7. Vom Gebet
a) Jesus lehrt die Jünger beten: das Vaterunser
1Jesus betete (einst unterwegs) an einem Orte (= irgendwo), und als er damit zu Ende war, sagte einer seiner Jünger zu ihm: »Herr, lehre uns beten (= ein Gebet), wie auch Johannes seine Jünger (Gebete) gelehrt hat!« 2Da sagte er zu ihnen: »Wenn ihr beten wollt, so sprecht: ›Vater, geheiligt werde dein Name! Dein Reich komme! 3Unser auskömmliches Brot (vgl. Mt 6,11) gib uns Tag für Tag! 4Und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir vergeben jedem, der sich an uns verschuldet! Und führe uns nicht in Versuchung!‹«
b) Das Gleichnis vom bittenden Freund; Jesus ermuntert zum inständigen und anhaltenden Beten
5Dann fuhr er fort: »Wer unter euch hätte wohl einen Freund und ginge (nicht) mitten in der Nacht zu ihm und sagte zu ihm: ›Freund, hilf mir mit drei Broten aus! 6Denn ein Freund von mir ist auf der Reise zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts vorzusetzen‹; 7und jener würde von drinnen antworten: ›Belästige mich nicht! Die Tür ist schon verschlossen, und meine Kinder liegen schon bei mir im Bett; ich kann nicht aufstehen und es dir geben!‹ 8Ich sage euch: Wenn er auch nicht deshalb aufstehen und ihm das Gewünschte geben mag, weil jener sein Freund ist, so wird er doch wegen dessen Hartnäckigkeit aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf. 9So sage denn auch ich euch: Bittet, so wird euch gegeben werden; suchet, so werdet ihr finden; klopft an, so wird man euch auftun! 10Denn wer da bittet, empfängt, und wer da sucht, findet, und wer anklopft, dem wird man auftun. 11Wo wäre aber unter euch ein Vater, der seinem Sohne, wenn er ihn um Brot bittet, einen Stein reichte? Oder wenn er ihn um einen Fisch bittet, wird er ihm statt dessen wohl eine Schlange reichen? 12Oder auch einen Skorpion statt eines Eies? 13Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben versteht: wieviel mehr wird der Vater vom Himmel her Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten!«
8. Jesus verteidigt sich gegen die Beelzebul-Lästerung der Pharisäer; Gleichnis vom Rückfall
14Er trieb dann einen bösen Geist aus, der stumm war; und als der böse Geist ausgefahren war, konnte der Stumme reden. Da geriet die Volksmenge in Erstaunen. 15Einige von ihnen aber sagten: »Im Bunde mit Beelzebul (vgl. 2. Kön 1,2), dem Obersten (= Herrscher) der bösen Geister, treibt er die bösen Geister aus.« 16Andere wieder stellten ihn auf die Probe, indem sie von ihm ein Wunderzeichen vom Himmel her verlangten. 17Weil er jedoch ihre Gedanken kannte, sagte er zu ihnen: »Jedes Reich, das gegen sich selbst entzweit (oder: in sich selbst uneinig) ist, wird verwüstet, und ein Haus stürzt auf das andere. 18Wenn nun auch der Satan gegen (oder: mit) sich selbst in Zwiespalt geraten ist, wie wird dann seine Herrschaft Bestand haben können? Ihr behauptet ja, daß ich die bösen Geister im Bunde mit Beelzebul austreibe! 19Wenn ich aber die Geister im Bunde mit Beelzebul austreibe, mit wessen Hilfe treiben eure Söhne (oder: eigenen Leute) sie aus? Darum werden diese eure Richter sein (= euch das Urteil sprechen). 20Wenn ich aber die bösen Geister durch Gottes Finger austreibe, dann ist ja das Reich Gottes (schon) zu euch gekommen. – 21Solange der Starke in voller Waffenrüstung sein Schloß bewacht, ist sein Besitztum in Sicherheit; 22wenn aber ein Stärkerer ihn überfällt und besiegt, so nimmt er ihm seine Waffenrüstung, auf die er sich verlassen hatte, und teilt die ihm abgenommene Beute aus. – 23Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
24Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, durchwandert er wüste Gegenden und sucht eine Ruhestätte; und wenn er keine findet, so sagt (oder: denkt) er: ›Ich will in mein Haus zurückkehren, das ich verlassen habe.‹ 25Wenn er dann hinkommt, findet er es sauber gefegt und schön aufgeräumt. 26Hierauf geht er hin und nimmt noch sieben andere Geister, die bösartiger sind als er selbst; und sie ziehen ein und nehmen dort Wohnung; und das Ende wird bei einem solchen Menschen schlimmer als der Anfang war.«
Jesu Seligpreisung der wahren Gotteskinder
27Als er so redete, erhob eine Frau aus der Volksmenge ihre Stimme und rief ihm zu: »Selig (zu preisen) ist der Mutterschoß, der dich getragen, und die Brüste, die dich genährt haben!« 28Er aber erwiderte: »Selig sind vielmehr die, welche das Wort Gottes hören und bewahren!«
9. Rede Jesu gegen die Zeichenforderer; das Jonazeichen
29Als dann immer noch mehr Volksscharen sich sammelten, begann er folgende Rede: »Das gegenwärtige Geschlecht ist ein böses Geschlecht! Es verlangt ein Zeichen, doch es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des (Propheten) Jona. 30Denn wie Jona einst für die Bewohner von Ninive zu einem Zeichen geworden ist (Jona 3,3-5), so wird es auch der Menschensohn für dieses Geschlecht sein. 31Die Königin aus dem Süden (1. Kön 10,1-10) wird im Gericht mit (= neben) den Männern dieses Geschlechts (als Zeugin) auftreten und ihre Verurteilung herbeiführen; denn sie ist von den Enden der Erde gekommen, um die Weisheit Salomos zu hören; und hier steht Größeres (d. h. einer, der größer ist) als Salomo. 32Die Männer von Ninive werden im Gericht mit (= neben) diesem Geschlecht (als Zeugen) auftreten und seine Verurteilung herbeiführen; denn sie haben auf Jonas Predigt hin Buße getan; und hier steht Größeres (d. h. einer, der größer ist) als Jona. – 33Niemand zündet ein Licht an und stellt es dann in einen verborgenen Winkel oder unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter (= Lichtständer), damit die Eintretenden den hellen Schein sehen. 34Die Leuchte des Leibes ist dein Auge. Solange nun dein Auge richtig (oder: gesund) ist, hat auch dein ganzer Leib Licht; wenn es aber nichts taugt, so befindet sich auch dein (ganzer) Leib in Finsternis. 35Darum gib wohl acht, daß das Licht in dir sich nicht verfinstert! 36Ist nun dein ganzer Leib beleuchtet (oder: ins Licht getreten) und kein Teil an ihm im Finstern geblieben, dann wird er ganz so in Helligkeit sein, wie wenn die Lampe dich mit ihrem hellen Schein bestrahlt.«
10. Strafrede Jesu gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten
a) Gegen die Heuchelei der Pharisäer
37Im Anschluß an diese Rede bat ihn ein Pharisäer, zu Mittag bei ihm zu speisen; er ging auch zu ihm ins Haus und setzte sich (ohne weiteres) zu Tisch. 38Als der Pharisäer das sah, äußerte er seine Verwunderung darüber, daß Jesus sich vor der Mahlzeit nicht zunächst gewaschen habe. 39Da sagte der Herr zu ihm: »Nun ja, ihr Pharisäer haltet die Außenseite des Bechers und der Schüssel rein, euer Inneres aber ist voll von Raub (-gier) und Bosheit. 40Ihr Toren! Hat nicht der, welcher das Auswendige geschaffen hat, auch das Inwendige geschaffen? 41Gebt nur das, was sich darin befindet, als Almosen: seht, dann habt ihr sofort alles rein. 42Aber wehe euch Pharisäern! Ihr entrichtet den Zehnten von Minze, Raute und jedem anderen Gartengewächs, laßt aber das Recht (oder: die Rechtspflege, oder: das Gericht) und die Liebe zu Gott außer acht. Vielmehr sollte man diese (beiden) üben und jenes nicht unterlassen. 43Wehe euch Pharisäern! Ihr liebt den Ehrenplatz in den Synagogen und wollt auf den Märkten (oder: Straßen) gegrüßt sein. 44Wehe euch! Ihr seid wie die unkenntlich gewordenen Gräber, über welche die Leute, ohne es zu wissen (= ahnungslos), hingehen.«
b) Wehrufe über die Bosheit der Gesetzeslehrer; Wirkung der Rede
45Da nahm einer von den Gesetzeslehrern das Wort und sagte zu ihm: »Meister, mit diesen Worten beleidigst du auch uns!« 46Er aber entgegnete: »Wehe auch euch Gesetzeslehrern! Denn ihr bürdet den Menschen schwer zu tragende Lasten auf, rührt aber selber die Lasten mit keinem Finger an. 47Wehe euch! Ihr erbaut den Propheten Grabmäler, während eure Väter sie getötet haben. 48Damit tretet ihr als Zeugen für die Taten eurer Väter auf und zollt ihnen Beifall; denn jene haben sie getötet, und ihr errichtet ihnen Bauwerke. 49Darum hat auch die Weisheit Gottes gesagt: ›Ich will Propheten und Apostel zu ihnen senden, von denen sie einige töten und verfolgen werden, 50damit das Blut aller Propheten, das seit Grundlegung der Welt vergossen worden ist, an diesem Geschlecht gerächt werde, 51vom Blute Abels an (1. Mose 4,8) bis zum Blute Sacharjas (2. Chr 24,20-22), der zwischen dem Brandopferaltar und dem Tempelhause den Tod erlitten hat.‹ Ja, ich sage euch: es wird an diesem Geschlecht gerächt werden! 52Wehe euch Gesetzeslehrern! Ihr habt den Schlüssel zur Erkenntnis (des Heils) weggenommen (= beseitigt); ihr selbst seid nicht hineingegangen, und die, welche hineingehen wollten, habt ihr daran gehindert.«
53Als er dann von dort weggegangen war, begannen die Schriftgelehrten und Pharisäer ihm mit Erbitterung zuzusetzen (oder: nachzustellen) und ihn über immer mehr Dinge auszufragen, 54wobei sie ihn belauerten, um ein (unbedachtes) Wort aus seinem Munde aufzufangen.