Vergleich NA28 und GNT5
1. Obertext und Apparat
Die meistverbreiteten wissenschaftlichen Ausgaben des griechischen Neuen Testaments sind das Novum Testamentum Graece (Nestle-Aland) und das Greek New Testament. Diese Ausgaben bieten im Haupttext (dem Obertext) die für ursprünglich gehaltene Lesart des griechischen NT. Die wichtigsten Abweichungen, die sich in erhaltenen Handschriften finden, werden in einem umfangreichen Anmerkungsteil am Seitenfuß (dem textkritischen Apparat) wiedergegeben. Insgesamt sind heute etwa 5700 Handschriften bekannt, die den Text des Neuen Testaments oder Teile davon enthalten. Für die beiden genannten Ausgaben werden diese im Institut für neutestamentliche Textforschung (INTF) in Münster ausgewertet.
Die Textdifferenzen (unterschiedliche »Lesarten«) der Handschriften gehen teilweise auf Flüchtigkeitsfehler zurück, die beim Abschreiben der Texte von einer Vorlage entstanden sind (bzw. beim Niederschreiben dessen, was ein Vorleser diktiert hat), teilweise aber auch auf gezielte »Verbesserungen« des Textes durch die Abschreiber, durch die sie den überlieferten Text noch klarer oder konsistenter machen wollten.
Die neutestamentliche Textforschung versucht nun auf wissenschaftliche Weise den Ausgangstext der biblischen Schriften (den sogenannten Urtext) zu rekonstruieren. Im Wesentlichen verfährt die Textforschung dabei wie folgt:
- Die einzelnen Handschriften werden entziffert.
- Die so rekonstruierten Texte werden miteinander verglichen und Abweichungen (Varianten) festgestellt.
- Die Varianten werden analysiert. Nach verschiedenen wissenschaftlichen Kriterien wird das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Varianten untersucht und – mit mehr oder minder großer Sicherheit – die ursprüngliche Lesart ermittelt. Leitend ist dabei folgendes Kriterium: Anspruch auf Ursprünglichkeit hat diejenige Lesart, die das Entstehen aller anderen Lesarten am besten erklären kann.
Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in die wissenschaftlichen Ausgaben des Neuen Testaments ein. Dank des textkritischen Apparates in diesen Ausgaben hat der Leser die Möglichkeit, die Entscheidungen der Herausgeber bei der Rekonstruktion des Urtextes nachzuvollziehen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
Aufgrund des umfangreichen und differenzierten Apparates befähigt v.a. das Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland seine Leser(innen) zu einem eigenen Urteil in Fragen der neutestamentlichen Textforschung. Das Greek New Testament will hingegen nicht zu umfassender textkritischer Arbeit anleiten, sondern ist v.a. die Grundlage der weltweiten Übersetzungsarbeit am Neuen Testament. Es bietet seinen Nutzern einen zuverlässigen griechischen Text und macht dessen Zustandekommen an wichtigen Stellen nachvollziehbar.
2. Vergleich der beiden wissenschaftlichen NT-Ausgaben, NA28 und GNT5
Sie möchten die beiden Textausgaben vergleichen?
Diese Übersicht hilft Ihnen die Unterschiede zu erkennen: