Witwe und Waise (AT)
(erstellt: April 2010)
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1. Terminologie
1. Witwe. Das hebräische Wort für Witwe ist אַלְמָנָה ’almānāh und besitzt eine sehr negative Konnotation. Witwen hatten einen niedrigen gesellschaftlichen Status, weil ihnen vor allem ein männlicher Schutzherr (Ehemann, Söhne oder Brüder) fehlte. Witwe zu werden war eine soziale Krisensituation.
Das griechische Wort χήρα chēra (gelegentlich γυνή χήρα gynē chēra) steht nicht nur für die Frau, deren Ehemann verstorben ist, sondern auch für die, die überhaupt ohne Ehemann lebt. Die griechische Terminologie, ebenso wie die lateinische (vidua) kann also eine geschiedene, eine getrennt lebende und manchmal auch eine niemals verheiratete Frau bezeichnen. Von daher ist es nicht nur ein Schicksal, „Witwe“ zu sein, sondern kann auch eine bewusst gewählte Lebensform darstellen. In beiden Fällen gilt in der Bibel dem Schicksal der Witwen Gottes besondere Aufmerksamkeit: Der Notschrei der Witwen wird von Jhwh auf jeden Fall erhört (Ex 22,22
2. Waise. Im Alten Testament bedeutet der Begriff „Waise“ (hebr. יָתוֹם jatôm) das vaterlose Kind (Ex 22,23
2. Belege
Im Alten Testament werden einige Witwen namentlich erwähnt: z.B. → Tamar
Im Alten Testament werden Witwen als Gruppen fast immer zusammen mit ähnlich bedürftigen und gesellschaftlich schwächeren Gruppen erwähnt: mit den → Fremden
Die Witwen stehen in fast stereotyper Verbindung mit den Waisen, oft sind beide Begriffe als Wortpaar nebeneinander gestellt (Hi 22,5f
Bemerkenswert ist ein Ostrakon (beschriftete Tonscherbe), das 2008 in Chirbet Qējafā entdeckt wurde (s. Khirbet Qeiyafa Archaeological Project: Qeiyafa Ostracon Chronicle
Die schwierige soziale Lage von Waisenkindern zeigt sich darin, dass sie wie Witwen keinen Helfer hatten (Hi 29,12
3. Witwen und Waisen im Alten Orient
Im Alten Orient ist der Schutz von Witwen und Waisen bereits in vorbiblischen Zeiten ein theologisch begründetes, sozialrechtliches Anliegen. Eine Vielzahl ägyptischer und mesopotamischer Texte aus dem dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. machen deutlich, dass Witwen und Waisen als besonders hilflos und bedürftig betrachtet wurden. In einer 1951 entdeckten sumerischen Hymne erfolgt die Anrufung der Göttin Nasche von Lagasch mit den folgenden Worten:
„Sie welche die Waise kennt, welche die Witwe kennt, die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen kennt, Mutters der Waise ist. Nansche, welche für die Witwe sorgt … Die Königin nimmt den Flüchtling in ihrem Schoß, Gibt dem Schwachen Schutz.“ (Kramer, 86ff.)
Insbesondere in juristischen Auseinandersetzungen waren Witwen und Waisen chancenlos, weil die Rechtspflege in den Händen der Männer lag. Im gesamten Vorderen Orient wie im Alten Testament sind sie aber dem besonderen göttlichen Schutz unterstellt (z.B. Ningirsu, Schamasch, Amon-Re, Jahwe), so dass es als Frevel gegenüber den Göttern galt, die Notlage der personae miserae auszunutzen. Insbesondere war es die Pflicht des Königs und des Gaufürsten für solche Leute zu sorgen (vgl. z.B. Fensham, 1962, 129: „policy of protection“). Für den Herrscher wurde in den babylonischen Kulturen relativ früh das programmatische Bild des guten → Hirten
4. Witwen und Waisen im alten Israel
Die Stellung der Witwen und Waisen im alten Israel unterschied sich kaum von der im Alten Orient oder in der Antike im Allgemeinen. Die Witwenschaft ist ein bedauerliches und trauriges Schicksal (Rut 1,20f
Das Alte Testament hat das Schicksal dieser marginalisierten Personen wahrgenommen und sie gelten in der alttestamentlichen Gesetzgebung, vor allem im deuteronomischen Recht, als besonders schutzbedürftig. Die Fürsorge für die Witwen, wie überhaupt für die sozial Schwachen, erscheint als religiöse Pflicht (Ex 22,21
5. Witwen im Neuen Testament
Auch im Neuen Testament wird deutlich, dass Witwen von Armut bedroht sind und besondere Unterstützung benötigen (Mk 12,38-40
An verschiedenen Stellen des Neuen Testaments wird deutlich, dass es in den ersten christlichen Gemeinden ein lebhaftes Gemeinschaftsleben (Arbeitsgemeinschaften, Wohn- und Lebensgemeinschaften, Gottesdienst- und Missionsgemeinschaften) von Frauen gegeben hat.
In der paulinischen Behandlung des Themas erscheinen die Witwen im Kontext des Diskurses über die Ehe (1Kor 7
Im frühen Christentum spielten unverheiratete oder geschiedene Frauen eine ganz besondere Rolle und einige von ihnen werden Witwen (χῆραι chērai) genannt. „Witwe“ zu sein, also ohne Mann zu leben, ist nicht als Schicksal, sondern als eine besondere Lebensform betrachtet worden. In Apg 9,39-41
Literaturverzeichnis
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