Aussendung / Mission / Apostel
(erstellt: Oktober 2012)
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1. ‚Mission‘ im Judentum und bei Jesus
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Harnacks These vom Judentum als einer Bewegung, die sich durch Proselytenmission ausgezeichnete, widersprochen (vgl. Hahn 1965, 20; 1974; Nock 1972, 929; vgl. auch Lietaert Peerbolte 2003, 3-4) und bestritten, dass je eine zielgerichtete Heidenmission betrieben wurde (vgl. McKnight 1991, 116-117; Ware 2011, 155). Goodman hat darüber hinaus in seiner Untersuchung des Phänomens der Mission im Kontext des antiken Judentums und der paganen Kulturen des römischen Reiches Typen der Mission benannt, die er als „non-proselytising mission“ bezeichnet: (1) informative mission – die Verkündigung einer bestimmten Botschaft; (2) moral mission – die Überzeugung der Zielgruppe auf der Ebene der Moral; und (3) apologetic mission – in deren Kontext die Sprecher darauf abzielen, dem Publikum die Macht einer spezifischen Gottheit deutlich zu machen. Gegenüber diesen nicht auf Konversion zielenden Formen der Mission führt Goodman (4) auch die konvertierende Mission an, die sich explizit zum Ziel setzt, Konvertiten zu gewinnen, die vollständig zum neuen Glauben übertreten, der Glaubensgruppe beitreten und nach den Werten der neuen Gruppe leben (vgl. Goodman 1994; ferner Lietaert Peerbolte 2003, 5).
Wenn das Judentum somit nicht primär auf Konversion zielte, musste die Frage nach dem Auslöser der frühchristlichen Heidenmission neu gestellt werden, die in den neutestamentlichen Texten deutlich hervortritt (vgl. Röm 1,5
Eine explizite Auseinandersetzung mit der Heidenmission scheint auch das Matthäusevangelium widerzuspiegeln. In Mt 10
2. Begriffliche Differenzierungen im Neuen Testament: ἀποστέλλω und πέμπω
Man kann die Rede von religiöser Aussendung im Neuen Testament in eine horizontale und eine vertikale Ebene unterteilen: Zum einen hat Gott seinen Sohn oder auch → Johannes den Täufer
Hier leuchtet zugleich die Vorstellung von Sendungsinstitutionen der menschlichen Gemeinschaft hervor, die dann auf den religiösen Bereich übertragen wurden (dazu Zimmermann 2004, 185-189). So stand im jüdisch-rabbinischen „שָׁלִיחַ (Schaliach)-Institut“ (vgl. Rengstorf 1933) die Legitimität des Gesandten im Vordergrund, während im griechisch-römischen Botenwesen (dazu Bash 1997) der Gesandte als Repräsentant des Sendenden Angebote, Bitten und Anfragen an die Empfänger übermittelte. Daneben war die Vorstellung einer göttlichen Sendung auch als wichtiges Element eines echten Kynismus betrachtet worden (vgl. Antisthenes θεῖος ἂνηρωπος, theios anērōpos).
Im Neuen Testament werden zwei unterschiedliche Termini für die „Aussendung“ im religiösen Sinn verwendet, nämlich ἀποστέλλω (apostellō) und πέμπω (pempō). Es wurde immer wieder diskutiert, ob es einen Bedeutungsunterschied zwischen beiden Begriffen gibt. Nach Rengstorf bezeichnet schon in der LXX ἀποστέλλειν (apostellein) die Aussendung durch Gott, während πέμπειν (pempein) für menschliche Aussendungsformen steht (Rengstorf 1933, 400-402). Lukas scheint die Begriffe jedoch synonym zu verwenden (Rengstorf 1933, 402; vgl. z.B. οί πεμφθέντες (oi pemphthentes), diejenigen, die von Kapernaum gesandt wurden, in Lk 7,10
3. Apostel als diejenigen, die gesendet werden
3.1 Die Apostel als bevollmächtigte Stellvertreter
Die Bezeichnung ,Apostel‘ bezeichnet im Neuen Testament Personen (Hahn 1974), die in der Vollmacht Christi und mit der entsprechenden Autorität zur Verkündigung des Evangeliums ausgesandt werden (Frey 2004), und korrespondiert mit dem jüdischen Konzept des שָׁלִיחַ (bevollmächtigter Stellvertreter des Senders). Dies wird z.B. in Joh 13,14-17
In Hebr 3,2
3.2 Die zwölf Jünger als Apostel in den Evangelien und der Apostelgeschichte
Wie aus den Evangelien und der Apg klar hervorgeht (vgl. Mt 10,2-4
Im nachösterlichen Kontext beginnt mit Pfingsten eine neue Phase der apostolischen Sendung – von nun an werden die → Apostel
Hier zeichnet sich eine Entwicklung der Missionsdimension in der frühen Kirche ab, die sich von der Beschränkung des Apostolats auf bestimmte, ausgewählte → Jünger
3.3 Paulus als Apostel
Mit der Zeit wurde das Konzept des Apostolats nicht mehr nur auf den Zwölferkreis oder den inneren Kreis der direkten Jesusnachfolger bezogen; dies zeigt sich v.a. im Kontext der Missionsarbeit des Paulus (Apg 14,4
3.4 Frauen als Apostel
Ein bedeutender Unterschied zwischen dem jüdischen Konzept des Schaliach (שָׁלִיחַ) und dem neutestamentlichen Konzept des ἀποστόλος (Apostolos) besteht darin, dass der rechtliche Terminus Schaliach denjenigen bezeichnet, der den Sender rechtlich repräsentiert. Frauen hatten eine eingeschränkte legale Kompetenz und konnten nicht als Zeugen agieren (vgl. Sifre Deuteronomium 190 zu 19:17) (Rengstorf 1933, 432-433). Im Neuen Testament jedoch kann belegt werden, dass Frauen eine wichtige Rolle in der Mission spielten (vgl. Joh 4,1-42
Das Wesen der Kirche ist missionarisch, in Barretts Worten (1970, 91) „[The] church is not apostolic if it is not apostolic – that is, if it does not enter into the mission that the Lord entrusts to his people… [I]t is the church as a whole that has inherited the commission“ (vgl. auch Plummer 2006, 41). Daher sollte immer an die Worte Jesu erinnert werden: „Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich Euch“ (Joh 20,21
Literaturverzeichnis
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