Bild von Moab im Buch → Rut
5.3. Historischer Hintergrund
Die antimoabitische Polemik dürfte, auch wenn die vorliegenden Texte später anzusetzen sind, ihre historischen Wurzeln in den Kriegen zwischen Juda / Israel und Moab haben und Teil der Propaganda sein, die Kriege zu begleiten pflegt. Nach 1Sam 14,47
Während Ägypten im Alten Testament vor allem für Unterdrückung und Knechtschaft steht und als Israel überlegene Imperialmacht gilt, wird Moab als Land betrachtet, dem Israel sich überlegen weiß. Indem man polemisch und verächtlich über Moab erzählt, führt man sich – möglicherweise kontrafaktisch – seine eigene Stärke und Überlegenheit vor Augen, wohl um die eigene Identität durch Abgrenzung nach außen zu festigen. Doch wie das Ägyptenbild des Alten Testaments keineswegs einseitig ist, sondern in der → Josefserzählung
Die Auseinandersetzung um das Verhältnis zu Moab steht in nachexilischer Zeit in einem weiteren Kontext. Als Israel versuchte, sich unter persischer Herrschaft neu zu konstituieren, stellte sich die Frage, ob man den Völkern gegenüber auf radikale Absonderung oder auf friedliche Koexistenz setzen sollte. Eine Richtung will die nationale Identität durch eine scharfe Abgrenzung nach außen herstellen. Als Protagonisten dieser Strömung verbieten → Esra
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
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- Dearman, A. (Hg.), Studies in the Mesha Inscription and Moab (Archaeology and Biblical Studies 2), Atlanta 1989
- Ebach, J., Fremde in Moab – Fremde aus Moab: das Buch Ruth als politische Literatur; in: J. Ebach / R. Faber (Hgg.), Bibel und Literatur, München 1995, 277-304
- Haider, P.W., Zum Moab-Feldzug Ramses’ II (Studien zur altägyptischen Kultur 14), Hamburg 1987
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- Hübner, U., Der erste moabitische Palast, BN 51 (1990), 13-18
- Lohfink, N., Moab oder Sichem – wo wurde Dtn 28 nach der Fabel des Deuteronomiums proklamiert?, in: ders., Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur, Band 4 (Stuttgarter biblische Aufsatzbände 31), Stuttgart 2000, 205-218 [Erstveröffentlichung:1994]
- Miller, J.M., Moab and the Moabites, in: A. Dearman (Hg.), Studies in the Mesha Inscription and Moab (Archaeology and Biblical Studies 2), Atlanta 1989, 1-40
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- Routledge, B., Moab in the Iron Age. Hegemony, Polity, Archaeology, Philadelphia 2004
- Timm, S., Moab zwischen den Mächten (ÄAT 17), Wiesbaden 1989
- Vera Chamaza, G.W., Die Rolle Moabs in der neuassyrischen Expansion (AOAT 321), Münster 2005
- Worschech, U., Die Beziehungen Moabs zu Israel und Ägypten in der Eisenzeit. Siedlungsarchäologische und siedlungshistorische Untersuchungen im Kernland Moabs (Ard el-Kerak), (ÄAT 18), Wiesbaden 1990
Abbildungsverzeichnis
- Karte zum Gebiet Moabs. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Das Wādī l-Mōǧib, der biblische Arnon von Norden. © public domain (Foto: Johannes Schnocks, 2003)
- Lot und seine Töchter (Francesco Furini; 1640).
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