Redewendungen der Lutherbibel: 51/52
Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten. Halme ohne Ähren bringen kein Mehl; sollten sie doch etwas bringen, verschlingen es Fremde. (Hosea 8,7, Lutherbibel 2017)
Unser Sprichwort ist eine Mahnung, die Konsequenzen des eigenen Handelns im Blick zu behalten. Auch wird mit diesem Satz oft eine Reaktion der Rache angekündigt, die das Ausmaß der Schadenshandlung des Täters weit übersteigen werde. Doch wer auf den biblischen Ursprung unseres Sprichwortes blickt, mag fragen, ob dieses Wort als Racheandrohung eines Menschen überhaupt statthaft ist. Zwar durch den Propheten Hosea vorgetragen, versteht es sich doch als Teil einer Gottesrede. Und auch wenn Gott hier darüber klagt, dass sein Volk Israel nicht ihm, sondern den selbstgemachten Götzen nachlaufe, mit Rache wird hier nicht gedroht. Das Wort beschränkt sich darauf, den altbekannten Zusammenhang von aktuellem Handeln und zukünftigem Schicksal, von Tun und Ergehen in Erinnerung zu rufen. Große Teile des Alten Testaments sehen darin eine von Gott der Welt mitgegebene Gesetzmäßigkeit. Und die wird hier am Ernteleben aufgezeigt: Tat ist Saat, die eines Tages als ein Vielfaches zur Ernte ansteht. Aus der Saat des Windhauchs kann über kurz oder lang der alles zerstörende Sturm werden, von dem wir dann sagen: Das habe ich nicht gewollt!
Stefan Wittig