Deutsche Bibelgesellschaft

Völkerwallfahrt / Völkerkampf

(erstellt: Februar 2013)

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Unter Völkerwallfahrt bzw. Völkerkampf versteht man im Allgemeinen die eschatologische Erwartung (→ Eschatologie) eines Zuges der fremden, nicht israelitischen Völker zum Zion in positiver, religiöser oder negativer, militärischer Absicht. In der Variante des Völkerkampfes verteidigt JHWH den Zion gegen die feindlichen Völker, die gegen die Gottesstadt zum Kampf ziehen, und hält über sie Gericht. In der positiven Fassung der Völkerwallfahrt erhalten die Völker am Zion Weisung, bringen reiche Gaben oder nehmen sogar am Kult teil. In den späten Texten des → Jesaja- und → Sacharjabuches wird versucht, diese konträren Erwartungen zeitlich und systematisch zu verbinden. Die Vorstellungen vom Völkerzug zum Zion speisen sich aus der Zionstheologie und werden mit anderen Motiven wie dem Chaoskampf oder dem Tag JHWHs verbunden.

1. Völkerkampf

1.1. Historische Wurzeln. Die Vorstellung des Völkerkampfes ist zunächst nicht auf die Endzeit, sprich: die Zeit vor der Aufrichtung der Gottesherrschaft, bezogen. Sie basiert auf der Überzeugung, dass JHWH seinen Zion gegen die heranstürmenden feindlichen Völker verteidigt. Da dies in Bildern und mit Verben des mythischen Chaoskampfes gezeichnet wird, hat man an eine historisierte Form des Chaoskampf-Mythos als Ursprung des Völkerkampfmotivs gedacht (dagegen: Wanke, 76). Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die historische Erfahrung der Errettung des Zion in der assyrischen Bedrohung 701 v. Chr. zur Ausprägung des literarischen Motivs geführt hat (vgl. 2Kön 18f. // Jes 36f.; Zenger, 389; Schmidt, 295; Wanke, 94f.)

1.2. Eschatologische Ausprägung. In der eschatologischen Prophetie wird das Völkerkampfmotiv eng mit Jerusalem verbunden; sie ist nachexilisch zu datieren (Mi 4,11-13; Jo 4; Sach 12; Sach 14; vgl. Wanke, 94f.). Die wunderbare Rettung des Zion wird hier in die ferne Zukunft bzw. Endzeit verlagert, mit der Vorstellung des Tages JHWHs verbunden und zu einem universalen Völkergericht vor Jerusalem ausgebaut.

Undeutlich bleibt die Abgrenzung gegenüber den Texten, in denen die Völker primär gegen den → Messias, den Gesalbten JHWHs, kämpfen, denn dieser handelt auf einer Linie mit JHWH, wie Ps 2 zeigt.

Angesichts der permanenten militärischen Bedrohung stellt der endzeitliche Völkerkampf ein Hoffnungsbild dar, in dem die Sicherheit des Zion und die endgültige Beseitigung der feindlichen Völker in Aussicht gestellt werden. Es handelt sich dabei nicht unbedingt um ein eschatologisches Ereignis im Sinne eines endgültigen Endes der Geschichte, sondern vielmehr um eine Zukunft, die jetzt noch nicht ersichtlich ist und die in einem Umsturz der jetzigen Welt resultieren wird. Die griechische Übersetzung (→ Septuaginta) geht allerdings von einer zeitlichen Einordnung am „Ende der Tage“ aus (z.B. Mi 4,1: ἐπʼ ἐσχάτων τῶν ἡμερῶν).

1.3. Die Vorstellung vom Völkerkampf. Die Vorstellung eines Völkerkampfes, der die Gottesstadt bedroht, hängt eng mit dem → Königtum Gottes zusammen, das sich vom Zion aus „auf das Weltganze, und nicht etwa nur auf das Volk Israel, seine Nachbarvölker und einzelne Feindvölker, sondern auf die Völkerwelt in toto“ erstreckt (Steck, 15f.) Genauer lassen sich verschiedene Ausprägungen unterscheiden: (1) der vergebliche Ansturm der Völker gegen Jerusalem, (2) Kampf JHWHs gegen die Völker bzw. gegen Jerusalem, (3) der Feind aus dem Norden (H.-M. Lutz; Schmidt, 295f.). Bisweilen gehen sie in den Texten ineinander über.

1.3.1. Der vergebliche Völkersturm. Der vergebliche Völkersturm gegen den Zion streicht dessen Sicherheit heraus. Der Zion erweist sich aufgrund des Schutzes durch seinen Gott für die in Bildern des Chaos gezeichneten Feinde als unüberwindbar.

Belege hierfür finden sich in Ps 46; Ps 48; Ps 76; vgl. Ps 125,1f; Jes 8,9f.; Jes 17,12-14; Jes 29,5-8; Sach 12. Vgl. auch Ps 2 sowie Jes 52,1f.7-12, wo aus der Perspektive der verlorengegangenen und durch die Rückkehr JHWHs als König wiedergewonnen Sicherheit gesprochen wird.

Eine zeitlich nicht eingeschränkte Vorstellung der Bewahrung des Zion durch JHWH, der auch das Kriegsgerät vernichtet, findet sich in Ps 46. In Ps 48 basiert der Ruhm JHWHs, der bis an die Enden der Erde reicht, auf einer vergangenen Errettung des Zion. In Ps 76 wird das Urteil bereits aus dem Himmel verkündet, während Hütte und Wohnstatt JHWHs in der Vergangenheit auf dem Zion waren (Ps 76,3), von wo aus er kriegerisch handelt (Zenger).

Die Darstellung verbindet sich häufig mit Motiven des Chaoskampfes wie dem Tosen und Brausen des Meeres (vgl. speziell Jes 17,12-14; Ps 46,2-8; Ps 76,5-6; vgl. auch schon Ex 15). In Jes 27,1 werden die Feinde mit mythischen Bildern (→ Leviatan) gezeichnet, dementsprechend ist das Strafgericht ein „Sieg über die Chaosmächte“ (Beuken). Mehrfach erscheint dabei auch das Motiv der Hilfe JHWHs am Morgen (vgl. Ps 46,6; Jes 17,12-14; Jes 33,2f.; Janowski, 186).

1.3.2. Der Kampf JHWHs gegen die Völker bzw. Jerusalem. Das Bild des Kampfes JHWHs gegen die Völker findet sich neben der in Ez 38f. angekündigten Vernichtung → Gogs und seiner Koalitionäre, die gegen Israel am Ende der Tage heranziehen werden, auch in Jo 4; Sach 14,3.13f. und Mi 4,12f. Gegen Jerusalem richtet sich der Kampf in Jes 29,1-8; Sach 14,1f.

Die Schilderungen stehen in Verbindung mit den anderen Texten des Völkergerichts (→ Gericht Gottes) und speziell der Vorstellung vom → Tag JHWHs, der als Völkergericht ausgebaut wird (Jo 4; Sach 14), und der JHWH-Kriegs-Metaphorik. In Jo 4 werden die Völker ausschließlich zur Vollstreckung des Gerichts herangeführt, während umgekehrt die Sicherheit des Zion und der Gotteswohnung explizit betont wird (Jo 4,16f.). Das Gericht gegen die Völker trifft insbesondere die, die gegen den Zion kämpfen (Jes 29,1-8). In Mi 4,11-13 kommen die Völker nicht, um gegen Jerusalem zu kämpfen, sondern „um sich an Jerusalems Elend ruchlos zu weiden“ (Kessler 211); der „Tochter Zion“ kommt hier eine vernichtende Rolle im endzeitlichen Völkerkampf zu (Mi 4,13). Vgl. außerdem Jes 8,9f.; Zef 3,8; Ps 110,5-6.

1.3.3. Der Feind aus dem Norden. Mit ganz ähnlichen Bildern wie dem allgemeinen Völkersturm wird die Gefahr des „Feindes aus dem Norden“ gezeichnet (vgl. Jer 4-6, speziell Jer 6,22-26; auch Jo 2; ausführlicher dazu → Skythen 3.1.).

1.4. JHWHs Sieg und Verehrung durch die Völker. Vom Zion aus übt JHWH seine Königsherrschaft aus und bezwingt die Völker, die als Fremdvölker zunächst Feinde sind und zum Zion ziehen, um ihn zu bekämpfen. Die bezwungenen Feinde kommen dann unterwürfig, um Tribut zu bringen und JHWH als ihrem König zu huldigen (Zenger, 387; Kessler, 184).

Vgl. auf Kyros bezogen Jes 41,1-4; Jes 45,1-3.14 (mit der Erwähnung von Ägypten, Kusch und Saba); als altorientalische Parallelen Kyros-Zylinder, Behistun-Inschrift oder die Texte in SAHG 146f.156, sowie bildliche Darstellungen bei Keel, 282-285.

2. Völkerwallfahrt

2.1. Positive Deutung der Völker. Die Erwartung der Völkerwallfahrt stellt die positive Transformation des Völkersturmes dar: Nicht mehr in feindlicher, sondern in friedlicher Absicht werden die Völker zum Zion kommen. Die positiven Deutungen der Völkerwelt könnten auf die guten Erfahrungen zurückgehen, die Israel in der Perserzeit mit fremden Völkern gemacht hat. Möglicherweise sind sie aber auch als Gegenbild zu den schlechten Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Auseinanderbrechen des Perserreiches und den kriegerischen Auseinandersetzungen der frühhellenistischen Zeit entstanden (Zenger).

2.2. Verschiedene Ausprägungen. Vier verschiedene Ausprägungen der Völkerwallfahrts-Vorstellung sind auszumachen (Irsigler):

2.2.1. Bringen von Gaben. Die Völker bringen (Tribut-)Gaben nach Jerusalem: Jes 60; Hag 2,6-9; Sach 14,14; Tob 13,13. Speziell wird → Kusch (Äthiopien / Nubien) als Ursprung der Gaben genannt (Zef 3,10; Jes 18,7; Ps 68,30-32; Jes 45,14). In Hag 2,6-9 werden die Gaben nicht für Israel gebracht, sondern sie dienen der Ausstattung des Tempels; zudem wird dies schon „in Bälde“ erwartet.

2.2.2. Rückführung aus der Diaspora. In Ausgestaltung des Tributmotivs werden die Töchter und Söhne Israels als Gaben aus der Diaspora zurückgebracht: Jes 14,2; Jes 49,22; Jes 60,4.9; Jes 66,20; Zef 3,20 (z.T. mit einer Unterdrückung der feindlichen Völker durch Israel verbunden).

In Zef 3,9f. wird die Völkerzugsthematik schon für das → Zwölfprophetenbuch gebündelt. Nach einem Läuterungsgericht rufen die Völker den Namen JHWHs an. Der Völkerzug wird anhand von Kusch exemplifiziert. Die neuen JHWH-Verehrer bringen zwar die Exilierten als eine kultische Gabe, üben aber keine kultische Funktion aus und nehmen auch keine regelmäßige JHWH-Verehrung auf. „Die metaphorische Umstandsangabe שְׁכֶם אֶחָד ‚mit einer Schulter‘, die den einträchtigen kultischen Dienst der Nationen für JHWH hervorhebt, ist ohne Parallele in der Bibel.“ (Irsigler 375).

2.2.3. Weisung von JHWH. Die Völker suchen JHWH als Friedensrichter auf bzw. erwarten sich Weisung: Jes 2,2-5 // Mi 4,1-5; Jer 16,19-21; vgl. Jes 51,4 (umgekehrte Richtung); Ps 96,10.13.

Die parallelen Völkerwallfahrtstexte Jes 2,2-5 // Mi 4,1-5 haben eine besondere Wirkung entfaltet. Der Text dürfte erst in das Michabuch und von dort in das Jesajabuch gekommen sein (Schwienhorst-Schönberger; verschiedene Zuordnungen: Kessler, 178f.). Die metaphorische Beschreibung, dass der Zion am Ende der Tage zum höchsten der Berge werde, macht seine Bedeutung für alle sichtbar. Die Völker erwarten am Zion eine Weisung (Tora), worin zunächst offensichtlich die Rechtsprechung zwischen den Völkern mit dem Ziel des Friedens gemeint ist (vgl. Beuken; Fischer [2010]). Im Kontext des Zwölfprophetenbuches kann dies aber auch auf die ganze Tora bezogen werden (vgl. Sach 7,2; Mal 3,22; dazu: Kessler).

2.2.4. Kultische Verehrung JHWHs. Die fremden Völker bekennen sich zu JHWH, verehren ihn kultisch: Sach 2,15; Sach 6,15; Sach 8,20-22; Sach 14,16-19; Jes 49,7; Jes 55,5; Jes 56,6-8 („ein Gebetshaus für alle Völker“); Jer 3,17; Ps 87; Ps 96,7-9; Ps 100; Ps 102,23; Tob 14,6 (Lutherbibel: Tob 14,8). Den Judäern wird dabei z.T. eine Mittlerrolle zugesprochen (Sach 8,23). Vgl. auch 1Kön 8,41-43; Jo 3,5.

Eine Hauptlinie der JHWH-König-Psalmen Ps 93-100 ist das Verhältnis von Israel zu den Völkern (Zenger): Im Weltgericht sind sie zusammengeschlossen, die Völker können am Kult teilnehmen (Ps 96); Ps 100 kann als Aufforderung an die Völker zum gemeinsamen Gottesdienst verstanden werden. Bezogen bleibt das Ganze auf die chaosbändigende Macht, die vom Zion ausgeht (Ps 93).

2.3. Motivliche Verbindungen. Die einzelnen Ausgestaltungen der Motive sind dabei nicht singulär, sondern beziehen sich auf verschiedene Vorläufer wie das Herbeibringen der Tribute für den Großkönig (vgl. Ps 72,10-11), die Teilnahme von Völkern am JHWH-Kult, die richterliche Funktion Gottes verbunden mit dem Wirken des von Gott eingesetzten Königs auf dem Zion (vgl. Ps 2; Ps 72 und Ps 110), das Zerstören der Waffen (vgl. Ps 46,10f.)

Wenn Jerusalem gerade in Texten, die wie Zef 3 oder Mi 4 in die Perserzeit zu datieren sind, als das wahre Zentrum der Welt beschrieben wird, so beinhaltet dies eine deutlich antipersische Komponente. Möglicherweise bedienen sich die Texte gar der persischen Vorstellung der tributbringenden Völker, wie sie auf den Stufen des Apadana in Persepolis ihren bildlichen Niederschlag gefunden hat (vgl. Lux, 246-248.262). Dass in Zef 3,10 u.a. die Wallfahrt gerade von Kusch ihren Ausgang nimmt, könnte auf die in der Gründungsurkunde des Apadana genannte Ausdehnung des Reiches von Dareios I. bis nach Kusch anspielen (Irsigler, 379). Auch im Bildprogramm findet sich dort u.a. eine äthiopische Delegation.

Eine andere Opposition zeigt die enge Verbindung von Jes 2 zu Jer 51,44, die über das Verb „strömen“ (נהר NHR) verbunden mit den Völkern als Subjekt läuft (Berges 75). Wie die Völker nicht mehr zu Bel in Babylon strömen werden, so sollen sie auch nicht mehr nach Persepolis ziehen, sondern am Zion JHWH als König verehren.

3. Verbindung von Völkerkampf und Völkerwallfahrt

Die Völkerthematik ist im → Jesajabuch wie im → Zwölfprophetenbuch sehr prominent; mehrfache Bearbeitungen dieser Werke führten dazu, dass sie ganz verschiedene, konträre Erwartungen enthalten. Die Texte Jes 66 und Sach 14 stellen jeweils einen gewissen Abschluss ihrer Sammlung dar und versuchen, das Thema zu bündeln, indem Völkersturm, Völkergericht und Völkerwallfahrt in eine zeitliche und systematische Ordnung gebracht werden.

3.1. Jes 66

Jes 66 kündigt die Vergeltung an den Feinden JHWHs und die wunderbare Geburt der Kinder Zions, also die Zunahme der Bevölkerung an. In einer ersten Ausgestaltung des Völkerwallfahrtsmotivs leitet JHWH den „Reichtum der Völker“ (כְּבוֹד גּוֹיִם kəvôd gôjîm) nach Jerusalem. „Während in Jes 60* die Ausstattung des Zion durch den Tribut der Völker im Vordergrund steht, dient der Völkerzug in Jes 66,12 allein der Versorgung der neuen Zionskinder, die wiederum im Zusammenhang mit der wunderbaren Geburt der Zionskinder (Jes 66,7-11) steht.“ Hierbei „schwingt im Übergang vom Völkergericht in Jes 30,27ff zu Jes 66,12 implizit schon der Restgedanke mit.“ (Gärtner, 315).

Gerichtsvorstellung und Völkerzug im positiven Sinne sind miteinander verbunden. Zunächst soll das Gericht an „allem Fleisch“ (Jes 66,16) vollzogen werden; dazu sammelt JHWH die Völker, sodass sie seine Herrlichkeit (כָּבוֹד kāvôd) sehen (Jes 66,18), die als Gerichts-kāvôd aufzufassen ist (Gärtner). Darauf folgt ein freiwilliges Hinausgehen der Völker bis zu den „fernsten Inseln“ (Jes 66,19). Auf diese Verkündigung folgt zunächst die einmalige Rückführung der Exilierten, die mit dem Herbeibringen von Opfergaben verglichen wird; sogar levitische Priester will JHWH aus den Nationen berufen (Jes 66,20f.). Die Zeit nach diesem Völkergericht beinhaltet dann die regelmäßige Verehrung JHWHs. Der Völkerzug geht hier über die früheren Texte insoweit hinaus, als er in der Teilnahme der dem Völkergericht Entronnen am Kult JHWHs in Jerusalem resultiert.

3.2. Sach 14

Sach 14 ist ein komplexer Text mit einer im Einzelnen kaum noch zu eruierenden Entstehungsgeschichte. Man kann ihn als aspektivische Darstellung (Schwesig) der Ereignisse des einen JHWH-Tages verstehen. Verschiedene Aspekte der Zionstheologie sowie des Königtums JHWHs werden genannt, jedoch wird der Zion gerade nicht Wohn- oder Thronsitz JHWHs genannt. Ähnlich wie in Jes 2,2-5 // Mi 4,1-5 geht der Tag mit geographischen Veränderungen einher, nun ist es aber nicht der Zion, der sich ändert, sondern die Umgebung.

Es wird sowohl bei den Einwohnern von Jerusalem (die offensichtlich für das ganze Gottesvolk stehen) als auch bei den Völkern Gericht gehalten, die zum Krieg von JHWH selbst versammelt wurden. Die Wendung zugunsten des Zion, die man nach Ps 46 oder Ps 48 vor der Einnahme der Stadt erwartet hätte, findet hier jedoch erst danach statt (Wanke, 78). Bei den Völkern gibt es selbst nach dem Gericht neben Verehrern JHWHs auch Abtrünnige (Beck).

JHWH erscheint hier als universaler Weltenkönig, gleichzeitig wird Jerusalem mit dem in ihm entspringendem Paradiesesstrom zur sicheren Gottesstadt und zum Zentrum der JHWH-Verehrung (Beck). Anders als in Mi 4,5, wo jedes Volk noch im Namen seines Gottes wandelt, wird nun nur noch JHWHs Name angerufen (Sach 14,9). So wird durch das Gericht an Jerusalem wie an den Völkern eine neue Zeit eingeläutet, die durch die freiwillige Wallfahrt nach Jerusalem und die gemeinschaftliche Feier des → Sukkotfestes geprägt ist. Der Segen des Sukkotfestes, das Wasser, wird allen Völkern von JHWH zuteil.

Über die Vorstellung des dem Gericht entronnenen Restes sind Völkersturm, Völkergericht und Völkerwallfahrt zeitlich und systematisch miteinander verbunden (Gärtner), zugleich wird die Völkerwallfahrt als Ereignis des JHWH-Tages qualifiziert (Biberger), wodurch dieser neu geprägt wird.

In Jo 4 oder Sach 12 war eine positive Zukunft für die Völker nicht abzusehen. Umgekehrt fallen nun alle Völker unter das Gericht, während es in Sach 2 nur die an JHWH schuldig gewordenen Völker waren. Für die Teilnahme am Kult bedürfen sie auch nicht mehr der Vermittlung durch die Judäer wie in Sach 8,23.

Jes 66 und Sach 14 gemeinsam ist, dass am Ende nach dem Völkergericht die diesem Gericht Entronnen JHWH gemeinsam in Jerusalem kultisch verehren.

4. Spätere Rezeption

4.1. Neues Testament

In verschiedenen Stellen des Neuen Testaments lassen sich motivische Anspielungen an die Völkerwallfahrt erkennen, auch wenn es keine erzählerische Ausgestaltung gibt und das eigentliche Wallfahrtsmotiv nicht immer deutlich ist. Apg 2,1-13 ist im strengen Sinn keine Wallfahrtsdarstellung, wird aber häufig in Verbindung mit der Völkerwallfahrt gesehen (Sedlmeier). Oberflächliche Anspielungen finden sich in den Texten Mt 8,11f. // Lk 13,28f, Röm 11,25f. und Hebr 12,22 (Sänger), wobei hier das himmlische Reich angesprochen ist (Mt 8,11f.) oder der Zion sich gleich auf das himmlische Jerusalem bezieht (Hebr 12,22). Die Darstellung des himmlischen Jerusalem in Apk 21f. weist ebenfalls verschiedene motivische Anspielungen z.B. an Sach 14 oder Jes 60 auf. Auch die Huldigung (προσκυνῆσαι proskynēsai) der Sterndeuter aus dem Osten (Mt 2,1-12) kann man als Aufgreifen des Völkerwallfahrtsmotivs verstehen, worauf etwa die Gaben Gold und Weihrauch deuten (vgl. Jes 60,6).

4.2. Darstellende Kunst

Gerade diese Szene der Anbetung der drei Weisen (Adoratio Magi) wird in den bildlichen Darstellungen häufig mit weiteren Elementen der Völkerwallfahrt ausgestattet. So wird die Szenerie beispielsweise mit Kamelen, einer Vielzahl von Menschen, Bergen oder gar Schiffen angereichert (vgl. z.B. die Adoratio Magi von Domenico Ghirlandaio; Ghirlandaio zeigt auch bei der Anbetung durch die Hirten einen Völkerzug).

Die in manchen Werken abgebildeten dunkelhäutigen Könige kann man als Reminiszenz an die Erwähnungen von Kusch in den alttestamentlichen Texten sehen (auch wenn sie von der Vorstellung der Dreiteilung der Welt: Europa – Asien – Afrika abgeleitet ist).

In der Friedensbewegung fand das Motiv der → „Schwerter zu Pflugscharen“ Aufnahme.

5. Literaturangaben

5.1. Lexika

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  • Berges, U.. 2000, Die Zionstheologie des Buches Jesaja, EstB 58, 167-198
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Abbildungsverzeichnis

  • Die Völker – hier die Äthiopier (Kusch) – bringen dem persischen König ihre Gaben (Persepolis; 6. Jh.). Aus: Flickr from Yahoo; © A.Davey, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-2.0 us-amerikanisch
  • Die Anbetung durch die drei Weisen aus dem Morgenland (Domenico Ghirlandaio, 1485-1488).
  • Caspar und Baltasar (rechts) von den Heiligen Drei Königen aus dem Morgenland in einer Reihe mit Ausländern und Königen als ihren alttestamentlichen Vorläufern: Hiob, Königin von Saba, Hiskia (Nordeingang im Westportal des Kölner Doms). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)

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