Deutsche Bibelgesellschaft

Johannes 8,12 | Tag der Darstellung Jesu im Tempel (Lichtmess) | 02.02.2025

Einführung in das Johannesevangelium

Das Johannesevangelium ist wie ein Fluss, in dem ein Kind waten und ein Elefant schwimmen kann.

Robert Kysar

Das Evangelium „nach Johannes" ist das tiefgründigste und theologisch wie kulturgeschichtlich wirkungsvollste der kanonischen Evangelien. Es unterscheidet sich in Stoff, narrativer Gestalt, Sprache und Theologie signifikant von den Synoptikern. Die Erklärung dieser Besonderheiten sowie die Frage nach seinen Quellen und seinem historischen und theologischen Wert gehören zu den schwierigsten und umstrittensten Fragen der Forschung.

Joh ist wie Mk eine kerygmatische Erzählung vom Wirken, Sterben und Auferstehen Jesu, d.h. ein Evangelium. Es ist programmatisch aus nachösterlicher Perspektive gestaltet, aus der durch den Geist gewirkten „Erinnerung“ (Joh 2,22; 12,16), und es trägt diese Perspektive bewusst in die Erzählung der Geschichte Jesu und seines Todes (19,30), so dass alle Einzel-Episoden schon im Licht des Ganzen des Christusgeschehens, im ‚österlichen Glanz‘, zu lesen sind.

Joh enthält eigentümliche Stoffe (Prolog, Abschiedsreden, ausgedehnte Reden und Dialoge Jesu mit Nikodemus, der Samaritanerin oder Pilatus), Erzählungen wie das Weinwunder (Joh 2), Lazarus (Joh 11), die Fußwaschung (Joh 13). Wichtige synoptische Stoffe (z.B. Geburtsgeschichten, Gleichnisse, Bergpredigt, Endzeitrede) fehlen. Die Tempelreinigung (Joh 2,13-22) ist aus dem Passionskontext an den Anfang umgestellt, der Todesbeschluss des Hohen Rates (Joh 11,45-54) erfolgt ebenfalls schon vor der Passion als Antwort auf die Lazarus-Erweckung. Dies weist auf eine bewusste Umgestaltung der älteren Jesusüberlieferung hin, die auch geschichtliche Sachverhalte in großer Freiheit anders erzählt. Dies zeigt sich auch in der anderen Sprache Jesu, die im Grunde die Sprache aller anderen Figuren und des Autors ist. D.h., auch in Jesu Worten und Reden spricht faktisch der joh Autor.

1. Verfasser

Das „Evangelium nach Johannes“ ist wie alle kanonischen Evangelien anonym überliefert. Die Überschrift ist im 2. Jh. nachgetragen. Traditionell wurde es ab dem späten 2. Jh. dem Apostel und Zebedaiden Johannes zugeschrieben, der mit der Figur des „Jüngers, den Jesus liebte“ (Joh 13,23) identifiziert wurde. Diese Zuschreibung ist erklärlich, weil man diesen ‚Lieblingsjünger‘ (LJ) mit dem ‚unbekannten‘ zweiten Jünger aus Joh 1,35-40 identifiziert hat und (aufgrund von Mk 1,16-20 oder Apg 3-5) in diesem den Zebedaiden Johannes sah. So ‚wurde‘ der LJ zum Augenzeugen der ganzen Erzählung und das Evangelium bekam ‚apostolische‘ Würden. Nach der Johanneslegende (bei Irenäus u.a.) soll dieser Johannes als Greis sein Werk in Ephesus in Kleinasien geschrieben haben, nach Clemens v. Alex. ist es als „geistliches“ Evangelium in Ergänzung und Vertiefung zu den drei eher „leiblichen“ Erzählungen der Synoptiker abgefasst.

Aufgrund von Stoff, Sprache und erzählerischer Gestalt ist allerdings höchst unwahrscheinlich, dass der galiläische Fischer im hohen Alter das Werk verfasst hat. Und selbst wenn er der Autor wäre, wäre schwer erklärlich, warum es sich von der älteren Tradition so unterscheidet.

Nur das wohl als ‚Nachtrag‘ angefügte Kapitel 21 führt die Abfassung auf den LJ zurück, in Joh 1-20 ist dieser zwar an wenigen Stellen ab dem letzten Mahl (13,23; 19,25-27; 20,1-10) Petrus an die Seite gestellt, doch eher als ‚ideale Figur‘, die Jesus näher ist und ihn besser versteht. Der eigentliche „Autor“ ist in Joh 1-20 der „erinnernde“ Geist (Joh 14,25f). Wenn hinter dem LJ auch eine ‚reale‘ Figur im Umkreis der joh Gemeinden stand (wie 21,22f nahelegt), ist fraglich, ob dieser mit einer bekannten Gestalt zu identifizieren ist. Das Joh wäre in dann Fall posthum von Schülern (21,24f) herausgegeben. Wenn der Autor des Joh mit dem von 1-3Joh identisch ist, wäre der autoritativ schreibende „Presbyteros“ aus 2Joh 1; 3Joh 1 am ehesten mit dem bei Papias von Hierapolis (Eus., h.e. 3,39,4) als Traditionsträger in der Asia erwähnten „Presbyteros Johannes“ zu identifizieren. Die spätere Zuschreibung an den Zebedaiden wäre dann in einer Verwechslung oder eher intentionalen Überblendung der Namen erfolgt.

Schriftzitate und Anspielungen belegen eine gute Kenntnis des AT, das aber höchst selektiv benutzt wird. Analog ist auch für die übrigen Traditionen eine sehr eigenständige Verwendung anzunehmen. Nichts ist nur ‚abgeschrieben‘, Joh 20,30f bezeugt eine bewusste Auswahl des Autors aus den ihm verfügbaren Stoffen. Daraus folgt aber: Die Eigenständigkeit in Stoff und literarischer Ausgestaltung belegt keine ‚Unabhängigkeit‘ von der synoptischen Tradition. Jede Rekonstruktion schriftlicher Quellen (z.B. einer ‚Semeia‘-Quelle mit Wundergeschichten oder eines eigenen Passionsberichtes) ist m.E. unmöglich, doch sind neben den Synoptikern (v.a. Mk) mündliche und schriftliche Gemeindetraditionen anzunehmen, die aber alle eigenständig umgestaltet sind. Der Autor kennt das Mk (wie z.B. die Anspielungen auf die Gethsemane-Episode in 12,27f; 14,31 und 18,11 zeigen) und setzt die Kenntnis auch bei seinen Lesern voraus (s. 3,24), evtl. kennt er auch Lk oder Stoffe daraus, eine Kenntnis des Mt ist nicht zu belegen. Er ist gleichfalls vertraut mit jüdischen Bräuchen und wohl auch mit Gegebenheiten in Jerusalem. Vielleicht ist er ursprünglich ein Palästiner, der dann im Zuge des jüdischen Krieges nach Kleinasien kam.

2. Adressaten

Das Joh ist wohl in Gemeindekreisen entstanden, die auch in 1-3Joh greifbar sind. Diese Gemeinden (oder die ‚Joh. Schule‘) in Kleinasien sind erst im letzten Drittel des 1. Jh. greifbar, sie hatten eigene Traditionen, aber nahmen auch synoptische und paulinische Motive auf. Ein Teil der joh Christusgläubigen entstammte wohl der Diasporasynagoge, und die traumatischen Spuren einer erfolgten Trennung (aposynagogos: Joh 9,22; 12,42; 16,2) sind wahrnehmbar, hingegen waren andere wohl Nichtjuden („Griechen": Joh 7,35; 12,20). Der Kontext steht also ein Verband ‚gemischter‘ Gemeinden, wohl im urbanen Raum, in dem neben diesen joh Christusgläubigen auch anders geprägte Gruppen koexistierten (z.B. Apk, Eph, Pastoralbriefe).

Nach den Abschiedsreden erscheinen die Adressaten selbst verunsichert ‚in der Welt‘, so dass Jesu Wort und das ganze Joh im Durchgang durch die Geschichte Jesu eine Antwort darauf bietet. Zugleich ist das Joh nicht nur als konkretes Wort an einen begrenzten, gar ‚sektiererisch‘ abgeschlossenen Gemeindekreis zu lesen, vielmehr zielt es auch auf Lesende in einem weiteren Rahmen, ja auf die Welt der Bücher, wenn es in 1,1 die Genesis überbietend aufnimmt und in 21,25 mit einem Hinweis auf viele Bücher endet.

3. Entstehungsort

Die Herausgabe des Evangeliums wird seit der altkirchlichen Tradition in Ephesus angesetzt. Dies ist im Joh und den drei Briefen nicht positiv zu belegen, und sachlich wäre jeder urbane Kontext im östlichen Mittelmeerraum denkbar, doch weist das frühe Zeugnis des Papias von Hierapolis, Polykarp u.a. auf den Raum Kleinasiens, ebenso die frühe Verbindung mit der dort situierten Apokalypse. Andere Vorschläge (Alexandrien wegen der Rede vom Logos; Syrien wegen vermeintlicher Nähe zu gnostischen Traditionen; Ostjordanland wegen der Bedeutung der ‚Juden‘) sind ebensowenig zu belegen. Kleinasien bleibt die wahrscheinlichste Option.

4. Wichtige Themen

Wichtige Themen der exegetischen Interpretation sind die hohe Christologie: Jesus ist der eine Offenbarer Gottes, ja er ist ‚Gott‘. Er gibt Leben, gibt den Geist. Sein Tod ist ‚Vollendung‘ der Schrift und des Willens Gottes (19,30), seine Sendung (ans Kreuz) der Erweis der ‚Liebe‘ Gottes zur Welt (3,16). Auffällig ist die ‚Vergegenwärtigung‘ der Eschatologie: Das ‚ewige Leben‘ ist schon jetzt im Glauben gegeben (5,24), das Gericht ergeht jetzt in der Begegnung mit Jesus (3,18). Zentrale Bedeutung hat der Geist, der als ‚Beistand‘ (Paraklet) der nachösterlichen Gemeinde diese begleitet, erinnert und zum Zeugnis befähigt. Joh entwickelt eine Art, von Vater, Sohn und Geist in personaler Unterscheidung zu reden, die bereits in die Richtung der späteren Trinitätslehre führt. Das alles wird in Bezug auf die Schriften Israels entfaltet, die nach Joh sämtlich von Jesus zeugen. Daher beansprucht der joh Jesus Exklusivität als Offenbarer (1,18; 14,6), während alle anderen Wege, auch der der nicht an Jesus glaubenden Schüler Moses (9,28) nicht „zum Vater“ führen. Die schroffe antijüdische Polemik ist z.T. Ertrag der schmerzhaften Trennungs- und Identitätsbildungsprozesse. Für die Gemeinde ergibt sich daraus eine innere Trennung von der ‚Welt‘, der mit einer (Familien-)Ethik der (nicht nur, aber vorrangig) auf die eigene Gruppe gerichteten Liebe begegnet wird.

5. Besonderheiten

Das Joh will, dass seine Leser:innen besser und tiefer verstehen. Diesem Ziel dient die literarische Ausgestaltung durch ein eine Vielzahl literarischer Gestaltungsmittel: die Vor-Information durch den Prolog lässt die Leserschaft stets ‚wissender‘ sein als die textlichen Figuren, deren ‚dumme‘ Fragen oft Verwunderung auslösen. Die Wundergeschichten sind durch textliche Verweise so ausgestaltet, dass sie nie nur als Bericht eines vergangenen Ereignisses gelesen werden können, sondern stets auf das Ganze des Heilsgeschehens bezogen sind. Explizite und implizite Erzählerkommentare und Erläuterungen lenken den Blick auf textliche und theologische Bezüge. Narrative Figuren bieten Identifikationsangebote und provozieren durch ihre Ambivalenz zur Stellungnahme. Miteinander vernetzte, z.T. breit symbolisch ausgestaltete Metaphern (wie Wasser, Brot, Hirte, Weinstock, aber auch Geburt, Familie, Tempel, Garten) verstärken das Wirkungspotential des Textes und laden die Lesenden ein, ihn „zu bewohnen“ (Ricœur). Als subtiler literarischer Text spiegelt das Joh nicht nur die hohe Kunst seines Autors, sondern wurde selbst zur Weltliteratur.

Literatur:

  • Meyers KEK: Jean Zumstein, Das Johannesevangelium, Göttingen 2016; C.K:Barrett, Das Evangelium nach Johannes, Üs. H. Balz (KEK Sonderband), Göttingen 1991.
  • Martin Hengel, Die johanneische Frage, WUNT 67, Tübingen 1993.
  • Jörg Frey, Die Herrlichkeit des Gekreuzigten. Studien zu den johanneischen Schriften 1, WUNT 307, Tübingen 2013: https://www.mohrsiebeck.com/buch/die-herrlichkeit-des-gekreuzigten-9783161527968?no_cache=1
  • Francis Moloney, The Gospel According to John, Sacra Pagina 4, Collegeville MN 1998; Marianne Meye Thompson, John: A Commentary, NTL, Louisville KN 2015.

A) Exegese kompakt: Johannes 8,12

Das Licht-Wort Jesu, aus seinem Kontext isoliert, verspricht ein strahlendes Geschenk. Jesus sagt sich selbst zu und damit Orientierung auf dem Weg und Hoffnung trotz aller Dunkelheit.

12Πάλιν οὖν αὐτοῖς ἐλάλησεν ὁ Ἰησοῦς λέγων· ἐγώ εἰμι τὸ φῶς τοῦ κόσμου· ὁ ἀκολουθῶν ἐμοὶ οὐ μὴ περιπατήσῃ ἐν τῇ σκοτίᾳ, ἀλλ’ ἕξει τὸ φῶς τῆς ζωῆς.

Johannes 8:12NA28Bibelstelle anzeigen

Übersetzung

Da redete Jesus wieder zu ihnen: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird gewiss nicht in der Finsternis herumgehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

1. Fragen und Hilfen zur Übersetzung

τὸ φῶς τοῦ κόσμου: „Licht der Welt“ = Licht für die Welt

οὐ μὴ περιπατήσῃ: entschiedene Negation „der wird gewiss nicht herumgehen…“

τὸ φῶς τῆς ζωῆς: „Licht des Lebens“ = Licht für das Leben

2. Literarische Gestaltung

Der Spruch ist eine der für Joh typischen metaphorischen Ich-bin-Aussagen der Form „Ich bin“ + Metapher + Konditionalsatz. Die Sprachform ἐγώ εἰμι begegnet bei Joh (mit einer Ausnahme in 9,9) nur im Mund Jesu und ist vor ihrem ersten Vorkommen (4,26) schon durch verwandte Worte anderer (1,20–21: „Ich bin nicht“; 1:30,32f: „Dieser ist“; 1:49: „Du bist“) vorbereitet. Sie ist die konzentrierteste Form der Selbstpräsentation Jesu und charakteristisch für Jesu besondere Diktion im Joh. Dabei gibt es drei Formen:

  1. 1.die ‚absoluten‘ Ich-bin-Aussagen (Joh 8,24.28.58; 13,19), die das „Ich bin JHWH“ oder „Ich bin es“ der atl.  Gottesrede aufnehmen,
  2. 2.die identifikatorischen Ich-bin-Aussagen (Joh 4,26; 6,20; 18,5–8), in denen sich Jesus als Messias oder er selbst identifiziert), und
  3. 3.die metaphorischen Ich-bin-Worte wie „Ich bin das Brot / das Licht / die Tür / der Hirte / der Weg / der Weinstock, z.T. erweitert mit Adjektiven wie „lebendig“, „wahr“ und in 6,35; 11,25 und 14,6 mit dem Prädikat „Leben“.

Diese metaphorischen Ich-bin-Worte verbinden die atl. Selbstoffenbarungsformel mit einer allgemein zugänglichen Metapher. Jesus präsentiert sich in verständlichen Bildern, die vor dem Hintergrund biblischer Traditionen (am deutlichsten Manna / Brot) Profil gewinnen. Zugleich ist der Sachgehalt der Metapher in exklusiver Weise auf Jesus bezogen: Er ist das wahre Brot, der gute Hirte – auch das wahre Licht, das mehr vermag als eine Lampe oder die Sonne, nämlich das Leben zu erleuchten, ja zum Leben zu führen. Hermeneutisch geschickt sind hier breite Verständlichkeit und christologische Fokussierung verbunden. Dies macht die joh Ich-bin-Worte so wirkungsvoll und vielfältig ansprechend – bis heute.

Das Licht-Wort ist klar aufgebaut: Auf die Selbstpräsentation mit der Metapher „Licht der Welt“ folgt ein Satz, der die soteriologische Konsequenz formuliert. Dieser ist zweigliedrig: Nach einer bedingt formulierten Einladung mit einem substantivierten Partizip: „Wer (immer) mir nachfolgt,“ wird im Nachsatz eine Verheißung formuliert, ebenfalls zweigliedrig, erst negativ, dann positiv. Mit dem Verheißungsgut „Licht des Lebens“ wird das Wort inkludierend abgerundet.

3. Literarischer Kontext und historische Einordnung

Kap. 7–8 bietet eine Szenenfolge, in der Jesus zunächst im Verborgenen zum Laubhüttenfest (Sukkot) nach Jerusalem zieht und sich dort offenbart. Sukkot ist das Wallfahrtsfest im Herbst, von eschatologischer Festfreude geprägt. Vielerlei Gruppen reagieren dort auf ihn, positiv und negativ, die Hörerschaft ist gespalten, aber die Autoritäten (die Ἰουδαῖοι) trachten ihm nach dem Leben. Die Dramaturgie des Textes zielt auf die schärfste Kontroverse mit den Autoritäten, die Jesus am Ende steinigen wollen, was aber nicht gelingt, weil seine Stunde noch nicht da ist. In diesem Rahmen begegnen zwei Einladungsworte Jesu, der am letzten Tag des Festes im Tempelbezirk lehrt: 7,37–38a zum Trinken des lebendigen Wassers und 8,12 zu ihm selbst als Licht der Welt. Beide sind auf Riten des Festes bezogen. 7,37 weist auf den täglichen Ritus, in dem Wasser am Teich Siloah geschöpft und im Tempelbezirk in große Schalen gegossen wurde, von wo es auf den Altar floss (Mischna Sukka 4). Das Wasser war Symbol des eschatologischen Heils, des Tempelstroms (Ez 47; Sach 14,8). Joh 8,12 bezieht sich auf den in den Nächten von vier großen Menorah-Leuchtern erhellten Frauenvorhof, in dem Festfreude die ganze Nacht währte (Mischna Sukka 5). Die joh Worte nehmen Inhalte des Sukkot-Festes auf und beziehen sie auf Jesus: Er ist es, der den Durst nach Leben endgültig stillt. Er ist es, der das Leben wirklich und endgültig erhellt.

Licht ist eine allgemein zugängliche Wirklichkeit. Jeder Mensch in der antiken Welt wusste um seine Bedeutung: Mit dem Sonnenaufgang endet die Nacht. Licht bringt Orientierung auf dem Weg, hat mit Erkenntnis und gutem Handeln zu tun; Finsternis hingegen mit Chaos, Unwissen und bösen Taten.

Im AT ist Licht vielfältig konnotiert:

  1. 1.Licht beseitigt das Chaos (Gen 1,2–5); die Himmelskörper teilen die Zeit ein (Gen 1,18)
  2. 2.Quelle des Lichts ist Gott: „Bei dir ist die Quelle des Lebens; in deinem Licht, sehen wir das Licht“ (Ps 36,10). Sein Licht soll die Frommen leiten (Ps 43,3); in ihm sollen sie wandeln (Jes 2,5; Ps 4,7; 89,16). Gottes Hilfe kommt am Morgen (Ps 46,6; 143,8), ist „alle Morgen neu“ (Klgl 3,22); das Aufstrahlen ist die hilfreiche Zuwendung JHWHs (Jes 9,1). Gott selbst ist in Lichtglanz (כָּבוֹד) gehüllt, und in der Heilszeit wird er selbst das Licht sein (Jes 60,19f.).
  3. 3.Licht ist die Tora, die Weisung Gottes (Ps 119,105; Prov 6,23), sie bietet Lebensorientierung und impliziert eine soteriologische Qualität. „Im Licht wandeln“ ist Wohlergehen (Ps 43,3; Spr 4,18). Während Finsternis mit Frevel und Bedrohung assoziiert ist, werden Befreiung und Heil mit Licht verbunden (Ps 18,29; Jes 60,2; Ps 56,14).
  4. 4.Licht der Völker ist der Gottesknecht (Jes 42,6, 49,6), der Messias, nach Henochs Bilderreden der Menschensohn (1 Hen 48,4). 

Auch die Entgegensetzung zur Finsternis ist breit belegt. Die Antithese findet sich im Dualismus von Qumran (Söhne des Lichts vs. Söhne der Finsternis). „Licht der Welt“ (1QS III 7), „Licht des Lebens“ und „Wandeln in der Finsternis“ (1QS III 21; IV 11) begegnen in Qumran, ohne dass eine Abhängigkeit des Joh bestehen dürfe. Ein Übergang „von der Finsternis zum Licht, vom Irrtum zur Wahrheit und vom Tod zum Leben“ wird im Bekehrungsgebet der ägyptischen Priestertochter Aseneth in dem hell.-jüd. Roman Joseph und Aseneth (8,9) formuliert. Hier zeigt sich die Sprache der jüdischen und auch frühchristlichen Mission, die Menschen aus der paganen Welt zum Licht des einen und wahren Gottes – und so auch zu Jesus als dem Licht rief.

In 1 Joh 1,5 ist Gott „Licht“: Licht und Finsternis kennzeichnen entsprechendes ethisches Verhalten. Im Evangelium ist die Licht-Prädikation hingegen streng auf Jesus bezogen. Das Licht ist in die Finsternis gekommen (3,19; 12,46). Es „scheint in der Finsternis“, und die Finsternis konnte es nicht auslöschen (1,5). Das Licht-Wort Joh 8,12 wird in der Heilung des blind Geborenen aufgenommen (9,5) und veranschaulicht: Sehend werden ist ein Bild des zum Glauben Kommens, der Erkenntnis, wer Jesus ist, aber auch der Erhellung des eigenen Lebens. 12,46 wird es erneut aufgenommen: Jesus ist „als Licht in die Welt gekommen“, damit die Glaubenden „nicht in der Finsternis bleiben“ (12,46), sondern „Kinder des Lichts“ werden (12,36).

4. Schwerpunkte der Interpretation

Das Licht-Wort ist universal, Jesu Einladung gilt allen (vgl. 12,32). Ohne Einschränkung.

Das Licht-Wort ist reines Evangelium, es verspricht ein Geschenk. Auch die konditionale Struktur des Wortes verdunkelt dies nicht. Nachfolge bzw. Glaube ist nicht „Bedingung“ dafür, dass ein Lichtschalter angeknipst wird – es ist die Art und Weise, das Licht wahrzunehmen, quasi den Fensterladen zu öffnen und das Licht hereinstrahlen zu lassen.

Nach joh. Überzeugung tappen die Menschen im Dunkeln, wenn ihnen dieses göttliche Licht nicht scheint. Durch dieses Licht haben sie Orientierung, ihr Weg ist erhellt, und das Licht Christi geleitet sie zum vollen, göttlichen, „ewigen“ Leben. Das Futur zielt nicht auf eine ferne Zukunft nach dem Tod. Das „ewige“ Leben wird jetzt gegeben, und die Glaubenden können sich dessen gewiss sein, auch durch den leiblichen Tod hindurch (11,25f.).

Systematische Fragen stellen sich angesichts der steilen joh Offenbarungstheologie: nach dem Verhältnis dieses Lichts zum Licht der Natur, der Vernunft oder anderer Religionen. Aber sollte eine Predigt über 8,12 diese Problematik ansprechen und die Zusage eines Geschenks zerreden?

Eine Profilierung könnte durch andere frühchristliche Texte erfolgen:

  1. 1.Das apokryphe Thomasevangelium (2. Jh.) kennt ein Lichtwort: Log. 77: „Jesus spricht: Ich bin das Licht, das über allem ist. Ich bin das All. Aus mir ist das All hervorgegangen, und zu mir ist das All gelangt. Spaltet ein Holz – ich bin da. Hebt den Stein auf, und ihr werdet mich dort finden.“ Wenn EvThom das Joh kennt, dann ist hier die christologische Zuspitzung zu einem panentheistischen Verständnis reduziert. Solches Licht ist überall – aber dann auch nirgends. Es wird belanglos. Was unter  jedem Stein zu finden ist, ist nicht Offenbarung oder „ewiges Leben“ – allenfalls ein Zeichen der Güte des Schöpfergottes, auf den Jesus verweist. Dass Jesus (und nicht andere Heilsversprechungen oder Heilsbringer), das eine, wahre Licht ist, lässt sich nicht unter Ausblendung seiner Geschichte, seiner Sendung und seines Weges in die Tiefe der menschlichen Existenz, in den Tod, begründen.
  2. 2.Nach Mt 5,14 sind auch Jesu Jünger „Licht der Welt“ – doch besteht wohl zwischen diesem mt und dem joh Wort keine Abhängigkeit. Im joh Wort geht es nicht um ethische imitatio Christi, nicht darum, nun auch das eigne Licht scheinen zu lassen (obwohl Joh diese Denkfigur z.B. hinsichtlich des Liebesgebots kennt), sondern zunächst um durch Christus geschenkte Erhellung des eigenen Lebens.
  3. 3.Joh 3,20f. skizziert mögliche Reaktionen auf das in Christus gekommene Licht. Wer das Licht scheut, mag sich in den Schatten zurückziehen. Angebrachter ist, ans Licht zu treten und zu sehen, was da zutage tritt. Hier werden ‚Werke‘ genannt, die ‚in Gott getan‘ sind. Im Licht Christi ist die Gelegenheit, Gutes zu erkennen und darüber dankbar zu werden.

5. Von der Exegese zur Predigt

Wenn das Wort an Lichtmess gepredigt wird – falls an diesem Tag ein Gottesdienst stattfindet – dann ist die jahreszeitliche Erfahrung nahe, dass es wieder heller wird, die ganz dunkle Zeit dem Ende zu geht. Das Aufgehen der Sonne am Morgen ist aber eine universal zugängliche Erfahrung. Mit Licht wird Positives verbunden, Klarheit, richtiges Handeln, Hoffnung. So kann das Wort zu allen Zeiten dazu dienen, solche Erfahrungen abzurufen. Es ist aus seinem Kontext isolierbar, steht für sich. Gleichzeitig steckt in der Begegnung mit Jesus als Licht der Welt mehr als eine alltägliche Lichterfahrung. Christus steht nicht bloß dafür ein, dass die Tage irgendwann und allmählich wieder länger werden, sondern dafür, dass zum Zeitpunkt der tiefsten Finsternis Licht erstrahlt. Das Wort zielt nicht auf philosophische Diskussion, sondern auf existenzielle Rezeption. Die Predigt kann die Metaphorik des Lichtes aufnehmen und vor den Ohren und Augen der Hörer:innen aufstrahlen lassen.

B) Praktisch-theologische Resonanzen

1. Persönliche Resonanzen

Mit der christologischen Fokussierung der Lichtmetapher, so zeigt mir die Exegese, wird ein gewöhnliches Alltagsphänomen zum Vehikel einer außerordentlichen Befreiungsbotschaft: Christus hat dich dem Todesdunkel enthoben und dir das Licht des Lebens auf den Leib geschnitten. Die breite Verständlichkeit der Lichtmetapher, auch der hohe Gebrauchswert der joh. Ich-Bin-Worte birgt gleichwohl die Gefahr, das leuchtende Evangelium durch allgemeines Heilsgeschwätz („es wird schon wieder heller werden“) oder blendende Leuchtreklame („wir allein kennen die Erleuchtung“) abzuschirmen.

Dass Jesus im Verborgenen aufs Fest geht, um sich schließlich auf dem Laubhüttenfest im Lichte der Öffentlichkeit als Licht der Welt zu offenbaren, muss nicht zum Widerspruch stilisiert werden. Stein des Anstoßes ist viel eher, dass Jesus als Licht der Welt und lebenspendendes Wasser Endzeithoffnungen zur Unzeit, im Todesdunkel, zugleich endgültig und uneingeschränkt erfüllt. Auch wenn das Lichtwort exklusiv auf Jesus bezogen ist, so rät mir die Exegese, muss man sich in der Nachfolge nicht hinter Exklusivismen verschanzen. Im Gegenteil, das Licht erweitert den Raum, statt ihn zu begrenzen. Das Ich-Bin-Wort schwingt wie ein Pendel zwischen Universalität und individueller Zuspitzung, Exklusivität und Teilhabe, persönlicher Lebensansprache und Weltzuwendung.  Am Ende der exegetischen Ausleuchtungen steht für mich die offene Frage, warum die Verheißung das Licht in Kategorien des Besitzes verspricht. Es heißt eben nicht: „Wer mir nachfolgt, wird gewiss nicht in der Finsternis herumgehen, sondern das Licht des Lebens durchwandern/im Licht des Lebens gehen“. Es heißt: „…wird das Licht des Lebens haben.“ Wie ist diese Possessivbestimmung im zweiten Verheißungsteil zu verstehen? Wie verändert sich das Sein, wenn man das Licht des Lebens hat? Und warum spricht Jesus zunächst von sich als Licht der Welt, um dann das Licht des Lebens zuzusprechen?

2. Thematische Fokussierung

Die exegetische Profilierung des bekannten Lichtwortes hilft mir den Lichtkegel für die Predigt richtig einzustellen. Im Fokus steht ‒ trotz ethischer Schlagworte wie „nachfolgen“ und „wandeln“ (herumgehen) ‒ weder die moralische Orientierungsleistung des Lichtes, noch sollte sich die Predigt an allgemeinen Lichtplätzen ausruhen. Die christologische Akzentuierung der Lichtmetapher reicht tiefer als das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels oder der Sonnenaufgang nach noch so tiefer Nacht. Vielmehr motiviert mich die Exegese dazu, gemeinsam mit den Predigthörenden auf den angesprochenen Fensterladen zu blicken.

  1. 1.In welchem Raum befinde ich mich? Welche Dunkelheiten umgeben mich und machen mir den Raum eng?
  2. 2.Was hindert mich daran, den Fensterladen zu öffnen?
  3. 3.Was passiert, wenn ich den Fensterladen öffne und das Licht hereinstrahlt?

Im besten Falle führt der gesamte Gottesdienst vor Ohren und Augen, wie das Licht der Welt den eigenen Lebensraum im existenziellen Sinne weitet und zugleich den Blick auf die Welt draußen freigibt.

3. Theologische Aktualisierung

1. Welches Todesdunkel umgibt mich mitten im Leben? Um die raumgebende Qualität von Licht zu akzentuieren, bietet es sich an, zunächst das Einengende der Dunkelheit zu thematisieren. Welche Dunkelheit engt meinen Bewegungs- und Lebensraum ein? Warum kann ich nicht frei wandeln? Vielleicht lassen sich konkrete Geschichten erzählen davon, wie Einsamkeit die Unternehmungsmöglichkeiten bis zur Ödnis begrenzt, wie Trauer die Brust zuschnürt und dem Atem die Tiefe nimmt, wie die Lebensdichte während der Rush-Hour des Lebens die Bäume so zusammendrängt, dass keine Lichtung mehr zu sehen ist, wie körperliche Grenzen den Bewegungsspielraum reduzieren, wie Nebel und Dunkelheit im Kopf die eigene Lebensfähigkeit mindern, wie Hassgebärden die Augen zu Schlitzen formen und das Sichtfeld beschränken.

2. Was hindert mich daran, den Fensterladen zu öffnen und das Licht hineinzulassen? Eine Frage, die sich Predigende zuerst selbst stellen müssen. Denn wie oft predigt man vom „Genug-Sein“ und „Gut-Sein“ in den Augen Gottes, kennt aber keinerlei Genügsamkeit bei der Beurteilung der eigenen berufliche Leistung?

Es gibt alle möglichen Arten von Blendwerk, die das Fensterladen-Öffnen unnötig erscheinen lassen: elektrisierendes Rampenlicht in Erfolgsmomenten, charismatische Wahrheitsprediger:innen, Menschen mit „Rizz“ (Kandidat für das Jugendwort 2023), Lichtgestalten aus Funk und Fernsehen, Endorphin-Feuerwerke des Konsums. Von wem lassen wir uns blenden? Wenn rücken wir ins Licht unserer Aufmerksamkeit?

Es können aber auch bloß die matten Alltagsfunzeln der Behaglichkeit sein, die unsere Sehnsucht nach dem wahren Tageslicht im Trüben halten. Alte Gewohnheiten geben genug Orientierung im Chaos des dunklen Raumes (man weiß, wo die Stolperfallen ungefähr liegen und hat gelernt sie weiträumig zu umgehen), kleine Belohnungslichtmomente halten bei Laune.

Oder es ist schlicht zu wenig Energie übrig, um überhaupt aufzustehen und zum Fenster zu gehen.

Schließlich: Die Angst vor dem Licht. Die Angst, es könnte etwas zu Tage treten. Die Augen haben sich an das Dunkel gewöhnt. Licht im Stockfinstern bereitet im ersten Moment Augenschmerzen.

3. Was passiert, wenn ich es doch wage, den Fensterladen zu öffnen? Wenn das Licht des Lebens hereinstrahlt, mehr noch, ich das Licht des Lebens in Besitz nehme? Es verändert sich das gesamte Raumgefüge. Der Raum ist nicht mehr nur hoch, breit, tief. Er ist ewig. Das Licht, das vom Kreuz her in unseren dreidimensionalen Raum scheint, führt zu einer kategorischen Erweiterung unseres Lebensradius. Wir laufen auf keine Todesfinsternis mehr zu. Sie ist vom Licht der Welt durchbrochen. Wer diesem Licht der Welt nachfolgt, hat es in seinem Leben zugleich um, bei und in sich. Das Christus-Licht schafft inmitten der Lebensverdichtungen wieder Lichtungen, löst das chaotische Dunkel auf. Die bis in unser Leben hineinreichenden langen Schattengestalten des Todes: Einsamkeit, Krankheit, Nichtigkeit, Sinnlosigkeit werden durch das göttliche Licht ausgeleuchtet: sie sind bloße Schatten der Vergangenheit ohne echten Massenanteil. Sie verlieren ihren abschirmenden Charakter und werden transparent für unsere eigentliche Bestimmung: dass Leben direkt an der Quelle und damit in Fülle, nämlich in göttlicher Gemeinschaft. Wer in göttlicher Lichtgemeinschaft herumgeht, begegnet schon jetzt den Vielen, die dorthin eingeladen wurden (Kinder des Lichts). Wer in göttlicher Gemeinschaft herumgeht, braucht aus seiner Lebenszeit nicht das Beste/Meiste herausholen, weil die Ewigkeit keine Zeitnot kennt. Wer in göttlicher Lichtgemeinschaft herumgeht, muss nicht ständig nach dem eigentlichen Lebensziel fragen und sich dahingehend beraten/coachen lassen. Du bist und wirst sein, weil Gott mit dir sein will. Wer in göttlicher Lichtgemeinschaft herumgeht, lässt sich tragen von der Hoffnung, dass die Mühseligkeit des Lebens kein Dauerzustand ist, schon gar nicht für die Ewigkeit. Und das Beste: wem das Licht auf den Leib hin zugeschnitten ist, braucht sich nicht permanent gegen die Dunkelheit abzugrenzen oder Sorge davor zu haben, in diese abzugleiten. Das Dunkle muss nicht dingfest gemacht werden, schon gar nicht personalisiert. Und damit eröffnet sich mit Blick aus dem Fenster eine ganz neue Welt, die von keiner kurzsichtigen Einteilung in Dunkel und Hell klein gehalten wird.

4. Bezug zum Kirchenjahr

Maria Lichtmess wird in den Gemeinden kaum gefeiert. Eher noch wird das Lichtwort für Kasualgottesdienste gewählt und kann auf diese Weise bei unterschiedlichen Lebensübergängen seine Orientierungsleistung entfalten. An diesen Wegepunkten des Lebens können die Fragen nach den jeweiligen Lebensdunkelheiten und -verdichtungen, dem Blendwerk und der Neuausrichtung des Raumes durch das Christuslicht noch einmal ganz konkret und persönlich gestellt werden. In den unterschiedlichen Kasualtraditionen spielen Kerzen oft eine besondere Rolle. Mit der exegetischen Erschließung von Joh 8,12 gewinnen z.B. Taufkerzen und Grabkerzen ganz neu an Symbolkraft. Sie dienen nicht nur der Dekoration oder der Erinnerung an das jeweilige „Event“, sie lassen unseren Lebenstrott mit Christi Licht je und je neu zum Leuchten bringen. Jeder Morgen, der mit dem Entzünden der Taufkerze beginnt oder endet, rückt den Tag und seine Schattenmomente in ein anderes Licht. Jede Grabkerze kündet: Das Licht der Welt brennt auch in der Nacht, es brennt auch in der Einsamkeit, in der Stille, auch wenn niemand hinsieht, auch im Tod. Es gibt keine Dunkelheit für jene, denen Christi Licht zugesprochen ist.

An Maria Lichtmess/dem Tag der Darstellung Jesu im Tempel spielt auch das Thema der Heiligung der Erstgeburt eine besondere Rolle. Von hier aus ließe sich fragen: Was bedeutet es eigentlich, von Gott ausgesondert zu sein und zu den Kindern Gottes/den Kindern des Lichts zu gehören? Warum steuern wir den Lichtkegel in unserem Erleben so häufig auf die kleiner werdende landeskirchliche Gotteskinderschar und die ausgetretenen „schwarzen Schafe“, anstatt uns an der weltweit immer größer werdenden Geschwisterschar zu erfreuen? Welche Fenster und Türen öffnen sich, wenn man mit Gläubigen in anderen Ländern oder Andersgläubigen im eigenen Land ins Gespräch kommt? Auch Erinnerungsgottesdienste, ob Tauferinnerung, Jubiläumsgottesdienste oder der Ewigkeitssonntag lassen sich mit dem Ich-Bin-Wort schön ausleuchten. Vom Lichte des Kreuzes her betrachtet, ist das gelebte Leben auch mit all seinen dunklen Erinnerungen ein Raum unendlicher Begegnung und Reicherweiterungen.

5. Anregungen

Zur Inszenierung des Lichtwortes bietet sich das Spiel mit dem Licht an. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, die Lichtanlage im jeweiligen Kirchraum zu dieser Gelegenheit einmal neu und besonders einzustellen, um kirchenräumliche Schattenplätze neu ins Licht zu rücken. Mancher Kirchraum veranlasst dazu, die besondere Lichtbrechung der Kirchenfenster (zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten) in die Predigt miteinzubeziehen.

Ein Literaturgottesdienst zum Roman „Lichtspiel“ von Daniel Kehlmann würde die Möglichkeit bieten, über vermeintliche Lichtgestalten der Geschichte und gesellschaftliche Dunkelkammern ins Gespräch zu kommen.

Autoren

  • Prof. Dr. Jörg Frey (Einführung und Exegese)
  • Dr. Olivia Rahmsdorf (Praktisch-theologische Resonanzen)

Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/500095

EfP unterstützen

Exegese für die Predigt ist ein kostenloses Angebot der Deutschen Bibelgesellschaft. Um dieses und weitere digitale Angebote für Sie entwickeln zu können, freuen wir uns, wenn Sie unsere Arbeit unterstützen, indem Sie für die Bibelverbreitung im Internet spenden.

Jetzt spenden

Entdecken Sie weitere Angebote zur Vertiefung

 

VG Wort Zählmarke
Deutsche Bibelgesellschaftv.4.26.9
Folgen Sie uns auf: