Redewendungen der Lutherbibel: 28/52
Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. (Hebräer 4,12, Lutherbibel 2017)
Ein Schrei, ein Blick oder auch ein Erlebnis geht uns durch Mark und Bein - so sagen wir, wenn wir etwas als besonders unangenehm, schmerzhaft oder emotional erschütternd bezeichnen. Luther hat mit dieser Formulierung von Mark und Bein eine Stelle im neutestamentlichen Hebräerbrief übersetzt. Dort ist von der Kraft des gepredigten Wortes Gottes die Rede, die den Menschen in seinem Innersten erreicht. Wer dieses Wort hört und von ihm getroffen wird, sagt der unbekannte Autor des Briefes, wird überrascht sein von seiner Kraft. Die im ursprachlich griechischen Text eigentlich unverständliche Zuordnung von „Gelenk und Knochenmark“ hat Luther in seiner Übersetzung sprachlich verbessert. Denn mit „Mark und Bein“ führt er das im Text vorliegende Bild von der schneidenden Durchdringung des ganzen Menschen fort im Hinblick auf die Durchtrennung der Knochen. Lediglich aufgrund des sprachlichen Klangs hat Luther die Reihenfolge „Mark und Bein“ gewählt, wissend, dass sie dem Vorgang des Durchtrennens von außen nach innen nicht entspricht.
Stefan Wittig