Völkerwallfahrt / Völkerkampf
(erstellt: Februar 2013)
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→ Chaos / Chaoskampf
Unter Völkerwallfahrt bzw. Völkerkampf versteht man im Allgemeinen die eschatologische Erwartung (→ Eschatologie
1. Völkerkampf
1.1. Historische Wurzeln. Die Vorstellung des Völkerkampfes ist zunächst nicht auf die Endzeit, sprich: die Zeit vor der Aufrichtung der Gottesherrschaft, bezogen. Sie basiert auf der Überzeugung, dass JHWH seinen Zion gegen die heranstürmenden feindlichen Völker verteidigt. Da dies in Bildern und mit Verben des mythischen Chaoskampfes gezeichnet wird, hat man an eine historisierte Form des Chaoskampf-Mythos als Ursprung des Völkerkampfmotivs gedacht (dagegen: Wanke, 76). Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die historische Erfahrung der Errettung des Zion in der assyrischen Bedrohung 701 v. Chr. zur Ausprägung des literarischen Motivs geführt hat (vgl. 2Kön 18f
1.2. Eschatologische Ausprägung. In der eschatologischen Prophetie wird das Völkerkampfmotiv eng mit Jerusalem verbunden; sie ist nachexilisch zu datieren (Mi 4,11-13
Undeutlich bleibt die Abgrenzung gegenüber den Texten, in denen die Völker primär gegen den → Messias
Angesichts der permanenten militärischen Bedrohung stellt der endzeitliche Völkerkampf ein Hoffnungsbild dar, in dem die Sicherheit des Zion und die endgültige Beseitigung der feindlichen Völker in Aussicht gestellt werden. Es handelt sich dabei nicht unbedingt um ein eschatologisches Ereignis im Sinne eines endgültigen Endes der Geschichte, sondern vielmehr um eine Zukunft, die jetzt noch nicht ersichtlich ist und die in einem Umsturz der jetzigen Welt resultieren wird. Die griechische Übersetzung (→ Septuaginta
1.3. Die Vorstellung vom Völkerkampf. Die Vorstellung eines Völkerkampfes, der die Gottesstadt bedroht, hängt eng mit dem → Königtum Gottes
1.3.1. Der vergebliche Völkersturm. Der vergebliche Völkersturm gegen den Zion streicht dessen Sicherheit heraus. Der Zion erweist sich aufgrund des Schutzes durch seinen Gott für die in Bildern des Chaos gezeichneten Feinde als unüberwindbar.
Belege hierfür finden sich in Ps 46
Eine zeitlich nicht eingeschränkte Vorstellung der Bewahrung des Zion durch JHWH, der auch das Kriegsgerät vernichtet, findet sich in Ps 46
Die Darstellung verbindet sich häufig mit Motiven des Chaoskampfes wie dem Tosen und Brausen des Meeres (vgl. speziell Jes 17,12-14
1.3.2. Der Kampf JHWHs gegen die Völker bzw. Jerusalem. Das Bild des Kampfes JHWHs gegen die Völker findet sich neben der in Ez 38f
Die Schilderungen stehen in Verbindung mit den anderen Texten des Völkergerichts (→ Gericht Gottes
1.3.3. Der Feind aus dem Norden. Mit ganz ähnlichen Bildern wie dem allgemeinen Völkersturm wird die Gefahr des „Feindes aus dem Norden“ gezeichnet (vgl. Jer 4-6
1.4. JHWHs Sieg und Verehrung durch die Völker. Vom Zion aus übt JHWH seine Königsherrschaft aus und bezwingt die Völker, die als Fremdvölker zunächst Feinde sind und zum Zion ziehen, um ihn zu bekämpfen. Die bezwungenen Feinde kommen dann unterwürfig, um Tribut zu bringen und JHWH als ihrem König zu huldigen (Zenger, 387; Kessler, 184).
Vgl. auf Kyros bezogen Jes 41,1-4
2. Völkerwallfahrt
2.1. Positive Deutung der Völker. Die Erwartung der Völkerwallfahrt stellt die positive Transformation des Völkersturmes dar: Nicht mehr in feindlicher, sondern in friedlicher Absicht werden die Völker zum Zion kommen. Die positiven Deutungen der Völkerwelt könnten auf die guten Erfahrungen zurückgehen, die Israel in der Perserzeit mit fremden Völkern gemacht hat. Möglicherweise sind sie aber auch als Gegenbild zu den schlechten Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Auseinanderbrechen des Perserreiches und den kriegerischen Auseinandersetzungen der frühhellenistischen Zeit entstanden (Zenger).
2.2. Verschiedene Ausprägungen. Vier verschiedene Ausprägungen der Völkerwallfahrts-Vorstellung sind auszumachen (Irsigler):
2.2.1. Bringen von Gaben. Die Völker bringen (Tribut-)Gaben nach Jerusalem: Jes 60
2.2.2. Rückführung aus der Diaspora. In Ausgestaltung des Tributmotivs werden die Töchter und Söhne Israels als Gaben aus der Diaspora zurückgebracht: Jes 14,2
In Zef 3,9f
2.2.3. Weisung von JHWH. Die Völker suchen JHWH als Friedensrichter auf bzw. erwarten sich Weisung: Jes 2,2-5
Die parallelen Völkerwallfahrtstexte Jes 2,2-5
2.2.4. Kultische Verehrung JHWHs. Die fremden Völker bekennen sich zu JHWH, verehren ihn kultisch: Sach 2,15
Eine Hauptlinie der JHWH-König-Psalmen Ps 93-100
2.3. Motivliche Verbindungen. Die einzelnen Ausgestaltungen der Motive sind dabei nicht singulär, sondern beziehen sich auf verschiedene Vorläufer wie das Herbeibringen der Tribute für den Großkönig (vgl. Ps 72,10-11
Wenn Jerusalem gerade in Texten, die wie Zef 3
Eine andere Opposition zeigt die enge Verbindung von Jes 2
3. Verbindung von Völkerkampf und Völkerwallfahrt
Die Völkerthematik ist im → Jesajabuch
3.1. Jes 66
Jes 66
Gerichtsvorstellung und Völkerzug im positiven Sinne sind miteinander verbunden. Zunächst soll das Gericht an „allem Fleisch“ (Jes 66,16
3.2. Sach 14
Sach 14
Es wird sowohl bei den Einwohnern von Jerusalem (die offensichtlich für das ganze Gottesvolk stehen) als auch bei den Völkern Gericht gehalten, die zum Krieg von JHWH selbst versammelt wurden. Die Wendung zugunsten des Zion, die man nach Ps 46
JHWH erscheint hier als universaler Weltenkönig, gleichzeitig wird Jerusalem mit dem in ihm entspringendem Paradiesesstrom zur sicheren Gottesstadt und zum Zentrum der JHWH-Verehrung (Beck). Anders als in Mi 4,5
Über die Vorstellung des dem Gericht entronnenen Restes sind Völkersturm, Völkergericht und Völkerwallfahrt zeitlich und systematisch miteinander verbunden (Gärtner), zugleich wird die Völkerwallfahrt als Ereignis des JHWH-Tages qualifiziert (Biberger), wodurch dieser neu geprägt wird.
In Jo 4
Jes 66
4. Spätere Rezeption
4.1. Neues Testament
In verschiedenen Stellen des Neuen Testaments lassen sich motivische Anspielungen an die Völkerwallfahrt erkennen, auch wenn es keine erzählerische Ausgestaltung gibt und das eigentliche Wallfahrtsmotiv nicht immer deutlich ist. Apg 2,1-13
4.2. Darstellende Kunst
Gerade diese Szene der Anbetung der drei Weisen (Adoratio Magi) wird in den bildlichen Darstellungen häufig mit weiteren Elementen der Völkerwallfahrt ausgestattet. So wird die Szenerie beispielsweise mit Kamelen, einer Vielzahl von Menschen, Bergen oder gar Schiffen angereichert (vgl. z.B. die Adoratio Magi von Domenico Ghirlandaio; Ghirlandaio zeigt auch bei der Anbetung durch die Hirten einen Völkerzug).
Die in manchen Werken abgebildeten dunkelhäutigen Könige kann man als Reminiszenz an die Erwähnungen von Kusch in den alttestamentlichen Texten sehen (auch wenn sie von der Vorstellung der Dreiteilung der Welt: Europa – Asien – Afrika abgeleitet ist).
In der Friedensbewegung fand das Motiv der → „Schwerter zu Pflugscharen
5. Literaturangaben
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Abbildungsverzeichnis
- Die Völker – hier die Äthiopier (Kusch) – bringen dem persischen König ihre Gaben (Persepolis; 6. Jh.). Aus: Flickr from Yahoo; © A.Davey, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-2.0 us-amerikanisch
- Die Anbetung durch die drei Weisen aus dem Morgenland (Domenico Ghirlandaio, 1485-1488).
- Caspar und Baltasar (rechts) von den Heiligen Drei Königen aus dem Morgenland in einer Reihe mit Ausländern und Königen als ihren alttestamentlichen Vorläufern: Hiob, Königin von Saba, Hiskia (Nordeingang im Westportal des Kölner Doms). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
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