Tell Ziraa
Andere Schreibweise: Tell Zirā‘a, Tall Zirā‘a, Tell Zerā‘a, Tall Zar‘a
(erstellt: Mai 2024)
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1. Name
2. Biblische Überlieferung
Die biblische (eisen-II-zeitliche) Überlieferung erwähnt mehrfach die „Zeltdörfer Jaïrs“ (vgl. Num 32,41
3. Außerbiblische Belege
Während der 19. ägyptischen Dynastie blieb die ostjordanische Region um den Tell Zirā‘a entlang der Handelsstraße nach Damaskus unter ägyptischer Herrschaft. Meindert und Jan Dijkstra sowie Karel Vriezen identifizieren den Siedlungshügel mit der Stadt ‚Qaduru im Land Hanma‘ (qa-dú-rù m p3 t3 n ha-an-má), die in einer Inschrift in der nordwestlichen Mauer einer Säulenhalle (Hypostyl) des Amun-Re-Tempels in Karnak erwähnt wird. Dort beschreibt → Sethos I.
Dieser Beschreibung in Karnak entspricht der Feldzug, der auf einer Stele aus dem ersten Regierungsjahr Sethos I. vom Tell el-Ḥöṣn (→ Bet-Schean
In hellenistischer Zeit wird der Name ‚Qaduru‘ (gemeinsam mit lokalen Einwohnern) vom Tell Zirā‘a zu einer durch die → Ptolemäer
4. Lage
Dem Tell Zirā‘a kommt als einzige prominente natürliche Erhebung im unteren Wādī al-‘Arab eine beherrschende Funktion zu. Von hier aus hat man nicht nur Blickkontakt zum hellenistischen Gadara auf dem nordwestlichsten Sporn Jordaniens (hoch über dem → See Genezareth
Das Wādī al-‘Arab verbindet das Jordantal – und damit auch die Mittelmeerküste über die Jesreel-Ebene und Bet-Schean – mit dem ostjordanischen Hochland und war als Handelsweg zwischen Ägypten im Süden sowie Syrien und Mesopotamien im Norden von besonderer Bedeutung. Der gewaltige Aufstieg von etwa ‑290 m NN in der Senke des Jordantales zum schon sehr früh besiedelten fruchtbaren Irbid-Ramṯa-Becken (ca. +560 m NN) kann hier ohne hinderlich steile oder enge Passagen überwunden werden. Da sich Vergleichbares für das nördlich gelegene Jarmuk-Tal und das südlich gelegene Wādī Ziqlāb nicht sagen lässt, erklärt sich die herausgehobene geopolitische Bedeutung des Wādīs, zumal man vom Irbid-Ramṯa-Becken auf direktem Wege nach → Damaskus
5. Eine geologische Besonderheit – die artesische Quelle
Der natürliche Sinterhügel unter den Siedlungsschichten des Tells wurde von der artesischen Quelle selbst „erbaut“. Das Quellwasser brachte Minerale und Kalk mit sich, die beim Abscheiden der in Wasser gelösten Minerale versinterten. Die Sinterschichten bildeten sich in Form von krustenförmigen Überzügen an den Hängen des Hügels immer weiter aus und wuchsen zu einem kreisrunden – an der Oberfläche in etwa waagerechten – Hügel heran.
Das Sedimentgestein ist aber nicht nur weich, es umschließt auch große Höhlen, in denen sich Stalaktiten und Stalagmiten bildeten. Möglicherweise sind bei dem verheerenden Hangrutsch um 1500 v. Chr. (s.u. 9.1.3) solche Hohlräume durch die Last der Siedlungsschichten oder während eines Erdbebens zusammengestürzt.
Die artesische Quelle in der Mitte des Tells war noch zu Beginn der Ausgrabungen zu bewundern. Allerdings ist ihr ausgiebiger Wasserfluss im Jahr 2004 durch die Bohrungen der jordanischen Wasserbauingenieure unterbunden worden. Noch einige Jahre stand reichlich Wasser im Quellmund, der aber seit 2011 völlig ausgetrocknet ist.
Das sich um den Tell windende Wādī al-‘Arab und seine Nebentäler waren einst ungewöhnlich wasserreich. Sie boten Gelegenheit zum Fisch- und zum saisonalen Vogelfang. Das großzügige Angebot an Acker- und Weideland sowie zahlreiche Quellen und ein gemäßigtes Klima schufen hervorragende Lebensbedingungen, wovon Siedlungen, Kanäle, Wassermühlen, Zisternen, Ölpressen, Weinkelter, Wachtürme und Grabanlagen zeugen.
6. Entdeckung, Erkundung und archäologische Forschungsgeschichte
Der Archäologe Nelson Glueck besuchte den Tell Zirā‘a im Jahr 1942. Dabei berichtete er über den „singularly imposing and completely isolated hill of Tell Zera‘ah […]“ und erwähnte eine Quelle auf dem Plateau des Tells als „result of a natural siphon phenomenon leading the underground flow of the water from the higher level of the hills beyond down to below the bottom and, as through a pipe piercing its center, up to the top of Tell Zera‘ah“ (Glueck 1951, IV/1, 182 Fig. 71).
Zwar war der Tell schon damals durch seine Lage und imposante Erscheinung aufgefallen, doch blieben intensivere Forschungen zu diesem Zeitpunkt aus, da der Hügel im unmittelbaren Grenzgebiet zu Israel im Westen und Syrien im Norden lag. Im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 und des Sechs-Tage-Krieges 1967 wurde der westliche Bereich des Wādī al-‘Arab zum militärischen Sperrgebiet erklärt.
Das über Jahrtausende in alle Richtungen offene Durchgangsgebiet war damit von seinem natürlichen Umfeld abgeschnitten. Zum Tell Zirā‘a im Dreiländereck von Jordanien, Syrien und Israel führte nicht einmal mehr eine ausgebaute Straße.
Auch der Bau des nahegelegenen Wādī al-‘Arab-Damms im Jahr 1978 änderte daran nichts. Die Archäologen, die das Gebiet vor dem Bau des Staudamms im Rahmen eines Rettungs-Surveys untersuchten (Kerestes et al. 1977 / 1978) und später mit einer oberflächlichen Aufnahme von Siedlungen durchstreiften (Hanbury-Tenison 1984), nahmen das archäologische Potenzial des gewaltigen Tells, der nun den modernen Stausee majestätisch überragt, nicht wahr. Erst mit dem im Jahr 1994 zwischen Jordanien und Israel geschlossenen Friedensvertrag wurde der Bereich wieder allgemein zugänglich.
Das „Gadara Region Project“ wurde im Jahr 2001 vom Biblisch-Archäologischen Institut Wuppertal (BAI) initiiert. In den ersten beiden Jahren konnte die Oberfläche auf dem nahe der Dekapolis-Stadt Gadara (dem heutigen Umm Qēs; Koordinaten: N 32 39′ 17.5″, E 35 40′ 39.78″
2003 begann die eigentliche Grabungstätigkeit auf dem Siedlungshügel. Dabei berechtigten schon die ersten Ergebnisse zu großem Optimismus, so dass das „Gadara Region Project“ auf einen Zeitraum von über zwanzig Jahren ausgelegt und geplant wurde. Um für einen solch langen Zeitraum eine intensive archäologische Arbeit und deren interdisziplinäre Verknüpfung sicherzustellen, verabredeten das BAI Wuppertal (Dieter Vieweger) und das Deutsche Evangelische Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI), zugleich Forschungsstelle des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), in Amman (Jutta Häser) im Jahr 2004 eine enge Forschungspartnerschaft. Dieser erfolgreichen Arbeit schloss sich 2006 auch das DEI Jerusalem an, das seit 2005 ebenfalls von Dieter Vieweger geleitet wird.
Zwischen 2010 und 2014 wurde unter der Leitung von Patrick Leiverkus und Katja Soennecken ein Umlandsurvey durchgeführt (s.u. 8). Einen Testschnitt in Areal III verantwortete Ulla Rothe im Jahr 2014. Katharina Schmidt untersuchte schließlich zwischen 2018 und 2021 ausführlich das Areal II (s.u. 9.3). Im Sommer 2021 erfolgte eine erste Untersuchung des Quellbereiches (Stefan Dreibrodt; Marta Dal Corso und Dieter Vieweger).
7. Die Areale I-IV
Letztlich ist die Erkundung des Tell Zirā‘a aufgrund der enormen Stärke seiner Kulturschichten eine Aufgabe für mehrere Generationen archäologischer Forschungen.
7.1. Areal I (westlicher Bereich)
Die Voruntersuchungen versprachen besonders in Areal I gute Bedingungen für die Erforschung einer langen stratigrafischen Abfolge und die Aussicht auf die Freilegung bedeutender Wohnarchitektur, so dass zunächst in diesem Bereich die Grabungstätigkeit aufgenommen wurde. Die mikroklimatischen Verhältnisse zeigen, dass dieser Teil des Siedlungshügels besonders für die Ansiedlung der Handwerker begünstigt war. Ab der Mittagszeit bis in den Abend hinein schufen die thermisch bedingten, vom Mittelmeer kommenden auflandigen Winde zum einen ein angenehmes Wohnklima, zum anderen konnten Handwerker hier ihre Öfen betreiben.
Auch die topografischen Gegebenheiten waren an dieser Stelle günstig für Ausgrabungen. Hier war der natürliche Schutz der Bewohner nicht so groß wie an den anderen Flanken des Tells. Angesichts der gerade einmal 22-25 m Höhenunterschied zum Fuß des Hügels war anzunehmen, dass die ehemaligen Bewohner hier eine solide Siedlungsbefestigung anlegen mussten.
7.2. Areal II (Norden)
Die im Norden des Tell Zirā‘a gelegenen Ausgrabungen in Areal II wurden von 2006 bis 2009 und im Jahr 2011 durchgeführt (Jutta Häser). Sie wurden in den Jahren 2018 bis 2021 fortgesetzt (Katharina Schmidt; mit finanzieller Unterstützung der Orient-Abteilung des DAI). Während der Ausgrabungen bis 2011 (1450 m2 in 58 Grabungsquadranten) wurde eine stratigrafische Abfolge von der osmanischen bis in die → Eisenzeit II
7.3. Areal III (Süden)
Areal III liegt auf dem höchsten Punkt des Tells. Die Oberfläche war vor Grabungsbeginn mit Steinen übersät, von denen viele bearbeitet waren und erhebliche Ausmaße aufwiesen. Dort wurde im Frühjahr 2007 mit einem Testschnitt und im Sommer 2008 durch eine Flächengrabung die Stratigrafie des südwestlichen Tell-Bereiches erkundet. In der Sommerkampagne 2014 wurde ein weiterer Testschnitt (Ulla Rothe) angelegt, um die Ausdehnung des entdeckten Gebäudes nach Norden zu erkunden.
Das Ausgrabungsareal umfasste eine Fläche von 675 m2 in 27 Quadranten mit einer Größe von 5 m x 5 m. Die stratigrafische Abfolge reichte von der osmanischen bis in die römische Zeit, wobei hier die römische Wohnbebauung und später die byzantinische Klosteranlage dominierten.
7.4. Areal IV (artesische Quelle; Zentrum)
Wissenschaftler:innen der Universität Kiel (Stefan Dreibrodt und Marta Dal Corso) unternahmen gemeinsam mit Dieter Vieweger im Sommer 2021 mehrere Bohrungen im Bereich der Quelle in Areal IV. Sie erkundeten vor allem die Verfügbarkeit von Sedimentumweltarchiven. Außerdem soll die Chronologie der Travertinablagerungen, die sich durch die Quelle gebildet haben, im Sinne der lokalen Umwelt- und Klimageschichte erforscht werden.
Das Potenzial der Quelle als archäologisches Archiv blieb noch ebenso unberührt wie die Frage, ob Bauwerke für den Zugang oder den Schutz der Wasserversorgung geschaffen wurden oder ob in ihrem Umfeld wasserverbrauchende Aktivitäten stattfanden. Dies soll in den künftigen Jahren durch Ausgrabungen erhoben werden.
8. Der Umlandsurvey des Gadara Region Projects
Zwischen 2009 und 2014 wurde im Umfeld des Tell Zirā‘a durch Patrick Leiverkus und Katja Soennecken ein Survey durchgeführt. Dieser Hinterland-Survey sollte ein gründliches Verständnis der Landschaft ermöglichen, in der der Tell Zirā‘a die bedeutendste archäologische Stätte war. Im Mittelpunkt der Erforschung standen Fragen nach den Siedlungsmustern im Wandel der Epochen, nach den Siedlungen selbst und den Handelsrouten sowie deren durch die Epochen wechselnde Bedeutung.
Die zu untersuchende Region wurde dabei in drei Bereiche aufgeteilt:
Im Bereich der Hänge des Tell Zirā‘a und in dessen unmittelbarer Umgebung (500 m Radius) wurden 25 Fundplätze mit Siedlungsstrukturen, davon 20 bisher unbekannte, dokumentiert. Alle diese Stätten stehen in Beziehung zum Tell, so beispielsweise zwei Unterstädte im Nordwesten, einige Gräber und Spuren landwirtschaftlicher Produktionsstätten.
Der Surveybereich A umfasste ein Umfeld von fünf Kilometer um den Tell Zirā‘a. Auf einer Fläche von 43 km2 wurden dabei 89 Siedlungen erfasst. Zusammen mit den 108 Ortschaften im 222 km2 großen Surveybereich B, der sich über das gesamte Wādī el-‘Arab östlich des Tell Zirā‘a hinweg bis nach Irbid erstreckte, wurde eine Gesamtfläche von 265 km2 untersucht. Dabei konnten 197 archäologisch relevante Ortslagen dokumentiert werden.
9. Die Geschichte des Tell Zirā‘a
9.1. Die Bronzezeit (3500-1200 v. Chr.)
In der Folge der urbanen Entwicklung Ägyptens und Mesopotamiens entstand auch in der südlichen Levante eine urbane Kultur.
9.1.1. Frühe Bronzezeit I-III (3500-2250 v. Chr. / FB I 3600-3000; II 3000-2700; III 2700-2300 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
25 | ? | Städtische Siedlung | x |
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24 | FB II | Siedlung (vermutlich ummauert) | x |
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23 | FB II/III | Siedlung (vermutlich ummauert) | x |
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22 | FB III | Siedlung (vermutlich ummauert) | x |
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Die gewaltige Stadtmauer (→ Befestigungsanlagen
Im zentralen Bereich von Areal I konnten bisher frühbronzezeitliche Hausstrukturen der Strata 24 bis 22 erkundet werden. Diese sind in die Frühe Bronzezeit II und III zu datieren. Frühere Schichten sind vorhanden, jedoch derzeit nicht erkundbar.
9.1.2. Übergangszeit Frühbronzezeit IV/Mittelbronzezeit I (2250-1950 v. Chr. / FB IV 2300-2150; MB I 2150-1950 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
21 | FB IV / MB I (älter) | Siedlung (permanent?) | x |
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20 | FB IV / MB I (jünger) | Siedlung (permanent?) | x |
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Während der Frühbronzezeit IV / Mittelbronzezeit I ist auf dem Tell Zirā‘a ein tiefgreifender kultureller Umbruch zu verzeichnen. Der Niedergang der ehemals blühenden städtischen Kultur der Frühen Bronzezeit steht hier deutlich vor Augen. Vorratsgruben, Feuerstellen und fragmentarische Mauerreste prägen nun das Siedlungsbild. Erst in der nachfolgenden Mittelbronzezeit II konnten im zentralen Bereich von Areal I wieder solide Wohnhäuser nachgewiesen werden.
Diese Beobachtung entspricht dem generellen Bild des städtischen Niedergangs der frühbronzezeitlichen Stadtkultur am Ende des 3. Jt.s v. Chr. Dabei ist der Nachweis einer durchgängigen Besiedlung von der Frühen zur Mittleren Bronzezeit am selben Siedlungsplatz – wie auf dem Tell Zirā‘a – von großer Aussagekraft, da solche Befunde nur selten nachgewiesen sind.
Der ausgegrabene Bereich des Tiefschnittes im zentralen Abschnitt von Areal I ist mit ca. 120 m2 jedoch recht klein und rechtfertigt noch keine repräsentativen Aussagen über die Siedlungstätigkeit auf dem gesamten Tell, zumal die Wohnbereiche nahe der Quelle auf dem Tell weitaus bessere Lebensbedingungen geboten haben dürften. Der materielle Nachweis der beiden „Frühbronzezeit IV“ bzw. „Mittelbronzezeit I“ genannten Epochen auf dem Tell Zirā‘a – insbesondere der Keramik – spricht eher für die kulturelle Weiterführung der Frühbronzezeit auf äußerst geringem Niveau, als bereits für eine Neugestaltung oder für „Vorboten“ der mittelbronzezeitlichen Kultur.
9.1.3. Mittelbronzezeit II (1950-1550 v. Chr. / MB IIA 1950-1750; IIB 1750-1630; IIC 1630-1550 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
19 | MB IIA (älter) | Städtische Siedlung | x | x |
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18 | MB IIA (jünger) | Städtische Siedlung | x | x |
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17 | MB IIB | Städtische Siedlung | x | x |
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16 | MB IIC / SB I | Städtische Siedlung | x | x |
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Auf dem Tell Zirā‘a entstanden in der folgenden Mittelbronzezeit II wieder respektable Wohnbauten und Handwerksbereiche, die den Beginn einer langen Tradition von Hofhäusern (→ Haus / Hausbau
Zwischen 2018 und 2021 wurde die mittelbronzezeitliche, eisenzeitliche sowie die hellenistische Bebauung in Areal II näher untersucht. Demnach wurde eine in die frühe Mittelbronzezeit (c. 1950 v. Chr.) zu datierende Mauer aufgefunden, die als Befestigungsanlage in der Zeit von Alexander Jannäus (103-76 v. Chr.; → Hasmonäer
9.1.4. Spätbronzezeit (1550-1200 / 1150 v. Chr. / SB I 1550-1400; IIA 1400-1300; IIB 1300-1200 / 1150 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
16 | MB IIC / SB I | Städtische Siedlung | x |
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15 | SB | Reparaturstratum | x |
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14 | SB I/II (4. Phase) | Städtische Siedlung | x |
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14 | SB II (3. Phase) | Städtische Siedlung | x |
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14 | SB II (2. Phase) | Städtische Siedlung | x |
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14 | SB II (1. Phase) | Städtische Siedlung | x |
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Offensichtlich konnten die Bewohner des Hügels jedoch auf den westlichen Bereich des Tells nicht verzichten, weshalb sie ihn aufwendig und sorgsam neu aufschütteten. Bei den Ausgrabungen wurden mehrere Schüttschichten mit einer Gesamthöhe von mindestens 4,50 m festgestellt (Stratum 15). Die Bewohner hatten hier jeweils 30-45 cm starke Lagen Erde aufgeschüttet und darauf eine Steinpflasterung gelegt. Dieses Verfahren wiederholten sie mindestens sieben Mal. Das untere Ende der Schüttungen konnte noch nicht erreicht werden. Hangseitig mündeten die Pflasterungen in einer breiten, sorgfältig gesetzten Rückhaltemauer (→ Mauer / Mauertechnik
Da auf einer der Pflasterungsschichten ein Tabun (Brotbackofen) gefunden wurde, kann man annehmen, dass zwischen den einzelnen Aufschüttungen jeweils eine längere Zeit gelegen hat, die – vielleicht im jahreszeitlichen Wechsel – die Möglichkeit zur hinreichenden Verdichtung des Materials und damit der Schüttung insgesamt bot. Nach dieser gewaltigen Wiederaufbauleistung scheinen sich die Eigentumsverhältnisse auf dem Tell allerdings nicht gravierend geändert zu haben, denn vielfach wurden alte Begrenzungsmauern des vom Hangrutsch unberührten Geländes wiederbenutzt.
9.1.5. Spätbronzezeit I-IIA/B (ab ca. 1500 v. Chr.)
Das markanteste Bauwerk dieses Stratums war eine gewaltige Kasemattenmauer (→ Mauer / Mauertechnik
Der beeindruckende Stadtgrundriss ließ im Süden Teile eines außergewöhnlich großen Gebäudes aus mehreren Räumen erkennen. Eindrücklich waren die sorgsam angelegte Feuerstelle, die Bevorratung in mehreren steinausgekleideten, birnenförmigen Silos und die etwa 1 m hoch anstehende und 1,20 m dicke, doppelte Lehmziegelwand. Sie war beiderseits mit einer 0,5 cm dicken Kalkschicht bedeckt und diente als Innenwand. Die westliche, 2 m starke Außenwand des Gebäudes war gleichzeitig die südliche Verlängerung der Stadtmauer.
Direkt nördlich dieses Hauses wurde ein mehr als 10 m langer, gedeckter Wasserkanal (→ Wasserversorgung
Stadteinwärts des Turmes befanden sich drei Häuser mit jeweils einem zentralen Innenhof. Nördlich davon lag ein repräsentatives Gebäude mit einem großen Raum, dessen Dach von einer Säule getragen wurde. In diesem Raum wurden ein Silberanhänger, ein Siegel mit der Kartusche → Amenophis III.
Nicht nur die massive Architektur, sondern auch die wertvollen Funde und der hohe Prozentsatz an Importkeramik aus Zypern, Syrien und dem Mittelmeerraum sprechen für die große Bedeutung dieser spätbronzezeitlichen Stadt als Handels- und Handwerkszentrum, in dem Keramik, Metall, Glas, Fayence und Quarzfritte hergestellt bzw. verarbeitet wurden. Es ist deshalb möglich, dass der Tell Zirā‘a in der Spätbronzezeit das Zentrum eines Stadtstaates war.
9.2. Die Eisenzeit (1200 / 1150-332 v. Chr.)
Mit den politischen Umwälzungen um 1200 v. Chr. schwand der Einfluss Ägyptens auf seine nördlichen Nachbarn. Gleichzeitig durchlebten die Städte der südlichen Levante mehr und mehr Krisen. Das → Klima
9.2.1. Eisenzeit I (1200 / 1150-980 / 930 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
13 | EZ I | Dörfliche Siedlung | x |
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Die spätbronzezeitliche Stadt auf dem Tell Zirā‘a wurde um 1200 v. Chr. fast vollständig zerstört. Es ist nicht festzustellen, ob dies durch ein Erdbeben oder kriegerische Ereignisse geschah. Die Besiedlung kam jedoch mit diesem einschneidenden Ereignis nicht zum Erliegen. Sicher haben die artesische Quelle und die hervorragenden Siedlungsbedingungen im Umfeld des Tells die Bevölkerung auch nach der Katastrophe um 1200 v. Chr. in der Gegend gehalten und deren Leben weiterhin abgesichert.
Besonders auffällig ist, dass die Bewohner der → Eisenzeit I
Im Gegensatz zur Spätbronzezeit war der Ort nun nicht mehr ummauert. Es wäre aber falsch, die Eisenzeit I nur unter dem Begriff „Niedergang“ zu betrachten. Wenn auch die durchgehend hochstehende Stadtkultur der späten Bronzezeit nicht erreicht werden konnte, so legen doch der Tempel und seine Ausstattung im nördlichen Bereich von Areal I, die Nachweise der Glasverarbeitung und nicht zuletzt die sorgsam errichteten Hofhäuser im Süden neben herausragenden, qualitativ wertvollen Funden beredtes Zeugnis eines hochstehenden Handwerks dieser Zeit ab.
Der Wandel zwischen der gut ausgebauten spätbronzezeitlichen Stadt und der Siedlung der Eisenzeit I war gravierend. Die Veränderungen von der Siedlung der Eisenzeit I zu derjenigen der → Eisenzeit II
9.2.2. Eisenzeit II (980 / 930-520 v. Chr. / EZ IIA 980 / 930-830 / 800; EZ IIB 830-700; EZ IIC 700-520 BC)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
12 | EZ II A/B (älter) | Städtische Siedlung | x | x |
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11 | EZ II A/B (jünger) | Städtische Siedlung | x | x |
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10 | EZ II C | Dörfliche Siedlung | x | x |
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In der südlichen Levante bildeten sich im Verlauf der Eisenzeit II (1000 / 900-520 v. Chr.) neue politische Größen heraus. Von Ägypten weitgehend unabhängige Flächenstaaten entstanden diesseits und jenseits des Jordan.
Die Architektur der Eisenzeit IIA/B auf dem Tell Zirā‘a deutet auf eine erheblich größere Bevölkerung als in der Eisenzeit I hin. Die Siedlung nahm wieder einen urbanen Charakter an, wenn auch nicht in dem Maße wie die ehemalige spätbronzezeitliche Stadt. Die städtische Siedlung wurde mit einer Zickzack-Mauer befestigt. Die Stadt scheint in einer Agglomerat-Bauweise errichtet worden zu sein, in der Wohnhäuser und öffentliche Bereiche direkt aneinander grenzten. Haus- und Eigentumsgrenzen sind oftmals durch Doppelmauern zu erkennen.
Die eisenzeitlichen Wohnhäuser in Areal I wurden handwerklich genutzt. In ihren Höfen wurden nicht nur → Öfen
Die Ausgrabungen zwischen 2018 und 2021 in Areal II ergaben, dass die Häuser der Eisenzeit II lediglich als schmaler Gürtel am Nordrand des Tells erhalten blieben und dort die Umfassungsmauer bildeten. Alle übrigen eisenzeitlichen Häuser wurden durch massive Umbauarbeiten in der hellenistischen Zeit zerstört. Die Anordnung der erhaltenen Räume am Rand des Tells lässt die Vermutung zu, dass es sich bei der Art der Einfriedung – zumindest teilweise – um eine Kasemattenmauer handelt. Das gesamte Inventar der Häuser, die in drei Phasen ausgegraben wurden, blieb vollständig erhalten. Sie erlauben eine Datierung von der Mitte des 8. bis in das frühe 7. Jh. v. Chr. (EZ IIB und IIC) und eröffnen einen Blick in das Alltagsleben der Bewohner. Bei den Gebäuden handelt es sich um Wohnhäuser, in denen Vorratshaltung, Lebensmittelzubereitung und kleinere handwerkliche Tätigkeiten durchgeführt wurden. Aber auch persönliche Gegenstände wie ein Stempelsiegel (→ Siegel / Stempel
Nach der assyrischen Eroberung (Eisenzeit IIC) hat auf dem Tell immerhin noch eine lockere Ansiedlung von Häusern bestanden. Zweifellos waren diese Familien vom Fernhandel weitgehend abgeschnitten, denn die sonst üblichen Importe fehlen in dieser Epoche.
9.2.3. Eisenzeit III (‚Persische Zeit‘; 520-332 v. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
9 | Pers.-Frühhell. | Friedhof | x |
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In der Mitte des 6. Jh.s v. Chr. wurde das babylonische Reich (→ Babylonien / Babylonier
9.3. Die klassische Epoche (332 v. Chr-324 n. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
8 | Hell. | Befestigte Siedlung | x | x |
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7c | Frühröm. | Gehöft | x | x |
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7b | Frühröm. | Gehöft | x | x |
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7a | Frühröm. | Gehöft | x | x |
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6c | Röm. bzw. Frühröm. | Gehöft | x | x |
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6b | Röm. bzw. Frühröm. | Gehöft | x | x |
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6a | Röm. bzw. Frühröm. | Gehöft | x | x |
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5 | Spätröm. / Frühbyz. | Siedlung / militärischer Posten | x | x | x |
Die hellenistische und römische Epoche (332 v. Chr.-324 n. Chr.)
In allen drei Ausgrabungsarealen konnten archäologische Reste dieser Epochen nachgewiesen werden. Dabei weisen die spärlichen Funde aus der frühhellenistischen Zeit darauf hin, dass die Siedlung auf dem Tell (wie schon während der persischen Zeit) recht klein gewesen sein muss.
Unter seleukidischer Herrschaft (→ Seleukos / Seleukiden
In der Zeit von Alexander Jannäus (103-76 v. Chr.; → Hasmonäer
Schon bei den ersten Geländebegehungen 2001 war in Areal III eine große, mit einem Tonnengewölbe aus Quadermauerwerk gemauerte Zisterne entdeckt worden, die 5,75 m tief war und eine Ausdehnung von etwa 10,40 m × 6 m aufwies. Dieser Unterbau lässt auf ein monumentales Gebäude (eines Tempels?) an dieser Stelle schließen, ohne dass ein solcher bislang nachgewiesen werden konnte.
Im 1. Jh. v. Chr. veränderte sich die Siedlung im nördlichen Bereich wieder. Zunächst belegt das Siedlungsbild einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der westliche Bereich (Areal I) wurde von den Bewohnern im Wesentlichen für die Vorratslagerung und landwirtschaftlichen Aktivitäten (Silos, Wirtschaftshöfe, Öfen) genutzt. Im östlichen Bereich (Areal II) findet sich ein ausgedehntes Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Mehrere übereinanderliegende Bauphasen können hier unterschieden werden.
In der ersten Hälfte des 2. Jh.s n. Chr. verliert die Siedlung auf dem Tell Zirā‘a daher ihren herausgehobenen Charakter. Unter anderem werden große Wirtschaftshöfe mit Öfen aufgegeben, an deren Stelle bleiben dörfliche Wohnstrukturen erhalten.
9.4. Die Spätantike (324-636 n. Chr.)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
4c | Spätantike | Klosteranlage | x | x | x |
4b | Spätantike | Klosteranlage | x | x | x |
4a | Spätantike | Klosteranlage | x | x | x |
9.5. Die islamische Zeit (636-750 n. Chr.: Omayyaden; nach 750 n. Chr.: Abbasiden, Fatimiden, Ayyubiden, Mameluken und Osmanen)
Stratum | Epoche | Besiedlung | Areal I | Areal II | Areal III |
3b | Omayy. (älter) | Klosteranlage | x | x | x |
3a | Omayy. (jünger) | Klosteranlage | x | x | x |
2 | Abbas.-Mamel. | Siedlung | x | x | x |
1 | Osman. | Gehöfte, Gräber | x | x | x |
Für die Bewohner des Tell Zirā‘a gab es im Jahr 636 n. Chr. – bei der omayyadischen Machtübernahme – keine im archäologischen Befund erkennbaren Veränderungen. Das Kloster aus byzantinischer Zeit und die Siedlungsstruktur hatten zunächst Bestand.
Das große Gebäude mit einem Narthex, einem Atrium und daran angrenzenden Räumen in Areal III besaß im Atrium (12 m × 12 m) ein Mosaikmedaillon mit einer griechischen Inschrift, die dessen Identifikation als Kloster bestätigt. Das Medaillon belegt Bauarbeiten am Kloster im Jahr 709 n. Chr. In seiner Mitte lag der Einstieg zu einer Zisterne (ehemals die Substruktion eines frührömischen Gebäudes).
Von den verheerenden Erdbeben der Jahre 747 bis 749 n. Chr. wurde die Bevölkerung des Tells stark in Mitleidenschaft gezogen; die Wohnbebauung ging deutlich zurück. In Areal I wurden an wenigen Stellen neue Fußböden in bereits existierende Räume eingezogen.
Während des Mittelalters gab es auf dem Tell eine geringe Besiedlung, so jedenfalls sind die wenigen auf dem Tell aufgefundenen Scherben dieser Zeit zu interpretieren. Anders als in Areal I und II fanden sich in Areal III architektonische Reste eines bäuerlichen Gehöfts der mamelukischen Periode, die auf eine Besiedlung mindestens dieses Bereichs im 14. und 15. Jahrhundert hindeuten.
Als G. Schumacher 1885 das Wādī al-‘Arab besuchte, gab es im Wādī „eine Anzahl von Mühlen“, auch C. Steuernagel äußert sich zu diesen: „Sie (sc. die Mühlen) sind sehr primitiver Konstruktion und haben in der Regel nur einen Mahlgang; da es jedoch die einzigen Mühlen dieser Gegend sind, sind sie stets beschäftigt; bei besserer Einrichtung würden sie ihrem Besitzer einen stattlichen Gewinn abwerfen.“ Die aus der Feder von Steuernagel vermittelte Beschreibung des Tell Zirā‘a erwähnt, dass „nach der Kartenzeichnung […] der Tell jetzt wenigstens zum Teil wieder bewohnt“ sei (Steuernagel 1926, 81).
10. Besonderheiten der archäologischen Arbeit auf dem Tell Zirā‘a
10.1. Vermessung, Fotogrammetrie, Fernerkundung
Die Grabung versuchte schon im ersten Jahrzehnt des 21. Jh.s, Maßstäbe beim methodischen Vorgehen und bei der Technisierung wie Digitalisierung der archäologischen Arbeit zu setzen. Viele dieser Pioniertaten sind inzwischen in vielen Ausgrabungen zum Grabungsalltag geworden. Die terrestrische Vermessung wurde mittels eines differenziellen Global Positioning Systems (GPS) mit zwei oder mehreren Empfängern vorgenommen. Ab 2015 wurde bei Institutsgrabungen ein kommerzieller Korrekturdienst im differenziellen GPS integriert. Neue Möglichkeiten für die Grabungs- und Dokumentationstätigkeit bieten die Fotogrammetrie und die Fernerkundung (mit Ballons, seit 2011 mit großem Oktokopter, inzwischen mit exzellenten kleinen Quadrokoptern). Ihr wichtigstes Ziel ist das Erstellen von Karten, topografischen Plänen und Übersichtsbildern.
Dreidimensionale Aufnahmen zur Dokumentation archäologischer Orte (‚Multi-View Stereo‘ und ‚Structure from Motion‘) – seit dem Frühjahr 2011 verwendet – sind inzwischen Standard, um den alltäglichen Grabungsfortschritt zu dokumentieren.
Ein zentraler Punkt jeder Ausgrabung ist die Dokumentation. Das „Gadara Region Project“ benutzt eine relationale Datenbank, um die große Menge unterschiedlicher Daten sinnvoll und dauerhaft zu erfassen:
- Einträge aller Befunde und Funde einschließlich ihrer genauen Beschreibung und Klassifizierung,
- Zeichnungen und Skizzen,
- Fotografien,
- Mitteilungen aus den Grabungstagebüchern,
- Luftbilder,
- Vermessungspunkte,
- Kartografie per CAD-Programm und
- Literatur zur Grabungsstelle sowie zu speziell interessierenden Problemen.
Inzwischen ist dieses System in den Folgegrabungen zu einer papierlosen Dokumentation aller Ausgrabungsfunde und -befunde weiterentwickelt worden.
10.2. Archäometrie
10.3. Experimentelle Archäologie
Während der Kampagnen 2009 und 2012 wurden zwei unterschiedliche Brennöfen errichtet, in denen anschließend erfolgreich Keramik gebrannt wurde. Ziel war es, ein Verständnis der technischen Abläufe zu gewinnen: Abbau und Aufarbeitung des lokalen Tons einschließlich seiner Magerung, Formgebung, Oberflächenbearbeitung, Bemalung und anderer Verzierungen, effektiver Brand, Abkühlung, Nachbearbeitung. Neben Fragen zur Herstellungstechnik rücken auch solche zur Arbeitsorganisation, zur Stellung der Geschlechter sowie zu religiösen Vorstellungen in den Blickpunkt der Untersuchungen.
Aufgrund vieler Glas- und Rohglasfunde auf dem Tell Zirā‘a stellte sich ebenso die Frage nach der technischen Herstellung und der Verarbeitung von Glas in der Bronze- und Eisenzeit. Öfen unterschiedlicher Bauart aus den Ausgrabungsbefunden gaben den Hinweis, dass sie angesichts ihrer Bauweise, der aufgefundenen Schmelztiegel und Isolation für unterschiedliche Zwecke genutzt wurden. In der Frühjahrskampagne 2012 gelang es mit Hilfe eines durch mehrfache Schichten aus Ton und Keramik gedämmten Ofens, Rohglas herzustellen und außerdem Rohglas in Gussformen zu Endprodukten zu schmelzen.
11. Flora und Fauna – eine ökologische Katastrophe
Ende des 20. Jh.s hatte sich das Tal gegenüber den Reisebeschreibungen Schumachers und N. Gluecks dramatisch verändert: Das einst reichlich im Wādī entspringende Wasser wurde inzwischen für die Wasserversorgung der Großstadt Irbid verwendet, und die immergrünen Rastplätze für Zugvögel sind ausgetrocknet.
Mit dem Bau des Wādī al-‘Arab-Stausees, der einige prähistorische Siedlungsstätten unter sich begrub, erhielt das Tal für kurze Zeit sein fruchtbares Ambiente zurück. Das Wasser des künstlichen Beckens ist heute von schlechter Qualität. Die Kläranlagen im Oberlauf des Wādī al-‘Arab funktionieren schon einige Jahre nicht mehr.
Mit dem Versiegen der artesischen Quelle, deren Aquifer nun auch zur Versorgung der schnell wachsenden Dörfer und Städte im Umfeld des Tells genutzt wird, bleiben im Wesentlichen Olivenhaine als landwirtschaftliches Ambiente. Außerdem gibt es die ersten Anzeichen zur Besiedlung des Wādīs. Das ehedem wasserreiche Gebiet wird übernutzt. Zunächst blieben die Zugvögel aus, Wildtiere und Fische gibt es seit langem nicht mehr. Wie lange das Gebiet der stetig wachsenden Zahl von Menschen als Heimat dienen kann, ist fraglich.
Neue Untersuchungen zur Klimageschichte werden mittels Speleothem-Analysen aus den Stalaktiten und Stalagmiten in den Höhlen am Fuße des Tells durchgeführt. Sie können Aussagen über die Abfolge von trocken und feuchten Jahren liefern, wodurch sich klimatischer Wandel ablesen lässt.
Literaturverzeichnis
1. Grabungsberichte
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- Bd. II: Vieweger, D., 2019, Early to Middle Bronze Age, Strata 25-17
- Bd. III: Soennecken, K., 2022, Late Bronze Age, Strata 16-14
- Bd. IV: Soennecken, K., 2024, Iron Age, Strata 13-9
- Bd. V: Schütz, S., 2024, Hellenistic and Roman Period, Strata 8-6
- Bd. VI: Kenkel, F. / S. Hoss, 2019, Hellenistic to Umayyad Period, Ceramic, Glass, Metal Finds
- Bd. VII: Häser, J., 2024, Byzantine and Umayyad Period, Strata 5-3
- Bd. VIII/1: Soennecken, K. / P. Leiverkus, 2021, The Wādi al-ʿArab Survey
- Bd. VIII/2: Soennecken, K., 2021, The Wādi al-‘Arab Survey (catalogue and sites)
- Bd. IX: Katharina Schmidt, 2022, The Iron Age, Hellenistic and Early Roman Period in Area II
2. Weitere Literatur (Auswahl)
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- Vieweger, D. / Soennecken, K. / Häser, J., 2016, Accidents in Ancient Times. A landslide on Tall Zirā‘a – reasons and consequences (SHAJ XII), Amman, 431-441
Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1 Der Tell Zirā‘a von Osten. © APAAME/D (Kennedy)
- Abb. 2 Karte vom Wadi el-‘Arab mit dem Tell Zirā‘a. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 3 Die artesische Quelle auf dem Tell Zirā‘a im Sommer 2007. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 4 Der Tell Zirā‘a im Frühjahr 2011; Blick von Westen. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 5 Übersichtsplan vom Tell Zirā‘a. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 6 Luftbildaufnahme von Areal I. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 7 Die Stadtmauer der Frühen Bronzezeit von Westen. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 8 Tell Zirā‘a, Areal I, spätbronzezeitliche Reparaturschicht. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 9 Rekonstruktion der spätbronzezeitlichen Stadt. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 10 Tell Zirā‘a, Areal I, Architekturvergleich. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 11a / b Der sog. Orpheus-Krug (TZ 002989-001). © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 12 Spätbronzezeitliche Rollsiegel aus Areal I. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 13a / b Ein spätbronzezeitlicher Antentempel; Anbau mit Treppenaufgang; Hofbereich mit Basis für Kultfigur und dem Tempelgebäude gegenüberliegenden Räumen. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 14 Rekonstruktion eines Eisenzeithauses. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 15 Herrscher mit seinen besiegten Feinden (Keramikkachel; TZ 018181-001). © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 16 Basaltkopf. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 17 Römische Straßenkarte (Ausschnitt). Aus: D. Jericke / G. Schmitt, Palästina: Siedlungen in griechisch-römischer Zeit (ca. 300 v. Chr.-300 n. Chr.) (TAVO B V 18), Wiesbaden 1992
- Abb. 18 Luftbild von Areal II mit eingezeichnetem byzantinischen Komplex. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 19 Ölpresse in Areal III. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 20 Ergebnis einer geoelektrischen Untersuchung 2003; um die Quelle ist eine über 5 m dicke Kulturschicht zu sehen. © DEI / BAI Wuppertal
- Abb. 21 Experimentelle Archäologie; selbst hergestellter Brotbackofen. © DEI / BAI Wuppertal
PDF-Archiv
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