Redewendungen der Lutherbibel: 24/52
Und die ganze Versammlung stand auf, und sie führten ihn vor Pilatus (Lukas 23,1, Lutherbibel 2017)
Niemand läuft gerne von Pontius zu Pilatus, genauso wenig wie sich jemand gerne „von Pontius zu Pilatus schicken“ lässt. Gemeint ist, in einer Sache viele und zumeist unnütze Wege machen zu müssen. Wer sich darüber beschweren möchte, der greift zurück auf die Formulierung mit dem römischen Statthalter von Judäa der Jahre 26 bis 36 nach der Zeitenwende. Dabei wird allerdings nicht mehr deutlich, dass es sich bei „Pontius“ und „Pilatus“ um den Familien- und den Beinamen ein und derselben Person handelt. Zur Familie der Pontier gehörig (Pontius) charakterisierte der Beiname Pilatus den Mann wohl als „Speerträger“. Seinen Vornamen kennen wir hingegen nicht.
Hintergrund der Redewendung ist die Erzählung über Jesu Passion laut dem Lukasevangelium. Danach wird Jesus in Jerusalem vom jüdischen Hohen Rat zu Pilatus als oberstem Repräsentanten der römischen Besatzungsmacht in Judäa gebracht, um bei diesem ein Todesurteil für Jesus zu erwirken. Als Pilatus aber erfährt, dass Jesus ein Galiläer ist, sendet er ihn weiter zu Herodes, Regent über Galiläa, der sich damals zufällig in Jerusalem aufhält. Herodes verhört Jesus, verspottet ihn dann und schickt ihn schließlich zu Pilatus zurück, der erst im Folgenden sein Todesurteil fällt. Anfangs- und Zielpunkt des umständlichen Weges bis zur Verurteilung wird in der Redewendung also jeweils mit einem Namensbestandteil des Statthalters verknüpft.
Stefan Wittig