Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: März 2010)

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1. Bezeichnungen

Das hebräische Wort für Pferd ist סוּס sûs (weiblich: סוּסָה sûsāh [nur Hhld 1,9]; griechisch ἵππος hippos). רֶכֶשׁ rækæš steht für das Gespann bzw. Wagenpferde (1Kön 5,18; Mi 1,13), in Est 8,10.14 für Postpferde. פָּרַשׁ pāraš heißt der Reiter (2Sam 8,4; 1Kön 20,20) bzw. das Reitpferd (1Sam 8,11; Jes 22,6).

2. Altes Testament

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Lange vor den Israeliten besaßen die Nachbarvölker Rosse und Wagen (Jos 11,4), z.B. die Ägypter (Gen 47,17; Ex 9,3; Ex 14,9.23), die Kanaanäer (Ri 1,19; Ri 5,22) und die Philister (1Sam 13,5). Wenn im Falle eines Sieges Pferde erbeutet wurden, wurden die Tiere oft gelähmt, um einen weiteren Einsatz im → Krieg unmöglich zu machen (Jos 11,6.9; 2Sam 8,4), was zeigt, dass die Israeliten selbst lange Zeit mit den Tieren nichts anfangen konnten. Erst in der Königszeit wurden die Tiere in Israel als Zugtiere für den Streitwagen wichtig (2Kön 10,2; 1Kön 22,4). Die Benutzung als Reittier war dagegen in Israel zunächst selten (2Kön 9,18) und nahm erst in persischer Zeit zu. Zwar sind zahlreiche Reiterfigurinen aus Juda aus dem 8. Jh. v. Chr. belegt, was aber keinen Rückschluss auf die reale Bedeutung der Reiterei in Israel erlaubt. Zum Einen bewunderte man die Kriegspferde in der assyrischen und ägyptischen Armee dieser Zeit (→ Waffen). Zum Anderen können diese Figuren eine Bedeutung innerhalb der Familienfrömmigkeit gespielt und als Schutzsymbole fungiert haben (vgl. Keel / Staubli, 40)

Pferd 02

Die Söhne Davids schafften sich eigene Wagen und Pferde an und brachten so gleichzeitig ihren Anspruch auf das Königtum sichtbar zur Geltung (2Sam 15,1; 1Kön 1,5). Doch erst unter → Salomo finden sich nach alttestamentlicher Darstellung Pferde und Streitwagen in so großer Anzahl, dass das Heer gestärkt wurde und wirksamer Widerstand gegenüber den feindlichen Nachbarn möglich war (1Kön 5,6; 1Kön 10,25f). Allerdings brachte die Versorgung der Tiere mit Futter einen hohen Aufwand mit sich (1Kön 5,8).

Die Pferde wurden zu einem Preis von 150 Silberschekel pro Stück aus Musri, einer Gegend im Taurus, und aus Kuwe in der kilikischen Ebene nach Israel importiert und von dort aus auch weiter veräußert (1Kön 10,28f). → Ahab, einer der mächtigsten Nordreichkönige, konnte bei der → Schlacht von Qarqar 853 v. Chr. das größte Wagenkontingent stellen. Pferde repräsentierten geradezu militärische Macht (Dtn 20,1; Jo 2,4; Ez 17,15; Ez 26,7; Ez 26,10f; Jdt 16,3 [Lutherbibel: Jdt 16,5] u.ö.), so dass sie in Schilderungen feindlicher Angriffe regelmäßig auftauchen (vgl. Jes 5,28; Jes 22,6f; Nah 3,2f u.ö.).

Während Pferde bei Fürsten und Königen äußerst beliebt waren, findet sich im Alten Testament kaum eine Stelle, die von diesen Tieren positiv spricht. Die ursprünglich in Israel nicht vorhandene Ausrüstung des Heeres mit Streitwagen und Pferden war seit dem 8. Jh. Anlass theologischer Kritik (Hos 14,4; Jes 30,16; Jes 31,1ff; Dtn 20,1; Hos 1,7; Sach 9,10). Auch das deuteronomische Königsgesetz Dtn 17,16 enthält die Bestimmung, dass der König nicht zu viele Pferde halten und diese nicht als Ausdruck herrscherlicher Überheblichkeit gebrauchen solle. Vor allem die Propheten verglichen das Vertrauen auf Bündnisse und die eigene Kriegsmacht, die sich u.a. im Besitz von Pferden konkretisierte, mit Verderben bringendem Götzendienst und setzten dem das Vertrauen auf JHWH gegenüber (Jes 2,7f; Mi 5,9ff). In diesem Zusammenhang findet sich auch der Hinweis, dass JHWH die im Krieg eingesetzten Kampfmittel vernichtet (Mi 5,9; Hag 2,22; Sach 9,10; Sach 12,4; Sach 14,15).

Anders ist es in Spr 21,31: Hier wird keine Kritik an der Rüstung der Pferde zur Schlacht geübt, sondern diese als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Zurüstung der Tiere zum Kampf aber bewirkt nicht den Sieg; dieser fällt allein in die Zuständigkeit JHWHs (Ps 20,8; Ps 33,17, vgl. Ps 147,10), wie auch Ex 15,1; Ex 15,19; Ex 15,21; Dtn 11,4 zeigen, wo der Untergang der ägyptischen Streitmacht einschließlich ihrer Pferde beim Auszug der Israeliten aus Ägypten hymnisch JHWH zugeschrieben wird (vgl. auch Jes 43,17; Ps 76,7; Hab 3,15).

Pferde können an einem Tag Strecken von bis zu 100 km bewältigen. Neben ihrer Beweglichkeit und Schnelligkeit (vgl. Jer 4,13; Hab 1,8) machten auch das Springen und Schnauben, das Stampfen sowie überhaupt ihre Kraft Eindruck (Hi 39,18ff). Schneller noch als Pferde ist jedoch der Strauß (Hi 39,18). Auf das Wiehern geiler Hengste als Ausdruck unbekümmerter Lebensfreude spielt Jer 50,11 an. Und die Geliebte ist wie eine „Stute bei den Streitrossen Pharaos“, d.h. sie verwirrt mit ihrer Attraktivität die Männer (Hhld 1,9). Dagegen gleicht ein Freund, der Lust am Spott hat, einem geilen Hengst, der unter jedem Reiter wiehert (Sir 33,6).

Das Pferd als Zugtier des Streitwagens ist ungeeignet für felsige Regionen. Darauf nimmt das weisheitliche Rätselwort Am 6,12 Bezug, um das Verhalten Israels zu charakterisieren, das Recht in Unrecht verwandelt.

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Im → Jeremiabuch wird mehrfach in metaphorischen Zusammenhängen auf das Pferd verwiesen: So spielt der Hinweis auf die geilen Hengste, die die Stuten bespringen, die sie bekommen können, an auf den Abfall des Volkes (Jer 5,8; vgl. Ez 23,20). Die mangelnde Schuldeinsicht und der fehlende Umkehrwillen des Volkes werden durch das Bild des Kriegsrosses unterstrichen, das blind ins Schlachtgetümmel rennt und nicht mehr aufgehalten werden kann (Jer 8,6). Das mit gewaltigem Lärm einhergehende Hereinbrechen der feindlichen Streitmacht zeigt Jer 8,16 mit dem Bild des vom Wiehern der Hengste erbebenden Landes (vgl. ähnlich Jer 6,23; Jer 47,3; Jer 50,42). Wenn der Prophet dagegen mit Pferden wetteifern soll, dann unterstreicht dieser Vergleich die drohende Verschärfung seiner Belastung (Jer 12,5). Auf einen Sonnenkult in Jerusalem, in dem das Pferd als Symboltier der → Sonne eine Rolle spielte, weist 2Kön 23,11 hin (vgl. die Darstellung von Pferd und Sonne auf einem Kultständer aus → Taanach).

In den Nachtgesichten des → Sacharja werden mehrfach Pferde genannt. So erwähnt die erste Vision in Sach 1,8 einen Mann, der ein rotes Pferd reitet. Er fungiert als Mittlerengel. In der letzten Vision (Sach 6,2ff) sind verschiedenfarbige Pferde vor Streitwagen gespannt. Sie symbolisieren die vier Winde, gehören zum himmlischen Thronrat und bilden JHWHs himmlisches Heer. In Sach 10,3 schließlich werden die Judäer mit einem geschmückten Prachthengst verglichen, auf dem JHWH selbst in den Streit zieht. Sach 12,4 wendet sich gegen die feindliche Kavallerie, deren Pferde scheu werden sollen. In der Endzeit sollen die Pferde auf den → Glöckchen ihres Zaumzeuges dieselbe Inschrift tragen wie der Hohepriester auf dem goldenen Stirnblatt an seinem Turban: „JHWH heilig“ (Sach 14,20), was zeigt, dass die Unterscheidung von heilig und unheilig aufgehoben ist.

Pferde waren vor allem in persischer Zeit Inbegriff von Reichtum und Hoheit, ja ein beliebtes Element höfischer Selbstdarstellung. Die Ehrung → Mordechais zeigt sich darin, dass ihm königliche Würdezeichen zuteil werden, u.a. ein öffentlicher Ritt auf einem durch ein Diadem geschmückten königlichen Pferd verbunden durch Begleitung und Proklamation des Hochadels (Est 6,8ff). Dagegen sieht Pred 10,7 darin, dass Knechte hoch zu Ross reiten, Fürsten aber zu Fuß gehen, ein Zeichen für die Verkehrung der Weltordnung.

Bogenschützen zu Pferde werden Jdt 2,7 erwähnt. Postpferde, mit deren Hilfe die Perser eilige Schreiben und königliche Erlasse transportierten, setzt Est 8,10.14 voraus. Die aus dem babylonischen Exil Zurückkehrenden brachten 736 Pferde mit (Esr 2,66; Neh 7,68).

Pferde musste man zähmen, um sie dienstbar zu machen. Darauf spielen mehrfach weisheitliche Sätze an, so z.B. Sir 30,8. Ebenso wie Pferd oder Esel nur mithilfe von Zaumzeug oder Peitsche (Spr 26,3; Nah 3,2; vgl. Ps 32,9) gebändigt werden können, kann auch der widerspenstige Selbstzufriedene nur mit physischer Gewalt zeitweise in eine bestimmte Richtung gebracht werden (Spr 26,3). Rossen ohne Verstand gleichen Leute, die von Gott nichts wissen wollen (Tob 6,18 in Vulgata / Lutherbibel).

3. Neues Testament

Auch das Neue Testament kennt Pferde als Luxustiere, die im- und exportiert wurden (Apk 18,13). In Jak 3,3 ist das Pferd Verkörperung großer Macht, die aber dennoch mit einem Zaum im Maul gelenkt werden kann. Die vier verschiedenfarbigen Pferde und ihre Reiter, die Apk 6 genannt werden, stehen für verschiedene Plagen, und zwar Krieg (Apk 6,2f), Bürgerkrieg (Apk 6,4f), Teuerung und Hungersnot (Apk 6,5f) sowie Tod (Apk 6,7f). Hinter den Apk 9,17-19 genannten mischgestaltigen Pferden und ihren Reitern und den Apk 9,7-9 belegten mischgestaltigen → Heuschrecken mit ihrem an Kriegsrosse erinnernden Aussehen verbergen sich dämonische Kräfte, die Vernichtung bringen. Dagegen ist das weiße Ross Apk 19,11 in Überbietung der messianischen Weissagung Sach 9,9 das Reittier Christi bei seiner Wiederkunft.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

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  • Borowski, O., Every Living Thing. Daily Use of Animals in Ancient Israel, London 1998, 99ff
  • Brentjes, B., Die Haustierwerdung im Orient. Ein archäologischer Beitrag zur Zoologie, Stuttgart 1965
  • Görg, M., Die Göttin auf dem Kriegspferd, BN 13 (1980), 32-34
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  • Huber, K., Reiter auf weißem Pferd. Ein schillerndes Christusbild in der Offenbarung des Johannes, in: K. Huber / B. Repschinski (Hgg.), Im Geist und in der Wahrheit. Studien zum Johannesevangelium und zur Offenbarung des Johannes sowie andere Beiträge (FS M. Hasitschka), Münster 2008, 385-409
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  • Schachermeyr, F., Streitwagen und Streitwagenbild im Alten Orient und in Mykene, Anthropos 46 (1951), 705-753
  • Schouten van der Velden, A., Tierwelt der Bibel, Stuttgart 1992, 70f
  • Schroer, S., Tiere in der Bibel. Eine kulturgeschichtliche Reise, Freiburg 2010, 61-64
  • Worschech, U., Pferd, Göttin und Stier. Funde zur moabitischen Religion aus el-Balu (Jordanien), UF 24 (1993), 385-391

Abbildungsverzeichnis

  • Reiterfigurinen wurden vielfach ausgegraben und sind wohl als Schutzsymbole zu verstehen (judäisches Bergland; 8. / 7. Jh. v. Chr.; BIBEL+ORIENT Datenbank Online). © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz; Foto: Primula Bosshard
  • Streitwagen gaben ägyptischen Truppen in der Zeit des Neuen Reichs eine neue Reichweite (Ramses II.; Ramesseum in Theben, 13. Jh.). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Dreispännige assyrische Streitwagen, auf denen jeweils ein Lenker und ein Bogenschütze stehen (Relief aus Nimrud, Nord-West-Palast Assurnasirpals II.; 883-859 v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • König Assurbanipal auf der Jagd (N-Palast in Ninive; 7. Jh.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Die Assyrer schmückten ihre Pferde. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Das oberste Register eines Kultständers aus Taanach zeigt über einem Pferd eine Sonne (10. Jh. v. Chr.). © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz

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