Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Mai 2016)

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1. Name

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Laodizea am Lykos wird bei der Neugründung unter dem → seleukidischen König Antiochus II. (261-246 v. Chr.) nach der Frau des Königs, Laodike, benannt. Der Name ist zusammengesetzt aus den griechischen Begriff λάος / laos „Volk“ und δικαιοσύνη / dikaiosynē „Gerechtigkeit“. Es gibt einige weitere antike Siedlungen mit dem Namen Laodizea. Nur Laodizea am Lykos ist im Neuen Testament erwähnt.

2. Biblische Überlieferung

2.1. Kolosserbrief

Die Städte → Kolossä und Laodizea sind benachbart. Obwohl der → Kolosserbrief nach allgemeinem Forschungsstand erst nach dem Tod des Paulus in seinem Namen verfasst worden sein soll, gilt der Kolosserbrief als wichtiges Zeugnis für das frühe Christentum nicht nur in Kolossä, sondern auch in Laodizea. Die Stadt Laodizea ist zu Beginn und Schluss des Briefes mehrfach erwähnt. „Paulus“ erwähnt in Kol 2,1, dass er weder der Gemeinde in Kolossä noch der Gemeinde in Laodizea persönlich bekannt sei, aber dennoch um sie kämpfe. Die Worte „→ Reichtum“ und „Schätze“ (Kol 2,2-3), die der Verfasser für beide Gemeinden auf Christus umdeuten möchte, weisen unter Umständen auf den Wohlstand der beiden Städte in → Kleinasien. Da Kolossä zur mutmaßlichen Abfassungszeit des Kolosserbriefes (70-80 n. Chr.) durch ein Erdbeben im Jahr 61 n. Chr. zerstört war, gibt es die Ansicht, dass die eigentlichen Adressaten des Kolosserbriefes die Gemeinde in Laodizea sei (Lindemann).

Im Briefschluss des Kolosserbriefes geben die Grußadressen einen Eindruck vom Gemeindeleben in Laodizea. → Epaphras (Kol 4,13, auch Kol 1,7; Phlm 23) ist von besonderer Bedeutung für die drei benachbarten Städte Laodizea, Kolossä und Hierapolis. Er gilt als der → Apostel jener Gegend. Die „Brüder in Laodizea“ und namentlich eine Frau Nympha und die Gemeinde, die sich in ihrem Haus trifft, werden gegrüßt (Kol 4,15). Die vorletzte Ermahnung des → Kolosserbriefes gibt Aufschluss über den Brauch des Verlesens der Briefe des Paulus und den engen Kontakt zwischen den beiden Gemeinden (Kol 4,16): Der Brief an die Gemeinde in Kolossä soll nicht nur dort, sondern auch in Laodizea in der Gemeinde verlesen werden. Die Existenz eines Briefes an die Gemeinde in Laodizea wird vorausgesetzt (Kol 4,16) und soll nicht nur in Laodizea, sondern auch in Kolossä verlesen werden. Der Paulusbrief nach Laodizea gilt als verschollen. Der später in Handschriften aufgetauchte, so genannte → Laodizenerbrief ist nach allgemeiner Auffassung nicht authentisch.

2.2. Offenbarung des Johannes

Laodizea ist in Apk 1,11 neben → Smyrna, → Ephesus, → Pergamon, → Sardes, → Thyatira, → Philadelphia die letzte der sieben genannten Gemeinden der Apokalypse in Kleinasien. Das siebte Sendschreiben an Laodizea (Apk 3,14-22) ist das einzige unter den sieben Sendschreiben, in dem die adressierte Gemeinde ohne Lob bleibt. Der Seher notiert für Laodizea einen ganzen Katalog an Tadeln im Namen Christi (Apk 3,14-18) und einen deutlichen Ruf zur → Umkehr (Apk 3,19-22). Die genannten geistlichen Eigenschaften der Gemeinde von Laodizea, wie „lau“ (3,15-16), „arm, blind und bloß“ (3,17-18), werden häufig im Bezug auf die wirtschaftliche Lage der Stadt Laodizea in der Antike interpretiert (seit Ramsay und öfter). Jüngst wird die vorschnelle Verknüpfung der Nennung geistlicher Defizite der Gemeinde von Laodizea mit der ökonomischen Situation der Stadt begründet kritisiert (Koester).

Die Aussage, die Gemeinde sei „weder kalt noch warm“ (3,15), sondern „lau“ (3,16), stehe nach Meinung einiger im Kontrast zum Kurbetrieb an den heißen Quellen des benachbarten Hierapolis. Koester weist daraufhin, dass der Vergleichspunkt zu Apk 3,15-16 eher eine antike Essgewohnheit ist.

Im Vergleich mit dem sprichwörtlichen Reichtum der Stadt Laodizea (3,17), der sich in antiker Literatur am Wiederaufbau von Laodizea nach dem Erdbeben 61 n. Chr. aus eigenen Mitteln festmacht, sei die Gemeinde „arm“.

Die Aufforderung, „im Feuer geläutertes Gold“ von Christus „zu kaufen“ (3,18), wird gerne im Kontrast zu den in der Antike belegten Finanzgeschäften in Laodizea verstanden. Die Empfehlung, von Christus „weiße Kleider“ (3,18) zu kaufen, um die Nacktheit der Gemeinde zu bedecken, steht im Kontrast zum antiken Geschäft in Laodizea und Kolossä mit schwarzen Wollgewändern. Koester weist daraufhin, dass der Vergleichspunkt nicht die Kleiderfarbe, sondern die → Nacktheit sei. Die Empfehlung, von Christus „Augensalbe“ (3,18) zu kaufen, um nicht „blind“ zu sein, sondern „zu sehen“, steht im Kontrast zum Heilwesen in Laodizea. Der Nachweis für ein spezifisches Augen-Heilwesen in Laodizea wird von Koester in Frage gezogen.

In der Schlussermahnung des Sendschreibens wird den Bußfertigen das Mahl mit Christus verheißen (3,20).

In der altkirchlichen Liste der biblischen Bücher Alten und Neuen Testaments des umstrittenen 60. Apostelkanons der ökumenischen Akten vom Konzil in Laodizea (um 341) fehlt die Offenbarung des Johannes.

2.3. Sekundärer Schluss bei 1Tim

In zwei antiken Codices des Neuen Testamentes aus dem 4. Jh. (→ Codex Alexandrinus) bzw. 5. Jh. (Codex Porfirianus) steht am Schluss des → Ersten Timotheousbriefs: „Erster [Brief] an Timotheus, geschrieben in Laodizea“ Dieser Nachsatz zum Ersten Timotheusbrief gilt als sekundär, lässt aber auf die Bedeutung der christlichen Gemeinde in Laodizea in der Antike schließen.

3. Lage

Das Ausgrabungsgelände des antiken Laodizea am Lykos (37 50‘ 9“ N, 29 6‘27“ O) liegt 6 km nördlich der modernen türkischen Stadt Denizli auf einem Plateau zwischen den modernen Dörfern Goncali (nördlich) und Eskihisar (südlich). Zwei Zuflüsse des Lykos begrenzen die Stadt im Westen und im Osten. Laodizea am Lykos liegt an der Kreuzung zweier bedeutender antiker Überlandrouten: vom Bosporus im Norden bis an die Südküste Kleinasiens und von Smyrna im Westen bis an den → Euphrat im Osten. Laodizea liegt 20 km westlich vom antiken Kolossä und 10 km südlich vom antiken Hierapolis (heute: Pamukkale) entfernt.

4. Geschichte

4.1 Phrygische, griechische und hellenistische Zeit

Die ältesten Funde in Laodizea werden in die Frühbronzezeit datiert (Simsek). Laodizea liegt in der Landschaft Phrygien. Das phrygische Heiligtum des Gottes Men Karou liegt außerhalb der Stadt. Nach dem Zeugnis von Plinius des Älteren (Naturgeschichte 5.105) hieß Laodizea ursprünglich Diospolis, das heißt: Stadt des Zeus. Der Kult des Zeus reicht in Laodizea in die älteste Zeit zurück. Der Neugründung unter Antiochus II. (216-246 v. Chr.) folgt die Namensgebung Laodizea – nach Königin Laodike. Die Stadt ist geometrisch nach dem hippodamischen Plan mit rechtwinkligen Straßen angelegt. Antiochus III. (222-187 v. Chr.) siedelt jüdische Söldner aus → Mesopotamien in verschiedenen kleinasiatischen Städten an (Josephus Altertümer 12.147-153), darunter auch Laodizea. Zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. wird Laodizea Teil des Königreichs von Pergamon (189 v. Chr.) und 133 v. Chr. an → Rom übergeben.

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4.2 Frührömische Zeit

Laodizea ist ab 129 v. Chr. Teil der → römischen Provinz Asia. Wie bedeutend das → Judentum in der Gegend um Laodizea gewesen ist, zeigt eine Notiz von Cicero (Für Flaccus 68): Statthalter Flaccus soll 62 v. Chr. die nach Jerusalem abzuführende → Tempelsteuer der jüdischen Gemeinden im Umfang von 20 Talent Gold beschlagnahmt haben – die Tempelsteuer von etwa 9.000 Juden und ihren Familien. Cicero (An seine Freunde 3.5.4) berichtet auch von der Möglichkeit, in Laodizea auf der Reise Geld zu wechseln – Laodizea war ein lokales Finanzzentrum. Laut → Josephus (Altertümer 14.241-243) bestätigt 45 v. Chr. die laodizenische Stadtregierung ein Schreiben des römischen Konsuls C. Rabilius zur freien Religionsausübung der Juden nach dem Tode → Caesars.

4.3 Römische Kaiserzeit

4.3.1 Geschichtsschreibung des 1. Jahrhunderts

Um 25 / 24 v. Chr. soll Laodizea mit der Unterstützung des späteren Kaisers → Tiberius nach einem Erdbeben wiederaufgebaut worden sein (Sueton Kaiserbiographien Tiberius 8). Nach Tacitus (Annalen 4.55) bewirbt sich Laodizea vergeblich 26 n. Chr. darum, für Kaiser Tiberius einen Kult einzurichten. Nach Strabo (Geographie 12.816) ist Laodizea ein Zentrum des Textilhandels von schwarzer Wolle, genannt „Kolossisch“. Derselbe nennt ein Zentrum für Heilwissen bei Laodizea (Geographie 12.820). Nach einem Erdbeben 61 n. Chr. findet der Wiederaufbau der Stadt mit eigenen Mitteln statt (Tacitus Annalen 14.27, Euseb Kirchengeschichte 2.154).

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4.3.2 Quellen, Inschriften und Funde der Kaiserzeit

Inschriften von Grabfeldern im Norden der Stadt geben Aufschluss über alle Berufsgruppen einer kleinasiatischen Metropole und über ein reges religiöses und weltliches Vereinsleben wie in anderen Städten der Provinz. Im Süden des Ausgrabungsgeländes sind Ruinen des römischen Aquäduktes zu erkennen mit Wasserleitungen aus Stein. Das Wasser kam von einer Quelle im Süden und war offensichtlich sehr kalkhaltig, wie an den Verkrustungen in den Wasserleitungen bis heute zu sehen ist. Von der antiken Wasserversorgung sind Reste eines runden Wasserturms, Terracotta-Wasserleitungen und schließlich ein Auffangbecken nachweisbar. Aus dem Jahr 79 n. Chr. stammt eine Arena, inschriftlich von Kaiser → Titus seinem Vater → Vespasian geweiht. Mit 370 m Länge ist es die größte Arena außerhalb Roms. 129 n. Chr. besucht Kaiser → Trajan die Stadt. Am südlichen Markt (Agora) ist ein Haus für die Ratsversammlung (Bouleuterion) und ein Badekomplex, der Kaiser → Hadrian und seiner Frau Sabina gewidmet ist. Im 2. Jh. wird ein Kaiserkultzentrum für Kaiser Commodus eingerichtet und unter Caracalla erneuert. Von Westen nach Osten führten Kolonnaden-gesäumte Straßen durch die Stadt. In einem Quell-Heiligtum wurde eine → Isis-Statue aus der Zeit von Kaiser Septimius Severus gefunden. Nach jüngsten Ausgrabungen sind u.a. die Reste eines kaiserlichen Forums zu sehen. Nach der Anlage der Stadt lebten in römischer Zeit 150.000 Menschen in Laodizea. Die in jüngsten Grabungen entdeckte Basilika aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. erinnert an die Synode von Laodizea in den Jahren 341-343, dessen 59 oder 60 Sätze des Apostelkanons zu den Dokumenten der sieben ökumenischen Konzilien gezählt werden.

4.4 Alte Kirche und byzantinische Zeit

Nach dem Zeugnis des Neuen Testamentes (siehe 2.) hängt die Geschichte der frühen Christen eng mit den Gemeinden in Kolossä und Hierapolis zusammen. Laodizea gehört zu den sieben Gemeinden der Apokalypse des Johannes. Im 2. Jahrhundert erleidet der christliche Bischof Sagaris das → Martyrium in Laodizea (Euseb Kirchengeschichte 4.26.3; 5.24.5). Die starke jüdische Prägung der christlichen Gemeinde ist in verschiedenen altkirchlichen Quellen bezeugt. Zeugnis davon ist auch die Überlieferung der ursprünglich jüdischen Sibyllinischen Orakel, die Laodizea ausdrücklich erwähnen (OrSib 4,107f, 7,22f, 14,85). Wie in anderen frühchristlichen Gemeinden Kleinasiens ist es auch in Laodizea üblich, das Osterfest am 14. Nisan zu feiern, dem Sederabend des Pessach-Festes (→ Passa) nach jüdischem Kalender (Euseb Kirchengeschichte 4.26.3) bis diese Praxis als Quatrodeziminianismus im Osterstreit verworfen wird. Im Apostelkanon des Konzils von Laodizea, heißt es noch 341-343 n. Chr., Christen sollen nicht „judaisieren“, z.B. sollen sie die Arbeitsruhe am Sabbat nicht halten, sondern stattdessen den Sonntag achten, sonst droht Exkommunikation (Apostelkanon 29). Apostelkanon 37 und 38 verbieten schließlich die Teilnahme an jüdischen Festen und den Verzehr der ungesäuerten Brote.

494 beendet ein Erdbeben die Blütezeit Laodizeas. Seit dem 15. Jahrhundert ist die Siedlung von Laodizea verlassen und dient in osmanischer Zeit als Steinbruch.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Bruce, F.F., Laodicea, Anchor Bible Dictionary 4, Toronto 1992, 229-231
  • Bürchner, L., S. 3, Paulys Realencyclopädie 2,5, Stuttgart 1927, 730-765
  • Laub, F., Laodizea, Neues Bibel-Lexikon2, Düsseldorf / Zürig 1995, 588f
  • Lohmann, T., Laodicea, Biblisch-historisches Handwörterbuch 2, Göttingen 1964, 1050
  • Olshausen, E., Laodikeia 4, Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 6, 1999, 1132f
  • Calwer Bibellexikon
  • Ruge, W., L. am Lykos, Paulys Realencyclopädie 12, Stuttgart 1924, 722-724

2. Monographien und Aufsätze

  • Aulock, H.V., 1987, Münzen und Städte Phryigens II (IM.B 27), Tübingen
  • Bruce, F.F., 1984, Jews an Christians in the Lycus Valley, BS 141
  • Bucker, W.H. / Calder, W.M., 1939, Monumenta Asia Minoris Antiqua VI: Monmunets and Documents from Phrygia and Caria, Manchester
  • Duma, Baradir, 2014, Red Slip Pottery from Laodicea / Phrygia, R.C.R.F.A 43
  • Koester, C.R., 2014, Revelation, AYB 38A, 333-349
  • Lindemann, A., 1981, Die Gemeinde von „Kolossä“. Erwägungen zum „Sitz im Leben“ eines pseudopaulinischen Briefes, WuD 16, 111-134
  • Ramsay, W.M., 1906, Letters to the Seven Churches, 413-430
  • Simsek, S., 2007, Laodikeia
  • Trebilco, Paul R., 1992, Jewish Communities in Asia Minor, Cambridge

Abbildungsverzeichnis

  • Wiederaufgerichtete Säulen im Ausgrabungsgelände von Laodizea am Lykos an der Ost-West-Achse aus der römischen Kaiserzeit Ruprecht Veigel, Württembergische Bibelgesellschaft Stuttgart
  • Ruine des kleineren griechischen Theaters im Nordwesten Laodizeas aus hellenistischer Zeit am Hang des Lykos-Tales. Ruprecht Veigel, Württembergische Bibelgesellschaft Stuttgart
  • Tempelgelände des Apollo (Temple A), 2. Jh. n. Chr. Fotos von Ruprecht Veigel, Württembergische Bibelgesellschaft Stuttgart

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