Nehuschtan
Andere Schreibweise: Nechuschtan; Nehushtan (engl.)
(erstellt: März 2009; letzte Änderung: Mai 2021)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/16908/
1. Der Begriff
Das eingedeutschte hebräische Wort Nehuschtan (נְחֻשְׁתָּן nəḥuštān; nur 2Kön 18,4
2. Die Quellen
2.1. Die Notiz in 2Kön 18,4
Nach einer vermutlich zuverlässigen Notiz in 2Kön 18,4
Für das Alter und die historische Zuverlässigkeit der Notiz spricht, dass sie zwar in einem deuteronomistisch formulierten Kontext steht (→ Deuteronomismus
2.2. Die Erzählung in Num 21,4-9
Num 21,4-9
In der Erzählung fällt der Wechsel der Schlangenbegriffe auf. Gott befiehlt Mose, das Bild eines שָׂרָף śārāf (→ „Uräus
3. Zur Geschichte des Nehuschtan
Im bronzezeitlichen Palästina wurden Schlangen – das zeigen Fundstätten von Schlangenfigurinen (z.B. in → Hazor
Die Jahwe-Religion hat den Nehuschtan als Lebenssymbol in ihren Kult integriert. Diese Entwicklung wurde vermutlich auch dadurch legitimiert, dass man eine alte Schlangen-Erzählung (s.o. 2.2.) auf den Nehuschtan, der bei Schlangenbissen Heilung versprach, bezog und damit zu dessen Gründungslegende umgestaltete. Jetzt war es Mose, der die eherne Schlange anlässlich einer Schlangenplage einst auf Geheiß Jahwes erbaut hatte.
Im 8. Jh. hat → Hiskia
4. Zur späteren Rezeption
4.1. In der antiken Literatur
4.1.2. Weisheit Salomos. Weish 16,5-11
4.1.3. Paulus. Gegenüber seinen Gegnern in Korinth hebt Paulus die Bedeutung des rechten Handelns hervor. In 1Kor 10,9
4.1.5. Mischna. Der Traktat Rosch ha-Schana hebt in 3,8 einen ethischen Aspekt der Erzählung von Num 21,4-9
Tötet denn etwa eine Schlange oder macht eine Schlange lebendig? Nein, sondern: Wenn die Israeliten nach oben blickten und ihr Herz ihrem Vater im Himmel unterwarfen, wurden sie geheilt, und wenn nicht, kamen sie um.
Dass zum rechten Hören die richtige Herzenseinstellung gehört, wird daran veranschaulicht, dass die Israeliten nicht einfach nach oben blicken, sondern auch ihr Herz auf Gott ausrichteten. Die richtige Einstellung war also die Voraussetzung der Rettung. Insofern entscheidet nicht die Schlange über Leben und Tod, sondern das Verhalten des Menschen.
4.2. In der bildenden Kunst
Auf andere Weise macht beispielsweise ein Kupferstich von Étienne Delauns nach einem Bild von Jean Cousin d.J. die Heilsbedeutung der ehernen Schlange deutlich. Hier steht sie von Heiligkeit umgeben im Zentrum des Lichts.
Literaturverzeichnis
Bild-Recherche BIBEL+ORIENT Datenbank Online
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992 (Serpent, bronze; Serpent, religious symbol)
- Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Beyerle, S., 1999, Die „Eherne Schlange“ Num 21,4-9: synchron und diachron gelesen, ZAW 111, 23-44
- Birkan-Shear, A., 2006, „Does a Serpent Give Life?” Understanding the Brazen Serpent According to Philo and Early Rabbinic Literature, in: I.H. Henderson / G.S. Oegema (Hgg.), The Changing Face of Judaism, Christianity and other Greco-Roman Religions in Antiquity (Studien zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit 2), Gütersloh, 416-426
- Blümle, C., Vorabgebildetes Ereignis. Zur Bildtypologie von Lucas Cranach d.Ä. und El Greco, in: J.B. Lande / R. Schlögl / R. Suter (Hgg.), Dynamische Figuren. Gestalten der Zeit im Barock, Freiburg i.Br. / Berlin / Wien 2013, 101-120
- Camp, L., 1990, Hiskia und Hiskiabild. Analyse und Interpretation von 2 Kön 18-20 (MThA 9), Altenberge
- Dekonink, R. / Somon, M., Christian
Appropriations of the Brazen Serpent, Die
Bibel in der Kunst / Bible in the Arts
5 (2021), Zugriff 1.5.2021 - Diehl, R.
/ Matthaes, U., Art. Eherne Schlange, in: Reallexikon zur Deutschen
Kunstgeschichte, Bd. IV (1956), 817-837 (auch in: RDK Labor, URL: https://www.rdklabor.de/w/?oldid=103613
; Zugriff 09.02.2021) - Frey, J., 1994, „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat …“. Zur frühjüdischen Deutung der „ehernen Schlange“ und ihrer christologischen Rezeption in Johannes 3,14 f., in: M. Hengel / H. Löhr (Hgg.), Schriftauslegung im antiken Judentum und im Urchristentum (WUNT 73), Tübingen, 153-205
- Garbini, G., 1988, Le Serpent d’Airain et Moïse, ZAW 100, 264-267
- Görg, M., 2003, Leviathan und Nehuschtan, BN 118, 27-33
- Joines, K.R., 1968, The Bronze Serpent in the Israelite Cult, JBL 87, 245-256
- Joines, K.R., 1974, Serpent Symbolism in the Old Testament, Haddonfield
- Jonker, L., 2008, The Disappearing Nehushtan: The Chronicler’s Reinterpretation of Hezekiah’s Reformation Measures, in: I. Cornelius / L. Jonker (Hgg.), From Ebla to Stellenbosch. Syro-Palistinian Religions and the Hebrew Bible, Wiesbaden, 116-140
- Keel, O., 1992, Das Recht der Bilder, gesehen zu werden (OBO 122), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Koenen, K., 1999, Eherne Schlange und Goldenes Kalb, ZAW 111, 353-372
- Maneschg, H., 1981, Die Erzählung von der ehernen Schlange (Num 21,4-9) in der Auslegung der frühen jüdischen Literatur. Eine traditionsgeschichtliche Studie (EHS.T 157), Frankfurt/M. / Bern
- Maneschg, H., 1984, Gott, Erzieher, Retter und Heiland seines Volkes. Zur Reinterpretation von Num 21,4-9 in Weish 16,5-14, BZ 28, 214-229
- Rowley, H.H., 1939, Zadok und Nehushtan, JBL 58, 113-141
- Schroer, S., 1987, In Israel gab es Bilder (OBO 74), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Seebass, H., 1994, Biblisch-theologischer Versuch zu Num 20,1-13 und 21,4-9; in: P. Mommer / W. Thiel (Hgg.), Altes Testament – Forschung und Wirkung (FS H. Graf Reventlow), Frankfurt u.a., 219-229
- Shanks, H., 2007, The Mystery of the Nechushtan. Why did King Hezekiah of Judah Destroy the Bronze Serpent that Moses had Fashioned to Protect the Israelites?, BArR 33, 58-63
- Swanson, K.A., 2002, A Reassessment of Hezekiah’s Reform in Light of Jar Handles and Iconographic Evidence, CBQ 64, 460-469
- Zimmerli, W., 1974, Das Bilderverbot in der Geschichte des alten Israel. Goldenes Kalb, eherne Schlange, Mazzeben und Lade; in: ders., Studien zur alttestamentlichen Theologie und Prophetie. Gesammelte Aufsätze II (TB 51), München, 245-260 (1971)
Abbildungsverzeichnis
- Mose errichtet die eherne Schlange (Holzschnitt in der Lutherbibel von 1545).
- Schlange auf einem Stab (Ägypten; 26. Dyn.-30. Dynastie; 664-343 v. Chr.; BIBEL+ORIENT Datenbank Online
). © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz - Eherne Schlange und Opferung Isaaks jeweils als Typos für den Kreuzestod Christi (Biblia pauperum; kolorierter Holzschnitt, 1460-1465). Bodleian Library, Oxford, Ms Auct. M.III.13
- Eherne Schlange und Opferung Isaaks jeweils als Typos für den Kreuzestod Christi (Cranachs Werkstatt; Mitteltafel des Kreuzaltars im Dom zu Meissen; 1526).
- Eherne Schlange und Opferung Isaaks jeweils als Typos für den Kreuzestod Christi (Ofenplatte aus Gusseisen; 16. Jh.). Mittelalterliches Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber; Foto: Klaus Koenen, 2009
- Eherne Schlange als Typos für den Kreuzestod Christi (Jüngeres Bibelfenster im Kölner Dom, 1280). Foto: Klaus Koenen, 2015
- Das Alte Testament bringt Gesetz und Tod, das Neue dagegen Leben und Auferstehung – allerdings durchbricht die eherne Schlange (rechts) die klare Gegenüberstellung (Holzschnitt von Lucas Cranach d.Ä., 1529).
- Briefmarke zum 500. Geburtstag Melanchthons mit dessen Wappen, das die eherne Schlange zeigt (1997).
- Die eherne Schlange als Heilssymbol (Kupferstich von Étienne Delauns nach einem Bild von Jean Cousin d.Ä.; Zeitraum 1550-1583). British Museum 1834,0804.264; © The Trustees of the British Museum; lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 1.4.2021 - Eherne Schlage und goldenes Kalb als Verstöße gegen das Bilderverbot (Kupferstich von Jacob Matham, 1630). British Museum 1854,0513.138; © The Trustees of the British Museum; lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 1.4.2021
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)