Psalter
(erstellt: Mai 2007; letzte Änderung: Juli 2013)
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Der Psalter umfasst 150 → Psalmen
1. Namen des Buches
In der Hebräischen Bibel wird das Buch תְּהִלִים təhillîm „Lobpreisungen“ genannt. Damit wird sowohl die Gattung der Loblieder gegenüber der häufigeren Gattung der Bitt- und Klagelieder hervorgehoben als auch die Bewegung von der Klage zum Lob, die den Aufbau des Psalters prägt. Im Licht des Buchtitels zielen auch die Klagelieder auf den Lobpreis Gottes.
Die → Septuaginta
2. Der Psalter als planvolle Buchkomposition
2.1. Hinweise im Psalter
Die Psalmen des Psalters werden sehr oft nur als Einzeltexte betrachtet. Erst seit Ende der 1980er Jahre wird der Psalter zunehmend auch als Buch wahrgenommen, das einen durchlaufenden Lesezusammenhang bietet.
2.1.1. Die Einteilung in fünf Bücher
Der Psalter ist in fünf Teilbüchern überliefert, die mit Segensformeln voneinander abgetrennt sind:
Mit dem Beginn eines neuen Psalmenbuchs wechseln die Angaben der Psalmenüberschriften, die aufeinander folgende Psalmen ansonsten oft miteinander verbinden. In den hebräischen Handschriften wird die Büchereinteilung durch Leerzeilen hervorgehoben. Die Fünfteilung nimmt die Einteilung der → Tora
2.1.2. Die Einteilung nach Überschriften
Durch die Überschriften der einzelnen Psalmen wird der Psalter detaillierter gegliedert. Dabei kommt den Personenangaben der Überschriften – „von David“ etc. – eine besondere Bedeutung zu.
2.1.3. Der Aufbau nach Klageliedern und Lobliedern
Bei den meisten → Psalmen
2.1.4. Die Positionierung weiterer Psalmengattungen
Torapsalmen (Ps 1
2.1.5. Der literarische Zusammenhang benachbarter Psalmen
Die einzelnen Psalmen bilden mit benachbarten Psalmen einen literarischen Zusammenhang und damit ein Sinngefüge, in dem sie sich gegenseitig zusätzliche und tiefere Bedeutung geben. Dies sei an Ps 23 veranschaulicht:
Ps 23 führt den Beter nach einleitenden Vertrauensäußerungen (Ps 23,1-3
2.2. Ansätze der Forschung
Dass es auch im Buch der Psalmen kontextuelle Bezüge gibt, muss mittlerweile als Forschungskonsens gelten. Strittig ist aber, wie diese Zusammenhänge zu beschreiben sind. Zur Diskussion stehen drei Ansätze:
– der Versuch, verbindende Einzelworte und Motive im Nahbereich eines Psalms zu finden (die Verkettung – concatenatio – von Psalmen),
– der Versuch, mit Hilfe von Literarkritik und Redaktionsgeschichte die Entstehung des Psalters zu erhellen und
– der Versuch, die Formgeschichte als Schlüsselmethode der Einzelpsalmenexegese auf die größeren Einheiten von Psalmengruppen zu übertragen.
Alle drei Methoden sind durchaus miteinander kombinierbar, werden aber in der Forschung mit unterschiedlicher Betonung vorgetragen.
2.2.1. Verkettungen von Psalmen
Die Suche nach Verkettungen innerhalb der Psalmen stellt den ältesten und etabliertesten Ansatz dar. Sie führt jedoch kaum zu übergreifenden Ergebnissen, beispielsweise zu einer Theologie des Psalters. Der Ansatz wird problematisch, wo die Begriffe, die Verkettungen aufweisen sollen, zu allgemein sind.
2.2.2. Redaktionsschichten im Psalter
Beobachtungen zur Literarkritik einzelner Psalmen sind seit längerem in der exegetischen Literatur etabliert. Die literarkritische Abtrennung der Psalmüberschriften ist dabei so populär geworden, dass sie sogar in einige Übersetzungen der Psalmen Eingang gefunden hat.
In der Einheitsübersetzung der deutschsprachigen römisch-katholischen Bistümer von 1981 werden die Überschriften nur in Klammern wiedergegeben und damit Texten gleichgestellt, die in den ältesten Textzeugen fehlen und deshalb als sekundär gelten, beispielsweise dem sog. unechten Markusschluss Mk 16,9-20
Es waren Erich Zenger und Frank-Lothar Hossfeld, die zunächst in einer Anzahl von Aufsätzen zu vielen einzelnen Psalmen literarkritische und redaktionsgeschichtliche Beiträge sehr unterschiedlicher Art vorgelegt haben. Im Rahmen ihrer Kommentierung des Psalters (Neuen Echter Bibel, 1993ff; Herders Theologischer Kommentar, 2000ff) vertreten sie die These, dass den Psalter zwei Redaktionsschichten durchziehen: Eine formative, exilische Redaktionsschicht, die dem Psalter im Wesentlichen seine vorliegende Gestalt verleiht, und eine nachexilische Armenredaktion, die die Armentheologie in den Psalter einträgt und in hellenistischer Zeit weitergeführt wird. Angesichts der Vielzahl der auch von Hossfeld und Zenger herausgearbeiteten Bezüge zwischen benachbarten Psalmen, der Fülle der in der Komposition verarbeiteten Motive und der Vielzahl von Psalmengruppen, die in Überschriften gleiche Angaben enthalten, erscheint die Reduktion auf zwei Redaktionsschichten sehr fraglich. Zweifelhaft ist insbesondere, ob Hossfeld und Zenger ihr Konzept im Bereich des letzten Drittels des Psalters durchhalten werden, in dem auch die Textüberlieferung ein sehr viel späteres Textwachstum nahelegt, als es diese beiden Redaktionsschichten beschreiben können.
2.2.3. Die Form von Psalmengruppen
1) Zusammenstellungen ähnlicher Psalmen (Kluster)
Im Psalter stehen ähnliche Psalmen oft zusammen. Für eine Zweiergruppe ähnlicher Psalmen hat Walter Zimmerli die inzwischen etablierte Bezeichnung „Zwillingspsalmen“ geprägt. Bis auf Ps 78 sind alle Geschichtspsalmen Zwillingspsalmen (Ps 105 / Ps 106; Ps 135 / Ps 136).
Es finden sich aber auch größere Gruppen ähnlicher Psalmen, Gruppen von Klagepsalmen insbesondere in der ersten Hälfte des Psalters, alle Gruppen von Hymnen dagegen in der zweiten. Der Verfasser dieses Artikels hat für solche Gruppen den Begriff des Klusters eingeführt, da weitergehende Analysen der Psalmen in diesen Gruppen etwas als Doppelzwillinge (aba’b’) oder Ringkompositionen (abcb’a’) nicht zu zwingenden Ergebnissen führen. Beispielsweise gibt es am Ende der Hymnenkluster Anzeichen von Doppelzwillingsstrukturen (Ps 96-99; Ps 115-118; Ps 147-150), was aber jeweils den Anfang dieser Gruppen unerklärt lässt. Der Begriff des Klusters lässt demgegenüber eine Ungenauigkeit, die die Psalmenexegese auch für den Situationsbezug der Klagelieder des Einzelnen hat lernen müssen, da auch Einzelpsalmen in der Regel auf eine breitere Anwendung hin angelegt sind.
2) Gruppen mit Lob- oder Dankschluss
Die Bewegung, mit der das Klagelied des Einzelnen in der Mikrostruktur und der Psalter als Ganzer in der Makrostruktur den Betenden von der Klage zu Lob bzw. Dank führt, ist auch für etliche Gruppen von Psalmen typisch.
Beispielhaft zeigt dies die Psalmengruppe Ps 120-134: Durch die Überschrift ist die Wallfahrtspsalmengruppe Ps 120-134 klar abgrenzbar. Am Anfang befindet sich der Beter in der Fremde, am Ende im Tempel in Jerusalem. Parallel zum Ortswechsel vollzieht die Psalmengruppe eine zweite Bewegung: Die Stimmung wechselt von der Grundstimmung der Klage zum Lob. Zum dritten wird aus dem Ich ein Kollektiv.
Diese typische dreifache Bewegung in Psalmengruppen findet sich auch in den beiden Gruppen von → Korachpsalmen
Auch in anderen Psalmengruppen sind Klage- und Lobkluster so angeordnet, dass der Beter von der Klage zum Lob geführt wird: Beispielsweise ist die Gruppe von überwiegend klagenden Davidpsalmen Ps 138-145 vor die Gruppe von lobenden Psalmen, das kleine Hallel Ps 146-150, gestellt, wobei Ps 145, ein lobender Davidpsalm und zugleich ein Akrostichon (→ Akrostichie
Von der Formgeschichte des Einzelpsalms wäre eigentlich zu erwarten, dass innerhalb der Abfolge von der Klage zum Lob sich der Dank ganz am Ende befindet. So ist dies auch in der älteren, der ersten Hälfte des Psalters. In der zweiten Hälfte des Psalters finden wir jedoch eindeutige Beispiele, in denen ein Danklied der Abfolge von Klage- und Lobpsalmen vorangestellt ist, beispielsweise Ps 107 und Ps 138 vor den folgenden Klagepsalmen Ps 108-109 bzw. Ps 139-143 und dem nachfolgenden ägyptischen bzw. kleinen Hallel. Der künftige Dank und damit die Situation der Errettung ist damit als Perspektive vorweggenommen, auf die hin Klagen und Loben erfolgen.
3) Gruppen mit Klageschluss
Einen Sonderfall innerhalb der Psalmengruppen bilden die → Asafpsalmen
4) Kritik
Gegen die Beschreibung der Komposition des Psalters mit den Methoden der Formgeschichte wird eingewendet, dass die verwendeten Begriffe teilweise zu allgemein sind und so das Besondere der einzelnen Psalmen nivelliert wird. Jeder der hier beschriebenen Ansätze stellt jedoch nur einen Ansatz dar, der durch andere ergänzt werden muss.
3. Textüberlieferung
Der Text des Psalters ist in mehreren Varianten überliefert, die drei Hauptgruppen zuzurechnen sind, der Qumranüberlieferung, der masoretischen Texttradition und der Tradition der → Septuaginta
1) Auf der masoretischen Überlieferung, die 150 Psalmen kennt, basiert die jüdische und die evangelische Tradition. Die katholische Tradition beschränkt sich auch auf die 150 Psalmen der masoretischen Überlieferung, folgt aber der Zählung der Septuaginta.
2) Die ältesten hebräischen Textzeugen der Psalmen stammen aus den Höhlen von → Qumran
In der exegetischen Literatur wird dieser Befund in der Regel vereinfacht dargestellt: Stabil sei der Psalter in der Zeit von Qumran im Bereich der ersten drei Psalmenbücher, instabiler im Bereich des vierten und fünften Psalmbuches. Die Ungenauigkeit des Befundes hängt mit seiner Erhebung zusammen, in der die Abweichungen nach den fünf Büchern des Psalters sortiert werden. Demgegenüber ist festzuhalten, dass die textliche Stabilität des Psalters von der Einteilung des Psalters in Bücher unabhängig ist: Es gibt keinen Beleg dafür, dass einzelne Psalmenbücher oder die Psalmenbücher 1-3 (Ps 1-89) eine Vorstufe des Psalters darstellen.
In Qumran ist nicht nur der feste textliche Zusammenhang eines Großteils des Psalters belegt, sondern auch die Möglichkeit, einzelne biblische Psalmen neu zu verwenden und biblische mit außerbiblischen Texten zu mischen. Gerade weil der Psalter ein Mustergebetsbuch ist, steht das Psalmengebet im Zusammenhang mit aktuellem Beten.
3) Die Septuaginta kennt eine andere Zählung als die masoretische Tradition. Ps 9/10 und Ps 114/115 jeweils als ein Psalm gezählt, umgekehrt werden Ps 116 und Ps 147 jeweils in zwei Psalmen aufgeteilt. Zudem kennt die LXX einen zusätzlichen 151. Psalm; in der syrischen Bibel finden sich sogar 155 Psalmen.
4. Die Entstehung des Psalters aus kleineren Sammlungen
Die gegenwärtige Forschungslage scheint von zwei Extrempositionen dominiert: Auf der einen Seite stehen Betrachtungen einzelner Psalmen, die deren historische Entwicklung ohne Berücksichtigung ihres jeweiligen Kontextes nachzuzeichnen versuchen. Nach verbreiteter Ansicht ist der Psalter jedoch in einem langen und komplizierten Prozess entstanden, indem kleine, zunächst selbständige Sammlungen zu größeren zusammengestellt wurden. Für den „Elohistischen Psalter“ (Ps 42-83) zeigt die bevorzugte und für seine Bezeichnung ausschlaggebende Verwendung der Gottesbezeichnung Elohim „Gott“ statt des Gottesnamens JHWH, dass er als selbständige Psalmensammlungen entstanden ist oder bearbeitet wurde. Die Bevorzugung der Gottesbezeichnung gegenüber dem Gottesnamen steht dabei auch für ein anderes Gottesbild: Der Elohistische Psalter erwartet Gottes Eingreifen als Richter (Ps 82
Die Textüberlieferung des Psalters in → Qumran
Weil nach den Analysen von Wilson (1986) und Flint (1997) der Psalter in der Zeit von Qumran etwa ab Ps 13 bis Ps 93 deutlich stabiler als an seinen Rändern ist, muss neben dem Elohistischen Psalter mindestens eine Ausbaustufe des Psalters in persischer Zeit erwogen werden, die wenigstens die Psalmen 13-93 in einer Vorfassung umfasst (vgl. Millard 1994, 188-212). Ein sehr detailliertes Modell der Entstehung des Psalters, wie es Zenger beispielsweise in der 8. Auflage seiner „Einleitung in das Alte Testament“ (2012, 444-447) vertritt, sieht neben dem Elohistischen Psalter auch eine Sammlung von Davidpsalmen im ersten Psalmenbuch als ältesten Kern des Psalters. In diesem Modell sind beide Sammlungen einzeln gewachsen, dann zusammengestellt und durch eine Vielzahl von Anhängen ausgebaut worden. Doch nicht jede der dort postulierten Vorstufen, weder der von vielen vertretene messianische Psalter (Ps 2-89) noch der JHWH-König-Psalter (Ps 2-100) oder gar der geschichtstheologische Psalter (Ps 2-106), kann wirklich plausibel gemacht werden. Zudem fällt in diesem Modell die große zeitliche Lücke zwischen der letzten Vorstufe Ps 1-145 aus dem 5./4. Jh. und der gegenwärtigen masoretisch-hebräischen Gestalt aus dem 2. Jh. auf, während es die anderen Redaktionsstufen in dichtem Abstand von im Durchschnitt 25 Jahren ansetzt.
5. Wichtige Themen des Psalters
5.1. Verschiedene Ansätze einer Theologie des Psalters
Exemplarisch seien drei Ansätze in chronologischer Reihenfolge dargestellt:
Hans-Joachim Kraus (1979) hat seine Theologie der Psalmen als Ergebnis seiner Psalmenkommentierung vorgelegt. Während der Kommentar stark von Hypothesen zum altisraelitischen Kult, insbesondere zum Herbstfest, abhängig blieb, gelingt es Kraus, aus Psalmentexten einen großen Bogen von Namen, Bezeichnungen und Eigenschaften Gottes bis hin zu einer Anthropologie zu schlagen.
Hermann Spieckermann (1989) konzentriert sich demgegenüber auf eine Jerusalemer Tempeltheologie (→ Zionstheologie
Bernd Janowski (2003) nimmt demgegenüber ernst, dass die Psalmen Äußerungen von Menschen gegenüber Gott sind. Bemerkenswert ist dabei, dass er die Anthropologie der Psalmen unter die beiden Hauptteile „Vom Leben zum Tod“ und „Vom Tod zum Leben“ einteilen kann. Der Machtbereich des → Todes
5.2. Der Mensch vor Gott
Gleichzeitig ist diese Gemeinschaft des Lobens Gottes aber keine vollständig erlebbare Wirklichkeit: Dass Sonne, Mond und Sterne gemeinsam mit den Seeungeheuern Gott loben (Ps 148,3
Die Ausgangssituation, aus der heraus die Betenden in die vom Psalter vermittelte Sprachbewegung hinein kommen, ist die Klage. In der Notsituation scheint Gott weit weg zu sein. Insofern kann der Beter seine Gottverlassenheit beklagen (Ps 22,2
5.3. David als Vorbeter
Der Psalter ist eng mit den übrigen Texten der Hebräischen Bibel verknüpft. Die Verknüpfung beginnt im Vorwort des Psalters: Ps 1 erwähnt die Tora, Ps 2 proklamiert den König in Jerusalem als Gottes Sohn. Die Gliederung des Kanons der Hebräischen Bibel ist so am Anfang des Psalters präsent: Neben die Tora tritt das Königtum, dessen Entwicklung in Zustimmung und Kritik den Kanonteil „Propheten“ prägt.
Mit diesem Kanonteil der Propheten, der in vordere Propheten (christlich: Geschichtsbücher) und hintere Propheten (christlich: Prophetenbücher) unterteilt wird, ist der Psalter durch verschiedene Überschriften verknüpft, die viele Psalmen Situationen in der Biographie → Davids
Dadurch, dass fast die Hälfte der Psalmen David zugeschrieben werden, wird der Psalter fest in den Zusammenhang der erzählten Geschichte Israels eingebunden. In der Kunstgeschichte ist der Psalmen singende David ein fester Bestandteil der Darstellung von David. Camillo Boccaccino (Der Prophet David, 1530) zeigt die Verbindung des kriegerischen mit dem frommen David.
5.4. Gottes Wort
In den Klageliedern des Volkes kann Gott auf die Klage mit einem Orakelspruch antworten (→ Prophetische Redeformen
5.5. Gott als Richter und König
Im Klagelied wird an Gott appelliert, weil das Gerechtigkeitsempfinden des Betenden durch seine Notlage gestört ist. Die Sammlung von Psalmen, in der Lob gegenüber der Klage völlig zurücktritt, die Sammlung von Asafpsalmen, endet entsprechend in einer Beschreibung von Gottes Auftreten als himmlischem und irdischem Richter (Ps 82) und der folgenden Bitte (Ps 83). In beiden Psalmen muss Gott seine Alleinstellung als Gott erst durchsetzen (Ps 82,1
Der oberste Richter ist der König, insofern gehören die Prädikationen Gottes als Richter und König zusammen. Mit Ps 93 und Ps 95-99 finden sich fast alle Psalmen, die das Königtum Gottes feiern, an einer Stelle. Diese ist zugleich der Ort innerhalb des Psalters, an dem die Klage zugunsten von Lob zurücktritt. Dabei wechseln Aussagen, dass Gott König ist (Ps 93; Ps 97; Ps 99, vgl. Ps 47,8-9
Dass Gott König ist, stellt auch Ps 146,10
6. Zur Auslegungsgeschichte des Psalters
6.1. Zur jüdischen Auslegungsgeschichte
Die jüdische Auslegungsgeschichte des Psalters ist ausgesprochen reich. Sie beginnt innerbiblisch mit der Einschreibung von weiteren Psalmen in Erzähltexte. Auch die Überlieferung der Psalmen in → Qumran
Selbst im Fall von Ps 145, bei dem seine Verwendung scheinbar biblisch vorgegeben ist, ist in der Zeit des Talmuds nur belegt, dass dieser Psalm wie die folgende Gruppe des kleinen Hallels von besonders frommen Einzelpersonen täglich gebetet wird (Babylonischer Talmud, Traktat Schabbat, 118b; Text Talmud
6.2. Zur christlichen Auslegungsgeschichte
Der Psalter gilt auch christlicherseits als ein besonders theologisches Buch der Bibel. So schlägt Luther in seiner Vorrede zum Psalter ab der Bibelausgabe von 1528 vor, den Psalter „eine kleine Biblia“, ein „Handbuch“ oder „Exempelbuch“ zu nennen: „Wer die ganze Bibel nicht lesen könnte, hätte hierin fast die ganze Summa, verfasset in ein klein Büchlein“. Luthers Sicht des Psalters als Kompendium der Bibel ist auch biographisch gedeckt, weil er seine reformatorischen Entdeckungen Psalmeninterpretationen verdankt. Luther wird diese Hochschätzung der Psalmen aus der Psalmenlesung der Mönche übernommen haben.
Bis heute haben Psalmen in der christlichen Frömmigkeit einen hohen Stellenwert. Beispielsweise wird vom Gideon-Bund eine Bibel herausgegeben, die nur das Neue Testament sowie als Anhang den Psalter abdruckt. Diese Bibelausgabe stellt eine radikale christologische Interpretation des Psalters dar, die den Psalter nur als Gebet Christi und der christlichen Gemeinde stehen lässt. So berechtigt es ist, den Psalter als Weg hin zu einem Messianismus zu verstehen, so unhaltbar ist eine Auslegung, die nicht anerkennt, dass der Psalter ein genuin jüdischer Text ist und dass seine christliche Aneignung dies sachgemäß respektieren muss.
Zahlreiche christliche Lieder sind Nachdichtungen von Psalmen. Besonders ausgeprägt ist dies in der reformierten Tradition seit dem Genfer Psalter, der auf die Psalmensammlung von Johannes Calvin 1539 zurückgeht. Überragend bleibt in der reformierten Tradition der Reimpsalter von Matthias Jorissen 1793, auf den auch der heute in den Gemeinden reformierten Bekenntnisses verwendete gesungene Psalter zurückgeht.
Literaturverzeichnis
Beat Weber, BiblioPss1990ff.: Bibliography of Psalms and the Psalter since 1990 (wird regelmäßig aktualisiert)
1. Lexikonartikel
- Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Kommentare
- Gunkel, H., 4. Aufl. 1929 (Nachdruck 6. Aufl. 1986), Die Psalmen (HK II/2), Göttingen
- Hossfeld, F.-L. / Zenger, E., 1993, Die Psalmen I. Psalm 1-50 (NEB.AT 29), Würzburg
- Hossfeld, F.-L. / Zenger, E., 2002, Die Psalmen II. Psalm 51-100 (NEB.AT 40), Würzburg
- Hossfeld, F.-L. / Zenger, E., 2000, Psalmen 51-100 (HThK.AT), Freiburg i.Br.
- Seybold, K., 1996, Die Psalmen (HAT I/15), Tübingen
3. Weitere Literatur
- Flint, P.W., 1997, The Dead Sea Psalms Scrolls and the Book of Psalms (StTDJ XVII), Leiden u.a.
- Gunkel, H. / Begrich, J. 1933, Einleitung in die Psalmen (HK Erg.Bd.), Göttingen
- Janowski, B., 2003, Konfliktgespräche mit Gott. Eine Anthropologie der Psalmen, Neukirchen-Vluyn
- Kraus, H.-J., 1979, Theologie der Psalmen (BK XV/3), Neukirchen-Vluyn
- Levin, Chr., 1993, Das Gebetbuch der Gerechten. Literargeschichtliche Beobachtungen zum Psalter, ZThK 90, 355-381
- Millard, M., 1994, Die Komposition des Psalters. Ein formgeschichtlicher Ansatz (FAT 9), Tübingen
- Rendtorff, R., 1999, Theologie des Alten Testaments. Ein kanonischer Entwurf, Bd. 1: Kanonische Grundlegung, Neukirchen-Vluyn, bes. 293-311
- Rösel, Chr., 1999, Die messianische Redaktion des Psalters. Studien zu Entstehung und Theologie der Sammlung Psalm 2-89* (CThM.BW 19), Stuttgart
- Seybold, K., 2. Aufl. 1991, Die Psalmen. Eine Einführung (UB 382), Stuttgart u.a.
- Spieckermann, H., 1989, Heilsgegenwart. Eine Theologie der Psalmen (FRLANT 148 ), Göttingen
- Süssenbach, Claudia, 2005, Der elohistische Psalter. Untersuchungen zur Komposition und Theologie von Psalm 42-83 (FAT 2/7), Tübingen
- Weber, B., 2001, Werkbuch Psalmen I. Die Psalmen 1-72, Stuttgart u.a.
- Weber, B., 2003, Werkbuch Psalmen II. Die Psalmen 73-150, Stuttgart u.a.
- Wilson, G.H., 1986, The Use of Royal Psalms at the “Seams” of the Hebrew Psalter, JSOT 35, 85-94
- Wilson, G.H., 1985, The Editing of the Hebrew Psalter (SBL.DS 76), Chico/Cal.
- Witte, M. 2006, Der Psalter, in: J.Chr. Gertz (Hg.), Grundinformation Altes Testament (UTB 2745), Göttingen, 404-422.
- Zenger, E., 5. Aufl. 2004, Das Buch der Psalmen, in: ders. u.a., Einleitung in das Alte Testament (Kohlhammer Studienbücher Theologie 1,1), Stuttgart u.a., 348-370
- Zimmerli, W., 1972, Zwillingspsalmen, in: J. Schreiner (Hg.), Wort, Lied und Gottesspruch. Beiträge zu Psalmen und Propheten (FS J. Ziegler), Würzburg, 105-113
Abbildungsverzeichnis
- David als Musiker (Fußbodenmosaik in einer Synagoge in Gaza; 6. Jh.).
- Modell zur Entstehung des Psalters aus Sammlungen.
- Modell zur Entstehung des Psalters nach Erich Zenger.
- David tanzt vor der Lade (2Sam 6) – Psalmen führen den Betenden nach Jerusalem (Francesco Salviati; 16. Jh.).
- David singt vor Saul (1Sam 16,14-23) – Psalmen sind heilende Meditationstexte (Rembrandt van Rijn, 1660).
- David tut Buße nach seiner Verfehlung mit Batseba (2Sam 11 und Ps 51) – Psalmen bekennen Schuld und sprechen Vergebung zu (Dürer; 1510).
- Der Prophet David (Camillo Boccaccino, 1530).
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