Deutsche Bibelgesellschaft

Der christliche Kanon

Grundlegend für den christlichen Kanon ist die Zweiteilung in Altes und Neues Testament. Beide Teile bilden eine Einheit als die Heilige Schrift.

Altes Testament

Das Alte Testament (ohne Spätschriften) umfasst 39 Bücher. Diese entsprechen den Büchern der Hebräischen Bibel, wobei Samuel, Könige, Esra/Nehemia und Chronik jeweils in zwei Bücher geteilt und die zwölf kleinen Propheten einzeln gezählt werden. Auch das Alte Testament wird in drei Gruppen eingeteilt. Diese unterscheiden sich jedoch vom jüdischen Kanon und folgen in ihrer Anordnung der griechischen Bibel (der sogenannten Septuaginta).

Die erste Gruppe, die geschichtlichen Bücher, besteht aus den fünf Büchern Mose, den frühen geschichtlichen Büchern Josua bis 2. Könige und den späten geschichtlichen Büchern 1. Chronik bis Nehemia. Den Abschluss bildet das Buch Ester. In der zweiten Gruppe, den poetischen Büchern, folgen Hiob, Psalmen, Sprichwörter, Kohelet, Hoheslied. Die dritte Gruppe, die prophetischen Bücher, besteht aus den Prophetenbüchern Jesaja bis Maleachi. In diesen Teil sind die Klagelieder thematisch hinter das Buch Jeremia eingeordnet und Daniel als prophetisches Buch hinter Ezechiel gestellt.

Man kann unschwer erkennen, dass die drei Gruppen des christlichen Alten Testaments dem Schema Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft folgen. Im Unterschied zum jüdischen Kanon sind dementsprechend die Propheten an das Ende gestellt. Das hat vor allem darin seinen Grund, dass die Zukunftsansagen und besonders die Ankündigung des Messias auf Jesus Christus bezogen wurden. Damit führen die prophetischen Bücher hin zum Neuen Testament.

Neben den 39 Büchern des Alten Testaments enthält die griechische Bibel (die sogenannte Septuaginta) noch weitere alttestamentliche Schriften. Von diesen Büchern wurde ausdrücklich gesagt, dass sie in der Kirche gelesen werden dürfen. Auf der Synode von Karthago 397 n. Chr. wurden sieben dieser Schriften in den christlichen Kanon des Alten Testaments aufgenommen: Judit, Tobit, Weisheit, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2. Makkabäer. Sie werden im ökumenischen Sprachgebrauch als »Spätschriften des Alten Testaments« bezeichnet. Andere Bezeichnungen sind »deuterokanonische Schriften« oder »Apokryphen«. In den Bibelausgaben der katholischen Tradition werden diese Bücher in den Kanon eingeordnet. In der lutherischen und reformierten Tradition werden sie an das Ende des Alten Testaments gestellt.

Neues Testament

Das Neue Testament umfasst 27 Schriften. Es lässt sich ebenfalls in drei Gruppen gliedern: Die erste Gruppe, die geschichtlichen Bücher, besteht aus den vier Evangelien und der Apostelgeschichte. Die zweite Gruppe umfasst die Briefe. Die dritte Gruppe enthält nur ein einziges Buch, nämlich die Offenbarung, die als ein prophetisches Buch verstanden wird und das Neue Testament beschließt.

Diese und andere Schriften waren zunächst im Gebrauch der frühchristlichen Gemeinden. Erst im Laufe der Zeit stellte sich die Frage, welche dieser Bücher für die Kirche verbindlich sein sollten. Ein wichtiges Kriterium dafür war, ob sich die Schriften auf einen Apostel zurückführen lassen (»Apostolizität«). Jedoch darf man dieses Kriterium nicht modern missverstehen, als ginge es nur um die historisch nachweisbare Abfassung durch einen Apostel. Entscheidend ist vielmehr, ob die betreffenden Bücher in der Autorität oder Tradition der Apostel verfasst worden sind. Damit gelten auch die Schriften, die von »Schülern« der Apostel wie beispielsweise Markus und Lukas geschrieben worden sind, als apostolisch.

Eine maßgebliche Rolle bei der Festlegung, welche Bücher zum Neuen Testament zählen, spielte Athanasios, der Bischof von Alexandria. In seinem Osterfestbrief von 367 n. Chr. erklärte er die genannten 27 Schriften als kanonisch. Seine Entscheidung wurde auf den Synoden von Hippo und Karthago bestätigt. Andere neutestamentliche Schriften, die in den frühchristlichen Gemeinden in Gebrauch gewesen sind und im Gottesdienst vorgelesen wurden, wie beispielsweise der 1. Klemensbrief (um 100 n. Chr.) oder der Hirte des Hermas (um 150 n. Chr.), wurden nicht in den Kanon aufgenommen.

Zeitliche Übersicht über die Entstehung des Kanons

Zeit | ca. 400 v. Chr.
Abgeschlossener Teil | Tora
Inhalt | Genesis bis Deuteronomium (fünf Bücher Mose)

Zeit | ca. 200 v. Chr.
Abgeschlossener Teil | Propheten
Inhalt | Geschichtsbücher Josua bis Könige und Prophetenbücher

Zeit | ca. 100 n. Chr.
Abgeschlossener Teil | Schriften
Inhalt | Psalmen, Hiob, Sprüche, Hoheslied, Rut, Klagelieder, Kohelet, Ester, Daniel, Esra/Nehemia, Chronik

Zeit | 367 n.Chr. (Osterfestbrief des Athanasios)
Abgeschlossener Teil | Neues Testament
Inhalt | Festlegung von 27 Schriften und ihrer Reihenfolge

Zeit | 393/397 n.Chr. (Synoden von Hippo und Karthago)
Abgeschlossener Teil | Spätschriften des Alten Testaments
Inhalt | Judit, Tobit, Weisheit Salomos, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2.Makkabäer

Deutsche Bibelgesellschaftv.4.25.2
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