Sidon
(erstellt: April 2015)
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1. Name und Lage
Die phönizische Metropole Sidon (phönizisch ṣdn, hebräisch צִידֹן ṣîdon / צִידוֹן ṣîdôn, ägyptisch Ḏdn, akkadisch Ṣidūnu, griechisch Σιδών Sidōn, arabisch Ṣayda / Ṣaïda) liegt im heutigen Libanon an der Mittelmeerküste etwa 35 km nordöstlich von → Tyrus
2. Geschichte
Sidon ist seit dem 14. Jh. v. Chr. literarisch bezeugt, die Besiedlungsspuren reichen allerdings bis in das 4. Jt. v. Chr. zurück. In der → Amarna-Korrespondenz
Ab dem 11. Jh. v. Chr. nimmt der Einfluss der → Assyrer
Für die Geschichte Sidons zur Zeit des neubabylonischen Großreichs (→ Babylonier
Unter den → Persern
Sidon, Tyrus und Arwad regelten ihre politischen Angelegenheiten wohl in einer ratsähnlichen Versammlung (Diodor XVI 41), die in Tripolis tagte (vgl. Elayi 2013, 286-288); dass man auf diese Weise miteinander verkehrte und zudem begann, eigene → Münzen
Im 4. Jh. v. Chr. brachten die Sidonier – wohl aufgrund des zweifelhaften Verhaltens der persischen Repräsentanten vor Ort – den Persern eine mehr und mehr ablehnende Haltung entgegen, die sich in mehreren Aufstandsbewegungen niederschlug. In der Mitte des 4. Jh.s v. Chr. erhob sich der sidonische König Tennes (351-347 v. Chr.), wohl auf Druck der städtischen Aristokratie, gegen die Perser und es kam zur Zerstörung persischer Einrichtungen in Sidon (Diodor XVI 41). Das heranrückende persische Heer unter Artaxerxes III. (359-338 v. Chr.) beendete den Aufstand, wobei Teile der Stadt niederbrannten (Diodor XVI 41-45). Die antipersischen Affekte hielten sich auch nach dem baldigen Wiederaufbau der Stadt, und die Sidonier begrüßten den Eroberungszug Alexanders des Großen (336-323 v. Chr.) als Sieg gegen die verhassten Perser (Arrian II 15,6). Als Alexander 333/332 v. Chr. mit seinem Heer an die phönizische Küste kam, ergaben sich von Norden nach Süden die Städte Arwad, Byblos und Sidon, während Tyrus sich widersetzte und erst nach mehrmonatiger Belagerung eingenommen werden konnte. Aufgrund dieser Niederlage konnte Sidon, das nach 332 v. Chr. von dem von Alexander eingesetzten König Abdalonymos regiert wurde (Curtius IV 1,15-23; vgl. die Bilingue von Kos [KAI 292]), erneut die phönizische Vorherrschaft übernehmen. Nach 323 v. Chr. wurde Sidon wie das gesamte phönizische Gebiet zu einem Spielball zwischen Ptolemäern und Seleukiden.
Die Herrschaft der Ptolemäer über Phönizien, die im 3. Jh. v. Chr. nie ganz gesichert war, wurde in den Syrischen Kriegen immer wieder bedroht. Im 5. Syrischen Krieg (201-200/198 v. Chr.) konnte der Seleukide Antiochos III. (223-187 v. Chr.) die syropalästinische Landbrücke erobern und Phönizien unter seine Herrschaft bringen. In den folgenden Jahrzehnten des fortschreitenden Zerfalls der seleukidischen Macht baute Sidon seine Selbstständigkeit mehr und mehr aus und wurde 111 v. Chr. autonom. Im Jahr 64 v. Chr. eroberte Pompeius das Gebiet, erkannte allerdings die Selbstständigkeit Sidons als föderierte Stadt an; nach antirömischen Erhebungen verlor Sidon im Jahr 20 v. Chr. seine Unabhängigkeit.
3. Religion
Im sidonischen Pantheon nehmen ausweislich der Inschriften (KAI 13-16) die Göttin → Astarte
Während die Göttin Astarte wie in den anderen phönizischen Städten als weibliche Hauptgottheit verehrt wird und für Sexualität, Fruchtbarkeit und Potenz im weitesten Sinne steht, scheint der Gott Eschmun in Sidon eine Sonderstellung innezuhaben (vergleichbar dem Gott Melkart in Tyrus oder der Göttin Ba‘alat von Byblos). Der Gott Eschmun, dessen Name etymologisch von semitisch šmn für „Öl“ abzuleiten sein dürfte, wird nicht nur als Heilgott – die interpretatio graeca setzt ihn mit Apollo und später mit Asklepios gleich –, sondern auch als Jäger verehrt, was seine königliche Stellung unterstreicht (→ Jagd
4. Sidon im Alten Testament
Nach Gen 10,15
Neben den Erwähnungen der Stadt sind auch die Belege für den bzw. die Sidonier, also das Gentilizium צִידֹנִי ṣîdonî / צִידֹנִים ṣîdonîm zu beachten. Von צִידֹנִי ṣîdonî / צִידֹנִים ṣîdonîm ist vor allem in der deuteronomisch-deuteronomistischen Literatur (→ Deuteronomismus
Während Sidon in der erzählenden Literatur mehrheitlich als äußerster nördlicher Grenzpunkt genannt wird, zeichnen die prophetischen Texte ein anderes Bild. Die umfangreichsten Belege finden sich in dem großen Untergangsgedicht gegen Tyrus und Sidon in Jes 23; hier wird der Pracht und dem Stolz der Handelsstädte Tyrus und Sidon (Jes 23,2.4.12
Ez 32,30
Das Gerichtswort gegen Tyrus, Sidon und die Philister in Jo 4,4-8
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft, Stuttgart 1894-1972
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
- Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East, Oxford / New York 1997
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Quellen
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- Q. Curtius in Two Volumes, Bd. I. Books I-V. With an English Translation by John C. Rolfe (LCL 368), London / Cambridge (Massachusetts) 1956 (reprinted) (= Curtius)
- Diodorus of Sicily in Twelve Volumes, Bd. VII. Books XV 20 – XVI 65. With an English Translation by Charles L. Sherman (LCL 389), London / Cambridge (Massachusetts) 1980 (reprinted) (= Diodor)
- Die El-Amarna-Tafeln. Mit Einleitung und Erläuterungen herausgegeben von J. A. Knudtzon. Anmerkungen und Register bearbeitet von Otto Weber und Erich Ebeling (VAB II), Aalen 1964 (Neudruck der Ausgabe 1915) (= EA)
- Herodot, Historien, Zweiter Band. Bücher VI-IX. Griechisch-deutsch. Herausgegeben von Josef Feix, Zürich 1995 (= Herodot)
- Historisches Textbuch zum Alten Testament. Von Manfred Weippert. Mit Beiträgen von Joachim Friedrich Quack, Bernd Ulrich Schipper und Stefan Jakob Wimmer (GAT 10), Göttingen 2010 (= HTAT)
- Josephus in Nine Volumes, Bd. VI. Jewish Antiquities, Books IX-XI. With an English Translation by Ralph Marcus (LCL 326), Cambridge (Massachusetts) / London 1987 (reprinted) (= Josephus, Ant. Jud.)
- Kanaanäische und aramäische Inschriften I-III. Herausgegeben von Herbert Donner und Wolfgang Röllig, Wiesbaden 1964 / 5. Aufl. 2002 (Band I) (= KAI)
- Texte aus der Umwelt des Alten Testaments I. Herausgegeben von Otto Kaiser, Gütersloh 1982-1985 (= TUAT I)
3. Weitere Literatur
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- Bonnet, Corinne / Niehr, Herbert, Religionen in der Umwelt des Alten Testaments II. Phönizier, Punier, Aramäer (KStTh 4,2), Stuttgart 2010
- Clifford, Richard J., Phoenician Religion, BASOR 279 (1990), 55-64
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- Elayi, Josette, Histoire de la Phénicie, Paris 2013
- Elayi, Josette, Sidon, Cité autonome de l’empire perse, Paris 2. Aufl. 1990
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- Mathys, Hans-Peter, Das Astarte-Quadrat, Zürich 2008
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage von Sidon. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Heiligtumsbezirk von Sidon: 1 Reste eines Tempels aus neubabylonischer Zeit; 2 Podium des Tempels der Perserzeit; 3 Altar der Perserzeit; 4 Tempel aus hellenistischer Zeit; 5 Prozessionstreppe aus römischer Zeit; 6 römische Kolonnadenstraße; 7 Haus aus dem 2./3. Jh. n. Chr.; 8 Nymphaeum; 9 byzantinische Kirche. © Google Earth (Zugriff 1.6.2015); Beschriftung Klaus Koenen
- Reste eines Tempels aus neubabylonischer Zeit, darüber das Podium des Tempels der Perserzeit. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2004)
- Blick vom Podium des Tempels der Perserzeit auf einen Altar. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2004)
- Münze aus Sidon, die ein Kriegsschiff mit einem Rammbug und den Schilden der Soldaten an der Reling zeigt (4. Jh. v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Kerubenthron neben dem Podium des Tempels der Perserzeit. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2004)
- Burg der Kreuzfahrerzeit (13. Jh.). Aus: Wikimedia Commons; © Citypeek, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-sa 2.5; Zugriff 1.6.2015.
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