Inhalt der Briefe
Römerbrief
Paulus hat den Brief an die Römer wahrscheinlich am Ende seiner dritten Missionsreise im Winter 55/56 n. Chr. in Korinth geschrieben. In Rom war Paulus bis dahin nicht gewesen. Anders als bei den anderen Briefen kannte er die Empfänger also nicht persönlich. Daher musste er sich und sein Anliegen sehr ausführlich vorstellen.
Im Zentrum seines Briefes an die Römer steht die Botschaft von der Kraft des Evangeliums und von der Gnade Gottes (1,16-17). Paulus beginnt seine Ausführungen mit der Aussage, dass kein Mensch sein Leben so führen kann, wie es Gottes Willen entspricht und vor Gott als gerecht dasteht (1,18–3,20). Das gilt für Juden ebenso wie für die Menschen aus anderen Völkern. Es gibt dafür keine Entschuldigung, denn Gott hat allen Menschen gezeigt, was er von ihnen erwartet: den Juden im Gesetz des Alten Testaments (2,17-29) und den Völkern in der wunderbaren Ordnung der Schöpfung (1,18-32).
Statt alle Menschen zu bestrafen, wie sie es verdient hätten, schickt Gott den Menschen seinen Sohn Jesus Christus. Jesus hat durch seinen Tod am Kreuz die Sünde der Menschen weggenommen, sodass sie vor Gott als gerecht dastehen (3,21–5,21). Was kein Mensch aus eigener Kraft erreichen kann, bekommt er von Gott als Geschenk. In 6,1–8,39 zeigt Paulus, wie das Geschenk der Gnade für die Menschen Wirklichkeit wird. In der Taufe bekommen die Menschen, die an Jesus Christus glauben, Anteil an seinem Tod und seiner Auferstehung (6,1-14). Dadurch werden sie zu neuen Menschen: Sie sind befreit von der Macht der Schuld und stehen nun ganz im Dienst der Gerechtigkeit (6,15-23). Sie sind frei vom Gesetz (7,1-6), in ihnen wirkt der Geist Gottes (8,1-11). So sind sie Kinder Gottes und können Gott mit Recht ihren Vater nennen (8,12-17).
Nachdem Paulus in 1–8 hauptsächlich den Weg der Menschen beschreibt, die nicht aus dem jüdischen Volk stammen, widmet er sich in 9–11 dem jüdischen Volk. Es ist ihm ein Herzensanliegen, dass auch die Menschen aus seinem eigenen Volk die Botschaft von der Gnade Gottes annehmen (10,1-13), und er sich sicher, dass ganz Israel gerettet werden wird (11,25-27).
Im letzten Teil des Briefes (12,1–15,13) beschreibt Paulus, wie nun ein gemeinschaftliches Leben nach den Maßstäben Gottes aussehen soll. Er vergleicht die Gemeinde mit einem Leib und seinen verschiedenen Körperteilen. Alle in der Gemeinde sollen jeweils die Aufgabe übernehmen, die ihren Gaben entspricht (12,3-8). Überhaupt sollen sich die Christen von der Liebe leiten lassen (12,9-21; 13,8-10). Sie sollen sich nicht gegenseitig verachten, sondern Rücksicht aufeinander nehmen (14). Mit einem solchen Verhalten erweist die Gemeinde Gott die Ehre (15,7-13).
Erster Korintherbrief
Paulus ist auf seiner zweiten Missionsreise um das Jahr 49 n. Chr. von Athen nach Korinth gekommen. In dieser Zeit entstand eine Gemeinde, die sich zunächst sehr gut entwickelte. Den ersten Brief an die Korinther hat Paulus vermutlich am Beginn des Jahres 55 n. Chr. in Ephesus geschrieben (16,8). Der Brief lässt erkennen, dass die Gemeinde in der Zwischenzeit gewachsen war. Gleichzeitig ist es aber auch zu Konflikten und zu Auseinandersetzungen über das Verhalten einiger Christen gekommen.
Im ersten Korintherbrief spricht Paulus die Fragen und Probleme der Gemeinde der Reihe nach an: Zum einen hatten sich innerhalb der Gemeinde Gruppen gebildet, die zueinander in Konkurrenz standen (1,10–4,21). Es gab ethische Probleme (5–6): Einzelne Christen lebten offenbar in verbotenen sexuellen Beziehungen (5,1-5), andere verklagten sich gegenseitig vor weltlichen Gerichten (6,1-11). In Fragen der Ehe und Ehelosigkeit gab es große Unsicherheiten (7,1-40). Und einigen Mitgliedern der Gemeinde war offenbar nicht klar, wie sie sich richtig verhalten sollten, wenn in ihrem Umfeld weiterhin fremde Gottheiten verehrt werden (8,1–11,1). Darf man beispielsweise Fleisch essen, das bei Opferfeiern für andere Gottheiten geschlachtet wurde? Ist die Teilnahme an solchen Opferfeiern erlaubt, wenn man zu Christus gehört (10,14-22)?
Auch bei der Feier des Gottesdienstes gab es Probleme (11,2–14,40). Das betraf vor allem das Abendmahl: Während die einen hungrig blieben, weil sie arbeiten mussten und erst später zum Mahl kommen konnten, waren andere schon betrunken (11,17-22). Außerdem scheinen sich manche Gemeindeglieder für wichtiger gehalten zu haben, weil sie besondere Gaben und Aufgaben in der Gemeinde hatten (12; 14). Und schließlich haben wohl manche sogar behauptet, dass es keine Auferstehung der Toten gibt (15).
Paulus spricht in seinem Brief die Konflikte in Korinth schonungslos an. Er erinnert an den Tod Jesu am Kreuz. Das Kreuz steht in klarem Gegensatz zu dem selbstherrlichen Denken und Handeln der Korinther (1,18-25; 3,18-23). Weil Christus das gemeinsame Fundament der Gemeinde ist, darf es keine Spaltungen geben (3,9-17). Paulus selbst will den Korinthern ein Vorbild für Rücksichtnahme und den Dienst an den Brüdern und Schwestern in der Gemeinde sein. Wie er darauf verzichtet hat, sich von der Gemeinde versorgen zu lassen, sollen die Korinther ihrerseits auf bestimmte Freiheiten verzichten, um das Gewissen anderer nicht zu belasten (9,19-23; 10,23–11,1).
Um das Miteinander in der Gemeinde zu beschreiben, gebraucht Paulus das Bild vom menschlichen Körper. Die Gemeinde ist der Leib Christi, und jedes Körperteil ist auf die jeweils anderen Körperteile angewiesen (12,12-31). Der Heilige Geist schenkt jedem seine besondere Gabe. Jeder soll durch seine Gabe der Gemeinde dienen (12,1-11). Der Maßstab für alle Gaben ist die Liebe (12,31–13,13). Sie steht auch über aller Erkenntnis und aller Freiheit.
Zweiter Korintherbrief
Der zweite Brief an die Korinther ist ein sehr persönlicher Brief des Apostels Paulus, in dem er sich gegen heftige Angriffe auf seine Person und seinen Dienst als Apostel verteidigt. Der Brief entstand nicht lange nach dem ersten Brief um das Jahr 55/56 n. Chr. Zwischen beiden Briefen hat Paulus die Gemeinde in Korinth besucht. Dabei war es zu einem sehr unerfreulichen Zwischenfall gekommen, bei dem Paulus angegriffen und beleidigt wurde (2,5; 7,12; 13,2). Aus diesem Grund verließ Paulus die Gemeinde und schrieb unter »vielen Tränen« einen weiteren Brief (2,1-4), der aber nicht erhalten geblieben ist.
Am Briefanfang des zweiten Korintherbriefs (1,1–2,13) kommt Paulus auf den zurückliegenden Streit mit der Gemeinde zu sprechen. Er muss der Gemeinde erklären, warum er seinen angekündigten Besuch immer wieder verschoben hat (1,12–2,4). Möglicherweise hat man Paulus schon vorgeworfen, dass er nicht zu seinem Wort steht.
Im ersten Teil des Briefes (2,14–4,6) verteidigt Paulus seinen Dienst als Apostel auf sehr grundsätzliche Weise. Er hat seinen Auftrag von Gott selbst erhalten (2,14-17; 4,1-6) und braucht daher auch keine Empfehlungsschreiben von Menschen (3,1-6). Die Gemeinde in Korinth ist vielmehr selbst ein lebendiges Empfehlungsschreiben für Paulus, denn ihre Mitglieder sind durch ihn zum Glauben gekommen. Der Dienst des Apostels steht ganz im Zeichen des neuen Bundes. Und die Grundlage des neuen Bundes ist der Heilige Geist, nicht der Buchstabe des Gesetzes (3,7-18).
Im Folgenden (4,7–6,10) geht Paulus genauer auf seinen Dienst als Apostel ein. Paulus hat die Erfahrung gemacht, dass das Leben als Apostel von Leid, Bedrängnissen und Verfolgung geprägt ist (4,7-15). Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern gehört zu diesem Dienst dazu. Gleichzeitig hofft Paulus auf die zukünftige Herrlichkeit und das neue Leben, das allen versprochen ist, die an Jesus glauben (4,16–5,10). Außerdem ist der Dienst des Paulus ein Dienst der Versöhnung: Christus hat die Menschen durch seinen Tod mit Gott versöhnt (5,11–6,10). Durch den Glauben erhalten sie Anteil an dieser Versöhnung. Aus diesem Grund wirbt Paulus im dritten Teil des Briefes (6,11–7,16) um die vollständige Versöhnung mit der Gemeinde.
Im vierten Teil (8–9) kommt Paulus auf die Sammlung einer Kollekte für die Gemeinde in Jerusalem zu sprechen: Die Gemeinden in Makedonien hatten sich entschlossen, durch eine gemeinsame Sammlung von Spenden die Gemeinde in Jerusalem zu unterstützen. Auch die Gemeinde in Korinth wollte sich beteiligen (8,10). Nun kündigt Paulus an, dass er Titus und einen weiteren anerkannten Mitarbeiter damit beauftragt hat, das Geld abzuholen und nach Jerusalem zu bringen (8,16-24). Auf diese Weise will Paulus verhindern, dass man ihn verdächtigt, Spenden zu unterschlagen (8,18-21). Die Gemeinde soll vorbereitet sein und das gesammelte Geld bereithalten (9,1-5).
Im letzten Teil des Briefes (10,1–12,18) ändert sich der Ton noch einmal deutlich. Paulus reagiert auf die Vorwürfe seiner Gegner und wehrt sich dagegen: Er erzählt zunächst von Offenbarungen, die er erhalten hat (12,1-5). Doch darauf ist Paulus nicht stolz: Er ist vielmehr stolz auf seine Schwäche. In ihr zeigt sich, dass Paulus seine Erfolge nicht sich selbst verdankt, sondern Christus, der in ihm wirkt (12,6-10). Darum setzt Paulus sein Vertrauen nicht auf die eigene Kraft, sondern allein auf Gott. Und darum schildert er in aller Ausführlichkeit, wie viel Leid und Gefahren er im Dienst für die Verkündigung des Evangeliums auf sich genommen hat (11,24-33).
Galaterbrief
Auf seiner zweiten Missionsreise kam Paulus durch Galatien, heute die Gegend um Ankara (Apostelgeschichte 16,6). Dort entstanden mehrere Gemeinden, die Paulus auf seiner dritten Reise erneut besuchte (Apostelgeschichte 18,23). Den Brief an die Galater hat er vermutlich um das Jahr 55 n. Chr. von Ephesus aus geschrieben. Er setzt sich darin mit einer Lehre auseinander, die in der Gemeinde für Verwirrung sorgte. Dabei ging es um die Forderung, sich genau an das jüdische Gesetz zu halten. Danach sollten die Männer sich beschneiden lassen, und zwar auch diejenigen, die nicht zum jüdischen Volk gehörten.
Paulus weist diese Forderungen scharf zurück und ermahnt die Galater, bei dem zu bleiben, was er ihnen gepredigt hat. Im ersten Teil des Briefes (1,10–2,21) verteidigt Paulus zunächst seine eigene Verkündigung. Er blickt zurück auf seine Berufung durch Christus und betont: Was er verkündet, hat er von Christus selbst empfangen (1,12). Sogar die führenden Vertreter der Gemeinde in Jerusalem haben seine Lehre anerkannt (2,1-10). Für Paulus steht fest: Der Mensch wird durch den Glauben an Jesus gerecht, nicht dadurch, dass er sich an das Gesetz hält (2,15-21).
Im zweiten Teil des Briefes (3–4) begründet Paulus diese Überzeugung. Dafür greift er auf Aussagen aus dem Alten Testament zurück: Schon Abraham wurde der Glaube »als Gerechtigkeit angerechnet« (1. Mose/Genesis 15,6; Galater 3,6). Das geschah, lange bevor Mose das Gesetz am Sinai empfangen hatte. Das Gesetz war für die Menschen ein »Aufseher« und notwendig, bis Christus gekommen ist (3,24). Aber es kann die Menschen nicht gerecht machen (3,11). Wer im Glauben mit Christus verbunden ist, bekommt eine neue Freiheit geschenkt und ist nicht mehr verpflichtet, das Gesetz zu befolgen (3,23–4,7).
Im dritten Teil des Briefes (5,1–6,10) fordert Paulus die Christen in Galatien dazu auf, an dieser Überzeugung festhalten. Gleichzeitig sollen sie die geschenkte Freiheit nicht als Freibrief für ein rücksichtsloses Leben verstehen. Die Freiheit befreit die Christen dazu, Gutes zu tun, sich gegenseitig zu helfen und die Mitmenschen zu lieben (5,14; 6,2).
Epheserbrief
Ephesus war zur Zeit des Paulus eine bedeutende Hafenstadt. Paulus hat die Stadt am Ende seiner zweiten Missionsreise besucht (Apostelgeschichte 18,19-21) und während seiner dritten Reise mehr als zwei Jahre lang dort gewirkt (53 bis 55 n. Chr.). Aus den Briefen des Paulus geht aber hervor, dass er in Ephesus auch eine Zeit lang im Gefängnis saß (1. Korinther 15,32; 2. Korinther 1,8-10).
In 1,1 wird Paulus als Verfasser des Briefes genannt. Andere Aussagen im Brief können aber so verstanden werden, dass der Verfasser die Gemeinde nicht persönlich gekannt hat (1,15; 3,2). Daher nimmt man heute an, dass ein Schüler von Paulus das Schreiben in seinem Namen verfasst hat. Er wollte den Christen möglicherweise auf diese Weise vor Augen führen, was Paulus ihnen in ihrer gegenwärtigen Situation geraten hätte. Wahrscheinlich ist der Brief zwischen 80 und 90 n. Chr. entstanden.
Das große Thema des Briefes ist die Einheit der Kirche. Zur Kirche gehören alle, die an Jesus glauben: Menschen aus dem Volk Israel genauso wie Menschen aus anderen Völkern. Schon am Briefanfang heißt es, dass Christus als das Haupt über allem steht, was geschaffen ist (1,9-10). Dies gilt besonders für die Gemeinde. Sie ist der Leib des Christus (1,22-23).
Im zweiten Teil des Briefes (4,1–6,9) wird beschrieben, wie sich diese Einheit der Kirche auf das alltägliche Leben der Glaubenden auswirkt. Die Menschen, die zu Christus gehören, sollen in gegenseitiger Liebe die neu geschenkte Einheit (4,1-16) und das neue Leben Wirklichkeit werden lassen (4,17–5,2). Sie werden dazu aufgefordert, als Kinder des Lichts zu leben (5,3-20). Was das konkret bedeutet, wird anschließend für die verschiedenen Gruppen in der Gemeinde entfaltet (5,21–6,9). Am Schluss (6,10–20) wird die Gemeinde noch einmal aufgefordert und ermutigt, auch in Bewährungsproben am Glauben festzuhalten.
Philipperbrief
Paulus besuchte die Stadt Philippi auf seiner zweiten Missionsreise im Jahr 49 n. Chr. Durch seine Verkündigung sind dort viele Menschen zum Glauben gekommen. Im Brief an die Philipper ermutigt Paulus die Gemeinde, auch dann am Glauben an Jesus festzuhalten, wenn sie deswegen mit Verfolgungen rechnen muss. Die Gemeinschaft mit Christus ist in allen Bedrängnissen ein Grund zur Freude. Paulus hat den Brief aus dem Gefängnis geschrieben (1,13), vermutlich 54 oder 55 n. Chr. in Ephesus.
Am Beginn des Briefes informiert Paulus die Gemeinde über seine Situation. Er macht deutlich: Sogar seine Gefangenschaft dient der Verkündigung des Evangeliums (1,12-18). Auch die Gemeinde soll trotz aller Bedrängnisse am Glauben und der gegenseitigen Liebe festhalten (1,27–2,18). In diesem Zusammenhang zitiert Paulus ein altes Christuslied (2,6-11), den sogenannten »Philipperhymnus«.
In 3,2–4,1 warnt Paulus die Gemeinde vor Irrlehrern. Diese forderten wohl, dass sich die Christen beschneiden lassen. Vielleicht hielten sie sich auch aufgrund ihrer eigenen Beschneidung für etwas Besseres. Paulus wendet dagegen ein: Nicht die Befolgung des Gesetzes, sondern der Glaube an Christus macht den Menschen gerecht (3,7-11). Er berichtet, wie er selbst zum Glauben an Christus gekommen ist und nun aus diesem Glauben lebt. Das sollen sich die Christen in Philippi zum Vorbild nehmen (3,17). Sie sollen unbeirrbar an der Gemeinschaft mit Christus festhalten (4,1), denn sie ist der Grund für immerwährende Freude (4,4). Schließlich dankt Paulus der Gemeinde für eine Spende (4,10-20).
Kolosserbrief
Die Gemeinde in Kolossä in Kleinasien, an die dieser Brief gerichtet ist, wurde nicht von Paulus gegründet, sondern von seinem Schüler Epaphras. Kolossä liegt in unmittelbarer Nähe zu zwei anderen Städten, die auch im Brief genannt werden: Laodizea und Hierapolis (4,13).
Der Anlass für den Brief waren falsche Lehren, die in der Gemeinde verbreitet wurden. Was der Inhalt dieser Lehren war, lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Wahrscheinlich handelte es sich um eine eigenartige Weltsicht, in der Vorstellungen aus dem jüdischen Glauben vermischt waren mit solchen aus der Philosophie oder anderen Religionen. Es wurde wohl gelehrt, dass die Welt von Engeln (2,18) und »Elementen« (2,8) beherrscht wird. Die Mitglieder der Gemeinde sollten sich beschneiden lassen (2,11), heilige Festtage einhalten (2,16) und bestimmte Speisevorschriften befolgen (2,20-23).
Der Brief an die Kolosser besteht aus zwei Teilen. In 1,12–2,23 stellt der Verfasser gegenüber der falschen Lehre ausdrücklich klar: Die Rettung für die Menschen liegt allein in Christus. Christus hat alle Mächte und Gewalten unterworfen (2,15). Wer getauft ist, der ist schon auferweckt und lebt mit Christus (2,13). Niemand braucht sich also von den Erkenntnissen der falschen Lehre beeindrucken lassen. Über Christus hinaus gibt es nichts zu erkennen: »In ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen« (2,3). In 1,15-20, einem alten Christuslied, wird die besondere Bedeutung von Jesus zusammengefasst. Er ist das Haupt der Gemeinde (1,18) und hat durch seinen Tod allem die Versöhnung mit Gott gebracht (1,20).
Der zweite Teil des Briefes (3,1–4,6) enthält vor allem Ermahnungen für das Leben in der Gemeinde: Die Christen sollen ihre alte Lebensweise ablegen und sich ganz an Christus orientieren (3,1-17). Was dies für verschiedene Gruppen in der Gemeinde bedeutet, wird in 3,18–4,1 beschrieben.
Erster Thessalonicherbrief
Der erste Brief an die Thessalonicher ist der älteste Brief, den wir von Paulus haben, und die älteste Schrift im Neuen Testament überhaupt: Er entstand um das Jahr 50 n. Chr. in Korinth.
Paulus ist im Jahr 49 n. Chr. auf seiner zweiten Missionsreise nach Thessalonich (heute Thessaloniki) in Griechenland gekommen. Die Stadt war eine bedeutende Handelsstadt. Nach dem Bericht der Apostelgeschichte hatte sich Paulus mit seinen Mitarbeitern dort einige Monate lang aufgehalten. Dann kam es zu einem Aufruhr gegen ihn und seine Verkündigung (Apostelgeschichte 17,1-9). Er musste die Stadt überstürzt verlassen und reiste weiter über Beröa und Athen nach Korinth. Aus Sorge um die Gemeinde hat Paulus seinen Mitarbeiter Timotheus nach Thessalonich geschickt (1. Thessalonicher 3,1-5). Inzwischen ist Timotheus zurück bei Paulus und hat ihm erfreuliche Nachrichten gebracht: Die Christen haben sich trotz aller Schwierigkeit nicht von ihrem Glauben abbringen lassen (3,6-10).
Paulus erinnert im ersten Teil des Briefes (2–3) die Thessalonicher an seine Verkündigung des Evangeliums bei ihnen. Im zweiten Teil (4,1–5,11) widmet er sich Fragen der Gemeinde: Die Christen von Thessalonich lebten offenbar in der Erwartung, dass Jesus Christus noch zu ihren Lebzeiten wiederkommt. Inzwischen waren allerdings einige Mitglieder der Gemeinde verstorben. Das beunruhigte die Gemeinde. Man fragte sich: Wann kommt Christus wieder? Und was geschieht mit denen, die bereits gestorben sind? Sind sie aus der Gemeinschaft mit Christus ausgeschlossen? Paulus antwortet der besorgten Gemeinde: Wenn Jesus wiederkommt, werden die verstorbenen Christen auferweckt werden. Danach werden sie gemeinsam mit denen, die noch leben, Christus begegnen und für immer bei ihm sein (4,13-18). Es kann jedoch niemand wissen, wann das geschehen wird. Der Tag des Herrn kommt unerwartet wie ein Dieb in der Nacht (5,2). Deshalb ist es nötig, zu jeder Zeit vorbereitet zu sein (5,1-11) und so zu leben, wie es Gott gefällt (4,1-12).
Zweiter Thessalonicherbrief
Der zweite Brief an die Thessalonicher ist dem ersten thematisch sehr ähnlich. Es gibt sogar einige wörtliche Übereinstimmungen. Dennoch unterscheiden sich die Briefe in einem wichtigen Punkt − der Frage, wann Jesus Christus wiederkommt. Während Paulus im ersten Brief davon ausgeht, dass dieser Zeitpunkt unmittelbar bevorsteht (1. Thessalonicher 5,1-11), wird diese Erwartung im zweiten Brief abgelehnt. Aus diesem Grund wird angenommen, dass der zweite Thessalonicherbrief nicht von Paulus stammt, sondern erst später gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden ist.
Offenkundig hat sich die Situation in der Gemeinde seit der Entstehung des ersten Briefes verändert. Zur Zeit des ersten Briefes, war die Gemeinde beunruhigt, weil die Wiederkehr von Jesus noch immer auf sich warten ließ. Inzwischen – zur Zeit des zweiten Briefes – gehen einige Mitglieder der Gemeinde davon aus, dass diese letzte Zeit bereits gekommen ist (2,2). Das führte dazu, dass sie ihre geregelte Arbeit aufgegeben haben und ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienten (3,11-12).
Solchen falschen Erwartungen begegnet der Brief, indem er zunächst die Ereignisse schildert, die bis zum Kommen des Herrn noch eintreten müssen (2,3-12): Ein Gegenspieler wird auftreten und sich gegen Gott auflehnen (2,3). Er wird allerdings jetzt noch zurückgehalten. Der Gemeinde scheint klar gewesen zu sein, durch wen oder was das geschieht (2,6-7). Doch sobald der Gegenspieler Gottes offen auftritt, wird er von Christus besiegt werden (2,8). Bis dahin soll die Gemeinde standhaft bleiben (2,15-17) und geduldig auf Gott vertrauen (3,3-5). Auf alle Fälle sollen die Christen auch weiterhin ihrer geregelten Arbeit nachgehen (3,6-12).
Erster Timotheusbrief
Der erste Brief an Timotheus enthält neben Briefanfang und Briefschluss zwei große Teile. Im ersten Teil (2–3) geht es vor allem um die richtige Ordnung in der Gemeinde. Die Mitglieder der Gemeinde sollen ein ruhiges und unauffälliges Leben führen. Sie sollen für die Machthaber beten (2,1-7) und sich im Gottesdienst so verhalten, dass ihre Mitmenschen keinen Anstoß nehmen (2,8-15). Außerdem werden Voraussetzungen dafür genannt, dass jemand die Aufgabe eines Gemeindeleiters, eines Diakons oder einer Diakonin übernehmen kann (3,1-13). Die Gemeinde wird als Hausgemeinschaft Gottes und »Pfeiler und Fundament der Wahrheit« bezeichnet (3,14-16). Das soll im Leben der Gemeinde und im vorbildlichen Verhalten der Gemeindeleiter stets erkennbar sein.
Im zweiten Teil des Briefes (4,1–6,2) werden die Aufgaben von Timotheus als Gemeindeleiter genauer beschrieben. Er soll vor allem eine falsche Lehre zurückweisen (4,1-11): Offenbar sind in der Gemeinde Menschen aufgetreten, die diese von Gott geschaffene Welt für etwas Böses halten. Sie lehnen die Ehe ab und fordern, dass die Mitglieder der Gemeinde bestimmte Speisen meiden (4,3). Gegen diese Lehre soll Timotheus vorgehen. Es folgen weitere Anweisung zur Versorgung der Witwen (5,3-16), zum Umgang mit Gemeindeältesten (5,17-22) und mit Sklaven in der Gemeinde (6,1-2).
Zweiter Timotheusbrief
Der Brief besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil (1,6–2,13) wird Timotheus ermutigt und ermahnt, am Evangelium festzuhalten (1,6-14). Er soll als treuer Schüler seinem Vorbild Paulus folgen und dabei auch nicht vor Leiden zurückzuschrecken. Die Gnade und Treue Gottes, wird ihm die nötige Kraft geben (2,1-13).
Im zweiten Teil (2,14–4,8) wird beschrieben, wie Timotheus mit den falschen Lehren umgehen soll. Er soll sich gar nicht auf Streitereien und Wortgefechte einlassen, sondern die falschen Lehrer freundlich, aber bestimmt zurückweisen (2,14-26). Das Auftreten von Irrlehrern ist ein Zeichen dafür, dass Christus bald wiederkommen wird. Sie werden mit ihrem verkehrten Lehren und Handeln nicht weit kommen (3,1-9). Umso wichtiger ist es, dass Timotheus an dem festhält, was er von Paulus gehört und in der Heiligen Schrift gelesen hat (3,10-17). Das Gericht Gottes und damit auch das Reich Gottes steht unausweichlich bevor. Deshalb gilt es, an der Botschaft des Evangeliums festzuhalten und sie zu verkünden − auch wenn das mit Leiden verbunden ist, wie das Beispiel des Paulus zeigt (4,1-8).
Titusbrief
Titus, der Empfänger des Briefes, wird mehrfach in den Briefen des Paulus erwähnt. In Galater 2,1-5 berichtet Paulus, dass er ihn zum Apostelkonzil nach Jerusalem mitgenommen hat. Außerdem scheint Titus im Streit zwischen Paulus und der Gemeinde in Korinth vermittelt zu haben (2. Korinther 1,13; 7,13; 8,16-24). Titus gilt als der erste Bischof auf der Insel Kreta.
Im ersten Teil des Briefes (1,5-16) wird Titus daran erinnert, weswegen Paulus ihn auf Kreta zurückgelassen hat: Titus soll dort Gemeindeälteste einsetzen und die richtige Lehre gegenüber Irrlehrern verteidigen.
Der zweite Teil (2,1–3,11) enthält genauere Anweisungen für das Leben in der Gemeinde. Es werden die verschiedenen Gruppen in der Gemeinde in den Blick genommen (2,1-10): ältere und jüngere Männer, Frauen und Sklaven. Alle Mitglieder der Gemeinde sollen so leben, dass das Wort Gottes durch ihr Verhalten nicht in Verruf kommt (2,5). Der Grund für eine solche unanstößige Lebensweise ist die Gnade Gottes, die allen Menschen gilt (2,11–3,7): Sie alle sollen zum Glauben an den Retter Jesus Christus kommen. Die Christen sollen dem durch ihr Verhalten nicht im Weg stehen. Diejenigen, die eine andere Lehre verbreiten, soll Titus zurückweisen und notfalls auch aus der Gemeinde ausschließen (3,8-11).
Philemonbrief
Der Brief an Philemon ist der kürzeste Brief, der von Paulus erhalten ist. Es ist ein Bittbrief. Paulus legt darin Fürsprache für den Sklaven Onesimus bei dessen Besitzer Philemon ein. Wahrscheinlich hat Paulus den Brief zwischen 53 und 55 n. Chr. geschrieben, als er in Ephesus gefangen war (Vers 9).
Philemon gehört zur Gemeinde von Kolossä. Er ist wohl durch Paulus zum Glauben an Jesus Christus gekommen (Vers 19). Philemon besitzt einen Sklaven namens Onesimus. Aus dem Brief an Philemon geht hervor, dass es Probleme zwischen ihm und seinem Sklaven gab. Daraufhin ist Onesimus geflohen und erhofft sich nun von Paulus Unterstützung gegenüber Philemon. Paulus schickt Onesimus zusammen mit diesem Brief zu seinem Besitzer zurück. Im Brief an Philemon bittet er, Onesimus nicht zu bestrafen, sondern ihn als einen Bruder im Glauben aufnehmen (Vers 16). Außerdem bittet Paulus, dass er ihm Onesimus als Helfer zur Verfügung stellt (Vers 13-14). Sollte Onesimus einen finanziellen Schaden für Philemon verursacht haben, ist Paulus bereit, dafür aufzukommen (Vers 18-19).
Auch wenn sich Paulus sehr für den Sklaven Onesimus einsetzt, fordert er nicht, dass alle Christen ihre Sklaven freilassen sollen. Paulus ist davon überzeugt, dass diese Welt auf ihr baldiges Ende zugeht. Darum gibt es für ihn keinen Grund, die bestehenden Ordnungen zu verändern. Im ersten Brief an die Korinther rät Paulus den Sklaven, dass sie nicht versuchen sollen, freizukommen (1. Korinther 7,20-24). Andererseits macht Paulus deutlich, dass sich durch den Glauben an Jesus das Verhältnis der Menschen zueinander grundsätzlich verändert. In der Gemeinde gibt es keine Unterschiede: Alle sind Kinder Gottes (Galater 3,26-28). Das soll auch im Zusammenleben der Gemeinde erkennbar werden. Darum ist der Brief nicht an Philemon als Einzelperson gerichtet, sondern an die Gemeinde, die sich in seinem Haus trifft (Vers 1-2).
Hebräerbrief
Der Brief an die Hebräer ist seiner Form nach genau genommen kein Brief. Es fehlen die sonst üblichen Angaben zum Absender und den Empfängern. Man könnte die Schrift daher eher als Predigt bezeichnen, die mit einem briefartigen Schluss (13,22-25) endet. Die Predigt ist an eine Gemeinde gerichtet, die im Glauben zu erlahmen droht (12,12-13). In dieser Situation ermahnt der Verfasser die Christen, das empfangene Heil nicht wieder aufs Spiel zu setzen.
Die Überschrift »an die Hebräer« wurde erst in der Zeit zwischen 100 und 200 n. Chr. hinzugefügt. Schon damals hatte man die vielen Bezüge und Anspielungen auf das Alte Testament innerhalb des Briefes bemerkt und daraus geschlossen, dass sich der Brief an eine Gemeinde richtete, zu der viele Christen jüdischer Herkunft gehörten. Entstanden ist der Brief vermutlich um 90 n. Chr.
Der Hebräerbrief besteht aus drei großen Teilen. Innerhalb dieser Teile wechseln sich lehrhafte Ausführungen und Ermahnungen ab. Der erste Teil (1,1–4,13) nimmt die Grundlage aller christlicher Verkündigung in den Blick: Gottes Reden durch seinen Sohn (1,1-4). Das Reden Gottes meint dabei die Rettung und die Vergebung der Sünden, die Christus den Menschen durch seinen Tod gebracht hat. Diese Rettungstat darf nicht missachtet werden (2,1-4). Die Christen sollen den Ruf von Gottes Stimme nicht ausschlagen, wie es damals die Israeliten in der Wüste getan haben (3,7-19). Sie sollen »heute« darauf hören (4,7). Dann werden sie zu einem ewigen Ruheplatz kommen.
Der zweite Teil des Briefes (4,14–10,18) befasst sich mit der durch Jesus geschehenen Rettungstat. Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus für die Menschen die Vergebung ihrer Sünden bewirkt. Er hat weggenommen, was sie von Gott trennt. Er ist als Hohepriester für die Menschen vor Gott eingetreten, wie es die Hohepriester im Alten Testament getan haben: Einmal im Jahr – am Versöhnungstag – betrat der Hohepriester das Allerheiligste im Tempel. Er brachte Gott das Blut von Opfertieren dar, um so für das Volk und sich selbst Vergebung der Sünden zu erwirken. Jesus, der am Kreuz für die Menschen gestorben ist, ist Opfer und Hohepriester zugleich (9,11-28). Durch sein Opfer sind ein für alle Mal die Sünden aufgehoben (10,1-18). Auch in anderer Hinsicht ist Jesus ein besonderer Hohepriester: Er war ein Mensch wie alle Menschen, aber ohne eigene Sünde (4,14–5,10; 7,26-28). Im Unterschied zu den Hohepriestern im Alten Testament hat Christus das Hohepriesteramt für immer (7,1-19). Er verrichtet seinen Dienst nicht in einem vergänglichen Heiligtum auf der Erde, sondern in einem himmlischen Heiligtum (8,1-6).
Im dritten Teil (10,19–13,25) zeigt der Verfasser, was das zuvor Gesagte für das Leben der Christen bedeutet: Sie sollen an ihrem Glauben und an der Hoffnung festhalten (10,19-25; 12,12-17). Es ist wichtig, dass sie nicht erneut Schuld auf sich laden (10,26-31), auch wenn sie dafür Leid und Anfeindungen ertragen müssen (10,32-39). Um die Gemeinde zu ermutigen, erinnert der Verfasser des Briefs an die Väter und Mütter im Glauben (11,1-40), die als eine »Wolke von Zeugen« die gegenwärtige Gemeinde umgeben (12,1). Doch im Unterschied zu diesen Beispielen des Glaubens, die das Ziel nur »von ferne gesehen« haben (11,13), können die Christen ihren Blick auf Jesus richten. Er hat sie zum Glauben geführt und wird ihnen mit der endgültigen Befreiung von ihren Sünden die Vollendung bringen (12,1-3). Diese Vollendung eröffnet den Zugang zum himmlischen Jerusalem (12,22).
Auch wenn wir aus dem Brief keine genauen Informationen über die Empfänger erhalten, so lässt sich erahnen, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten: Die erste Begeisterung für den Glauben ist gewichen, vielleicht auch weil der Gemeinde Verfolgungen und Bedrängnisse drohten. Manche Christen sind den Versammlungen der Gemeinde ferngeblieben (10,25). In dieser Situation macht der Schreiber des Briefes klar: Wer einmal die Stimme Gottes gehört und an der Rettungstat von Jesus Anteil bekommen hat, darf nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Jesus hat durch sein Opfer für immer aufgehoben, was die Menschen von Gott trennt. Es ist für den Verfasser des Hebräerbriefes unvorstellbar, dass jemand, der vom Glauben an Jesus abgefallen ist, erneut Anteil an der Rettung bekommen kann (6,4-12; 10,26-31).
Jakobusbrief
Der Brief des Jakobus ist nach seinem Absender benannt: Jakobus war ein Bruder von Jesus (Markus 6,3) und leitete gemeinsam mit Petrus und Johannes die Gemeinde in Jerusalem (Galater 2,9). Ob der Brief aber tatsächlich von dem Herrenbruder stammt, ist umstritten. Denn er setzt die Wirksamkeit der paulinischen Theologie voraus, was für eine spätere Abfassung etwa in der Zeit zwischen 80 und 90 n. Chr. spricht. Empfänger sind die zwölf Stämme Israels, die über die ganze Welt verstreut leben (1,1). Damit sind Menschen gemeint, die an Jesus Christus glauben und als das neue Gottesvolk unter Menschen anderen Glaubens leben.
Der Form nach handelt es sich beim Jakobusbrief eher um ein Lehrschreiben als um einen Brief. So fehlt ein persönlicher Schlussgruß. Die Themen des Briefes sind recht lose aneinandergereiht. Der erste Briefteil (1,19–3,12) beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Verhältnis zwischen Glauben und Handeln: Die Christen scheinen vergessen zu haben, dass Hören und Tun eine Einheit bilden und dass
dem Glauben auch ein entsprechendes Handeln folgen muss (1,19-27; 2,14-26). Das soll sich auch im Umgang mit den Armen in der Gemeinde zeigen: Die Reichen dürfen nicht bevorzugt und die Armen nicht verachtet werden (1,9-11; 2,1-7). Auch vor der Macht der Worte wird gewarnt: Worte können Gutes, aber auch Böses bewirken (3,1-12). Im zweiten Teil (3,13–5,6) folgen weitere Ermahnungen. Der Verfasser warnt vor Streit (4,1-10) und Verurteilung (4,11-12). Nur aus der Weisheit, die von Gott kommt, entstehen Gerechtigkeit und Frieden (3,13-18).
Das Hauptthema des Briefes ist die Kritik an einem Glauben, dem keine Taten folgen. Sie könnte sich gegen ein Missverständnis der Verkündigung des Paulus richten. Paulus betonte, dass Gott den Menschen aus Gnade annimmt und nicht, weil er das Gesetz befolgt (Galater 2,15-16). Doch manche Christen scheinen die Botschaft von der Gnade Gottes so missverstanden zu haben, dass es auf das Tun nicht mehr ankommt.
Erster Petrusbrief
Als Verfasser des Briefes wird der Apostel Petrus genannt (1,1). Dann hätte er ihn kurz vor seiner Hinrichtung unter Kaiser Nero um das Jahr 64 n. Chr. in Rom geschrieben. Allerdings war zu dieser Zeit der christliche Glaube in Kleinasien noch nicht weit verbreitet. Darum gehen heute viele davon aus, dass der Brief erst zwischen 90 und 100 n. Chr. entstanden ist.
Im ersten Teil des Briefes (1,13–2,10) wird erklärt, warum es so wichtig ist, dass die Christen trotz aller Bedrängnisse am Glauben festhalten. Sie sind von Gott erwählt zu seinem gehorsamen Volk und seiner heiligen Priesterschaft (1,2; 2,5-10). Sie leben aus einer Hoffnung heraus, deren Grundlage die Auferweckung Jesu von den Toten ist (1,3-12). Durch das Blut von Jesus sind sie freigekauft von ihrem bisherigen Leben und gehören nun zu Gott. So sollen sie deshalb auch leben: heilig und in Ehrfurcht vor Gott (1,15-19). Die Gemeinde wird mit einem Haus verglichen, in dem Gottes Geist wohnt (2,1-9). Dabei ist Christus der Grundstein, die Christen aber sind die lebendigen Steine dieses Hauses.
Im zweiten Teil (2,11–3,12) ermahnt der Verfasser die Christen, ein ordentliches und vorbildliches Leben zu führen. Sie sollen ihren Mitmenschen keinen Anlass zu übler Nachrede geben, sondern durch ihr Verhalten alle Verleumdungen widerlegen (2,11-17; 3,1-12). Wenn jemand trotzdem zu Unrecht leidet, folgt er damit dem Beispiel von Christus (2,18-25).
Im dritten Teil (3,13–4,19) tröstet der Verfasser die Christen: Er macht ihnen bewusst, dass sie für eine gute Sache leiden (3,13-17; 4,12-19). Doch dieses Leiden – so heißt es am Schluss des Briefes – dauert nur kurze Zeit, aber die Teilhabe an Gottes Herrlichkeit ist unvergänglich (5,10).
Zweiter Petrusbrief
Der Verfasser schreibt in der Autorität des Petrus und beruft sich auf die besondere Anerkennung, die der Jünger und Apostel Petrus in den Gemeinden hatte. Auf diese eindrückliche Weise versuchte er, die Christen vor Irrlehrern zu warnen. Diese behaupteten nämlich, dass Christus nicht wiederkommen werde. Demgegenüber erinnert der Verfasser des Briefes an das, was bereits die Apostel und Propheten angekündigt haben (1,16-21). Die falschen Lehrer werden sich schnell selbst den Untergang bereiten (2,1-11). Nicht nur an ihrer Lehre, sondern auch an ihrem ausschweifenden Lebenswandel kann man sie erkennen (2,12-22). Möglicherweise glauben sie, dass ihr Geist schon zur himmlischen Welt gehört, und nehmen sich deshalb in ihrem Verhalten jede Freiheit heraus.
Schließlich geht der Brief auch inhaltlich auf die Behauptungen der Irrlehrer ein (3,1-9). Er hält an der Überzeugung fest, dass Christus wiederkommen wird. Die ersten Christen hatten damit gerechnet, dass dies bald geschehen würde. Aber je mehr Zeit verging, umso größer wurde die Unsicherheit. Der Verfasser des Briefes erinnert daran, dass Gott andere Zeitbegriffe hat. Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag (Psalm 90,4; 2. Petrus 3,8). Was Menschen für eine Verzögerung halten, ist in Wirklichkeit ein Zeichen für Gottes Geduld (3,9): Gott gibt den Menschen Zeit, ihr Leben zu ändern. Am Ende muss diese Welt aber vergehen. Sie macht einer neuen Welt Platz, in der Gottes Gerechtigkeit überall gegenwärtig ist (3,10-13). Darauf können und sollen die Christen geduldig warten.
Erster Johannesbrief
Der erste Johannesbrief enthält selbst keine Angabe über seinen Verfasser. Schon früh in der Kirchengeschichte gab es verschiedene Vermutungen, wer ihn geschrieben hat. Man hat sprachliche und inhaltliche Ähnlichkeiten zum Johannesevangelium entdeckt und angenommen, dass beide Schriften vom selben Verfasser stammen. Daher haben diese Schriften bis heute ihren Namen, auch wenn sie wahrscheinlich erst später, um das Jahr 100 n. Chr., entstanden sind.
Der Form nach ist der erste Johannesbrief ein Lehrschreiben, in dem lehrende und ermahnende Abschnitte sich abwechseln. Der Verfasser wollte in Auseinandersetzungen über die richtige Lehre Klarheit schaffen. Offenbar sind Irrlehrer in der Gemeinde aufgetreten, die behaupteten, dass Jesus nur scheinbar menschliche Gestalt angenommen hat und daher auch nicht wirklich am Kreuz gestorben ist.
Am Beginn des Briefes steht ein Vorwort (1,1-4). Schon hier, aber auch an späterer Stelle (4,1-6), stellt der Verfasser der falschen Lehre das Bekenntnis entgegen: Jesus Christus, das Wort Gottes, ist wirklich Mensch geworden. Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus den Menschen die Vergebung ihrer Sünden und die Gemeinschaft mit Gott geschenkt (1,5–2,2). Darin zeigt sich, wie sehr Gott die Menschen liebt (3,1). Die Liebe ist deshalb auch die treffendste Beschreibung für das Wesen Gottes: Gott ist Liebe, und in seinem Sohn Jesus Christus ist diese Liebe bei uns sichtbar geworden (4,7-21).
Für das Leben der Christen ist damit die Verpflichtung verbunden, Gottes Gebote zu halten und vor allem in Liebe untereinander zu leben (2,3-17; 3,11-24). Wer behauptet, Gott zu lieben, ohne dass er seinen Bruder oder seine Schwester liebt, der lügt (4,19–21). Aber wenn die Christen einander lieben, ist Gott bei ihnen gegenwärtig und mit ihnen verbunden (4,12). Und wer mit Gott verbunden ist, der kann auch durch Irrlehren nicht mehr verunsichert werden. Er wird voller Zuversicht darauf warten, dass Jesus wiederkommt (2,28), und von ihm das ewige Leben empfangen (2,25).
Zweiter Johannesbrief
Im zweiten und dritten Johannesbrief sind Briefanfang und Briefschluss deutlich zu erkennen. Im Unterschied zum ersten Johannesbrief handelt es sich bei ihnen also nicht um ein Lehrschreiben, sondern um Briefe, wie sie in der Antike üblich waren. Der Absender des zweiten und dritten Johannesbriefs scheint bei den Empfängern eine anerkannte Persönlichkeit gewesen zu sein, der sich nur als »der Älteste« vorzustellen brauchte (Vers 1).
Der Briefanfang nennt als Empfängerin »die auserwählte Herrin und ihre Kinder« (Vers 1). Damit ist nicht eine bestimmte Person gemeint, sondern die Gemeinde. Hinter dem Absender steht ebenfalls eine Gemeinde. Sie bezeichnet sich im Briefschluss als „Schwester“ der angeschriebenen Gemeinde (Vers 13).
Der zweite Johannesbrief setzt sich mit Irrlehrern auseinander − offenbar sind es dieselben wie im ersten Johannesbrief: Sie bestreiten, dass Jesus Christus wirklich Mensch geworden ist (Vers 7). Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen findet hier aber nicht statt.
Die Liebe der Christen untereinander und das Festhalten an der Wahrheit sind weitere wichtige Themen des zweiten Johannesbriefs (Vers 4-6). Gegenüber denjenigen, die die falsche Lehre verbreiten, soll sich die Gemeinde aber deutlich abgrenzen. Der Verfasser warnt eindringlich davor, sie bei sich aufzunehmen und ihnen Gastfreundschaft zu erweisen (Vers 7-11).
Dritter Johannesbrief
Der dritte Johannesbrief stammt von demselben Verfasser wie der zweite Johannesbrief: Er nennt sich selbst »der Älteste« und war damals wohl eine bekannte Persönlichkeit. Als Empfänger des Briefes wird ein Mann namens Gaius genannt, über den aber weiter nichts bekannt ist. Der in Vers 12 erwähnte Demetrius ist wahrscheinlich der Bote, der den Brief an Gaius überbracht hat.
Am Beginn des Briefes lobt »der Älteste« zunächst Gaius dafür, dass er die zu ihm gesandten Wandermissionare beherbergt und für die Weiterreise ausgerüstet hat (Vers 5-8). Dagegen wurden den Missionaren durch einen gewissen Diotrephes große Hindernisse in den Weg gelegt. Dieser strebte wohl die Leitung der Gemeinde an. Er verweigerte den Missionaren nicht nur die Aufnahme, sondern drohte auch denen mit dem Ausschluss aus der Gemeinde, die sie unterstützten. Außerdem verleumdete er »den Ältesten« (Vers 9-11). Am Schluss des Briefes kündigt »der Älteste« seinen baldigen Besuch an (Vers 13-14).
Was genau zu den Auseinandersetzungen geführt hat, von denen im dritten Johannesbrief die Rede ist, weiß man nicht. Möglicherweise hat sich in der Zwischenzeit der Streit um die richtige Lehre zugespitzt, von dem in den anderen Johannesbriefen die Rede ist.
Judasbrief
Der Absender des Briefes stellt sich mit dem Namen Judas und »Bruder des Jakobus« vor (Vers 1). Jakobus wiederum war der Bruder von Jesus und ein Leiter der Gemeinde in Jerusalem (Galater 2,9). In Vers 17 wird jedoch auf die Zeit der Apostel bereits zurückgeblickt, als ob diese schon eine ganze Weile zurückliegt. Deshalb nimmt man an, dass der Brief aus späterer Zeit stammt und vermutlich um das Jahr 100 n. Chr. Geschrieben wurde.
Der Judasbrief richtet sich gegen Irrlehrer, die die Gemeinde spalten und den Glauben gefährden. Welche Irrlehre sie genau verbreiten, lässt sich aus dem Brief nicht erkennen. Sie werden aber ähnlich beschrieben wie die Irrlehrer im zweiten Petrusbrief: Der Verfasser wirft ihnen vor, dass sie die Botschaft von der Gnade Gottes als Freibrief für ein ausschweifendes und zügelloses Leben missbrauchen (Vers 4). Sie fühlen sich sogar himmlischen Mächten überlegen und weisen den Herrschaftsanspruch Gottes zurück (Vers 8).
Das Wirken der Irrlehrer wird mit dem verglichen, was in Sodom und Gomorra geschah, bevor diese Städte bestraft und vernichtet wurden (1. Mose/Genesis 19). Überhaupt beruft sich der Verfasser immer wieder auf das Alte Testament und andere jüdische Überlieferungen. Diese Beispiele sollen der Gemeinde den Ernst der Lage verdeutlichen (Vers 5-7). Sie unterstreichen, wie schändlich das Handeln der Irrlehrer ist und wie unausweichlich das Gericht, das sie dafür zu erwarten haben (Vers 8-16).
Die Christen sollen sich dagegen an den Glauben halten, der von den Aposteln verkündet wurde (Vers 17-23). Sie sollen sich im Gebet vom Heiligen Geist leiten lassen und an der Liebe Gottes festhalten. Dann können sie darauf vertrauen, dass Christus ihnen das ewige Leben schenken wird.