Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2007)

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1. Name

Der vierte Teil des seit dem 1. Jh. n. Chr. auf die → Tora („Weisung“) des → Mose zurückgeführten → Pentateuchs („Fünfbuch“) wird in den Sammlungen rabbinischer Lehren der Mischna (Menachot IV,3) und im Babylonischen Talmud (Sotha 36b; Text Talmud) als Chomesch ha-Pequddîm „das Fünftel der Musterungen“ bezeichnet. Der Begriff bezieht sich auf die in den Kapiteln 1-4 und 26 berichteten Zählungen der Israeliten zu Beginn ihres Wüstenzuges am Sinai und am Ende der 40jährigen Wüstenwanderung vor dem Übergang in das verheißene Land. Dem entspricht die griechische Bezeichnung des Buches in der Septuaginta als arithmoi „Zahlen / Zählungen“, die in der lateinischen Bibel übernommen wurde: Numeri.

Daneben wird in der jüdischen Tradition das Buch auch einfach nach dem ersten Wort wajjədabber „Und ER sprach“ oder bəmidbar „In der Wüste (Sinai)“ genannt (vgl. Num 1,1).

2. Inhalt

Numeri 1

Zum Inhalt s. Tabelle 1.

3. Entstehungsgeschichte

Die Überlieferungen des Numeribuches waren in allen Phasen ihrer Entstehung nie selbständig, sondern stets Teile von Erzählzyklen, welche die legendäre Wanderung der 12 Stämme Israels durch die Wüste beschrieben (→ Wüstenwanderung). Die Buchgestalt, in der Erzählungen und vor allem die religiöse Ordnung Israels betreffende Torot (Weisungen und Gesetze) miteinander verbunden sind, ist nicht Anfangs-, sondern Endpunkt einer langen Überlieferungsgeschichte und Ergebnis einer späten Einteilung des Pentateuchs in Buchteile.

Außerhalb des → Exodusbuches (Ex 15-18) und des Numeribuches wird die Zeit des Aufenthalts Israels in der Wüste nur sporadisch erwähnt, einerseits positiv als „Brautzeit Israels“ (Jer 2,2-3), als Zeit der Gnade (Jer 31,2; Hos 2,16-17; Hos 9,10a; Hos 13,5), der treuen Gefolgschaft gegenüber Gott vor dem Abfall von ihm (Hos 2,16-17; Hos 9,10b; Hos 13,6), aber auch als Zeit des Götzendienstes (Am 5,25-26) und des Ungehorsams gegen Gottes Gebot (Ez 20,10-17). Das als Abschiedsrede des Mose stilisierte → Deuteronomium lässt Mose in einer einleitenden Mahnrede auf einige wichtige Episoden des Wüstenzuges Bezug nehmen, die allerdings nur zum Teil wörtliche Parallelen im Numeribuch haben.

Numeri 2

Die Überlieferungen des Numeribuches waren in allen Phasen ihrer Entstehung nie selbständig, sondern stets Teile von Erzählzyklen, welche die legendäre Wanderung der 12 Stämme Israels durch die Wüste beschrieben (→ Wüstenwanderung). Die Buchgestalt, in der Erzählungen und vor allem die religiöse Ordnung Israels betreffende Torot (Weisungen und Gesetze) miteinander verbunden sind, ist nicht Anfangs-, sondern Endpunkt einer langen Überlieferungsgeschichte und Ergebnis einer späten Einteilung des Pentateuchs in Buchteile.

Enge, teilweise wörtliche Parallelen zum Numeribuch finden sich nur in der Erzählung von der gescheiterten Landnahme und in der Erzählung von der Landnahme im Ostjordanland. Der deuteronomistische Verfasser, dessen Wirken in der Regel nach dem Untergang des letzten jüdischen Königreichs 586 v. Chr. in der Zeit des babylonischen Exils und nach der Begnadigung des letzten Davididen Jojachin durch den babylonischen König Amelmarduk im Jahre 560 v. Chr., also in einer Zeit neu aufkeimender Hoffnung angesetzt wird, nutzt die Wüstenüberlieferung als Folie für eine Erzählung über die Bestrafung des Ungehorsams und Unglaubens Israels: Erst nachdem die ungläubige Generation ausgestorben ist, wird deren Kindern erneut die Chance gewährt, das Land der Verheißung aus der Hand Gottes entgegenzunehmen und wieder zu besiedeln.

Diese These prägt auch die Darstellung in Num 13-14. Ein genauer Textvergleich macht deutlich, dass der Deuteronomist auf eine ältere Form der Wüstenwanderungs- und Landnahmeerzählung zurückgegriffen hat, von der Teile in Num 13-14 noch erhalten geblieben sind. Dabei scheint er bewusst einzelne Elemente ausgelassen zu haben, wie z.B. die Überlieferung vom Einfluss der Midianiter auf Mose (Ex 18; Num 10,29-32*), andererseits sind aber wohl bei der Vorschaltung der Wüstenerzählung des Numeribuches vor die deuteronomistische Landnahmeerzählung Motive hinzugetreten, die nun erst nachträglich im Deuteronomium notiert wurden, wie etwa in Dtn 1,36 die JHWH-Treue des Kaleb Ben Jefunne, des Kenasiters und späteren Herrn über Hebron, den Ort der Gräber der Erzväter (vgl. Num 14,6-9.24; Jos 14,6-15). Schließlich ist aber auch erkennbar, dass die deuteronomistische Variante der Erzählungen Einfluss auf die Ausgestaltung der Wüstenerzählung im Numeribuch gehabt hat, so etwa in der Erzählung vom Sieg über Og von Baschan, für die die Exegeten meist annehmen, dass Dtn 3 die Vorlage für die Abfassung von Num 21,33-35 gebildet hat.

Seit jeher ist aufgefallen, dass der Deuteronomist keinerlei Bezüge zu dem Wüstenheiligtum und den kultischen Ordnungen in Num 1-10; 15-19; 26-31 und 33-36 kennt. Daraus hat man geschlossen, dass in diesen Texten eine eigene, von Priestern verfasste Quelle, die sog. „Priesterschrift“ zu Worte komme, die erst in der Zeit nach dem Exil nach dem Wiedererstehen des Tempels in Jerusalem durch priesterliche Redaktoren mit der älteren Wüstenerzählung verbunden worden sei. Einzelne Stücke der ältesten Wüstenwanderungserzählung dieser Priesterschrift, deren Kernbestand in den Büchern Genesis – Exodus mit Anhängen im Buch → Leviticus rekonstruierbar ist, vermuten die meisten Forscher auch in Num 13-14 und 20. Das Ende dieser sog. „Priester-Grundschrift“, das vermutlich vom Tod des Mose erzählt hat, scheint dementsprechend in die letzten Kapitel des Deuteronomiums eingearbeitet worden zu sein.

Freilich ist diese auf der Quellen-Theorie beruhende Analyse in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr bestritten worden, weil der aus priesterlicher Sonderüberlieferung bestehende Erzählfaden Teil einer redaktionellen Verbindung von vorexilischem Erzählmaterial, deuteronomistischer Landnahmeerzählung (Dtn-Jos) und priesterlichen Überlieferungen ist. So stellt sich die Frage, ob die auf die kultischen und rituellen Ordnungen bezogenen Texte im Numeribuch ursprünglich in eine vom Kontext der von Gen – Jos reichenden Erzählung im Rahmen einer besonderen Rolle der Priesterschrift nach und nach hinzugefügt worden sind oder ob nicht große Teile, besonders Num 1-10; 15; 16-19; 26-31; 33-36, schon die Verbindung einer um die Anweisungen aus dem Leviticusbuch und das darin enthaltene Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26) ergänzten Priesterschrift mit dem übrigen Erzählmaterial voraussetzen.

In jedem Fall wird mit einem sukzessiven Prozess der erweiternden Fortschreibung der Texte in der Zeit nach dem Bau des zweiten Tempels zwischen 520 bis in die spätpersische Zeit (4. Jh. v. Chr.) hinein gerechnet. Dabei sind verschiedene Phasen anzunehmen:

■ eine Phase zwischen 520 und 450 (vor Nehemia), in der vorexilisches Material, deuteronomistische Landnahmeerzählung und wahrscheinlich auch eine frühe Form der Priestergrundschrift miteinander zu einer von der Väterzeit bis zur Landnahme reichenden Erzählung (Gen-Jos = Hexateuch) verbunden wurden.

■ Sodann eine Phase in der 2. Hälfte des 5. Jh.s bis zu Esra (ca. 398 v. Chr.), in der unter dem Einfluss priesterlicher Schulen das Heiligkeitsgesetz dieser Erzählung eingefügt wurde und die Mosezeit als Zeit der Offenbarung der Tora in den Vordergrund der religiösen Verkündigung trat. In dieser Zeit erhielten die Bücher Gen-Dtn durch eine besondere Pentateuchredaktion, die auch das Numeribuch geprägt hat, gegenüber dem → Josuabuch ein eigenes Gewicht als Tora.

■ Schließlich folgt eine Phase der priesterlichen Bearbeitungen, in der kultische und sakrale Rechtsordnungen besonders in Num 5-9; 15; 18; 19; 28-30; 34-36 und auch späte Legenden (Num 1-4; 10*; 11 (Ältesten-Erzählung); 16-17; 26-27; 31) sowie das eigentümliche Stationenverzeichnis der Wüstenwanderung Num 33 eingearbeitet wurden. In dieser Phase erhält das Numeribuch als eigenständiger Teil des Pentateuchs in einer eigenen Buchgestalt bzw. Schriftrolle seine endgültige Form. Einer der wichtigsten Texte aus diesem Zusammenhang ist der → „Aaronitische Segen“ in Num 6,22-27. Aus der Legende vom Aufstand der levitisch geführten „Rotte Korach“ (Num 16) und der Legende vom wundersam blühenden Aaronstab (Num 17) wird deutlich, dass an die Wüstenüberlieferung auch die Begründung für das religiöse und politische Führungsamt des Hohenpriesters in der nachexilischen Zeit angegliedert wurde. Strukturen, die sich erst nach der Abfassung des Heiligkeitsgesetzes (Lev 17-26) herausgebildet hatten, erhielten so in der Mosezeit ihre Legitimationsgrundlage. Das „Königtum der Priester“ (Ex 19,6) erhielt seine Ursprungslegende in der Wüstenzeit. Die ideale Ordnung der Priester, Leviten und Stämme rings um das Heiligtum war ein Spiegel der theokratischen Ordnungsvorstellungen der Jerusalemer Tempelpriesterschaft der spätpersischen Zeit. Zwar unterstand die von ihr geleitete Provinz Jehud der Verwaltung des persischen Großreiches, doch genoss sie zumindest in Sachen ihrer religiös bestimmten politischen Binnenstruktur eine gewisse Teilsouveränität. Für die tatsächliche Ritualpraxis am Tempel inmitten einer zunehmend wachsenden Kultusgemeinde waren vor allem die beispielhaften mosaischen Regelungen für den Levitendienst und für die Versorgung der Priesterfamilien von besonderer Bedeutung (Num 1,48-54; Num 3,1-4,49; Num 8,5-26; Num 18; Num 35,1-15). Auch die Anweisungen für die Verteilung von Land unter hohepriesterlicher Aufsicht (Num 27; Num 33,50-56; Num 34) und die Einrichtung von Leviten- und Asylstädten (Num 35), hinter denen eine weit zurückreichende Tradition der Asylgewährung liegt, dürften aus der späten Zeit der Bearbeitung des Buches stammen; von ihrer Durchführung schreiben priesterliche Bearbeiter im Josuabuch (Jos 13-22*). Die → Bileam-Orakel scheinen in Num 24,20-24 Hinweise auf die Unterwerfung von Teilen Vorderasiens durch Truppen der „Kittäer“ aus Kition auf Zypern im Zusammenhang mit der Eroberung durch Alexander den Großen zu enthalten, so dass mit letzten Ergänzungen in frühhellenistischer Zeit zu rechnen wäre.

4. Der historische Hintergrund der Wüstenwanderungsüberlieferungen und deren theologische Verarbeitung

Der historische Kern der Exodus-Wüsten-Überlieferung geht vermutlich zurück auf Geschehnisse anlässlich der Flucht einer semitischen, proto-israelitischen, vielleicht den → Schasu-Beduinen nahestehenden Gruppe aus ägyptischen Frondiensten im 13./12. Jh. v. Chr. Sie fand zunächst im → Sinai Zuflucht und ihre Nachfahren verbanden sich mit den Sippen Israels im Verlauf der sukzessiven Besiedlung Palästinas. Im Wüstengebiet südlich Palästinas liegt wohl auch der Ursprung der JHWH-Religion (Ri 5,4), deren Vermittlung auf den aus Ägypten stammenden Hebräer Mose zurückgeführt wird, welcher in Verbindung mit altarabischen Stämmen stand (vgl. Ex 2,1.15b-22; Ex 3*; Ex 18*; Num 10,29). Die älteren literarischen Überlieferungen sind nur noch in nachdtr. und nachpriesterschriftlich redaktionell überformter Gestalt erhalten. Sie verbinden Lokalätiologien über einzelne Ortslagen, die für die Sinaihalbinsel charakteristische Eigenarten aufweisen, mit der Führung und Bewahrung durch JHWH.

Nach Ex 13,17-22; Ex 15,22-19,1 führte die Wüstenwanderung Israels nach dem Exodus aus Ägypten und dem Schilfmeerwunder (bei ’Etam, Ex 13,20, nahe dem Golf von Suez oder bei Pihahirot gegenüber dem Baal-Zefon = Katib al-Qals, Ex 14,1-2) zunächst zum Gottesberg (= har ha-’älohîm, Horeb, Sinai = Ǧebel Mūsā ?), von dort zur Südgrenze Kanaans und nach einem gescheiterten Landnahmeversuch (Dtn 1,9-46; Num 10,12-14,45), ausgehend von → Kadesch (= ‘Ēn el-Qudērāt, nahe Tell el-Qudērāt) vierzig Jahre lang durch die Wüste (Dtn 2,1.7; Num 16-17; Num 20,1-21,20; Dtn 1,1-5; Dtn 10,6-7). Sie endet mit der Umgehung Edoms und Moabs (Num 20,21; Dtn 2,8-21). Die Lokalisierung der in Ex-Dtn genannten Wüstenstationen ist umstritten und nur in Einzelfällen möglich, weil divergierende Traditionen einander überlagern.

Da ist die Rede vom „Bitterwasser“ → Mara, Ex 15,22 = ‘Ajūn Mūsā, von der „Streit-Oase“ → Meriba, Ex 17,7* und Num 20,2-13, ursprünglich vermutlich ein Ort der Zusammenkunft von Wüstenstämmen zur Streitschlichtung, von der „Brandstätte“ Tabera, Num 11,3, den Kivrôt hata’ǎwāh („Gräbern des Begehrens“) und den für den Sinai typischen Resten besonderer Siedlungsformen, den Hǎṣerôt („Höfen“), Num 11,35. Naturphänomene wie das Auftreten von Wachtelschwärmen oder das Vorkommen von süßlichen Pflanzen- (Hamada silicornic) oder Insektensekreten an → Tamarisken (Trabulina mannifera, Najacoccus serpentina) sind Anlass zur Legende von der göttlichen Versorgung (Num 11,31-32*) und vom → „Manna“, das als „Himmelsbrot“ niedergeht (vgl. Ex 16,13ff.; Num 11,6-9; Jos 5,12). Geschichten von der Bewahrung vor den Feinden werden zu exemplarischen Schilderungen wunderbarer JHWH- Kriege (Ex 17,8ff.; Num 31). In dem literarisch jungen Wüstenitinerar Num 33,1-49 werden diese Ort z.T. mit Itineraren (Routenbeschreibungen) der persischen Zeit verbunden.

Die ältere → Wüstenwanderungsüberlieferung hob die wunderbare Führung und Bewahrung in der Wüste durch JHWH stets hervor. In ihrem Mittelpunkt stand die Erzählung von der Erscheinung JHWHs am Gottesberg. Sie wurde unter dem Einfluss der Deuteronomisten mit der Offenbarung des Gesetzes und der 10 Gebote verbunden. In der Priesterschrift wurde demgegenüber die Offenbarung des ersten Kultus Israels und eines Wüstenheiligtums ins Zentrum gerückt, in dessen Mittelpunkt das alte Symbol der Lade Gottes gestanden habe. Als die priesterschriftliche Erzählung mit der deuteronomistischen Variante und der deuteronomistischen Landnahmeerzählung verbunden wurde, wurde zunächst die Führung JHWHs mit dem Symbol der Bundeslade in Zusammenhang gebracht (Num 10,33.35; Num 14,44; Dtn 10,5.8), die den Leviten und dem von ihnen herkommenden Priestertum anvertraut worden sei. In der weiteren literarischen Ausgestaltung wurde der Gedanke der Führung JHWHs unter Rückgriff auf die Anschauungen des Tempelkultes betont mit seiner unmittelbaren Präsenz in der Gegenwart seines „Angesichts“ (Ex 33,14) und in dem je und je über dem Wüstenheiligtum manifest werdenden „kəbôd JHWH“ (dt. „Herrlichkeit des HERRN“) in Feuer- und Wolkensäule (vgl. Ex 13,21-22; Num 9,14-23) in Verbindung gebracht.

Ein zweites grundlegendes Motiv, das mit der Wüstenwanderung verbunden ist, ist das der Bewährung des Volkes in der Anfechtung. Wohl unter dem Einfluss der deuteronomistischen Anschauungen erscheint die Wüstenwanderung von Anfang bis Ende (Ex 15-Num 25) als eine Geschichte der Rebellion gegen Gott, des Unglaubens und der Bundesbrüche. All dies bewirkt die Verzögerung der Landnahme und das Aussterben der Exodusgeneration in der Wüste. Erst der Generation der Nachkommen und wenigen im Glauben Bewährten wird es gewährt, das Verheißungsland zu betreten. Die Darstellung der Eroberung des Ostjordanlands noch zur Mosezeit erscheint als ein Angeld der Erfüllung der Landverheißung (Num 21; 32*). An ihrem Höhepunkt wird die → Bileam-Legende eingefügt, die an die ostjordanische, in einer Wandinschrift auf dem Tell Dēr ‘Allā [Tell Der Alla] belegte Tradition von dem Seher der göttlichen Wesen (shdjn, shdj) und ihrer Versammlung um den Thron Gottes anknüpft (vgl. Num 24,4) und sie in den Dienst der JHWH-Verkündigung stellt: Der Seher sei vom Moabiterkönig → Balak gedingt worden, um Israel zu verfluchen, habe aber unter dem machtvollen Wirken JHWHs nichts anderes bewirken können, als den schon Gen 12,1-3 verheißenen Segen über Israel auszusprechen. Dabei habe er sogar schon in dem „Stern aus Jakob“ das künftige Königtum Israels aufleuchten sehen (Num 24,17).

Im Zuge der Pentateuchredaktion wurden die Murrgeschichten der Wüstenwanderungserzählung (Num 11-14.16; Num 21,4-9) zu Erzählungen von Provokationen (= „Versuchungen“) Gottes und Aufständen gegen Mose und → Aaron stilisiert, die deren Kompetenz als Offenbarungs- bzw. Kultmittler problematisierten. Die Wüste wird zum Hintergrund der legendären Abbildung institutioneller Ideal-Konflikte um Führungsansprüchen zwischen Laien, Priesterschaft und levitischem Clerus minor (Num 16-17). Mose und Aaron werden durch Verschulden des Volkes aber auch durch eigene rituelle Unachtsamkeit in die Unheilsgeschichte des Untergangs hineingezogen und müssen in der Wüste sterben (Num 20). Allein die Priestersöhne Eleasar (Num 17) und Pinhas (Num 25) bewahren durch ihren Eifer die Kontinuität des Priestertums und seiner Genealogie. In der Spätphase der Pentateuchbearbeitung wurde aufgrund der geschilderten Legendenbildung die Wüste zum Ort der Offenbarung wichtiger Reinheitstorot und Ergänzungen der Tora stilisiert.

Der Blick auf die bevorstehende Landnahme, der sich nach der älteren Schicht der Erzählungen am Ende von Schittim (s. Abel-Schittim → Abel in Ortsnamen) aus auf den Übergang über den Jordan und die Einnahme des Westjordanlandes richtet (Num 25,1; Jos 2,1), weitet sich durch die breite Ausgestaltung der neuerlichen → Volkszählung und der Anweisungen für die Landverteilung in Num 26-27.33-36, die durch priesterliche Bearbeiter in vieler Hinsicht nachträglich mit dem Josuabuch verzahnt wurden (vgl. Jos 13-22). Ein besonderes Gewicht erhielt dabei die Verbindung der Asylregelung bzw. Asylstadtregelung mit der Idee der Einrichtung von → Leviten-Städten zur Sicherung der Versorgung der Tempelbediensteten.

Der Topos der Wüstenwanderung blieb auch in der Gebets- und Lehrdichtung der Perserzeit Gegenstand stets neuer Reflexion (Ez 20; Am 5,25ff.; Ps 78; Ps 95,8-11; Ps 105,39ff.; Ps 106; Neh 9,18-21).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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2. Kommentare

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  • Rouillard, H., La Péricope de Balaam (Nombres 22-24). La Prose et les „oracles“ (EtB.NS 4), Paris 1985.

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