Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2008)

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1. Name

Der Ortsname Adullam (עֲדֻלָּם) wird gängigerweise von einer Verbalwurzel עדל (‘dl) hergeleitet, die im biblischen Hebräisch nicht belegt ist und mit dem akkadischen Verb edēlu „verschließen, verriegeln, versperren“ in Verbindung stehen soll. Folglich wäre die Bedeutung des Namens Adullam „verschlossener / verriegelter / versperrter Ort“.

Die Septuaginta transkribiert den hebräischen Ortsnamen durchgehend mit Οδολλαμ.

2. Biblische Überlieferung

Adullam wird in der Hebräischen Bibel acht Mal explizit erwähnt (Jos 12,15; Jos 15,35; 1Sam 22,1; 2Sam 23,13; 1Chr 11,15; 2Chr 11,7; Neh 11,30 und Mi 1,15). Zusätzlich findet sich in Gen 38 drei Mal die Bezeichnung עדלמי „Adullamiter“ (Gen 38,1.12.20). In der Mehrzahl der Belege (Gen 38,1.12.20; Jos 12,15; Jos 15,35; 2Chr 11,7; Neh 11,30; Mi 1,15) ist Adullam der Name einer Stadt oder Siedlung im Westen des judäischen Berglands. In 1Sam 22,1; 2Sam 23,13 (= 1Chr 11,15) hingegen scheint mit dem Namen Adullam eher eine geologische Formation verbunden zu sein, ist hier doch von einer „Höhle (von) Adullam“ die Rede. Trotz dieser Differenzen besteht kein Grund, von zwei unterschiedlichen Plätzen auszugehen – vielmehr wird in den Texten derselbe Ort unter verschiedenen Aspekten betrachtet.

Im Zusammenhang mit der Höhle Adullam ist stets auch von einer „Festung“ (מצודה) Davids die Rede (vgl. 1Sam 22,4-5 [in der Einheitsübersetzung mit „unzugänglichen Bergen“ wiedergegeben]; 2Sam 23,14; 1Chr 11,16), wobei Festung und Höhle zumindest in 2Sam 23,13-14 (= 1Chr 11,15-16) recht eindeutig miteinander identifiziert werden. Daran anschließend werden bisweilen auch die Erwähnungen einer nicht näher lokalisierten Festung in 1Sam 24,23; 2Sam 5,17; 1Chr 12,9.17 mit Adullam in Verbindung gebracht, ohne dass diese Gleichsetzung zwingend wäre.

Als Stadt bzw. Siedlung kommt Adullam in der Bibel zunächst mit seiner – historisch nicht greifbaren – kanaanäischen Vorgeschichte in den Blick. So erzählt Gen 38 von verschiedenen Beziehungen, die der Patriarch → Juda zu Adullam und dessen kanaanäischen Bewohnern pflegt: Er unterhält eine Freundschaft zu einem Bewohner der Stadt namens Hira (Gen 38,1.12.20) und heiratet die im Bibeltext namenlose Tochter des Kanaaniters Schua (Gen 38,2-5.12).

Jos 12,15 hingegen führt im Rahmen einer listenartigen Aufzählung den Stadtkönig von Adullam als einen von insgesamt 31 kanaanäischen Herrschern an, die von Josua und den Israeliten im Zuge der Landnahme geschlagen worden sind.

In der Zeit nach der Landnahme wird Adullam stets explizit als judäische Siedlung charakterisiert, scheint also fest mit dem Stamm bzw. dem Königreich Juda verbunden. So wird es bereits bei der Verteilung des Landes Israel an die Stämme durch → Josua (vgl. Jos 13-21) im Zusammenhang mit der Umschreibung jener Gebiete und Siedlungen genannt, die dem Stamm Juda als Wohnsitz zufallen (Jos 15,35). 2Chr 11,7 führt den Ort im Rahmen einer Auflistung von judäischen Städten bzw. Grenzstädten an, die unter König → Rehabeam zu Festungen ausgebaut werden (vgl. 2Chr 11,5-10), und Neh 11,30 erwähnt Adullam innerhalb einer Aufzählung der Wohnorte der aus dem Babylonischen → Exil heimgekehrten Judäer.

Lediglich in der Davidserzählung ist von der Höhle (von) Adullam die Rede (1Sam 22,1-2; 2Sam 23,13-17; 1Chr 11,15-19), wobei der Terminus „Höhle“ auf den besonderen Charakter Adullams als Rückzugsort oder Versteck zu verweisen scheint, der in allen hier relevanten Texten gegeben ist. So erzählt 1Sam 22,1-2 davon, dass → David auf seiner Flucht vor → Saul nach Adullam gelangt und den entlegenen Platz als sicheren Rückzugsort nutzt, an dem er sich selbst und vorübergehend auch seine Sippe vor dem Zugriff Sauls in Sicherheit bringen kann (1Sam 22,1). Noch wichtiger aber ist, dass David hier eine 400 Mann starke Truppe von „outlaws“ um sich sammelt, die ihm fortan bei seinen Unternehmungen als „Privatarmee“ zur Verfügung steht (1Sam 22,2).

Mit seinem Flüchtlingsschicksal verbunden markiert Adullam einen Tiefpunkt in der Biographie Davids. Darauf spielt wohl der Vers Mi 1,15 an, der – auf die Begebenheiten aus Davids Anfangszeit zurückverweisend – den Namen Adullam als eine Art Chiffre für die mehr als bescheidenen und schmachvollen Anfänge des ruhmreichen davidischen Königtums verwendet, auf die es – in Folge des in Mi 1,10-16 angedeuteten Kriegszugs gegen Juda – wieder zurückgeworfen wird.

Zugleich repräsentiert Adullam einen Wendepunkt, an dem David mit der Rekrutierung seiner Söldnerarmee den Grundstein für eine eigenständige Machtbasis und für seinen fortan tatkräftig verfolgten Aufstieg zum Königtum über Juda und Israel legt.

Auch in 2Sam 23,13-17 (= 1Chr 11,15-19) erscheint die „Höhle Adullam“ (2Sam 23,13) bzw. die „Bergfestung“ (2Sam 23,14) als Stützpunkt und Rückzugsort Davids – dieses Mal bei seinen Kämpfen gegen die Philister – sowie als Ausgangspunkt einer besonders kühnen Heldentat dreier seiner Gefährten.

In den deuterokanonischen Büchern des Alten Testaments ist Adullam einmal zu finden (2Makk 12,38), wo es – ähnlich wie in der Davidsgeschichte – als ein Rückzugsort in militärischen Auseinandersetzungen von Bedeutung ist. → Judas Makkabäus führt nach einer Schlacht gegen den seleukidischen General Gorgias sein Heer nach Adullam, um die in der Schlacht gefallenen Juden in Ruhe begraben zu können (vgl. 2Makk 12,39-45).

3. Lage und Identifizierung

Adullam 2

Das biblische Adullam wird nach → Eusebs Onomasticon (24, 21f) auf dem Šēch Maḏkūr lokalisiert, einem Hügel auf der Westseite des Wādī eṣ-Ṣur, das in der Bibel Terebinthental heißt (Koordinaten: 150.117; N 31° 39' 06'', E 34° 59' 41''). Dieses Wadi markiert den Übergang zwischen dem judäischen Bergland im Osten und dem flacheren Hügelland der Schefela im Westen. Der Hügel Šēch Maḏkūr, der sich etwa 100m über dem Talgrund des Wadis erhebt, liegt ca. 16 km nordwestlich von → Hebron. Durch die Hügellage über dem ausgedehnten Wadi hat der Ort die exponierte Lage, die in den biblischen Texten vorausgesetzt wird, die Adullam als Rückzugsort oder Festung darstellen (vgl. 1Sam 22,1; 2Sam 23,13; 1Chr 11,15; 2Chr 11,7). Auf dem Gipfelplateau befinden sich heute die Ruinen eines arabischen Dorfes, Chirbet eš-Šēch Maḏkūr, in deren Nähe auch zwei – teilweise künstlich erweiterte – Höhlen gefunden wurden, die vielleicht mit der biblischen Rede von der Höhle (von) Adullam zusammenhängen.

Der alte Ortsname Adullam hat sich möglicherweise – in verballhornter Form – in dem Namen eines alten Brunnens, des Bi’r ‘Id el Mije, erhalten (‘dlm > ‘id el mije), der sich am Fuß des Hügels auf der Nordseite befindet.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • אנציכלופדיה מקראית (Encyclopedia Biblica), Jerusalem 1964-1982
  • Dictionnaire Archéologique de la Bible, Paris 1970
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • Archaeological Encyclopedia of the Holy Land, New York / London 2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Dietrich, W., 1997, Die frühe Königszeit in Israel. 10. Jahrhundert v. Chr. (BE 3), Stuttgart u.a.
  • Elitzur, Y., 2004, Ancient Place Names in the Holy Land. Preservation and History, Jerusalem
  • Japhet, S., 2002, 1 Chronik (HThK.AT), Freiburg u.a.
  • Japhet S., 2003, 2 Chronik (HThK.AT), Freiburg u.a.
  • Keel, O. / Küchler, M., 1982, Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land. Bd.2: Der Süden, Göttingen
  • Kessler, R., 1999, Micha (HThK.AT), Freiburg u.a.
  • Klein, R.W., 1983, 1 Samuel (WBC 10), Waco (Texas)
  • Schroer, S., 1992, Die Samuelbücher (NSK.AT 7), Stuttgart
  • Stoebe, H.J., 1973, Das erste Buch Samuelis (KAT 8.1), Gütersloh

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Adullam. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Satellitenbild des Gebiets von Adullam. © Google Earth (Zugriff 15.2.2008); Beschriftung Klaus Koenen

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