Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Juni 2009)

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1. Befund

„Teman“ (תֵּימָן têmān) begegnet (1) als Name einer Person bzw. eines Stammes oder Clans in der Genealogie → Edoms (Gen 36,11.15.42; 1Chr 1,36.53) und (2) in Verbindung mit Edom als Bezeichnung eines Ortes (Jer 49,7.20; Ez 25,13; Am 1,11f; Ob 8f. Die Aussage, dass Gott von Teman kommt, in Hab 3,3 führt zu den epigraphischen Belegen von Kuntillet ‘Aǧrūd (→ Kuntillet ‘Aǧrūd [Kuntillet Agrud]) aus dem 8. Jh. v. Chr. (Finkelstein), die einen „JHWH von Samaria“ von einem „JHWH von Teman“ (→ Jahwe) unterscheiden.

2. Deutungen

2.1. „Süden / Südland“

Das Lexem תֵּימָן von der Wurzel ימן jmn „rechts“ (Nominalform taqtal) bedeutet einfach „Süden“ (Ex 26,18.35; Ex 27,9; Ex 36,23; Ex 38,9; Num 2,10; Num 3,29; Num 10,6 [alles P / Ps]; Dtn 3,27; Jos 12,3; Jos 13,4; Jos 15,1 [Hexateuchredaktion]; Jes 43,6; Ez 20,46; Ez 47,19; Ez 48,28; Sach 6,6; Sach 9,14; Ps 78,26; Hi 9,9; Hi 39,26; Hhld 4,16); wenn man sich zum Sonnenaufgang (oriens) „orientiert“, liegt Süden rechts.

Wenn Teman überhaupt eine Landschaftsbezeichnung war, dann eine sekundäre – vergleichbar „Benjaminit“, was anfänglich auch nichts anderes als „Südländer“ bedeutete und zum Stammesnamen wurde, als sich weiter südlich Juda bildete, denn nun gab es im Süden von Efraim zwei Stämme, deren nördlicher weiter „Südländer“ hieß. Dafür, dass es einen Ort Teman gegeben hat, spricht nichts.

2.2. Edom (mit Negev)

Teman 1

In den Völkersprüchen des → Amosbuchs ist Teman am ehesten ein anderer Name für → Edom (Am 1,11f):

Mit Ausnahme von Gaza, Tyrus und Ammon, für die aus hier nicht zu erörternden Gründen ein anderes Formular benutzt wird, bedroht JHWH das Land mit Feuer, welches die Paläste der Hauptstadt verbrennt. Aus der Perspektive von → Damaskus, → Ammon und → Moab ist die Bezeichnung „Südland“ für Edom gut nachzuvollziehen.

Als Bezeichnung von ganz Edom dient Teman auch in der Eröffnung des Völkerspruchs gegen Edom in Jer 49,7, in Jer 49,20 steht es im Parallelismus mit „Edom“, in Ob 9 mit „dem Gebirge [von] Esau“, was nicht weniger als das Gebirge → Sëir, das edomitische Stammland umfasst. Spezifischer ist nur Ez 25,13, das Edom (um 553 v. Chr.) die Vernichtung „von Teman bis Dedan“ androht; Teman steht hier wie zuvor für das edomitische Stammland, → Dedan für Edoms nordarabischen Kolonialbesitz seit seiner großen Expansion ab 600 v. Chr., doch könnte Teman auch für den mittlerweile edomitisch besetzten Negev stehen. Da Teman auf alle Fälle nördlich von Dedan liegt, ist es hier sicher ein Toponym.

Im edomitischen „Clan-Verzeichnis“ Gen 36, das auf einen Kern aus dem 7. Jh. v. Chr. zurückgeht, aber seine vorliegende Form Redaktionen des 5. Jh. v. Chr. verdankt, ist Teman als vermeintlicher Teil Edoms nach Ez 25,13 aufgenommen, oder es repräsentiert die seit dem 6. Jh. in den Negev abgewanderten Edomiter (und Proto-Idumäer).

2.3. Juda

Auch für den „JHWH von Teman“ aus Kuntillet ‘Aǧrūd gibt es zwei Deutungsmöglichkeiten, doch ist wohl nicht Edom oder der Negev gemeint. Aus israelitischer / samarischer Perspektive ist vielmehr Juda das „Südland“, da es zur Zeit → Jerobeams II. noch zu unbedeutend war, um bei seinem Eigennamen genannt zu werden. So verstanden wäre „JHWH von Teman“ jedenfalls eine vollständige Parallele zu „JHWH von Samaria“. Sollte sich Teman hier nämlich auf den Negev und / oder Edom beziehen, fragt man sich, wo dann der judäische JHWH geblieben ist. Insofern erhellen sich die Inschriften und Hab 3,3 nicht wirklich gegenseitig.

2.4. Hab 3,3

Bei der Deutung von Hab 3,3 gibt es drei Möglichkeiten: (a) „Teman“ heißt einfach „Süden“. (b) Teman bezeichnet den Negev, der auf der Linie Paran – Jerusalem liegt (wenn auch hier Paran, wie 1Kön 11,18, mit der Oase Feirân im Südsinai zu verbinden ist). Zu dieser Möglichkeit wäre Ez 20,46 zu vergleichen sowie die Bemerkung des → Hieronymus zum Toponym Nageb (Negev), wonach bei den hebräischen Stämmen NagebTemanDarom die gleiche Bedeutung haben (Onomasticon 137,15-17). (c) Teman bezieht sich auf Edom unter Aufnahme der Tradition von Ri 5,4-5, die → JHWH aus Seïr aufbrechen lässt. Eindeutigkeit lässt sich nicht herstellen, sie wird von den Schreibern und Schriftgelehrten, denen wir die Hebräische Bibel verdanken, auch selten angestrebt.

3. Temanäer

Die Nisbe (das Beziehungsadjektiv) „Temanäer“ (ha-têmānî; 1Chr 4,6 têmnî) kann zu einem möglichen Landes- oder Landschaftsnamen Teman gehören, gehört aber auch, und mit Sicherheit, im Hebräischen und Aramäischen zur Stadt → Tema. Letzteres ist beim edomitischen „König“ Huscham „aus dem Land des Temanäers“ der Fall (Gen 36,34; 1Chr 1,45), wenn man der Datierung und Lokalisierung dieser Liste von Knauf folgt, würde aber auf einen „Südländer“ verweisen, der so weit nördlich wie in Baschan beheimatet gewesen sein mag, wenn man die These von Lemaire vorzieht, wonach es sich bei Gen 36 um eine „altaramäische“ Königsliste handelt. Hiobs Freund → Elifas (Hi 2,11; Hi 4,1; Hi 15,1; Hi 22,1; Hi 42,7.9) kommt wahrscheinlich aus → Tema, denn sein Gefährte → Bildad stammt aus Schuach / Sûhu am → Eufrat. Diese Landschaften verbinden Handels- und andere Beziehungen spätestens seit dem 8. Jh. v. Chr. (Cavigneaux / Ismail).

Bei têmnî in 1Chr 4,6 dürfte es sich um eine Sippe nordarabischer Einwohner handeln, die im nachexilischen Judäa / Idumäa genealogischen Anschluss an Juda gefunden hat (die Genealogien Judas in 1Chr 2 und 1Chr 4 sind reich an „ismaelitischen“ und „edomitischen“ Stammes- und Sippennamen).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992

2. Weitere Literatur

  • Cavigneaux, A. / Ismail, B.Kh., 1990, Die Statthalter von Suhu und Mari im 8. Jh. v. Chr, Baghdader Mitteilungen 21, 321-455
  • Finkelstein, I., 2008, The date of Kuntillet ‘Ajrud: the 14C perspective, TA 35, 175-185
  • Knauf, E.A., 1985, Alter und Herkunft der edomitischen Königsliste Gen 36,31-39, ZAW 97, 245-253
  • Knauf, E.A., 1995, Edom: The Social and Economic History, in: D.V. Edelman, You Shall Not Abhor an Edomite for He is Your Brother. Edom and Seir in History and Tradition (Archaeology and Biblical Studies 3; Atlanta, GA: Scholars Press), 93-117
  • Knauf, E.A., 2001, Genesis 36,1-43, in: Th. Römer / J.-D. Macchi (Hgg.), Jacob. Commentaire à plusieurs voix de Gn. 25-36. Mélanges offerts à Albert de Pury (Le Monde de la Bible 44; Genf: Labor et Fides), 291-300
  • Lemaire, A., 1988, Hadad l’Édomite ou Hadad l’Araméen?, BN 43, 14-18
  • Timm, S., 1996, „Gott kommt von Teman, der Heilige vom Berg Paran“ (Habakuk 3:3) – und archäologisch Neues aus dem äußersten Süden (Tell el-meẖarret), OTEs 9, 308-333
  • Vaux, R. de, 1969, Teman, ville ou région d’Édom?, RB 76, 379-385

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