Nazareth
(erstellt: September 2011)
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1. Etymologie
Die beiden im NT hauptsächlich belegten Schreibweisen Ναζαρέθ / Ναζαρέτ (Nazareth/Nazaret) und Ναζαρά (Nazara) gehen vermutlich auf ein → true Femininum zurück (Albright, 398; zum hebräischen Äquivalent vgl. Dalman, 152). Der Ortsname wird meistens auf die hebräische Wurzel נצר (nṣr), „hüten, bewachen” zurückgeführt, was in Verbindung mit der strategischen Lage Nazareths oberhalb der → Jesreelebene
2. Frühe literarische Zeugnisse
2.1 Frühjüdische Zeugnisse
Der Ort ist weder aus den alttestamentlichen Schriften bekannt, noch wird er bei → Josephus
2.2 Neues Testament
Die Evangelientradition (→ Evangelium
Der Ortsname ist im NT in verschiedenen Schreibweisen belegt: Ναζαρά (Mt 4,13
3. Lage
Nazareth liegt in Untergaliläa, etwa 25 km westlich der Südspitze des Sees Gennesaret und etwas nördlich der Jesreelebene (32°41'58.68'' N / 35°18'12.77'' O; Palestine Grid Koordinaten: 178.234). Der Siedlungskern befindet sich in einer Geländesenke etwa 350 Meter ü.d.M., die hufeneisenförmig von bis zu knapp 500 Meter hohen Kalksteinhügeln umgeben ist. Diese gehören zu den südlichsten Ausläufern des → Libanongebirges
4. Archäologische Erforschung
Spuren von prähistorischer Besiedlung sowie solcher aus der Bronze– und Eisenzeit, der hellenistischen und römischen Ära sind belegt. Gräber aus römischer und byzantinischer Zeit ziehen sich hauptsächlich entlang eines westlich der Verkündigungskirche gelegenen Hügels, einige sind jedoch auch am Hang östlich davon lokalisiert. Die zeitgleiche Siedlung dürfte in der Talsenke zwischen den Hügeln gelegen haben. Prospektionen und Grabungen (darunter in neuester Zeit Hartal/Amos 2006, Pfann et al. 2007, Dark 2008, Atrash 2009) in und um Nazareth fanden routinemäßig Belege für ausgiebige Steinbrucharbeiten, deutlich auch solche aus römischer Zeit. Aus dem lokal anstehenden Kalkstein (nari) wurden vor Ort Steinblöcke für diverse Bauprojekte geschnitten und dabei zugleich ebene Terrassen für spätere landwirtschaftliche Nutzung (Funde von Weinpressen dokumentieren Weinanbau) in dem hügeligen Terrain geschaffen. Der Kalkstein wurde ebenfalls für die Herstellung von Steingefäßen genutzt (Fund einer Werkstatt unmittelbar nördlich von Nazareth bei Kafr Reina, Gal 1991
Bislang fehlt weitestgehend die Evidenz für Wohnhäuser aus frührömischer Zeit. Archäologische Untersuchungen, 1955 von Bellarmino Bagatti im Bereich der Verkündigungskirche vor deren Neubau 1960–1969 unternommen (Bagatti 1969; zuvor: 1892 Benedict Vlaminck, 1889 und 1907–1909 Prosper Viaud), stießen auf in den natürlichen Felsen getriebene Speicherräume (vom Ausgräber z.T. der israelitischen, hauptsächlich jedoch der römisch-byzantinischen Zeit zugewiesen), einen Ofen, Überreste von Wein- und Olivenpressinstallationen sowie Spuren von Wohnarchitektur. Vergleichbare Funde wurden unter der unmittelbar nördlich gelegenen Kirche des Hl. Joseph gemacht. Damit ist deutlich, dass im Bereich der heutigen Kirchen in frührömischer Zeit Wohnbebauung bestand. Ein 2009 im Zuge von Rettungsgrabungen neben der Verkündigungskirche entdecktes Haus bestand aus zwei Räumen und einem Hof mit einer in den Fels geschlagenen Zisterne für Regenwasser. Fragmente von Steingefäßen weisen auch hier auf jüdische Bewohner hin.
Nach jüdischer Tradition, die in byzantinische Zeit zurückdatiert, ist Nazareth einer der galiläischen Orte, in denen sich die 24 ursprünglich in Judäa wohnhaften Tempelpriesterfamilien (1Chr 24,7
Offenbar bestand vor der Errichtung eines byzantinischen Kirchengebäudes mit Kloster über der Verkündigungsgrotte im 5.Jh.n.Chr. bereits ein monumentaler Vorgängerbau. Eine Mauer dieses Baus kam bei Bagattis Ausgrabungen zum Vorschein, daneben auch architektonische Fragmente in der Füllschicht unter der byzantinischen Kirche. Dass der frühere Bau christlich genutzt wurde, legen daraus stammende Putzfragmente mit religiösen Graffiti (→ Kreuzsymbol
5. Literarische Belege bis zum 8.Jh.n.Chr.
Julius Africanus (2./3.Jh.), bei → Eusebius
Erst der anonyme Pilger von Piacenza bezeugt um 570 n.Chr. eine Basilika an der Stelle, an der das Haus der Maria stand, und in der zu seiner Zeit offenbar Marias wundertätige Kleider aufbewahrt wurden. Er berichtet auch von der Synagoge des Ortes, einem Buch dort, in dem das Kind Jesus das ABC übte, sowie einem Balken, auf dem es mit anderen Kindern saß und der sich nur von Christen, nicht aber von Juden bewegen ließe. Die jüdischen Einwohnerinnen des Ortes hielt er für schöner als anderswo und meinte, sie betrachteten dies als ein Geschenk ihrer Verwandten, der Heiligen Maria. Schließlich sei der ganze Landstrich fruchtbar wie das Paradies (Itinerarium Antonini Placentini 5).
Einige Jahrhunderte später berichtet Patriarch Eutychius von Alexandria (877–940 n.Chr.) in seinen Annales über Juden u.a. aus Tiberias und Nazareth, die sich an der Eroberung Jerusalems durch die Perser im Jahre 614 n.Chr. beteiligten, schließlich aber vom byzantinischen Kaiser Heraklius I. besiegt wurden und diesen um Gnade bitten mussten (Eutychii Patriarchae Alexandrini Annales, PG 111, 1083A ff.).
Nach dem → Protevangelium
Literaturverzeichnis
Davies, W.D. / D.C. Allison, 1988, A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew, Bd. 1 (International Critical Commentary), London
1. Kommentare
- Davies, W.D. / D.C. Allison, 1988, A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew, Bd. 1 (International Critical Commentary), London
2. Monographien und Aufsätze
- Albright, W.F., 1946, The Names “Nazareth” and “Nazoraean”, JBL 65, 397–401
- Atrash, W., 2009, Nazareth (West), Preliminary Report, ESI 121, http://www.hadashot-esi.org.il/report_detail_eng.asp?id=1073&mag_id=115
[eingesehen 2. Mai 2011] - Bagatti, B., 1969, Excavations in Nazareth, Bd. 1: From the beginning till the XII Century, Jerusalem
- Dalman, G., 1905, Grammatik des jüdisch-palästinischen Aramäisch, 2. Auflage, Leipzig
- Dark, K.R., 2008, Roman-Period and Byzantine Landscapes Between Sepphoris and Nazareth, PEQ 140, 87–102
- Gal, Z., 1991, A Stone Vessel Workshop in Lower Galilee, Atiqot 20, 25–26 (hebr.), 179–180 (engl.)
- Garitte, G., 1958, Le Calendrier palestino-géorgien du Sinaiticus 34 (Xe siècle), Brüssel
- Hartal, M. / E. Amos, 2006, Nazerat ‘Illit, Har Nadav (east), Final Report, ESI 118, http://www.hadashot-esi.org.il/report_detail_eng.asp?id=354&mag_id=111
[eingesehen 2. Mai 2011] - Leibner, U., 2009, Settlement and History in Hellenistic, Roman, and Byzantine Galilee: An Archaeological Survey of the Eastern Galilee, Tübingen
- Musurillo, H., 2000, The Acts of the Christian Martyrs, Oxford
- Pfann, S. / R. Voss / Y. Rapuano, 2007, Surveys and Excavations at the Nazareth Village Farm (1997–2002): Final Report, BAIAS 25, 19–79
- Taylor, J.E., 1993, Christians and the Holy Places: The Myth of Jewish-Christian Origins, Oxford
- Wilkinson, J., 1999, Egeria's Travels, 3. Aufl., Warminster
Abbildungsverzeichnis
- Blick gen Süden auf die moderne Stadt Nazareth mit der prominenten Verkündigungskirche in der Bildmitte. Deutlich lässt sich die Lage der Stadt im Talkessel erkennen. Ausgrabungsarbeiten im Zuge der Erbauung der Basilika in den 1960ern förderten archäologische Reste u.a. aus römisch-byzantinischer Zeit zutage. Foto mit Erlaubnis von http://www.HolyLandPhotos.org.
- Fragment einer hebräischen Inschrift, die in der zweiten erhaltenen Zeile den Ortsnamen Nazareth bewahrt. Zwei weitere Teile der Inschrift sind bekannt und lassen den Schluss zu, dass es sich hier um eine Liste der 24 priesterlichen Familien (vgl. 1Chr 24, 7–18) und ihrer galiläischen Wohnorte handelt. Die Inschrift wurde 1962 in den Ausgrabungen der Hebrew University in Caesarea, Areal D entdeckt. Der genaue Fundkontext ist nicht mehr rekonstruierbar, die Datierung dementsprechend unsicher: 3. oder 4. Jh.n.Chr.? Veröffentlichung mit Erlaubnis des Southern Baptist Theological Seminary.
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