Synagoge (NT)
(erstellt: April 2013)
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1. Grundsätzliches
Neben der Familie und dem Jerusalemer → Tempel
2. Synagogen im NT und in der antik-jüdischen Umwelt
2.1. Terminologie
Mehr als 200 mal begegnet das Wort συναγωγή (synagōgē) in der → LXX
Im NT werden antik-jüdische Synagogengebäude und Versammlungen ausschließlich als συναγωγή (synagōgē; Mt 4,23
→ Philo von Alexandrien
Unter den insgesamt acht Erwähnungen von synagōgē bei → Flavius Josephus
Für die neutestamentliche Zeit bietet eine ca. 75 cm mal 41
Dieses nach dem Stifter meist „Theodotos-Inschrift“ genannte epigraphische Zeugnis stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Zeit vor 70 n. Chr. Für die Zeit nach der Zerstörung Jerusalems ist die Errichtung eines so großen Synagogenkomplexes kaum anzunehmen. Die verschiedenen genannten Funktionen dieser Synagoge – vom Lesen der → Tora
Auch für die Diaspora ist das Nebeneinander der Bedeutungsaspekte von synagōgē belegt, so etwa in einer Inschrift aus Berenike in der nordafrikanischen Cyrenaika (CJZC 72):
(…) Es erschien der synagōgē (= Synagogen-Gemeinde) der Juden in Berenike angebracht, die (Namen) derjenigen auf einer steinernen Säule aufzuschreiben, die
zur Renovierung der synagōgē (= Synagogen-Gebäude) gespendet haben (…).
2.2. Ursprünge
Die Ursprünge der antik-jüdischen Synagogen sind in der Forschung umstritten. Josephus (Apion 2,175), Philo (Vita Mos. 2,215; Op. 128) ebenso wie die Targumim (TPsJ zu Ex 18,20
An der Geschichte Israels orientierte Datierungsversuche führen in die Zeit des Ersten Tempels (8. Jh. v. Chr; 1Kön 8,27-30
Älteste archäologische Spuren liegen jedoch erst mit zwei griechischen Inschriften aus dem ptolemäischen Ägypten (JIGRE 22 u. 117; 3. Jh. v. Chr.) vor. Die wohl ältesten Reste eines Synagogengebäudes sind auf der griechischen Insel Delos gefunden worden (2. Jh. v. Chr.). Die Nutzung des Gebäudes ist jedoch erst für das 1. Jh. v. Chr. als jüdisch (oder samaritanisch) zu identifizieren. Ein Fund aus Gamla in der Gaulanitis östlich vom → See Genezareth
Nähert man sich der Frage nach den Ursprüngen der Synagoge von deren Funktionen her, so ist vor allem an Versammlungen im Stadttor (Hoenig 1979, 448-476) oder an die religiöse Unterweisung im familiären Kontext zu denken (Dtn 4,10
2.3. Funktionen
Schon der Begriff der proseuchē identifiziert in den ältesten epigraphischen Zeugnissen (JIGRE 22 u. 117) die antik-jüdische Synagoge als einen Ort des Gebets. Der ursprünglich nicht religiös konnotierte Begriff der synagōgē stellt dagegen den Aspekt der Versammlung in den Vordergrund. Die Theodotos-Inschrift (CIJ II 1404) nennt neben der Toralesung und Gebotsunterricht auch die Funktion als Gästehaus. Spezielle Wasserinstallationen mögen für rituelle Waschungen genutzt worden sein. Diese Synagoge aus dem Jerusalem zur Zeit des Zweiten Tempels diente vermutlich vor allem Pilgern aus der → Diaspora
2.4. Ämter
Unter den zahlreichen für antik-jüdische Synagogengemeinden bezeugten Funktionären sind ἀρχισυνάγωγος (archisynagōgos, „Synagogenvorsteher“) und πρεσβύτερος (presbyteros, „Ältester“) die bedeutendsten. Ferner sind eine Reihe von Ehrentiteln „Vater und Mutter der Synagoge“ (πατήρ / patēr bzw. μήτηρ συναγωγῆς / mētēr synagōgēs), Verwaltungsämtern (γερουσιάρχης / gerousiarchēs, ἄρχων / archōn, φροντιστής / phrontistēs), Schreiber oder Schriftgelehrter (γραμματεύς / grammateus) und solche mit wohl kultischen Aufgaben: Psalmsänger (ψαλμῳδός /psalmōdos) und Priester (ἱερεύς / hiereus), sowie Hilfsdienste: Platzanweiser (εἰσαγγελεύς / eisaggeleus) belegt. Das genaue Aufgaben- und Bedeutungsspektrum und damit auch die Übersetzung dieser Titel und Ämter sind jedoch oft nicht eindeutig zu bestimmen (Claußen 2002, 264-273).
Auch im Neuen Testament werden eine Reihe von archisynagōgoi erwähnt, jedoch ausschließlich bei Markus und im lukanischen Doppelwerk (Mk 5,22
Das etwas unklare Bedeutungsspektrum des Begriffes wird auch daran deutlich, dass ein und dieselbe Person gelegentlich mit unterschiedlichen Titeln in Verbindung gebracht wird. So wird Jairus, dessen Tochter durch Jesus vom Tode auferweckt wird, teilweise als archisynagōgos (Mk 5,22
Die Presbyter einer Synagoge sind eher als Kollektivbegriff für besonders geehrte Personen zu begreifen, etwa im Sinne von „Honoratioren“ (Claußen 2002, 264-273). Als aufgrund ihrer sozialen oder familiären Stellung angesehene Personen, hatten diese gelegentlich auch ein konkretes Synagogenamt inne.
Für eine Reihe von Synagogentiteln sind auch Formen im Femininum belegt und es wäre völlig unbegründet, diese nur als Ehrentitel ansehen zu wollen (Brooten 1982, 5-72).
2.5 Archäologische Zeugnisse
Für die Zeit des Zweiten Tempels gibt es nur sehr wenige archäologische Zeugnisse antiker Synagogengebäude und deren Identifizierung ist nicht selten umstritten. Da Synagogenversammlungen ebenso in privaten Räumlichkeiten oder unter freiem Himmel abgehalten werden konnten, hinterließen die antik-jüdischen Gemeinde oft keine entsprechenden Spuren.
Für das 1. Jahrhundert n. Chr. gewähren vor allem Funde in Gamla in der Gaulanitis und auf den Herodes-Festungen → Masada
2.5.1. Palästina
Etwa 8 km östlich des Sees Genezareth im unteren → Golan
Die Ausrichtung des Gebäudes ist in nordost-südwestlicher Richtung und damit gen Jerusalem. Dies mag jedoch der Topographie vor Ort geschuldet sein. Der Innenraum war von insgesamt 16 Säulen umgeben. Die vier Ecksäulen haben einen herzförmigen Querschnitt. Eine kleine Nische in der westlichen Ecke mag der Aufbewahrung von Gegenständen gedient haben. Im Nordosten liegt ein Raum, der gelegentlich als „Studierzimmer“ interpretiert worden ist. Die Identifizierung als Synagoge wird gestützt durch einen innerhalb des Baus gefundenen Steinblock mit einer eingeritzten Rosette, einem in antik-jüdischer, wie auch in rabbinischer Zeit häufigen jüdischen Motiv. Westlich des Gebäudes befindet sich eine 4 m mal 4,5
Die von Herodes dem Großen am Westufer des Toten Meeres errichtete Festungsanlage Masada wurde in der Zeit des Ersten Jüdischen Krieges (66-74 n. Chr.) von Zeloten besetzt. In diese Zeit fällt auch der Umbau eines im Nordwesten Masadas gelegenen Raum zu einem 10,5 m mal 12,5
Herodes der Große errichtete auch am Rande der judäischen Wüste etwa 12 km südlich von Jerusalem eine weitere Palast- und Festungsanlage. Herodium wurde im Ersten Jüdischen Krieg ebenfalls von Zeloten besetzt (66-71 n. Chr.). Ein ursprünglich als Speisesaal (triclinium) genutzter Raum wurde in dieser Zeit an den Längsseiten und an der Rückwand mit dreistufigen steinernen Sitzbänken versehen. Der Raum misst etwa 10m mal 14m. Mehrere Säulen (vier evtl. sechs) stützten die Dachkonstruktion. In der Nähe des Eingangs befindet sich eine Miqwe. Diese und die Ähnlichkeit des Raumes zu jenem auf Masada lassen es vermuten, dass auch dieses Gebäude von den Zeloten als Synagoge genutzt wurde.
Die Identifizierung mehrerer neuerer Funde als Synagogen und deren Datierung sind umstritten. Dies gilt etwa für Funde in Shuafat (Runesson 2008, 75f.), einem arabischen Vorort nördlich von Jerusalem, Qiryat Sefer in der Nähe von Modi‘in, etwa 32 km nordwestlich von Jerusalem (Runesson 2008, 65f.), und Horvat ‘Etri in der Schefala (Runesson 2008, 36-38). Die oft angeführte sogenannte „Weiße Synagoge“ in der Nähe des „Petrushauses“ in Kapernaum stammt aus dem 4./5. Jh. n. Chr., wenngleich sie vielleicht auf dem Fundament einer älteren Konstruktion aus dem 1. Jh. n. Chr. errichtet wurde, wie Steinpflaster, Reste von Wänden und Münzfunde unterhalb des Fußbodens möglich erscheinen lassen. Ob es sich dabei um die in Lk 7,5
Als einziger archäologischer Hinweis auf ein Synagogengebäude in Jerusalem kann die bereits erwähnte Theodotos-Inschrift (CIJ II 1404) gelten. Eine Reihe von literarischen Zeugnissen weisen jedoch auf Synagogen in der Stadt des Zweiten Tempels hin (Joh 9,22
2.5.2. Diaspora
Die Apostelgeschichte erwähnt Diasporasynagogen beziehungsweise Diasporagemeinde in Damaskus (Apg 9,2
2.6. Rechtliche Rahmenbedingungen
Unter den vielfältigen antiken Vereinen gewährten die römischen Autoritäten den antik-jüdischen Synagogengemeinden einen eigenen Rechtsstatus und blieben von gelegentlichen Vereinsverboten bewusst ausgenommen. Vor allem Josephus weist in etwa dreißig offiziellen Dokumenten auf konkrete Rechte für Juden und ihre Gemeinden im → römischen Reich
Das Recht, über ihre eigenen Angelegenheiten zu entscheiden (Ant. 14,235.260);
Das Recht, sich zu versammeln und/oder einen eigenen Versammlungsort zu haben (Ant. 14,214-216.227.235.257f.260f.);
Das Recht zur Einhaltung des Sabbats (Ant. 14,226.242.245.258.263f.);
Das Recht, jüdische Festtage zu begehen (Ant. 14,213-216.257);
Das Recht, jüdische Speisevorschriften zu beachten (Ant. 14,226.245.261);
Das Recht, Finanzmittel einzusammeln und die Tempelsteuer zu entrichten (Ant. 14,214.227);
Die Befreiung vom Militärdienst (Ant. 14,223-240);
Die Befreiung von der Teilnahme am Kaiserkult (Ant. 19,280-285).
Von diesen sind die ersten beiden, Entscheidungs- und die Versammlungsfreiheit, sicher die bedeutendsten, die ein jüdisches Gemeinschaftsleben in der Diaspora überhaupt erst ermöglichen. Diesen grundsätzlich recht weitreichenden Rechtssatzungen stehen jedoch auch bei Josephus Berichte über Schwierigkeiten gegenüber, diese konkret vor Ort jeweils in Anspruch nehmen zu können (siehe z.B. für Sardes Jos Ant. 14,235; 259-261). Obwohl die generelle Rechtslage damit als großzügig bewertet werden kann, trafen die antik-jüdischen Gemeinden in manchen hellenistischen Städten nicht selten auf Ablehnung und Feindschaft. So mag es vor allem in der Frühzeit an vielen Orten schwierig gewesen sein ein eigenes Synagogengebäude zu errichten, was wiederum in Einklang mit dem geringen archäologischen Befund steht.
2.7. Synagogengottesdienst
Als wichtigste Elemente antik-jüdischer Synagogengottesdienste lassen sich Schriftlesung (Apg 15,21
Die in der Diaspora vorwiegend gebräuchliche Bezeichnung προσευχή (proseuchē, „Gebet“ und davon abgeleitet „Bethaus“) unterstreicht die Bedeutung des Gebetes für den Synagogengottesdienst. Besonders Philo stellt die Synagoge als einen Ort des Schriftstudiums und der Lehre dar und versucht sie damit, seinen Lesern als eine Art Philosophenschule nahe zu bringen (Som. 2,127). In der Frühzeit lässt sich die später übliche Differenzierung in Synagoge und Lehrhaus noch nicht nachweisen. Ein für die Durchführung des Gottesdienstes konstitutives Quorum von zehn Männern (minjan) ist erst in der Mischna belegt (mMeg 4,3). Auch Frauen durften an frühen Synagogengottesdiensten selbstverständlich teilnehmen (Lk 13,10-17
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- „Theodotos, (Sohn) des Vettenus, Priester und archisynagōgos, Sohn eines archisynagōgos, Enkel eines archisynagōgos, erbaute/renovierte die synagōgē zum (Vor-)Lesen des Gesetzes und Lehren der Gebote, und das Gasthaus und die Kammern/Nebenräume und die Wasserinstallationen zur Herberge für diejenigen aus der Fremde, die sie benötigen. Sie (sc. die synagōgē) haben begründet seine Väter und die Ältesten und Simonides.“ © Sodabottle (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/ licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons)
- Die Synagoge in Gamla mit dem Eingang in der west-/südwestlichen Mauer und der Miqwe unter weißer Überdachung im Hintergrund © www.HolyLandPhotos.org
- Die Synagoge auf Masada mit Sitzbänken und Säulen
- Die Synagoge auf dem Herodium, Festung und Grabstätte Herodes’ des Großen, mit Säulen und umlaufenden Sitzbänken
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