Assur (Stadt)
Andere Schreibweise: Asur; Assor; Asor; Aššur
(erstellt: Januar 2017)
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→ Assyrien
1. Lage und Name
Das antike Stadtgebiet von Assur (arab. Qal‘at Šerqāṭ) erstreckt sich über eine Fläche von ca. 65 ha am westlichen Ufer des → Tigris
Die Etymologie des Namens ist unklar. Assur wird in den assyrischen Inschriften zur Bezeichnung der Stadt (sumerisch: uru, akkadisch: ālu), des Stadtgottes (sumerisch: dingir, akkadisch: ilu) und des Landes (sumerisch: kur, akkadisch: mātu) verwendet. Die Unterscheidung wird durch das Hinzufügen von Determinativen in der Keilschrift deutlich gemacht (uruAššur, dAššur, kurAššur) oder geht aus dem Kontext hervor. Stellenweise scheint diesbezüglich aber auch Uneindeutigkeit beabsichtigt worden zu sein (Veenhof, 652). Von Assur leitet sich die latinisierte Form → Assyrien
Zu den Erwähnungen von Assur in den Bibeltexten siehe bei Frahm 2011; Haug, 59; Weissert.
2. Grabungs- und Forschungsgeschichte
Eine frühe Beschreibung des antiken Stadtgebiets hat Claudius J. Rich 1821 veröffentlicht. Erste, wenig umfangreiche Ausgrabungen erfolgten unter John Ross 1936 (451), William F. Ainsworth 1840, Henry Layard und Hormuzd Rassam (1847, 1849, 1853) sowie George Smith (1873). Die groß angelegte Erforschung des Ruinengeländes begann 1903 unter Robert Koldewey im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft (Renger 2011), der die Leitung der Ausgrabung nach kurzer Zeit an Walter Andrae übergab (Matthes). Die Grabungstätigkeit dauerte ohne Unterbrechung bis zum April 1914 an und wurde dann planmäßig beendet.
Die Ausgrabungen wurden von Beginn an systematisch und einem offensichtlichen Plan folgend durchgeführt. Dabei standen zunächst die Paläste und Tempel an der Nordseite der Stadt im Zentrum des Interesses. Später erfolgte die Untersuchung des gesamten Stadtgebiets, teilweise durch regelmäßig angelegte Suchgräben, die das Aussehen des heutigen Geländes immer noch prägen.
Die Grabungstechnik und -dokumentation der Ausgräber müssen im Vergleich mit dem damaligen Kenntnisstand als vorbildlich und richtungweisend eingestuft werden (Bär 2003a). Hinter den heutigen Methoden stehen sie freilich weit zurück.
Während der Ausgrabung schickten Andrae und seine Mitarbeiter regelmäßig Berichte über den Fortgang und die Ergebnisse der Arbeiten nach Berlin. Sie wurden in den Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft (MDOG) veröffentlicht.
Umfangreiche Publikationen zu einzelnen Grabungsbereichen und Objektgruppen wurden bereits während der Ausgrabung und nach Abschluss der Arbeiten im Feld in den Wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft (WVDOG) vorgelegt.
1979 wurden die Ausgrabungen in Assur unter Leitung des irakischen Antikendienstes fortgesetzt.
Einzelne Grabungskampagnen führten von deutscher Seite Reinhard Dittmann (1988-1989), Barthel Hrouda (1989-1990) und Peter Miglus (2000-2001) durch (http://www.assur.de/Themen/Bibliographie/bibliographie.html
Von 1997-2010 wurden die „Alt-Grabungen“ in Assur im Rahmen des in Berlin ansässigen und von Johannes Renger geleiteten Assur-Projekts (Renger) Gegenstand einer umfassenden Neubearbeitung (http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/altorient/forschungsprojekte/Projektarchiv/assur/
Seit 2004 erfolgt an einer Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften die „Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur“ unter Leitung von Stefan M. Maul (http://www.haw.uni-heidelberg.de/forschung/forschungsstellen/keilschrift/index.de.html
3. Historischer Überblick
3.1. Jünger frühdynastische Zeit
Die frühesten substantiellen Siedlungsreste, die bei den Grabungen in Assur im Bereich der Ischtar-Tempel (s.u. 4.2.4.) freigelegt wurden, datieren in die jünger frühdynastische Zeit etwa um 2500-2350 v. Chr. Inschriften aus dieser Periode sind aus Assur bislang nicht bekannt.
3.2. Akkad-Zeit
Assur war zumindest zeitweise Bestandteil des Reiches der Könige von Akkad (etwa 2350-2200 v. Chr.). Dies legen die Schriftquellen nahe (Neumann). Genaueres zur Rolle Assurs lässt sich anhand der wenigen Baureste, Objekte (Hockmann) und Inschriften, die bei den Ausgrabungen entdeckt wurden und der Akkad-Zeit zugeordnet werden können, nicht sagen. Assur wird in den Texten aus Gasur erwähnt (Schrakamp, 232).
3.3. Neusumerische Zeit / Ur III-Zeit
Assur war gegen Ende des 3. Jt.s v. Chr. für einen unbestimmten Zeitraum Bestandteil des Reiches der Könige der 3. Dynastie von Ur (Ur III-Zeit) (Michalowski; Sallaberger / Schrakamp, 131). Die Grabungen haben kaum Befunde und Funde aus dieser Zeit erbracht (Hockmann).
3.4. Altassyrische Zeit
Während des ersten Drittels des 2. Jt.s v. Chr. wird Assur zum Dreh- und Angelpunkt eines weit ausgedehnten Handelsnetzes, das sich von Anatolien bis in den Iran und nach Südmesopotamien erstreckte (Barjamovic u.a.; Dercksen; Michel; Veenhof / Eidem). Hauptinformationsquelle für diesen Zeitraum sind die über 23000 mit Keilschrift beschriebenen Tontafeln aus der altassyrischen Handelsniederlassung in der anatolischen Stadt Kanesch (Kültepe), die etwa 22 km nordöstlich von Kayseri liegt (Veenhof / Eidem, 41-58). Aus Assur gibt es aus diesem Zeitraum nur wenige Texte und kaum archäologische Zeugnisse.
Ende des 19. Jh.s v. Chr. eroberte Schamschi-Adad I. (1808-1776 v. Chr.) die Stadt Assur und verleibte sie seinem obermesopotamischen Reich ein. Schamschi-Adad I. war aber – obwohl er später in der Assyrischen Königsliste (Sallaberger / Schrakamp, 31-32) erscheint – kein assyrischer Herrscher, sondern ein Usurpator, der vermutlich aus der Stadt Ekallātum stammte (Veenhof / Eidem, 24).
Es sollte vermieden werden, für die altassyrische Zeit von einem ‚assyrischen Reich’ zu sprechen. Assur war nach aktuellem Kenntnisstand ein Stadtstaat von begrenzter territorialer Ausdehnung. Die Bedeutung der Stadt bemisst sich nicht an militärischer Stärke, sondern an ihrer Rolle als Handelszentrum. Die altassyrischen Herrscher vor Schamschi-Adad I. führen nie den Titel ‚König’ (sumerisch lugal, akkadisch šarrum) und lehnen sich in ihrer bildlichen Selbstdarstellung an südmesopotamische Vorbilder an.
3.5. Dunkles Zeitalter und Mitanni-Herrschaft
Der Zeitraum ab etwa 1700 bis etwa 1500 v. Chr. stellt sich uns bezüglich der Stadt Assur als dunkles Zeitalter dar, weil keine oder kaum schriftliche Quellen verfügbar sind. Assur verlor anscheinend seine Rolle als wichtiger Handelsplatz und wird irgendwann Teil des sich über weite Teile Obermesopotamiens und Nordsyriens erstreckenden Mitanni-Reiches (Lion).
3.6. Mittelassyrische Zeit (ca. 1500-1000 v. Chr.)
Dem assyrischen Herrscher Assuruballit I. (1353-1318 v. Chr.) gelang es, die Oberherrschaft der Mitanni endgültig abzuschütteln. Er nahm Kontakt zu den bedeutenden Großreichen der späten Bronzezeit auf (Moran) und führte als erster assyrischer Herrscher den Titel „König“ (akkadisch: šarru).
In der Folge bemühten sich die assyrischen Könige erfolgreich um die Vergrößerung ihres Herrschaftsgebiets. Die immer umfangreicheren Königsinschriften (s.u. 6.) berichten von den entsprechenden Taten. Der Höhepunkt assyrischer Expansionsbestrebungen wurde im 13. Jh. unter den Herrschern Adad-nerari I., Salmanassar I. und Tukulti-Ninurta I. erreicht. Letzterem gelang sogar die Unterwerfung des Erzrivalen Babylon (Jakob 2013).
Anschließend büßte Assyrien einen Teil seiner Territorien ein und musste in politischer und militärischer Hinsicht Niederlagen hinnehmen. Das Blatt wendete sich erneut unter der Herrschaft Tiglat-pilesers I. (1114-1076 v. Chr.), der bei seinen Feldzügen bis an die Küste des Mittelmeers vordrang und Babylon erneut besiegte (Jakob 2011, 206-207). Es folgte wiederum eine Phase des Niedergangs.
Die erfolgreichen Feld- und Beutezüge der mittelassyrischen Könige resultierten in einer regen Bautätigkeit in Assur, das als Hauptstadt und Zentrum des Reiches mit prächtigen Bauwerken ausgestattet wurde. Der Gott Assur gewann dabei immens an Bedeutung und wurde zum Gott des gesamten Reiches. Sein Tempel in der Stadt Assur (s.u. 4.2.1.) spielte dabei eine zentrale Rolle für die Ideologie der assyrischen Herrscher.
In mittelassyrischer Zeit treten in Bildern und Texten erstmals in größerem Umfang Charakteristika einer spezifisch assyrischen Kultur hervor, die teilweise bis in die neuassyrische Zeit tradiert wurden.
3.7. Neuassyrische Zeit (ca. 1000-609 v. Chr.)
Assurnasirpal II. verlegte die Hauptstadt von Assur nach → Kalchu
Assur wurde im Jahr 614 v. Chr. von den Medern erobert und nachhaltig zerstört (Miglus 2003). Dieses Ereignis läutete den raschen Untergang des neuassyrischen Reiches ein (Machinist 1997).
3.8. Nachassyrische Besiedlungsphasen
In der parthischen Zeit (1. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr.; Hauser 2011) erlebte die Stadt ihre letzte Blüte. Weite Teile der ehemaligen assyrischen Stadt wurden nun wieder von Gebäuden bedeckt, darunter Wohnhäuser, ein großer Palast und Tempelanlagen (Andrae / Lenzen; Hauser 2011). Die Fortführung des Kultes des Gottes Assur sowie anderer Gottheiten belegen einige Kultgebäude und Weihinschriften aus dem Bereich des assyrischen Assur-Tempels.
Reste einer mittelalterlichen Siedlung (12.-14. Jh.) wurden in verschiedenen Bereichen der Stadt angetroffen (Miglus 1996, 71).
4. Bauwerke
Das aufgehende Mauerwerk der meisten Gebäude in Assur (wie – von Ausnahmen abgesehen – generell im Vorderen Orient) wurde aus luftgetrockneten Lehmziegeln gebaut. Dieses Baumaterial erfordert ständige Pflege und in bestimmten Abständen die vollständige Erneuerung des Mauerwerks. Einmal aufgelassen, verfallen aus Lehmziegeln errichte Gebäude schnell. Während der Ausgrabung werden dann oft nur noch niedrige Mauerstümpfe angetroffen.
Die meisten hier vorgestellten Gebäude wurden in ihrem letzten Bauzustand bei der Eroberung und Zerstörung Assurs 614 v. Chr. stark in Mitleidenschaft gezogen, verfielen und waren anschließend den Gezeiten ausgesetzt. Dies erklärt ihren meist schlechten Erhaltungszustand.
Entlang der Nordseite der Stadt wurden die großen Tempel und Paläste errichtet. Massive Befestigungsanlagen schützten das Siedlungsareal auf allen Seiten. Wohnhäuser erstreckten sich über große Teile des Stadtgebiets. Über Verkehrswege und Siedlungsstruktur lassen sich keine oder zumindest keine detaillierten Aussagen treffen, weil nur ein geringer Teil der Stadt großflächig ausgegraben wurde.
4.1. Paläste
4.1.1. Der Alte Palast (P1)
Der Alte Palast war die bedeutendste Palastanlage in Assur (Preusser 1955; Pedde / Lundström). Die Gründung des Gebäudes geht vermutlich in die altassyrische Zeit zurück. Ältere Baureste in dem Bereich sind vorhanden, erlauben aber wegen ihres fragmentarischen Erhaltungszustandes keine eindeutige Funktionszuweisung. Der älteste sicher datierbare Palast wurde in der frühen mittelassyrischen Zeit errichtet und bis in die späte neuassyrische Zeit (614 v. Chr.) kontinuierlich renoviert.
Der Alte Palast diente als Wohnung des Herrschers und seiner Angehörigen, Verwaltungszentrum, Kultort, an dem sich die Götter zu bestimmten Anlässen versammelten, und als Grablege der mittel- und neuassyrischen Könige (Lundström). Die Königsgrüfte und ihr Inventar wurden bei der Eroberung Assurs 614 v. Chr. geplündert und zerstört.
4.1.2. Der Neue Palast (P2)
Der mittelassyrische Herrscher Tukulti-Ninurta I. (1233-1197 v. Chr.) ließ in Assur den sog. Neuen Palast errichten (Schmitt i.V.), dessen Bauplatz sich über ein Areal von etwa 27000 m2 erstreckte. Was ihn zum Bau einer weiteren Palastanlage derartiger Ausmaße veranlasste, ist bislang unklar. Das Gebäude wurde nach der Regierungszeit Tukulti-Ninurtas I. anscheinend nicht mehr renoviert und verfiel.
4.1.3. Der Ostpalast (P3)
In den Jahren 1999-2002 wurden unter Leitung des irakischen Antikendienstes Teile des sogenannten Ostpalastes freigelegt. Das Gebäude datiert in die neuassyrische Zeit und wurde möglicherweise unter → Salmanassar III.
4.1.4. Der Prinzenpalast (P4)
Der Herrscher → Sanherib
4.2. Tempel
Assur verfügte über eine große Anzahl von Tempeln, von denen nur die größten freigelegt und untersucht wurden. Die zugehörigen Bauinschriften der assyrischen Könige erlauben oft nur die Identifikation der Hauptgottheit. Aus zahlreichen anderen Texten wird aber deutlich, dass weitere Gottheiten, die zum Götterkreis der jeweiligen Hauptgottheit gehörten, in den Tempeln wohnten und versorgt wurden. Einer der in dieser Hinsicht aussagekräftigsten Texte ist das sogenannte „Götteradressbuch“ (Meinhold, 427-444) – ein kulttopographischer Text aus neuassyrischer Zeit.
4.2.1. Der Assur-Tempel und die große Ziqqurrat (T1)
Das bedeutendste und wichtigste Heiligtum in Assur war der Tempel des gleichnamigen Gottes (Haller / Andrae; Gries). Seine Gründung geht vermutlich in die jünger frühdynastische Zeit (ca. 2500-2350 v. Chr.) zurück. Das unter Schamschi-Adad I. im 18. Jh. v. Chr. errichtete Gebäude bleibt, von einigen Erweiterungen und geringen Veränderungen abgesehen, Vorbild für alle Nachfolgebauten.
Der Assur-Tempel war nicht nur Hauptkultort des Gottes Assur, sondern spielt eine zentrale Rolle in der assyrischen Herrscherideologie, u.a. weil dort die Einsetzung des Königs in sein Amt vollzogen wurde (van Driel; Gries; Holloway; Vera Chamaza). Daneben nimmt der Assur-Tempel eine bedeutende Stellung in der Ökonomie des assyrischen Reiches ein (Maul 2013).
Westlich des Tempels erhebt sich die große → Ziqqurrat
4.2.2. Der Anu-Adad-Tempel (T2)
Eine Besonderheit Assurs ist die Existenz von Doppeltempeln mit achsensymmetrischem Grundriss für die großen mesopotamischen Gottheiten. Eines dieser Heiligtümer ist den Gottheiten → Anu
Der Tempel wurde spätestens in der mittelassyrischen Zeit gebaut. In Inschriften wird vermutlich ein altassyrischer Vorgänger erwähnt (Schmitt 2008, 145 Anm. 23).
4.2.3. Der Sîn-Schamasch-Tempel (T3)
In einem weiteren Doppelheiligtum wohnten die Gestirnsgottheiten Sîn (→ Mond
4.2.4. Die Ischtar-Tempel (T4)
4.2.4.1. Die Älteren Ischtar-Tempel
Das älteste Heiligtum für die Göttin → Ischtar
4.2.4.2. Die Jüngeren Ischtar-Tempel
Unter → Tukulti-Ninurta I.
4.2.5. Der Nabu-Tempel (T5)
Der Gott Nabu gewann im Laufe der neuassyrischen Zeit erheblich an Bedeutung, was sich u.a. im Bau großer Heiligtümer für die Gottheit in den wichtigsten Städten des Reiches niederschlug (Pomponio 1978).
Archäologisch ist ein Heiligtum für den Gott Nabu erst für die späte neuassyrische Zeit belegt. Der Tempel wurde unter Sîn-scharra-ischkun (627-612) errichtet (Schmitt 2012, 82-100). Nach zugehörigen Inschriften erfolgte die Gründung des Tempels in mittelassyrischer Zeit. Tatsächlich handelt es sich um ein Doppelheiligtum für Nabu und seine Gemahlin Taschmetu, das in seiner Anlage anderen neuassyrischen Nabu-Tempeln gleicht (→ Kalchu
4.3. Das Festhaus (F)
Außerhalb der Stadtmauer und nordwestlich des Stadtgebiets ließ → Sanherib
4.4. Befestigungen (B)
Die Stadt Assur war vermutlich spätestens seit der altassyrischen Zeit (1. Hälfte des 2. Jt.s v. Chr.) von massiven Befestigungsanlagen geschützt (Miglus 2010). Diese Bauwerke wurden von den Ausgräbern detailliert untersucht (Andrae 1913a).
Das Stadtgebiet von Assur wurde in der frühen mittelassyrischen Zeit unter Puzur-Assur III. (um 1540 v. Chr.) um die sogenannte Neustadt erweitert (Miglus 2010). Die äußere Form der Stadtanlage blieb ab dann unverändert.
Stadttore befanden sich an verschiedenen Stellen der Stadtmauer (Andrae 1913a; Miglus 1982). Einer der größten und wichtigsten Zugänge war das Tabira-Tor im Nordwesten der Stadt (B1).
4.5. Stelenplatz (SP)
Im Süden Assurs, an der Stelle, wo die Umfassungsmauer der Neustadt auf die der Altstadt trifft, befindet sich der sogenannte Stelenplatz (Andrae 1913b). Im Norden standen in einer Reihe und in chronologischer Ordnung Steinstelen mittel- und neuassyrischen Herrscher. Die Stelen sind bis auf wenige Ausnahmen anikonisch und tragen Kartuschen mit den Namen der assyrischen Könige. Im Süden des Platzes befanden sich in mehreren Ansammlungen Stelen von mittel- und neuassyrischen Beamten. Entgegen Andraes Rekonstruktion waren die Beamtenstelen aber nie wie die Königsstelen in einer Reihe und nie in ihrer Gesamtheit gleichzeitig aufgestellt. Auch auf den Beamtenstelen befinden sich nur Inschriften.
Die Funktion des Stelenplatzes ist unklar, auch weil die umliegende gleichzeitige Bebauung nicht untersucht wurde. Versuche, eine (wie auch immer geartete) Verbindung zu altorientalischen Betylen und den levantinischen → Mazzeben
4.6. Wohnhäuser (W)
Wohnhäuser der Bevölkerung Assurs aus verschiedenen Perioden (spätes 3. Jt. v. Chr. bis 2. Jh. n. Chr.) wurden an vielen Stellen im Stadtgebiet angetroffen und von den Ausgräbern untersucht (Preusser 1954). Vor allem Miglus (1996, 1999) hat sich um ihre umfassende Aufarbeitung und Analyse verdient gemacht.
Auf großer Fläche wurden spätneuassyrische Wohnhäuser (W1) auf der Palastterrasse des Neuen Palastes (s.o. 4.1.2.) ausgegraben. Ihr guter Erhaltungszustand verleitete die Ausgräber dazu, das Areal mit „Pompei“ zu betiteln. Eines der interessantesten Beispiele eines neuassyrischen Wohnhauses ist das sogenannte „Haus des Beschwörungspriesters“ (W2) (Maul 2010).
Zahlreiche Gräber und Bestattungen wurden vor allem bei der Untersuchung der Wohnhäuser, aber auch anderen Fundkontexten entdeckt und freigelegt (Haller; Hauser 2012; Hockmann; Pedde).
5. Materielle Kultur
Assur kann im Gegensatz zu den anderen assyrischen Hauptstädten → Kalchu
Die Aufarbeitung einzelner (Klein)-Fundgattungen aus Assur wurde bislang aber bedauerlicherweise eher vernachlässigt. So bleibt bis heute eine große Menge der bei den Ausgrabungen registrierten Objekte unbearbeitet. Die folgenden Objekt- und Materialgattungen liegen in monographischer Bearbeitung vor: Alabastergefäße (Onasch); Objekte aus Elfenbein und Knochen (Wicke); neuassyrische Glyptik (Klengel-Brandt 2014); Keramik (in Auswahl) (Beuger; Hausleiter); Obelisken (Orlamünde); Terrakotten (Klengel-Brandt 1978); Tonknäufe und -platten (Nunn).
6. Schriftzeugnisse
Zu den zahlreichen Kleinfunden aus Assur gesellt sich eine beachtliche Menge von vorrangig mit Keilschrift (→ Schrift
Eine große Menge weiterer beschrifteter Objekte – größtenteils mit den Inschriften der assyrischen Herrscher versehen – kam bei den Ausgrabungen zu Tage (Pedersén 1997). Auf diese Inschriften stützt sich die Benennung und Datierung der offiziellen Gebäude in Assur. Die Königsinschriften liegen fast vollständig in modernen Bearbeitungen vor (s.u. Literaturverzeichnis 3.). Den Schriftträgern selbst wurde bislang nur wenig Beachtung geschenkt.
Vor allem für die alt- und mittelassyrische Zeit (z.B. Freydank u.a., Mittelassyrische Rechts- und Verwaltungsurkunden (mehrere Bände); Faist; Maul / Strauß; Veenhof / Eidem, 35-38) bilden die beschrifteten Tontafeln und andere beschriftete Objekte eine unersetzliche Quelle für die Rekonstruktion assyrischer Geschichte aller Bereiche.
7. Assur im Alten Testament
Im Alten Testament bezeichnet אַשּׁוּר ’aššûr in aller Regel → Assyrien
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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3. Texteditionen assyrischer Herrscherinschriften
3.1. Gedruckte Werke
- Borger, R., 1956, Die Inschriften Asarhaddons Königs von Assyrien (Archiv für Orientforschung Beiheft 9), Osnabrück.
- Borger, R., 1996, Beiträge zum Inschriftenwerk Assurbanipals, Wiesbaden.
- Frahm, E., 1997, Einleitung in die Sanherib-Inschriften (Archiv für Orientforschung Beiheft 26), Wien.
- Grayson, A.K., 1987, Assyrian Rulers of the 3. and 2. Millennia BC (The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods 1), Toronto.
- Grayson, A.K., 1991, Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC I (1114-859 BC) (The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods 2), Toronto.
- Grayson, A.K., 1996, Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC II (858‐745 BC) (The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods 3), Toronto.
- Grayson, A.K. / Novotny, J.R., 2012, The Royal Inscriptions of Sennacherib, King of Assyria (The Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period 3/1), Winona Lake, Ind.
- Grayson, A.K. / Novotny, J.R., 2014, The Royal Inscriptions of Sennacherib, King of Assyria (704-681 BC) (Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period 3/2), Winona Lake, Ind.
- Leichty, E., 2011, The Royal Inscriptions of Esarhaddon, King of Assyria (680-669 BC) (The Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period 4), Winona Lake, Ind.
- Tadmor, H. / Yamada, S., 2011, The Royal Inscriptions of Tiglath-pileser III (744-727 BC) and Shalmaneser V (726-722 BC), Kings of Assyria (The Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period 1), Winona Lake, Ind.
3.2. Online Corpora
Eine Zusammenstellung der online verfügbaren Textedition assyrischer Herrscherinschriften findet sich hier: http://oracc.museum.upenn.edu/riao/index.html
Abbildungsverzeichnis
- Karte Obermesopotamiens und der nördlichen und zentralen Levante. Mit freundlicher Erlaubnis von © Stepmap
(Bearbeitung: M. Rummel) - Stele Assurnasirpals II. Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 118805
- Satellitenaufnahme des Stadtgebiets von Assur. © Google Earth (Zugriff 20.1.2017)
- Stadtplan von Assur. © Assur-Projekt, Berlin (rote Beschriftung vom Autor eingefügt)
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